Nach § 8 Nr. 1 GewStG 1999/2002 wird die Hälfte der Entgelte für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG 1999/2002) bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Entgelt „für“ Schulden ist die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital1. Dazu gehören in erster Linie die laufenden Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts. Der Begriff des Entgelts umfasst aber auch andere Leistungen, die der Kreditnehmer für die Nutzung des Fremdkapitals an den Kreditgeber zu erbringen hat. Dies ergibt sich daraus, dass der Begriff „Entgelte“ durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25.07.19882 an Stelle des Begriffs „Zinsen“ in § 8 Nr. 1 GewStG 1984 eingefügt worden ist. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf war Anlass für die Änderung, dass auch gewinnabhängige Vergütungen für die Nutzung von Fremdkapital zur Hinzurechnung führen sollten, was unter der Geltung des früheren Wortlauts nach der Rechtsprechung des BFH nicht möglich war3. Zudem wurde es als sachgerecht angesehen, „auch solche Entgelte für die langfristige Nutzung von Fremdkapital in die Bemessungsgrundlage Gewerbeertrag einzubeziehen, die zwar nicht als Zinsen bezeichnet werden, aber Zinscharakter haben, wie z.B. das Damnum“, das eine Zinskorrekturfunktion habe4.
Die im vorliegenden Fall im Zuge der Übertragung der Wirtschaftsgüter eingegangene Freistellungsverpflichtung für bestehende Pensionsansprüche führt zu einer das Betriebskapital der Unternehmerin dauerhaft verstärkenden Verbindlichkeit gegenüber der A-KG.
Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Unternehmerin im Zuge der Vereinbarung mit der A-KG einen (internen) Schuldbeitritt zur (fortbestehenden) Verpflichtung der A-KG aus den Pensionszusagen erklärt hat. Dem ist beizupflichten. Damit ist die Unternehmerin im Verhältnis zur A-KG verpflichtet, jene von der gegenüber den Gläubigern (den Versorgungsberechtigten) weiterbestehenden Zahlungspflicht freizustellen (wirtschaftliche Schuldbefreiung als Erfüllungsübernahme i.S. von § 329 BGB), ohne dass eine Gesamtschuldnerschaft begründet werden sollte5. Die entsprechende Freistellungsverpflichtung ist von der Unternehmerin sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz passivisch auszuweisen6.
In Höhe der auf den gemeinen Wert der Freistellungsverpflichtung entfallenden anteiligen Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter liegt als Folge der Vereinbarung nunmehr Fremdkapital bei der Unternehmerin (als Erwerberin) vor. Zwar handelt es sich hierbei in formaler Hinsicht nicht um eine Kapitalüberlassung durch die A-KG. Der Wert der Freistellungsverpflichtung ist aber -als Teil der Vereinbarung zur Tilgung des Kaupreises- als Anschaffungskosten in die Bewertung der erworbenen Wirtschaftsgüter eingeflossen7. Das Eingehen einer Freistellungsverpflichtung ist für den Erwerber im Vergleich zu einem fremdfinanzierten Erwerb oder einer befreienden Schuldübernahme8 nur ein alternatives Finanzierungsinstrument der Anschaffung.
Dem Finanzgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass die kaufvertragliche Gegenleistung im Streitfall mit der Barzahlung, der Übernahme bestimmter Verbindlichkeiten und der rechtlich bindenden Erklärung der Unternehmerin, die A-KG hinsichtlich ihrer Aufwendungen für Pensionsverpflichtungen „schadlos“ zu halten, vollständig erbracht worden ist. Die monatlichen Zahlungen der Unternehmerin an die A-KG dienen damit nicht der Abwicklung oder Erfüllung des Kaufvertrags; gezahlt wird auf den eigenständigen Rechtsgrund der Freistellungsverpflichtung, und zwar unabhängig davon, in welcher Höhe die Unternehmerin auf diese Verpflichtung Zahlungen an die A-KG tatsächlich leisten wird. Dies betrifft sowohl die Situation, dass die Unternehmerin ihre Zahlungen einstellt (z.B. wegen Insolvenz) oder eine Zahlungspflicht endet (z.B. bei Insolvenz der A-KG oder der Erfüllung aller Pensionsansprüche, wenn damit dort keine Zahlungen mehr geleistet werden), als auch die Situation einer „Mehrzahlung“ über den von den Parteien bei der Bewertung dieses Kaufpreisbestandteils kalkulierten Wert hinaus.
Diese rechtliche Struktur kann aber von dem wirtschaftlichen Hintergrund, der die Unternehmerin dazu veranlasst hat, die Verpflichtung einzugehen, nicht losgelöst werden9. Solange Zahlungen auf die Freistellungsverpflichtung zu leisten sind, wird wirtschaftlich die Anschaffung der Wirtschaftsgüter entgolten. Dies steht einer ratenweisen Tilgung einer noch offenen Kaufpreisverbindlichkeit durch den Käufer10 gleich.
Die Zahlungen an die A-KG enthalten auch einen Zinsanteil, der von der Unternehmerin für eine Fremdkapitalüberlassung der A-KG als Entgelt geschuldet wird und der der Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 1999/2002 unterliegt.
Die Parteien des Betriebserwerbs werden im Zuge der Bemessung des Kaufpreises -auf der Grundlage einer kaufmännischen Bewertung der zu erwerbenden Wirtschaftsgüter- den Wert der den wesentlichen Teil des Kaufentgelts ausmachenden Freistellungsverpflichtung ermittelt (jedenfalls geschätzt) haben; jene Bewertung wird bei Vertragsschluss in die Bemessung der übrigen Kaufpreiskomponenten eingeflossen sein. Eine bilanzsteuerrechtliche Bewertung der Wirtschaftsgüter bei der Unternehmerin erfolgt nach den Anschaffungskosten. Soweit die Freistellungsverpflichtung Kaufpreiskomponente ist, kommt der Barwert der Verpflichtung zum Ansatz. Dieser Wert ist nach der übereinstimmenden Einschätzung der Beteiligten und der Vorinstanz für den Anschaffungszeitpunkt durch den Ansatz in der Höhe, die den Ansatz bei der A-KG entspricht, zutreffend ermittelt.
Der Vorteil für die Unternehmerin, den (anteiligen) Wert der erworbenen Wirtschaftsgüter nicht zum Erwerbszeitpunkt aufbringen zu müssen, dürfte üblicherweise Gegenstand einer Zinsvereinbarung sein. Nach den Feststellungen des Finanzgericht ist eine solche Abrede zwar nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen. Allerdings bringt die Bewertung der angeschafften Wirtschaftsgüter und der Verpflichtung mit einem abgezinsten Betrag zum Ausdruck, dass die Unternehmerin der A-KG bis zur vollständigen Erfüllung dieser Verpflichtung einen Zins als Gegenleistung für eine Kapitalüberlassung schuldet11. Es geht damit im Streitfall nicht lediglich um (isolierte) bilanzielle Bewertungs- bzw. Wertberichtigungsmaßnahmen im Schuldnervermögen12, die den Entgeltbegriff des § 8 Nr. 1 GewStG 1999/2002 nicht ausfüllen könnten.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Mai 2014 – I R 85/12
- BFH, Urteile vom 09.08.2000 – I R 92/99, BFHE 193, 141, BStBl II 2001, 609; vom 30.04.2003 – I R 19/02, BFHE 202, 357, BStBl II 2004, 192; BFH, Urteil vom 29.03.2007 – IV R 55/05, BFHE 217, 103, BStBl II 2007, 655[↩]
- BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 08.03.1984 – I R 31/80, BFHE 141, 158, BStBl II 1984, 623[↩]
- BT-Drs. 11/2157, S. 175[↩]
- zur Abgrenzung s. BFH, Urteil vom 26.04.2012 – IV R 43/09, BFHE 237, 215; FG Köln, Urteil vom 03.04.2013 – 13 K 1158/10, EFG 2013, 1427[↩]
- s. allgemein BFH, Urteile vom 16.12 2009 – I R 102/08, BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566; vom 14.12 2011 – I R 72/10, BFHE 236, 101[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 227, 478, BStBl II 2011, 566[↩]
- s. insoweit BFH, Urteil vom 22.08.1990 – I R 178/86, BFHE 162, 361, BStBl II 1991, 469[↩]
- so auch Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 8 Nr. 1a Rz 4 und § 8 Nr. 1a (1 aF) Rz 38[↩]
- s. insoweit BFH, Urteil vom 25.02.1975 – VIII R 19/70, BFHE 115, 514, BStBl II 1975, 647[↩]
- gl.A. Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 8 Nr. 1a Rz 6b[↩]
- so aber im Ergebnis Günkel, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2009/2010, 735, 773 f.; zustimmend Buciek, ebenda, 776[↩]