Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Unternehmer in seinen Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die „handelsrechtlichen“ GoB ergeben sich u. a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. HGB. Nach § 240 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann in seine Bilanz für den Schluss eines Geschäftsjahres u. a. seine Vermögensgegenstände und damit seine Forderungen vollständig aufzunehmen. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind u. a. auszuweisen, wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann [1].

Diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung erbracht, d. h. seine Verpflichtung „wirtschaftlich erfüllt“ hat, so dass dem Schuldner der Gegenleistung die Einrede des nicht erfüllten Vertrags gemäß § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht mehr zusteht. Damit ist dem Leistenden der Anspruch auf die Gegenleistung (die Zahlung) so gut wie sicher. Ohne Bedeutung für die Gewinnrealisierung ist, ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erteilt worden ist, ob die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird [2].
Die Entschädigungszahlung führt zu laufendem Gewinn und nicht zu einem gewerbesteuerfreien Aufgabegewinn.
Gemäß § 7 GewStG ist Gewerbeertrag grundsätzlich der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen nach den §§ 8 und 9 GewStG. Als eine auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogene Sachsteuer erfasst die Gewerbesteuer bei natürlichen Personen nur die durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinne [3]. In den Gewerbeertrag sind danach u. a. nicht die nach Einkommensteuerrecht mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungs- und Aufgabegewinne einzubeziehen. Zu den aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb auszugrenzenden Bestandteilen gehören auch solche, die zwar nach dem Einkommensteuerrecht nicht Veräußerungs- oder Aufgabegewinne darstellen, die aber in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe stehen und deshalb gleichfalls keine „laufenden“ Gewinne darstellen [4]. Ebenso sind auch dann, wenn einkommensteuerrechtlich keine begünstigte Veräußerung oder Aufgabe vorliegt, Veräußerungsgewinne bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auszuscheiden, wenn die Veräußerung zu einer ‑endgültigen- Einstellung der gewerblichen Betätigung des Veräußerers führt. Es widerspräche dem Charakter der Gewerbesteuer als Objekt-steuer, auch die sich aus der Beendigung der gewerblichen Betätigung ergebenden Gewinne als Gewerbeerträge zu erfassen, da sie in keinem stehenden Gewerbebetrieb erwirtschaftet wurden [5].
Im vorliegenden Fall hat der Unternehmer seinen Betrieb aufgegeben. Er hat er sein Unternehmen an die F GmbH veräußert. Mit Geschäfts-Kaufvertrag und Waren-Kaufvertrag hat er seinen gesamten Warenbestand, das Inventar und den Firmenwert übertragen. Damit hat er die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber entgeltlich übertragen, dadurch ist die gewerbliche Betätigung des Unternehmers mit den veräußerten Betriebsgrundlagen beendet worden [6]. Der Betriebsveräußerung i. S. von § 16 Abs. 1 EStG steht nicht entgegen, dass die Erwerberin der wesentlichen Betriebsgrundlagen eine GmbH war, deren alleiniger Gesellschafter ‑und zum fraglichen Übertragungszeitpunkt auch alleiniger Geschäftsführer- der (bisherige) Unternehmer war. Maßgeblich ist insoweit, dass die GmbH trotz der Beteiligung des Unternehmers ein anderes Rechtssubjekt ist [7]. Auf diesen Zeitpunkt hat der Unternehmer auch seine Betriebsaufgabe ‑aus gesundheitlichen Gründen- gegenüber dem Finanzamt erklärt.
Zum Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn gehört nach ständiger Rechtsprechung alles, was der Veräußerer im Zusammenhang mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes vom Erwerber oder einem Dritten erhält [8]. Ertragsteuerlich erfasst § 16 EStG vornehmlich die anlässlich einer Veräußerung/Aufgabe durch die Aufdeckung stiller Reserven entstandenen Gewinne, während Einnahmen aus der Erfüllung oder Auflösung von laufenden Verträgen, die nicht durch die Betriebsveräußerung/-Aufgabe veranlasst sind, als laufende Gewinne zu qualifizieren sind [9]. Veräußerungsgewinne sind allerdings nicht schon wegen eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Veräußerung und Betriebsaufgabe tarifermäßigt bzw. nicht gewerbesteuerbar; maßgeblich für die Zuordnung zum laufenden oder zum Aufgabegewinn ist vielmehr der wirtschaftliche Zusammenhang [10]. Auch eine Entschädigung, beispielsweise für den Verzicht auf ein bestehendes Mietrecht an Geschäftsräumen, kann dem Aufgabegewinn zuzuordnen sein, wenn die Entschädigung für die Aufgabe eines Betriebs oder Teilbetriebs bzw. zur Abgeltung der durch die Betriebseinstellung aufgetretenen Nachteile gezahlt wird [11].
Dies gilt auch aus gewerbesteuerrechtlicher Sicht: Veräußerungsgewinne sind nicht schon wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Veräußerung und Betriebsaufgabe als nicht gewerbesteuerbar anzusehen. Gewinne aus betriebsgewöhnlichen Geschäftsvorfällen, die auf der im Wesentlichen unveränderten Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit beruhen, unterliegen im Regelfall der Gewerbesteuer. Für die Zuordnung zum laufenden bzw. zum Aufgabegewinn kommt es mithin ebenfalls auf den wirtschaftlichen Zusammenhang an. Gewinne aus ihrer Natur nach laufenden Geschäftsbeziehungen gehören auch dann zum Gewerbeertrag, wenn sie im Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe erzielt werden [5].
Nach Maßgabe dieser Grundsätze fehlt es im Streitfall jedenfalls an dem erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang der Entschädigungszahlung mit der Betriebsveräußerung. Die Veräußerung des Mietobjekts an einen Investor Mitte 2006 und die in der Folgezeit geführten Gespräche und Auseinandersetzungen mit dem neuen Vermieter um eine vorzeitige Beendigung des langfristigen Mietvertrages erfolgten ohne einen Zusammenhang mit einer möglichen Betriebsaufgabe. Vielmehr ging der Unternehmer zunächst selbst lediglich von einer ggfs. notwendig werdenden Betriebsverlegung aus. Hierfür hatte er eine neue Mietfläche gesucht und auch gefunden. Den unterschiedlichen Mietkonditionen ist in der Vergleichsvereinbarung durch eine Ausgleichszahlung von 313.000 € ausdrücklich Rechnung getragen worden. Weil der Unternehmer „in Verhandlungen bzw. kurz vor Abschluss eines neuen Mietvertrages mit einem Quadratmeterpreis von 13, 75 €“ stehe, errechnete sich eine Differenz zu dem bisherigen Mietpreis von 6, 25 €/m2. In der Vergleichsvereinbarung ist auch bereits vereinbart worden, dass an der Baustelle auf der bisherigen Ladenfläche werbend auf die Betriebsverlegung „nur 10 Minuten Fußweg“ entfernt hinzuweisen war. Auch die Durchführung eines Räumungsverkaufs und die Kündigung von Mitarbeitern ab November 2007 ist vor dem Hintergrund der Betriebsverlegung und geänderter Konditionen bei dem neuen Mietobjekt zu sehen und als nicht zwingender Ausdruck einer beabsichtigten Betriebsaufgabe.
Ursache für die Betriebsveräußerung/Betriebsaufgabe war nach den eigenen Angaben des Unternehmers sein gesundheitlicher Zustand. Er litt bereits seit 1989 an einem … Im Oktober 2007 erfolgte ein Zusammenbruch, seit dem …11.2007 war er von seiner behandelnden Ärztin in vollem Umfang als erwerbsunfähig eingestuft worden. Der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Auflösung des Mietverhältnisses und der Betriebsaufgabe bestand danach nicht; tatsächlich ist die Betriebsveräußerung lediglich in einem zeitlichen Zusammenhang erfolgt.
Der Unternehmer kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des Finanzgerichts Berlin vom 09.03.1998 [12] berufen. Offen bleiben kann, ob das Finanzgericht die Rechtsauffassung des Finanzgerichts Berlin teilen könnte, denn jedenfalls liegt jener Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde. Dort war die Aufhebung des betrieblichen Mietvertrages auslösend für die Verlagerung des Betriebs in einen anderen Stadtteil und Veräußerung der Betriebsgrundlagen an eine der dortigen Unternehmerin gehörende GmbH im Rahmen eines „geschlossenen Konzepts“. Im Streitfall ist die Geschäftsaufgabe demgegenüber kausal durch den Gesundheitszustand des Unternehmers ausgelöst worden. Auch die mit Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.03.1998 [13] entschiedenen Sache weicht insoweit vom Streitfall ab, als dort die Auflösung eines Pachtvertrages über ein Hotel mit Gaststätte unmittelbar zur Betriebsaufgabe führte, ohne dass, wie im Streitfall, andere Ursachen die Betriebsaufgabe beeinflusst hätten.
Schließlich kann sich der Unternehmer auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des BFH in der Sache – IV R 43/74 [14] berufen, die sich mit den Voraussetzungen einer Entschädigung i. S. von § 24 Nr. 1a i. V. m. § 34 Abs. 1 und 2 EStG befasst. Denn beim Gewerbeertrag bleiben Entschädigungen nur außer Ansatz, wenn sie im Rahmen der Aufgabe des Betriebes gezahlt werden und einkommensteuerrechtlich dem begünstigten Aufgabegewinn zuzurechnen sind [15]. Dies ist im Streitfall aber gerade nicht gegeben.
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 6. Februar 2014 – 2 K 129/13
- vgl. z. B. BFH, Urteile vom 03.08.2005 – I R 94/03, BStBl II 2006, 20 m. w. N.; vom 08.11.2000 – I R 10/98, BStBl II 2001, 349, m. w. N.; vom 12.05.1993 – XI R 1/93, BStBl II 1993, 786, m. w. N.[↩]
- allg. A., z. B. BFH, Urteile vom 29.11.2008 – IV R 62/05, BStBl II 2008, 557; vom 03.08.2005 – I R 94/03, BStBl II 2006, 20 m. w. N.; Weber-Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 32. Aufl., § 5 Rz. 607[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 13.11.1963 – GrS 1/63, BStBl III 1964, 124; BFH, Urteil vom 25.07.2001 – X R 55/97, BStBl II 2001, 809[↩]
- vgl. z. B. BFH, Urteil vom 17.02.1994 – VIII R 13/94, BStBl II 1994, 809[↩]
- BFH, Urteil vom 26.07.2007 – IV R 49/04, BStBl II 2009, 289 m. w. N.[↩][↩]
- vgl. zur Betriebsveräußerung z. B. BFH, Urteile vom 09.08.1989 – X R 62/87, BStBl II 1989, 973; vom 24.Juli 1986 – IV R 137/84, BStBl II 1986, 808[↩]
- vgl. BFH Urteil vom 09.08.1989 – X R 62/87, BStBl II 1989, 973[↩]
- z. B. BFH Urteil vom 04.03.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354 m. w. N.[↩]
- BFH Beschluss vom 11.09.1997 – VIII B 101/96, BFH/NV 1998, 452; Urteile vom 14.07.1993 – I R 84/92, BFH/NV 1994, 23; vom 07.04.1989 – III R 9/87, BStBl II 1989, 874[↩]
- ständige Rechtspr., vgl. BFH Urteile vom 26.06.2007 – IV R 49/04, BStBl II 2009, 289; vom 19.05.1971 – I R 467/70, BStBl II 1971, 688[↩]
- BFH Urteile vom 04.03.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354; vom 24.11.1982 – I R 60/79, BStBl II 1983, 243[↩]
- FG Berlin, Urteil vom 09.03.1988 – 8 K 8192/97, EFG 1998, 1178[↩]
- BFH, Urteil vom 04.03.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354[↩]
- BFH, Urteil vom 20.07.1978 – IV R 43/74, BStBl II 1979, 9[↩]
- vgl. Drüen in Blümich, GewStG, § 7 Rz.142; GewStH 7.1 Abs. 3[↩]
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