Die natürliche Person als GbR-Gesellchafter – und ihre gewerbliche Prägung

Wer persönlich haftender Gesellschafter i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist, bestimmt sich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.

Die natürliche Person als GbR-Gesellchafter – und ihre gewerbliche Prägung

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG ist Voraussetzung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft u.a., dass ausschließlich Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter und zur Geschäftsführung befugt sind. Das ist nicht der Fall, wenn auch andere Personen als eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafter sind.

Wer persönlich haftender Gesellschafter i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG ist, bestimmt sich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen. Denn § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nimmt insoweit auf die Vorschriften des Gesellschaftsrechts Bezug. Dies ergibt sich daraus, dass das Gesetz an bestimmte gesellschaftsrechtliche Gestaltungen anknüpft, nämlich daran, dass eine Kapitalgesellschaft einer Personengesellschaft wegen ihrer Stellung als alleinige persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafterin das Gepräge gibt. Die zur Bestimmung dieser Prägewirkung umschriebenen Begriffe müssen daher gesellschaftsrechtlich interpretiert werden1.

Dementsprechend wurde im Anschluss an die seinerzeit herrschende gesellschaftsrechtliche Auffassung, dass die Haftung eines BGB-Gesellschafters unter bestimmten Voraussetzungen auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden könne2, eine GbR, bei der die Haftung der übrigen Gesellschafter entsprechend beschränkt worden war und die danach auch die übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllte, als gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG angesehen3.

Mit Urteil vom 27.09.19994 hat der Bundesgerichtshof allerdings entschieden, es entspreche einem allgemeinen Grundsatz des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts, dass derjenige, der als Einzelperson oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen mit seinem gesamten Vermögen hafte, solange sich aus dem Gesetz nichts anderes ergebe oder mit dem Vertragspartner keine Haftungsbeschränkung vereinbart werde. Die (analog § 128 Satz 1 HGB bestehende) persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR könne danach nicht einseitig, etwa durch einen Namenszusatz oder einen anderen, den Willen zu einer lediglich beschränkten Haftung verdeutlichenden Hinweis beschränkt werden, sondern nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung. Eine solche setze voraus, dass die Haftungsbeschränkung durch eine individuelle Absprache der Parteien in den jeweils einschlägigen Vertrag einbezogen werde5.

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Gesellschaftsrechtlich kann danach die persönliche Haftung des Gesellschafters einer GbR nicht ausgeschlossen werden. Ein Haftungsausschluss kann nur beim einzelnen Vertragsabschluss mit der Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners erreicht werden und wirkt allein für den betreffenden Vertragsabschluss. Die Rechtsstellung als persönlich haftender Gesellschafter der GbR wird davon jedoch nicht berührt. Sie ist vielmehr gerade der Grund dafür, dass es im Einzelfall der Vereinbarung eines Haftungsausschlusses bedarf6.

Nimmt aber, wie dargelegt, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auf die Vorschriften des Gesellschaftsrechts Bezug, ist auch die dargestellte geänderte Rechtsprechung des BGH zu der Frage, ob die Haftung des Gesellschafters einer GbR gesellschaftsrechtlich beschränkt werden kann, bei der Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen. Kann diese persönliche Haftung gesellschaftsrechtlich nicht beschränkt werden, ergibt sich daraus zugleich, dass eine GbR, an der mindestens eine natürliche Person beteiligt ist, keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sein kann, da diese Person persönlich haftet und damit nicht „ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind“. Da es im Rahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG allein auf die gesellschaftsrechtliche Stellung des Gesellschafters ankommt, d.h. darauf, ob er nach dem Typus der gewählten Rechtsform persönlich haftender Gesellschafter ist, ist unerheblich, ob und ggf. in welchem Umfang seine Haftung individualvertraglich im Einzelfall ausgeschlossen ist7.

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Ausgehend von den dargestellten Rechtsgrundsätzen verneinte der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Fall, dass es sich bei der hier streitgegenständlichen GbR um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Denn an der GbR waren mit A und B zwei natürliche Personen beteiligt, deren persönliche Haftung gesellschaftsrechtlich nicht beschränkt werden konnte. Damit waren hier bei der GbR nicht „ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter“. Auf die streitige Frage, ob die persönliche Haftung von A und B individualvertraglich vollumfänglich beschränkt war, kommt es daher nicht an.

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Finanzverwaltung in vergleichbaren Fällen gewerbliche Einkünfte festgestellt hat. Denn Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und gebietet keine „Gleichheit im Unrecht“8.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22. September 2016 – IV R 35/13

  1. z.B. BFH, Urteile vom 11.12 1986 – IV R 222/84, BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553; und vom 23.05.1996 – IV R 87/93, BFHE 180, 396, BStBl II 1996, 523[]
  2. z.B. BGH, Urteil vom 12.03.1990 – II ZR 312/88[]
  3. vgl. BFH, Urteile in BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553; vom 17.12 1992 – IX R 7/91, BFHE 170, 497, BStBl II 1994, 492[]
  4. BGH, Urteil vom 27.09.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315[]
  5. ständige Rechtsprechung des BGH, z.B. BGH, Urteile in BGHZ 142, 315; vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; vom 22.01.2004 – IX ZR 65/01, BGHZ 157, 361; vom 24.11.2004 XII ZR 113/01[]
  6. so zutreffend FG München, Urteil vom 17.10.2008 – 11 K 1401/06[]
  7. im Ergebnis ebenso z.B. FG Hamburg, Urteil vom 29.10.2008 – 1 K 56/07; FG München, Urteil vom 17.10.2008 – 11 K 1401/06; FG Münster vom 19.05.2009 – 8 K 1544/07 F; so jetzt auch BMF, Schreiben vom 17.03.2014 – IV C 6-S 2241/07/10004, 2014/0252207, BStBl I 2014, 555; ferner Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 1438; Carlé/Bauschatz in Korn, § 15 EStG Rz 541; Reiß in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 15 Rz 139; Markl/Zeidler in Lademann, EStG, § 15 EStG Rz 261; Schmidt/Wacker, EStG, 35. Aufl., § 15 Rz 227; Bitz in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 15 Rz 174 f.; Blümich/Bode, § 15 EStG Rz 277; anderer Ansicht Kauffmann in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 15 Rz 297, 241[]
  8. z.B. BFH, Urteil vom 04.07.2012 – II R 38/10, BFHE 238, 216, BStBl II 2012, 782, m.w.N.[]
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