Drittanstellung von Geschäftsführern – und die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung

Ist bei einer KGaA die nicht am Kapital beteiligte Komplementärin, eine GmbH & Co. KG, zu 100 % an ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, einer GmbH, beteiligt, und sind in dieser GmbH sowohl Kommanditisten der KG als auch nicht an der KG beteiligte Personen Geschäftsführer, führt die Übertragung der Geschäftsführung der KGaA durch Anstellungsvertrag auf diese Personen (sog. Drittanstellung) nicht dazu, dass die dadurch ausgelösten Aufwendungen die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 4 GewStG bei der Gewerbeertragsermittlung der KGaA mindern, wenn der KG durch Satzung ein entsprechender Ersatzanspruch zusteht. Die Geschäftsführer der KGaA üben dann faktisch und wirtschaftlich ihre Tätigkeit für Rechnung der KG aus.

Drittanstellung von Geschäftsführern – und die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung

Gemäß § 7 GewStG ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Nach § 8 Nr. 4 GewStG werden dabei dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA auf ihr nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind, wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

§ 8 Nr. 4 GewStG ist nach ihrem Regelungsgegenstand eine Korrekturvorschrift zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG. Nach der letztgenannten Vorschrift sind bei der Ermittlung des Einkommens einer KGaA die Teile des Gewinns, die an den persönlich haftenden Gesellschafter als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt werden, als Aufwendungen abziehbar; dies hat den Zweck, eine Doppelbelastung mit Ertragsteuer (z.B. Körperschaftsteuer bei der KGaA und Einkommensteuer bei den Gesellschaftern) zu vermeiden. Wenn damit die Vergütung für die Geschäftsführung nicht der Körperschaftsteuer bei der KGaA unterliegt, stellt § 8 Nr. 4 GewStG im Gegenzug sicher, dass dieser Gewinnanteil der Gewerbesteuer unterliegt1. Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass die Vorschrift unabhängig davon anzuwenden ist, ob der persönlich haftende Gesellschafter mit seinen Einkünften aus der KGaA selbst der Gewerbesteuer unterliegt2. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Gewerbesteuer ordnet sodann § 9 Nr. 2b GewStG auf der Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters die Kürzung der nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewerbeertrag einer KGaA hinzugerechneten Gewinnanteile an, wenn sie bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind.

Weiterlesen:
Das gegen einen Nichtbeteiligten ergangene Urteil - oder: die Grenzen einer Auslegung der Klageschrift

Gewinnanteile, die i.S. des § 8 Nr. 4 GewStG an die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA als Vergütung für die Geschäftsführung verteilt werden, sind alle Arten von Vergütungen, die die persönlich haftenden Gesellschafter als Gegenleistung für ihre -gegenwärtige oder frühere- Geschäftsführungstätigkeit erhalten3. Von diesen Vergütungen zu unterscheiden sind Zahlungen, die die persönlich haftenden Gesellschafter als Auslagen- oder Aufwendungsersatz erhalten und die kein Entgelt für die Geschäftsführungstätigkeit sind. Derartige Zahlungen -z.B. die Erstattung von Reisekosten- sind keine nach § 8 Nr. 4 GewStG wieder hinzuzurechnenden Gewinnanteile, sondern Betriebsausgaben der KGaA.

Es ist dabei gleichgültig, ob die Vergütungen aufgrund des Gesellschaftsvertrages bzw. der Satzung oder aufgrund eines gesonderten (schuldrechtlichen) Tätigkeitsvertrages geschuldet werden4. Die im Rahmen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG zu berücksichtigende Vergütung ist auch nicht auf gewinnabhängige Vergütungen beschränkt. Dies folgt aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung als persönlich haftender Gesellschafter, die insoweit ein ausreichendes Differenzierungsmerkmal darstellt, um von einem Geschäftsinhaber auszugehen; als Konsequenz ist es unerheblich, ob die persönlich haftenden Gesellschafter als Geschäftsführer oder nur als Angestellte tätig sind5.

Aufwendungen, die einem persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA entstehen, weil er die ihm übertragenen Geschäftsführungsaufgaben von anderen Personen (Fremdgeschäftsführern) wahrnehmen lässt, mindern die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 4 GewStG nicht6.

§ 8 Nr. 4 GewStG und § 9 Nr. 2 KStG sind Vorschriften zur Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. des Einkommens der KGaA. Die Tatbestandsvoraussetzungen (z.B. „Gewinnanteile“, die an die persönlich haftenden Gesellschafter als Vergütung für die Geschäftsführung verteilt worden sind) sind daher aus der Sicht der KGaA -nicht aus der der persönlich haftenden Gesellschafter- zu beurteilen. Auf dieser Grundlage sind sämtliche Vergütungen, die die Komplementäre der KGaA für die Geschäftsführung erhalten, derartige Gewinnanteile. Auch soweit die Vergütungen den Aufwendungen entsprechen, die einem Komplementär durch Fremdgeschäftsführer entstehen, sind sie aus der Sicht der KGaA kein außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zu leistender Aufwendungsersatz, sondern Gewinnanteile, die der persönlich haftende Gesellschafter als Vergütung „für die Geschäftsführung“ -durch Fremdgeschäftsführer- erhält. Gleiches gilt, wenn eine GmbH persönlich haftende und nach der Satzung geschäftsführungsbefugte und vertretungsberechtigte Gesellschafterin ist.

Weiterlesen:
Finale Verluste einer Freistellungsbetriebsstätte

Das unmittelbare Anstellungsverhältnis mit der KGaA stellt sich wirtschaftlich gesehen als Abkürzung des Zahlungsweges hinsichtlich des bestehenden Ersatzanspruchs der KG gegenüber der KGaA dar7. Der Aufwendungsersatz durch die KGaA wurde dabei nach den Feststellungen des Finanzgericht unmittelbar durch Zahlung an die Geschäftsführer geleistet. Dies gilt gleichermaßen für Fremdgeschäftsführer, die nicht beteiligt waren, als auch für Geschäftsführer, die Kommanditisten der KG waren. Für Zwecke des § 8 Nr. 4 GewStG kann insoweit nicht auf den einzelnen Geschäftsführer abgestellt und eine Hinzurechnung teilweise ausgeschlossen werden, da einzig die juristische Person als persönlich haftende Gesellschafterin zur organschaftlichen Vertretung der KGaA berufen ist (sog. Grundsatz der Selbstorganschaft)8.

Auch die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Tätigkeitsvergütungen der Geschäftsführer vermag nichts an dieser gewerbesteuerrechtlichen Beurteilung zu ändern. Denn es liegen in der Sache Sondervergütungen der Kommanditisten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Insoweit sind für den Fall der unmittelbaren Anstellung eines Kommanditisten der persönlich haftenden GmbH & Co. KG als Geschäftsführer der KGaA die Geschäftsführervergütung zunächst der GmbH & Co. KG als persönlich haftender und zur Geschäftsführung berufener Gesellschafterin der KGaA als gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG und anschließend im Rahmen der Gewinnverteilung der GmbH & Co. KG dem Kommanditisten als Sondervergütung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG zuzurechnen9.

Weiterlesen:
Umsatzsteuerfreiheit einer Privatklinik

Eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung wird dabei durch § 9 Nr. 2b GewStG vermieden. Eine darüber hinausgehende teleologische Reduktion des § 8 Nr. 4 GewStG dahingehend, dass die Vorschrift immer dann keine Anwendung finden dürfte, wenn eine Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG auf Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters tatsächlich zu keiner steuerlichen Berücksichtigung des Aufwands führen würde10, ist nicht angezeigt11. Der Bundesfinanzhof hat bereits im Urteil in BFH/NV 2010, 462 dahin erkannt, dass das Konzept der Hinzurechnung und Kürzung von Gewinnanteilen bei der KGaA und ihrem persönlich haftenden Gesellschafter in § 8 Nr. 4 und § 9 Nr. 2b GewStG dem Leistungsfähigkeitsprinzip hinreichend Rechnung trägt und deshalb nicht verfassungswidrig ist12. Damit ist, was auch dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 17.08.200613 und dem BFH, Urteil in BFH/NV 2010, 462 zu entnehmen ist, nur auf der Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters und damit bei der Auslegung des § 9 Nr. 2b GewStG zu entscheiden, wie eine sachgerechte Besteuerung des persönlich haftenden Gesellschafters gewährleistet werden kann. § 8 Nr. 4 GewStG dient insoweit ausschließlich der sachgerechten Gewerbesteuerbelastung der Gesellschaft und es ist nicht erkennbar, weshalb eine vermeintlich zu weit gehende Kürzung des Gewerbeertrags beim persönlich haftenden Gesellschafter zu einer Minderung der Hinzurechnung bei der Gesellschaft führen sollte.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. September 2022 – I R 13/20

  1. vgl. nur Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 8 Nr. 4 Rz 2[]
  2. BFH, Urteil vom 06.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462[]
  3. BFH, Urteile vom 08.02.1984 – I R 11/80, BFHE 140, 465, BStBl II 1984, 381; vom 31.10.1990 – I R 32/86, BFHE 162, 445, BStBl II 1991, 253[]
  4. Brandis/Heuermann/Hofmeister, § 8 GewStG Rz 534; Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 9 Rz 43 und 44, m.w.N.; Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 4 Rz 18; a.A. wohl Drüen/van Heek, DB 2012, 2184[]
  5. BFH, Urteile in BFH/NV 2010, 462; vom 07.12.2011 – I R 5/11, BFH/NV 2012, 556[]
  6. BFH, Urteil in BFHE 162, 445, BStBl II 1991, 253[]
  7. ebenso OFD Münster in DStZ 2005, 204; Gosch, Der Konzern 2017, 504, 506; a.A. Hasselbach/Ebbinghaus, DB 2015, 1269, 1276[]
  8. z.B. Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, a.a.O., § 9 Rz 99; Deloitte/Rehfeld, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 4 Rz 14[]
  9. zutreffend OFD Münster in DStZ 2005, 204; s.a. Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 9 KStG Rz 26; Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, a.a.O., § 9 Rz 99[]
  10. dazu Kusterer/Graf, DStR 2016, 2782, 2783 f.[]
  11. so wohl auch Brandis/Heuermann/Hofmeister, § 8 GewStG Rz 541[]
  12. gleicher Ansicht Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 8 Nr. 4 Rz 3[]
  13. FG Köln, Urteil vom 17.08.2006 – 6 K 6170/03, EFG 2006, 1923[]
Weiterlesen:
Erbbauzinsen und dauernde Last

Bildnachweis: