Durchlaufende Kredite im Konzern – und die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen

Besteht der Geschäftszweck eines Unternehmens darin, Darlehen aufzunehmen und an eine Tochtergesellschaft weiterzureichen, handelt es sich auch dann nicht um durchlaufende Kredite, wenn die Kredite ohne Gewinnaufschlag an die Tochtergesellschaft weitergegeben werden.

Durchlaufende Kredite im Konzern – und die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen

Die von der Muttergesellschaft gewinnmindernd berücksichtigten Zinsaufwendungen unterliegen in einem solchen Fall als Entgelte für Schulden der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung.

Dabei kann der Bundesfinanzhof insoweit dahinstehen lassen, ob die Grundsätze über die Nichtberücksichtigung von durchlaufenden Krediten bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Zinsen auch unter Geltung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.20071 zu berücksichtigen sind. Denn im Streitfall lagen keine solchen durchlaufenden Kredite vor.

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus Entgelten für Schulden wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der nach § 8 Nr. 1 GewStG vorzunehmenden Hinzurechnungen den Betrag von 100.000 EUR übersteigt.

Nach der noch zur Vorgängerfassung des § 8 Nr. 1 GewStG ergangenen Rechtsprechung sind von der Hinzurechnung jedoch Zinsen für durchlaufende Kredite auszunehmen, da es sich insoweit um keine Dauerschulden i.S. dieser Vorschrift handelt2.

Die Rechtsprechung hat die Annahme eines solchen durchlaufenden Kredits von mehreren Voraussetzungen abhängig gemacht.

Danach muss der aufgenommene Kredit nach dem Willen der Vertragschließenden zu einem außerhalb des Betriebs des Darlehensnehmers liegenden Zweck verwendet werden3. Der Steuerpflichtige muss demnach den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse aufgenommen haben4. Für eine solche Kreditaufnahme im fremden Interesse spricht z.B., wenn gegenüber dem Darlehensgeber offengelegt wird, dass die Darlehensaufnahme für Rechnung eines Dritten erfolgt5. Gegen eine Kreditaufnahme im fremden Interesse spricht hingegen, wenn der Darlehensnehmer die Kredite bilanziert und die entsprechenden Zinsen selbst als Aufwand verbucht6.

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Der Darlehensnehmer muss auf eine ihm genau vorgeschriebene Weitervermittlung des Kredits und auf dessen Verwaltung beschränkt bleiben7. Weiter darf dem Darlehensnehmer aus dem Vorgang kein über die bloßen Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwachsen8. Dabei sind auch mittelbar mit der Darlehensaufnahme in Zusammenhang stehende Vorteile schädlich9.

Ein durchlaufender Kredit liegt danach nicht vor, wenn eine Organgesellschaft einen Kredit aufnimmt und die Kreditmittel an einen anderen zum Organkreis gehörenden Betrieb weiterleitet. In einem solchen Fall ist es (auch) Zweck des Betriebs des Kreditnehmers, ein anderes zum Organkreis gehörendes Unternehmen zu finanzieren; die Weiterleitung der Kreditmittel entspricht in diesem Fall dem betrieblichen Zweck des die Kreditmittel weiterleitenden Unternehmens10. Gleiches gilt, wenn ein Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Kredite an das Betriebsunternehmen mit dem Zweck weiterreicht, das Betriebsunternehmen zu finanzieren11. Ein eigener Zweck des das Darlehen weiterreichenden Unternehmens wird auch dann verfolgt, wenn sich die Anteile des Unternehmens, an das das Darlehen weitergereicht wird, im Betriebsvermögen des ersteren Unternehmens befinden und sich der Wert der Anteile durch die zweckentsprechende Verwendung des Darlehens erhöht11. Schließlich wird ein eigener Zweck des Darlehensnehmers auch bereits dann verfolgt, wenn es seinen Geschäftszweck bildet, bestimmte Fremdinteressen zu fördern12.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lagen im Streitfall keine durchlaufenden Kredite vor. Denn auch wenn die Gesellschaft nach den Feststellungen des Finanzgericht die Darlehensaufnahme für ihre Tochtergesellschaft offengelegt hat, erfolgte die Kreditaufnahme zumindest auch im eigenen Interesse der Gesellschaft. Sie hat u.a. das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit in ihrer Bilanz ausgewiesen und die für die Darlehen aufgewendeten Zinsen in Höhe von … EUR als eigenen Zinsaufwand geltend gemacht. Ferner bestand der betriebliche Zweck der Gesellschaft gerade darin, das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit aufzunehmen und an ihre Tochtergesellschaft weiterzureichen. Mit der Weiterreichung der Darlehen verfolgte die Gesellschaft damit nicht nur ein fremdes Interesse, sondern erfüllte zugleich ihren eigenen Geschäftszweck. Zudem hielt die Gesellschaft 100 % der Anteile an ihrer Tochtergesellschaft, so dass mit der zweckentsprechenden Verwendung des Darlehens, d.h. dem fremdfinanzierten Erwerb des Schiffes, nicht nur das Betriebsvermögen der Tochtergesellschaft gemehrt, sondern auch der Wert der von der Gesellschaft an der Tochtergesellschaft gehaltenen Anteile erhöht wurde. Diese Wertung wird auch durch den eigenen Vortrag der Gesellschaft bestätigt. Denn danach erfolgte die Zwischenschaltung der Gesellschaft auf Verlangen des Kreditinstituts und beruhte auf kredittechnischen Gründen. Danach verfolgte die Gesellschaft zudem auch den eigenen Zweck, durch ihre Zwischenschaltung eine Kreditfinanzierung des Schiffes überhaupt erst zu ermöglichen.

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Zu Recht ist das Finanzgericht auch davon ausgegangen, dass eine Saldierung der Zinsaufwendungen der Gesellschaft mit den von der Tochtergesellschaft erhaltenen Zinserträgen ausscheidet.

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG vorliegen, muss grundsätzlich jedes Schuldverhältnis für sich betrachtet werden. Die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist grundsätzlich nicht möglich (Saldierungsverbot)13. Dies gilt entsprechend für die Entgelte für Schulden, nämlich für die Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital. Dazu zählen in erster Linie die laufenden Zinsen i.S. des bürgerlichen Rechts14.

Danach ist grundsätzlich auch eine Saldierung von Schuld- und Habenzinsen ausgeschlossen; dies gilt selbst dann, wenn ein Guthaben- und ein Darlehenskonto in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, ohne einander nicht denkbar sind und die Darlehensmittel nur zweckgebunden verwendet werden dürfen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise tritt hinter die von den Vertragsparteien gewählte bürgerlich-rechtliche Gestaltung zurück. Es kommt nicht darauf an, wie die Parteien ihre Beziehungen hätten gestalten können, entscheidend ist, wie sie sie gestaltet haben15.

Ausnahmen von diesem Saldierungsverbot hat die Rechtsprechung nur hinsichtlich mehrerer bei einem Kreditgeber unterhaltener Konten und bei wechselseitig zwischen zwei Personen gegebenen Darlehen anerkannt, wenn die Darlehensverhältnisse gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden16. Handelt es sich hingegen um Darlehensverhältnisse zwischen verschiedenen Vertragsparteien kommt eine Verrechnung der Zinsaufwendungen nur in Betracht, wenn mit der empfangenen Leistung eine unmittelbare Verringerung der Zinslast beabsichtigt ist17.

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Im Streitfall lag keiner dieser Ausnahmefälle vor. Weder handelte es sich um mehrere bei einem Kreditgeber unterhaltene Konten noch um wechselseitig zwischen zwei Personen gegebene Darlehen. Es lag auch keine dem BFH-Urteil in BFHE 82, 468, BStBl III 1965, 417 vergleichbare Sachverhaltskonstellation vor. Die von der Tochtergesellschaft gezahlten Zinsen dienten nicht -wie ein Zinszuschuss der öffentlichen Hand- der Verminderung der Zinslast der Gesellschaft gegenüber der kreditgewährenden Bank. Vielmehr resultierte die Zinszahlung daraus, dass die Gesellschaft der Tochtergesellschaft den Erwerb des Schiffes und damit ihren Geschäftsbetrieb ermöglichte. Die Zinsen waren deshalb das Entgelt für das der Tochtergesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital18. Die Zinszahlungspflicht der Gesellschaft war auch nicht ursächlich für die Zinszahlungspflicht der Tochtergesellschaft. Vielmehr hätte die Tochtergesellschaft auch dann Zinsen zahlen müssen, wenn ihr die Gesellschaft das für den Schiffserwerb erforderliche Kapital nicht aus Fremd- sondern aus Eigenmitteln zur Verfügung gestellt hätte. Insofern würde die Anerkennung einer Saldierung auch dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG zuwiderlaufen, der darin liegt, den Ertrag des im Betrieb arbeitenden Kapitals in vollem Umfang der Besteuerung nach dem Gewerbeertrag zu unterwerfen („objektive Wirtschaftskraft des Gewerbebetriebs“) und im Wesentlichen eine Gleichstellung von Erträgen aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital herbeizuführen19.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Juli 2019 – III R 24/16

  1. BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630[]
  2. BFH, Urteile vom 16.10.1991 – I R 88/89, BFHE 166, 297, BStBl II 1992, 257, unter II.B.03.; vom 24.01.1996 – I R 160/94, BFHE 180, 160, BStBlII 1996, 328, unter II. 1.; vom 07.07.2004 – XI R 65/03, BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 1.a; vom 15.05.2008 – IV R 77/05, BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.a; vom 16.12.2008 – I R 82/07, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 901, unter II. 2.a[]
  3. BFH, Urteil vom 02.08.1966 – I 66/63, BFHE 86, 768, BStBl III 1967, 27, unter 1.; vom 26.08.1992 – I R 11/92 unter II. 1.[]
  4. BFH, Urteile vom 27.05.1981 – I R 6/78 unter b; in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 1.a; in BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.a[]
  5. BFH, Urteil in HFR 2009, 901, 1143, unter II. 2.a[]
  6. BFH, Urteile in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 1.b; in HFR 2009, 901, unter II. 2.c[]
  7. BFH, Urteil in BFHE 86, 768, BStBl III 1967, 27, unter 3.[]
  8. BFH, Urteile in BFHE 86, 768, BStBl III 1967, 27, unter 3.; vom 27.05.1981 – I R 6/78 unter a; in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 1.a; in BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.a[]
  9. BFH, Urteil in BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.b[]
  10. BFH, Urteile in BFHE 180, 160, BStBl II 1996, 328, unter II. 4.; in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 1.a[]
  11. BFH, Urteil in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 1.b[][]
  12. BFH, Urteil vom 18.12.1986 – I R 293/82, BFHE 149, 64, BStBl II 1987, 446, unter 3.[]
  13. BFH, Urteile vom 19.02.1991 – VIII R 422/83, BFHE 164, 374, BStBl II 1991, 765, unter 5. ff.; vom 21.07.2010 – IV R 2/08, BFH/NV 2011, 44, Rz 23; vom 15.09.2011 – I R 51/10, BFH/NV 2012, 446, Rz 19; vom 11.10.2018 – III R 37/17, BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 16[]
  14. BFH, Urteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 16, m.w.N.[]
  15. BFH, Urteil vom 10.11.1976 – I R 133/75, BFHE 120, 545, BStBl II 1977, 165, unter Bezugnahme auf das BFH, Urteil vom 06.06.1973 – I R 257/70, BFHE 109, 465, BStBl II 1973, 670, unter 3.; BFH, Urteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 17; Köster in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 8 Nr. 1 Buchst. a Rz 65[]
  16. BFH, Urteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 19, m.w.N.[]
  17. BFH, Urteile vom 04.05.1965 – I 134/63 U, BFHE 82, 468, BStBl III 1965, 417, und in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 2.[]
  18. s. dazu BFH, Urteil in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II. 2.[]
  19. vgl. BFH, Urteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 18, m.w.N.[]
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Versorgungszusage einer Konzernobergesellschaft - und die Insolvenzsicherung

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