Die Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns

Bringt eine natürliche Person ihren gesamten Anteil an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft (hier: Aktiengesellschaft) zum Buchwert ein und veräußert der Einbringende oder sein Erbe einen Teil der erhaltenen Anteile (hier: Aktien) innerhalb der Sperrfrist, so unterliegt der hierdurch ausgelöste Einbringungsgewinn I nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.

Die Gewerbesteuerpflicht des Einbringungsgewinns

Gemäß § 7 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Hinzurechnungen und Kürzungen. Dieser Gewinn ist um solche Bestandteile zu bereinigen, die nicht mit dem Zweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen. Zu diesen -herauszurechnenden- Bestandteilen gehören Gewinne, die nicht dem laufenden Betrieb, sondern dessen Aufgabe oder Veräußerung zuzuordnen sind. Aus dem Fiskalzweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer folgt, dass Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs bei einem Einzelgewerbetreibenden oder einer Personengesellschaft -nicht aber bei einer Kapitalgesellschaft- bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auszuscheiden sind, wenn damit die endgültige Einstellung der gewerblichen Betätigung verbunden ist1. Lediglich soweit der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft, eines Mitunternehmeranteils und des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer entfällt, gehört er zum Gewerbeertrag (§ 7 Satz 2 GewStG).

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Soweit in den Fällen einer Sacheinlage unter dem gemeinen Wert (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006) der Einbringende die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt veräußert, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden i.S. von § 16 EStG zu versteuern (EBG I); § 16 Abs. 4 und § 34 EStG sind nicht anzuwenden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006).

Bei einem Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft i.S. des § 190 UmwG gelten die §§ 20 bis 23 UmwStG 2006 entsprechend. Diese in § 25 Satz 1 UmwStG 2006 getroffene Anordnung des Gesetzgebers zeigt, dass er den Formwechsel wie eine Sacheinlage (sämtlicher) Anteile an der Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile an dieser Kapitalgesellschaft behandelt wissen will2. Eine spätere Veräußerung der im Rahmen des Formwechsels erhaltenen Kapitalgesellschaftsanteile kann demnach gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG 2006 einen EBG I auslösen.

Bei Anwendung dieser gesetzlichen Vorgaben ist der im Streitfall entstandene EBG I nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Der Bundesfinanzhof folgt damit der ganz herrschenden Meinung3.

Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht kein Streit darüber, dass die im Jahr 2015 vollzogene Aktienübertragung von B an Z einen rückwirkend zu besteuernden EBG I i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 ausgelöst hat. Die Aktien sind von A im Rahmen des als Sacheinlage eines Mitunternehmeranteils zu behandelnden Formwechsels der X-KG i.S. des § 25 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 UmwStG 2006 erworben worden. Die Aktienübertragung durch B -als Rechtsnachfolgerin des A (vgl. § 22 Abs. 6 UmwStG 2006)- an Z zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs4 stellte eine Veräußerung i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 innerhalb der Sperrfrist dar.

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Für die Ansicht, den EBG I nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen, spricht bereits der Wortlaut und der systematische Zusammenhang des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006. Die Vorschrift ordnet als Folge davon, dass mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 07.12.20065 auch die früheren Sonderbestimmungen zur Besteuerung einbringungsgeborener Anteile abgelöst wurden, die rückwirkende Erhöhung des durch die Einbringung erzielten Gewinns an6. Dies legt es nahe, dass dieser Gewinn (EBG I) auch gewerbesteuerrechtlich den Rechtsregeln unterworfen ist, die für eine Gewinnrealisierung im Zeitpunkt der Einbringung zum Tragen gekommen wären. Hierfür spricht auch, dass abweichend von anderen Regelungsbereichen des Umwandlungssteuergesetzes (s. z.B. §§ 18, 23 Abs. 5 UmwStG 2006) der Gesetzgeber für die gewerbesteuerrechtliche Behandlung des EBG I keine sondergesetzliche Anweisung getroffen hat.

Dass hiernach der EBG I im Streitfall, d.h. mit Rücksicht auf die ursprüngliche Beteiligung einer natürlichen Person an der gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft, nicht der Gewerbesteuer unterliegt, weil die Einbringung des gesamten Mitunternehmeranteils auch bei Ansatz des gemeinen Werts keine Gewerbesteuer ausgelöst hätte, entspricht des Weiteren Sinn und Zweck des Umwandlungssteuergesetzes.

In der Begründung des SEStEG wird ausgeführt, dass es Sinn und Zweck der §§ 20 ff. UmwStG 2006 sei, im Interesse der Erleichterung von Unternehmensumstrukturierungen ein einheitliches System für die steuerliche Behandlung von Einbringungsfällen zu schaffen, das Doppelbesteuerungen von stillen Reserven weitgehend vermeidet. Es solle jedoch auch weiterhin sichergestellt werden, dass die im Zeitpunkt der Betriebseinbringung aufgelaufenen und auf die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft übertragenen stillen Reserven bei einer Veräußerung der Anteile der (vollen) Besteuerung unterliegen7. Auch hiernach kann der Bundesfinanzhof keinen sachlichen Grund erkennen, die auf die erhaltenen Anteile übertragenen stillen Reserven erstmalig der Gewerbesteuer zu unterwerfen, wenn diese bei Realisation im Rahmen der Einbringung keinem gewerbesteuerlichen Zugriff unterlegen hätten. Dies widerspräche zudem der grundsätzlichen Zielsetzung der Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes, die als steuerrechtliche Lenkungsnormen betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen begünstigen, nicht aber als Fiskalzwecknormen Besteuerungsansprüche begründen wollen, die es ansonsten nicht gäbe.

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Die Einwendungen des Finanzamtes rechtfertigen keine andere Beurteilung. Das Finanzamt will im Anschluss an den Umwandlungssteuererlass8 den EBG I im Streitfall deshalb der Gewerbesteuer unterwerfen, weil B lediglich einen Teil der von ihrem verstorbenen Ehemann beim Formwechsel erhaltenen Aktien veräußert habe. Dieser Ansicht liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, dass auch die ursprüngliche Einbringung bei einer nur teilweisen Veräußerung des Betriebs oder des Mitunternehmeranteils und einer nicht vollständigen Einstellung der gewerblichen Tätigkeit nicht gewerbesteuerfrei gewesen wäre.

Diese Sichtweise ist jedoch fiktiv und deshalb zurückzuweisen. Sie entspricht weder den tatsächlichen noch den rechtlichen Gegebenheiten. Rechtlich kommt es allein auf die Besteuerung des Einbringungsvorgangs („Gewinn aus der Einbringung“) an. Die spätere Veräußerung der erhaltenen Anteile führt ggf. nach allgemeinen Vorschriften (z.B. § 17 EStG) zu einem Veräußerungsgewinn, ist aber selbst nicht Besteuerungsgegenstand des § 22 Abs. 1 UmwStG 2006, sondern lediglich das auslösende Moment für die (rückwirkende) Besteuerung des Einbringungsvorganges. Rein tatsächlich betrachtet ändert die Veräußerung nur eines Teiles der erhaltenen Anteile -mit der weiteren Folge der rückwirkenden Teil-Besteuerung des EBG I- auch nichts daran, dass, wie der Streitfall zeigt, der ursprüngliche (Mit-)Unternehmer seine gewerbliche Tätigkeit mit der Einbringung eingestellt hat. Schließlich ist es -wie aufgezeigt- auch bei einer Teil-Veräußerung der erhaltenen Anteile nach der Zielsetzung des Umwandlungssteuergesetzes nicht sachgerecht, einen EBG I gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG 2006 der Gewerbesteuer zu unterwerfen, obgleich die stillen Reserven bei der natürlichen Person, die den vollständig eingebrachten Mitunternehmeranteil bislang unmittelbar gehalten hatte, nicht gewerbesteuerrechtlich verstrickt waren.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Juli 2019 – I R 26/18

  1. ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 18.12.2014 – IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520; vom 01.02.1979 – IV R 219/75, BFHE 127, 410, BStBl II 1979, 444; vom 02.07.1981 – IV R 136/79, BFHE 134, 23, BStBl II 1981, 798[]
  2. Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 25 Rz 4[]
  3. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 22 UmwStG Rz 162; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 8. Aufl., § 22 UmwStG Rz 61a; Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 22 Rz 290; Bilitewski in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., § 22 Rz 122; Patt, GmbH-Steuerberater 2013, 110; Pitzal, Deutsches Steuerrecht 2018, 985; Beutel in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Anh. GewStG und Umwandlungen nach dem UmwStG Rz 326; Franke in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2019, § 7 Rz 77[]
  4. vgl. BFH, Beschluss vom 30.03.2011 – IX B 114/10, BFH/NV 2011, 1323, betreffend die Erfüllung eines Zugewinnausgleichsanspruchs[]
  5. BGBl I 2006, 2782, BStBl I 2007, 4[]
  6. BT-Drs. 16/2710, S. 46[]
  7. BT-Drs. 16/2710, S. 42[]
  8. BMF, Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 22.07[]