§ 16 Abs. 3 Satz 5 EStG ist als typisierende Missbrauchsverhinderungsvorschrift über § 7 Satz 1 GewStG auch gewerbesteuerlich anzuwenden. Eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 GewStG kommt nicht in Betracht, soweit ein Mitunternehmer zunächst eine in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltene GmbH-Beteiligung an seine Mitunternehmerschaft veräußert, um sodann seinen gesamten Mitunternehmeranteil an einen Dritten zu veräußern.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt die GmbH & Co. KG mit ihrem im Inland betriebenen stehenden Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag (§ 6 GewStG), also der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigten ist, vermehrt und vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge (§ 7 Satz 1 GewStG). Der der Gewerbesteuer zu Grunde zu legende Gewerbeertrag entspricht damit von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen abgesehen grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommensteuer zu Grunde zu legen ist. Davon ist nur insoweit abzuweichen, als sich unmittelbar aus dem GewStG etwas anderes ergibt oder soweit die Vorschriften des Einkommensteuerrechts mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang stehen1.
Als eine auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogene Sachsteuer erfasst die Gewerbesteuer bei natürlichen Personen und Personengesellschaften, sofern bei Letzteren keine Sonderregelungen eingreifen, nur die durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinne2. In den Gewerbeertrag sind danach u.a. nicht die nach Einkommensteuerrecht mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungs- und Aufgabegewinne einzubeziehen3. Zu den aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb auszugrenzenden Bestandteilen gehören auch solche, die zwar nach dem Einkommensteuerrecht nicht Veräußerungs- oder Aufgabegewinne darstellen, die aber in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe stehen und deshalb gleichfalls keine „laufenden“ Gewinne darstellen4.
Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für Gewinne aus der Veräußerung einer im Sonderbetriebsvermögen – II eines Mitunternehmers gehaltenen Beteiligung an einer GmbH5. Von einem der Zurechnung zum Gewerbeertrag i.S. des § 7 Satz 1 GewStG entgegenstehenden Zusammenhang der Veräußerung einer solchen Beteiligung mit der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils ist dabei grundsätzlich auszugehen, wenn die Anteilsveräußerung Bestandteil des einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs der Betriebsveräußerung oder Betriebs- bzw. Mitunternehmeranteilsaufgabe ist, welche zur Einstellung der werbenden Tätigkeit des Unternehmens führt6.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hatte eine GmbH & Co. KG geklagt, deren alleiniger Kommanditist K war, der auch alle Anteile an der Komplementär-GmbH hielt. Zum Sonderbetriebsvermögen des K gehörten neben den Anteilen an der Komplementär-GmbH seine das gesamte Stammkapital der Gesellschaft ausmachenden Anteile an der R-GmbH (GmbH). K veräußerte -dem Wunsch der A-AG (AG) als späterer Erwerberin folgend- am selben Tag zunächst seine Beteiligung an der GmbH an die GmbH & Co. KG und sodann seine Beteiligung an der GmbH & Co. KG an die AG.
Im hier entschiedenen Streitfall ist damit zwar ein solcher Zusammenhang zwischen der Veräußerung des GmbH-Anteils und der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils an der GmbH & Co. KG gegeben. Gleichwohl zählt unter den im Streitfall vorliegenden Umständen der Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung zum laufenden Gewinn und damit zum Gewerbeertrag der GmbH & Co. KG i.S. von § 7 Satz 1 GewStG.
Der Bundesfinanzhof geht für den Streitfall davon aus, dass K durch die gestufte Veräußerung zunächst seiner Beteiligung an der GmbH an die GmbH & Co. KG und sodann seiner Beteiligung an der GmbH & Co. KG an die AG seinen Mitunternehmeranteil an der GmbH & Co. KG i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG aufgegeben hat. Danach gilt als Veräußerung auch die Aufgabe eines Anteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, also des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Aufgabe eines Anteils eines Mitunternehmers setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang aufgegeben werden. Der Mitunternehmeranteil i.S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG umfasst dabei nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft, sondern auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, denn das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers gehört zu seiner gewerblichen Tätigkeit und damit zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft7. K hat durch die gewählte gestufte Veräußerung einerseits seines Sonderbetriebsvermögens an die GmbH & Co. KG und andererseits seines KG-Anteils an die AG danach nicht etwa seinen Mitunternehmeranteil i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an einen einzigen Erwerber veräußert, sondern in der Sache das Sonderbetriebsvermögen und das Gesamthandsvermögen seines Mitunternehmeranteils getrennt veräußert und dadurch seinen Mitunternehmeranteil in zwei unmittelbar zeitlich und sachlich zusammenhängenden Akten aufgegeben8.
Anders als die GmbH & Co. KG meint, ist der im Rahmen der Aufgabe des Mitunternehmeranteils des K erzielte Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung aber nach § 7 Satz 1 GewStG i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG als laufender Gewinn in die Gewerbesteuer einzubeziehen. Anderes folgt auch nicht aus § 7 Satz 2 GewStG.
Nach § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs (hier: des Mitunternehmeranteils des K an der GmbH & Co. KG) als laufender Gewinn, soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind. Unzweifelhaft hat K seine dem Betrieb der GmbH & Co. KG gewidmete Beteiligung an der GmbH im Rahmen der Aufgabe seines Mitunternehmeranteils an der GmbH & Co. KG veräußert. Er stand auch sowohl auf der Erwerber- und der Veräußererseite, denn bei Veräußerungen zwischen Mitunternehmer (hier: K) und Mitunternehmerschaft (hier: der GmbH & Co. KG) ist zur Bestimmung der personellen Identität auf die jeweiligen Beteiligungsverhältnisse im Veräußerungszeitpunkt abzustellen. Die in § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG angeordnete Fiktion eines laufenden Gewinns betrifft insoweit diejenigen Mitunternehmer, die auf beiden Seiten des Veräußerungsgeschäfts stehen9. Da K seine Beteiligung an der GmbH an die GmbH & Co. KG veräußert hat, an der er vermögensmäßig alleine beteiligt war, ist der Tatbestand des § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG in seiner Person erfüllt.
§ 16 Abs. 3 Satz 5 EStG gilt über § 7 Satz 1 GewStG auch für die Gewerbesteuer. Für eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 GewStG besteht insoweit kein Anlass10.
Die durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21.12 199311 zunächst als Satz 2 in das Gesetz gelangte Vorschrift des § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG soll -parallel zu den gleichzeitig eingeführten und inhaltsgleich begründeten Vorschriften des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG und des § 24 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes- sicherstellen, dass im Rahmen einer Betriebsaufgabe anfallende Veräußerungsgewinne nur steuerlich begünstigt werden, soweit Wirtschaftsgüter an Dritte veräußert werden12. Entsprechend sollen bei Veräußerungen, die wirtschaftlich „an sich selbst“ erfolgen, die anfallenden Gewinne als laufende Gewinne behandelt werden, die auch der Gewerbesteuer unterliegen13. Durch die Neuregelungen sollen die mit dem sog. Aufstockungsmodell angestrebten Rechtsfolgen verhindert werden14, die darin bestehen, dass ein Betrieb oder diesem Betrieb dienende Wirtschaftsgüter unter Ausnutzung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG und des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG an eine Personengesellschaft veräußert oder in diese eingebracht werden, an der der Veräußerer beteiligt ist, und es diesem dadurch ermöglicht wird, die um die stillen Reserven aufgestockten Wirtschaftsgüter bei der erwerbenden Gesellschaft sowohl mit Wirkung für die Einkommensteuer als auch mit Wirkung für die Gewerbesteuer nochmals abzuschreiben.
Der Gesetzgeber hat die vorgenannte Gestaltung typisierend als rechtsmissbräuchlich angesehen. Diese Beurteilung betrifft nicht nur die Einkommensteuer, sondern bezogen auf die ohne die neu eingeführten Sonderregelungen mögliche Inanspruchnahme der Steuerfreiheit für die Veräußerungsgewinne auch die Gewerbesteuer. Der Gesetzgeber verfolgt insoweit das Ziel, die durch die Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven einkommen- und gewerbesteuerlich zu erfassen, weil bei „Veräußerungen an sich selbst“ der Gewerbebetrieb vom veräußernden (Mit-)Unter-nehmer im Umfang seiner Beteiligung an der erwerbenden Gesellschaft faktisch nicht beendet, sondern unter Auflösung der stillen Reserven fortgeführt wird14.
Die Zuordnung eines Veräußerungsgewinns zum laufenden Gewinn nach § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG kann auch nicht für Zwecke der Gewerbesteuer durch eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 GewStG vermieden werden. Die GmbH & Co. KG kann sich zur Begründung der Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion des § 7 Satz 1 GewStG nicht mit Erfolg darauf berufen, in ihrem konkreten Fall liege keine Steuerumgehung vor, weil die unter § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG fallende Veräußerung des GmbH-Anteils des K an die GmbH & Co. KG in die unmittelbar nachfolgende Veräußerung seines nunmehr um die GmbH-Beteiligung angereicherten KG-Anteils an die AG gemündet habe. Dies folgt schon daraus, dass es bei der Anwendung einer typisierenden Missbrauchsverhinderungsvorschrift -wie hier des § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG- gerade nicht des Nachweises bedarf, der im Einzelfall verwirklichte Sachverhalt sei für sich betrachtet als missbräuchlich zu werten15. Hinzu kommt, dass es den Vertragsbeteiligten gerade darauf ankam, dass zunächst die Beteiligung des K an der GmbH an die GmbH & Co. KG veräußert werden und sodann der Erwerb des Mitunternehmeranteils an der GmbH & Co. KG durch die AG erfolgen sollte, weil die AG nur eine Beteiligung erwerben wollte.
Gegen die Einbeziehung des genannten Veräußerungsgewinns aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage spricht schließlich auch nicht, dass die Vertragsbeteiligten den erstrebten Zustand ggf. auch ohne gewerbesteuerliche Belastung hätten erreichen können, denn sie haben einen solchen Weg nicht gewählt und müssen sich daher an der von ihnen gewählten Gestaltung festhalten lassen.
Nichts anderes folgt aus § 7 Satz 2 GewStG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23.07.200216, der bestimmte Veräußerungsgewinne ausdrücklich dem Gewerbeertrag zuordnet. Diese Vorschrift dient nach den Ausführungen im BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 520 ebenfalls dem Ziel, Steuerumgehungen zu verhindern, indem Veräußerungsgewinne unter bestimmten Voraussetzungen in den Gewerbeertrag einbezogen werden17. Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser Regelung Gewinne, die bereits nach § 7 Satz 1 GewStG i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG Bestandteile des Gewerbeertrags sind, aus dem Anwendungsbereich dieser Norm wieder herausgenommen werden sollten, sind für den Bundesfinanzhof nicht zu erkennen.
- vgl. dazu BFH, Urteile vom 08.05.1991 – I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437, unter II.B.02.a der Gründe; vom 15.06.2004 – VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754, unter II. 1. der Gründe[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 13.11.1963 – GrS 1/63, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; BFH, Urteile vom 25.07.2001 – X R 55/97, BFHE 195, 402, BStBl II 2001, 809; vom 26.06.2007 – IV R 49/04, BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 07.02.1995 – VIII R 36/93, BFHE 178, 110, BStBl II 1995, 770; vom 29.10.1987 – IV R 93/85, BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374; und vom 28.02.1990 – I R 92/86, BFHE 160, 262, BStBl II 1990, 699[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 03.04.2008 – IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, unter II. 2.a bb (3) der Gründe[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 07.09.2005 – VIII R 99/03, BFH/NV 2006, 608, unter II. 3. der Gründe[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 02.10.1997 – IV R 84/96, BFHE 184, 425, BStBl II 1998, 104, m.w.N.[↩]
- vgl. dazu auch BFH, Beschluss vom 31.08.1995 – VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890[↩]
- vgl. Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach -HHR-, § 16 EStG Rz 578 i.V.m. HHR/Kobor, § 16 EStG Rz 457[↩]
- für § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG bereits BFH, Urteile in BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754; vom 15.04.2010 – IV R 5/08, BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912; vom 18.12 2014 – IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520[↩]
- BGBl I 1993, 2310[↩]
- BT-Drs. 12/5630, S. 58[↩]
- so ausdrücklich BT-Drs. 12/5630, S. 80; vgl. auch BR-Drs. 612/93, S. 60, 82[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754[↩][↩]
- BFH, Urteil vom 26.01.1978 – IV R 97/76, BFHE 124, 516, BStBl II 1978, 368, unter 4.a der Gründe[↩]
- BGBl I 2002, 2715[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 28.02.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122; und vom 22.07.2010 – IV R 29/07, BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511[↩]