Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer – und die Nebentätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt

Die von einer grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft auf einem Weihnachtsmarkt ausgeübte und alle Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes erfüllende Nebentätigkeit schließt -lässt sich jene nicht unter eine der ausnahmsweise kürzungsunschädlichen Tätigkeiten subsumieren- die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus, auch wenn der Gewinn aus dieser Nebentätigkeit einem gemeinnützigen Verein als Spende zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke zugewendet wird.

Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer – und die Nebentätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt

Unerheblich ist, ob diese originär gewerbliche Nebentätigkeit der Personengesellschaft im Verhältnis zu ihrer grundbesitzverwaltenden Tätigkeit nur äußerst geringfügig ist. Bei Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist keine ungeschriebene Geringfügigkeitsgrenze zu beachten.

Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG unterliegt mit ihrer vermögensverwaltenden Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer1. Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1, 2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt (sogenannte einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sogenannte erweiterte Kürzung). Der Zweck der erweiterten Kürzung besteht darin, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zwecke der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur private Vermögensverwaltung betreiben2.

Danach setzt die erweiterte Kürzung im Grundsatz die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes voraus (Ausschließlichkeitsgebot). Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist3. Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten (kürzungsunschädlichen), jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt4. Darüber hinaus liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Nebentätigkeiten dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise kürzungsunschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können5. Ist der Umfang einer derartigen Nebentätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot5. Im Übrigen sind von dem Ausschließlichkeitserfordernis keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit, auch nicht solche aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art.20 Abs. 3 GG) geboten6. Ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot führt zur vollständigen Versagung der erweiterten Kürzung.

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Nach Anwendung dieser Grundsätze konnte der im vorliegenden Fall klagenden Grundbesitzgesellschaft die beantragte erweiterte Kürzung nicht gewährt werden, da sie in den Streitjahren eine kürzungsschädliche Tätigkeit ausgeübt hat:

Sie hat mit ihrer Aktivität auf dem Weihnachtsmarkt in allen Streitjahren -neben ihrer begünstigten vermögensverwaltenden Tätigkeit- eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausgeübt. Diese gewerbliche Nebentätigkeit gehört nicht zu den nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG erlaubten (kürzungsunschädlichen) Tätigkeiten. Sie kann auch nicht als ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden. Die von der Grundbesitzgesellschaft erhobenen Einwände greifen nicht durch.

Die von der Grundbesitzgesellschaft auf dem Weihnachtsmarkt ausgeübte Nebentätigkeit erfüllt alle Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG, insbesondere das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht. Eine derartige Nebentätigkeit einer Personengesellschaft schließt -lässt sich diese nicht unter eine der ausnahmsweise kürzungsunschädlichen Tätigkeiten subsumieren- die erweiterte Kürzung aus, auch wenn der Gewinn aus dieser Nebentätigkeit einem gemeinnützigen Verein als Spende zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke zugewendet wird.

Das Finanzgericht Münster hat im vorliegenden Fall festgestellt (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), dass die Grundbesitzgesellschaft ihre Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt in allen Streitjahren gegen Entgelt ausgeübt hat7. Denn in allen von der Grundbesitzgesellschaft für diese Aktivität aufgestellten Gewinnermittlungen sind Einnahmen enthalten. Daher kann dahinstehen, ob nur eine entgeltliche Aktivität kürzungsschädlich ist8 oder auch eine unentgeltliche Aktivität9.

Im Übrigen hat das Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass diese Nebentätigkeit alle Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt.

Das Finanzgericht hat die in dieser Norm genannten Merkmale der Selbständigkeit, der Nachhaltigkeit und der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr in ihrer rechtlichen Bedeutung zutreffend erkannt und rechtsfehlerfrei auf den Streitfall angewendet. Die Grundbesitzgesellschaft hat sich mit ihren Ausführungen im Revisionsverfahren auch nicht (mehr) gegen das Vorliegen dieser Merkmale gewandt. Der Bundesfinanzhof sieht daher insoweit von weiteren Ausführungen ab.

Ebenso hat das Finanzgericht das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht rechtsfehlerfrei bejaht. Daher kann auch dahinstehen, ob nur eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit zur Versagung der Kürzung führt10 oder auch eine solche ohne Gewinnerzielungsabsicht11.

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Das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht ist als Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung vom Revisionsgericht nur daraufhin zu prüfen, ob die Würdigung durch das Finanzgericht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt12. Werden über mehrere Jahre hinweg tatsächlich Gewinne erzielt, liegt darin ein kaum zu widerlegendes Indiz dafür, dass die Tätigkeit in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wurde13.

Danach durfte das Finanzgericht aus dem Umstand, dass die Grundbesitzgesellschaft in allen Streitjahren tatsächlich Gewinne aus ihrer Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt erzielt hat, ohne weiteres die Schlussfolgerung ziehen, sie habe die Absicht gehabt, Gewinne zu erzielen.

Diese Würdigung durch das Finanzgericht ist nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil -wie die Grundbesitzgesellschaft meint- sie aus dieser Tätigkeit in den Streitjahren Verluste erzielt habe. Denn das Finanzgericht hat den von der Grundbesitzgesellschaft an den gemeinnützigen Verein A abgeführten Reinerlös im Rahmen der Gewinnermittlung der Grundbesitzgesellschaft zu Recht nicht als eine abziehbare Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 EStG), sondern als eine Spende für gemeinnützige Zwecke behandelt.

Spenden sind Ausgaben, die vom Steuerpflichtigen freiwillig und ohne Gegenleistung zur Förderung der gesetzlich festgelegten steuerbegünstigten Zwecke geleistet werden14. Maßgebend für die Abgrenzung von Betriebsausgaben und Spenden für gemeinnützige Zwecke sind die Motive des Steuerpflichtigen, wie sie durch die äußeren Umstände erkennbar sind15. Dabei setzt die Würdigung eines Geldtransfers als „Spende“ eine deutlich überwiegende und im Vordergrund stehende Spendenmotivation voraus16. Diese Würdigung obliegt dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz15.

Danach hält die -von der Grundbesitzgesellschaft nicht mit Verfahrensrügen angegriffene- Würdigung des Finanzgericht einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Das Finanzgericht hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die Grundbesitzgesellschaft nicht zur Abführung des Reinerlöses an den Verein A verpflichtet gewesen sei. Für eine derartige Verpflichtung habe die Grundbesitzgesellschaft -so das Finanzgericht- keinen Nachweis erbracht. Weiter hat das Finanzgericht festgestellt, dass der Verein A der Grundbesitzgesellschaft über die abgeführten Beträge entsprechende Zuwendungsbestätigungen (Spendenbescheinigungen) ausgestellt habe. Ebenso seien diese Beträge in den Gewinnfeststellungsbescheiden als „Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke“ festgestellt worden. Im Übrigen ist in den angegriffenen Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2016 der Gewinn jeweils nach § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG um diese Beträge als Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke gekürzt worden. Aus diesen Umständen lässt sich -ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze- zum einen folgern, dass die Grundbesitzgesellschaft den Reinerlös freiwillig, das heißt ohne rechtliche Verpflichtung abgeführt hat, und zum anderen, dass die Grundbesitzgesellschaft den Geldtransfer unentgeltlich, das heißt mit einer deutlich überwiegenden Spendenmotivation -ohne einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen einer Leistung und Gegenleistung- durchgeführt hat.

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Auch lässt sich die von der Grundbesitzgesellschaft auf dem Weihnachtsmarkt ausgeübte Tätigkeit unter keine der in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählten erlaubten (kürzungsunschädlichen) Tätigkeiten subsumieren. Da keiner der Beteiligten hiervon Abweichendes geltend macht, sieht der Bundesfinanzhof insoweit von weiteren Ausführungen ab.

Des Weiteren hat das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass die vorbezeichnete Aktivität kein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung und -nutzung durch die Grundbesitzgesellschaft ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Betreiben der Stände auf dem Weihnachtsmarkt für die Grundbesitzgesellschaft zwingend erforderlich gewesen ist, um den eigenen Grundbesitz wirtschaftlich sinnvoll nutzen und verwalten zu können.

Die von der Grundbesitzgesellschaft erhobenen Einwände greifen nicht durch.

Soweit die Grundbesitzgesellschaft vorträgt, das Finanzgericht habe verkannt, dass sie ihre Aktivität auf dem Weihnachtsmarkt ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt habe, überzeugt dies nicht.

Entgegen der Auffassung der Grundbesitzgesellschaft hat das Finanzgericht nicht einen einheitlichen Lebenssachverhalt gekünstelt in zwei Teilbereiche aufgespalten, sondern es hat den von der Grundbesitzgesellschaft verwirklichten Lebenssachverhalt -in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise- den beiden Bereichen „Gewinnerzielung“ und „Gewinnverwendung“ zugeordnet. Für die steuerrechtliche Beurteilung bleibt maßgeblich, welche steuerrechtlichen Vorschriften das Verhalten des Steuerpflichtigen erfüllt. Die Gewinnerzielungsabsicht lässt sich nur anhand äußerer Umstände feststellen17. Dabei sind tatsächlich erzielte Gewinne ein kaum zu widerlegendes Indiz für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht. Im Übrigen liegt es im Streitfall sehr nahe, dass die Grundbesitzgesellschaft auch solche Gewinne erzielen wollte, um möglichst hohe Beträge an den Verein A spenden zu können. Es ist daher unerheblich, dass die Nebentätigkeit der Grundbesitzgesellschaft auf dem Weihnachtsmarkt nach Abzug der Spendenbeträge gegebenenfalls zu negativen Salden geführt hat.

Ebenso hat das Finanzgericht die von der Grundbesitzgesellschaft an den gemeinnützigen Verein A abgeführten Reinerlöse in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als Spenden qualifiziert. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob das Finanzgericht die von der Grundbesitzgesellschaft in ihrer Revisionsbegründung angeführten beiden Schreiben -das des Finanzamtes an den Verein A vom 17.01.2017 und das der B Steuerberatungsgesellschaft mbH an das Finanzamt vom 30.11.2017- überhaupt zum Gegenstand seiner tatsächlichen Feststellungen gemacht hat und diese Schreiben daher revisionsrechtlich Berücksichtigung finden dürfen.

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Abgesehen davon enthält das Schreiben des Finanzamtes vom 17.01.2017, in dem der Verein A darauf hingewiesen wurde, dass er Zuwendungsbestätigungen an Standbetreiber für Zusatzspenden im Zusammenhang mit vertraglich vereinbarten Platzzusagen nicht ausstellen dürfe, keine Aussage dazu, wie dieser Geldtransfer beim Standbetreiber steuerrechtlich zu beurteilen ist. Aber selbst wenn es sich bei den Geldtransfers dieser Standbetreiber an den Verein A um Betriebsausgaben (Standgeld) gehandelt haben sollte, ist weder ersichtlich noch vom Finanzgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass auch die Grundbesitzgesellschaft mit dem Verein A eine derartige Platzzusage vertraglich vereinbart hat. Dies wurde von der Grundbesitzgesellschaft auch nicht vorgetragen.

Schließlich ergibt sich Abweichendes nicht daraus, dass die Aktivität der Grundbesitzgesellschaft auf dem Weihnachtsmarkt im Verhältnis zu ihrer grundstücksverwaltenden Tätigkeit nur äußerst geringfügig gewesen ist. Es existiert keine ungeschriebene Geringfügigkeitsgrenze, bei deren Unterschreiten -trotz Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot- die erweiterte Kürzung zu gewähren wäre.

Entgegen der Auffassung der Grundbesitzgesellschaft lässt sich eine solche Geringfügigkeitsgrenze auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 06.06.201918 ableiten. Dieses Urteil betrifft die Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG a.F. (= § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.201919). Der Bundesfinanzhof entschied, dass diese Norm auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze verfassungsgemäß ist20. Der sich hieraus in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht ergebenden, sachlich nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung der Personengesellschaft gegenüber einem Einzelunternehmer (Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG) wurde dadurch begegnet, dass die „aufwärts abgefärbte“ gewerbliche Oberpersonengesellschaft nicht der sachlichen Gewerbesteuerpflicht unterliegt21. Bei der Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist hingegen zu beachten, dass der Gesetzgeber in dieser Vorschrift ausdrücklich ein strenges Ausschließlichkeitsgebot normiert und in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG die ausnahmsweise kürzungsunschädlichen Tätigkeiten aufgezählt hat. Angesichts dieses klaren Wortlauts bleibt kein Raum für eine ungeschriebene Geringfügigkeitsgrenze.

Im Übrigen stellt sich die alleinige Herausnahme der ausschließlich vermögensverwaltenden grundbesitzbezogenen Erwerbstätigkeit aus der gewerbesteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage als eine folgerichtige Umsetzung des gewerbesteuerrechtlichen Belastungsgrundes dar22. Die enge Ausgestaltung der Tatbestandsvoraussetzungen der erweiterten Kürzung entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Folgerichtigkeit. Dem würden Geringfügigkeitsgrenzen zuwiderlaufen. Solche Grenzen sind daher auch nicht aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten23. Hieran ändert auch der Umstand, dass die Grundbesitzgesellschaft mit ihrer -geringfügigen- kürzungsschädlichen Tätigkeit einen gemeinnützigen Verein unterstützt hat, nichts.

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Danach hat das Finanzamt in den Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2016 vom 07.02.2018 zu Recht nur die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG gewährt.

Zutreffend hat das Finanzamt die aufgrund der Außenprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderten -bereits die einfache Kürzung gewährenden- Gewerbesteuermessbescheide 2013 bis 2015 zwecks Übernahme der richtigen Kürzungsgrundlage verfahrensrechtlich nochmals mit auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Bescheiden vom 07.02.2018 korrigiert. Denn der das Grundstück betreffende Einheitswertbescheid ist für den Gewerbesteuermessbescheid ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO, soweit die Kürzungsgrundlage in § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG an den Einheitswert gebunden ist24. Gleiches würde auch für den Gewerbesteuermessbescheid 2016 vom 07.02.2018 gelten, sollte es sich bei diesem Bescheid nicht um einen Erstbescheid, sondern ebenfalls um einen Änderungsbescheid handeln. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die der einfachen Kürzung in den Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2016 vom 07.02.2018 zugrunde gelegten Einheitswerte unzutreffend sind.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Juni 2023 – IV R 6/20

  1. BFH, Urteil vom 20.11.2003 – IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464, unter I. 1.[]
  2. z.B. BFH, Beschluss vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 96, m.w.N.[]
  3. BFH, Urteil vom 26.02.2014 – I R 47/13, Rz 18, m.w.N.[]
  4. z.B. BFH, Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 19, m.w.N.[]
  5. z.B. BFH, Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 23, m.w.N.[][]
  6. z.B. BFH, Urteile vom 26.02.2014 – I R 6/13, Rz 15, m.w.N.; vom 11.04.2019 – III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 37[]
  7. FG Münster, Urteil vom 21.01.2020 – 6 K 1384/18 G, F[]
  8. so BFH-Vorlagebeschluss vom 21.07.2016 – IV R 26/14, BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202, Rz 64; Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 126; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 40[]
  9. dies offen lassend BFH, Urteil vom 17.01.2006 – VIII R 60/02, BFHE 213, 5, BStBl II 2006, 434, unter II. 1.c dd; dies bejahend Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 23b; Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 70[]
  10. so ggf. BFH, Urteil vom 31.07.1980 – I R 30/77, BFHE 130, 543, BStBl II 1980, 662, unter 1.b[]
  11. so Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 126; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 23b; Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 73; so ggf. auch BFH, Urteil vom 05.03.2008 – I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359, unter II. 2.a; so wohl auch BFH, Urteil vom 23.03.2023 – III R 49/20, Rz 25[]
  12. BFH, Urteil vom 16.02.2016 – IX R 28/15, Rz 12, 16, zur Einkünfteerzielungsabsicht; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 142[]
  13. z.B. BFH, Urteil vom 19.07.1990 – IV R 82/89, BFHE 161, 144, BStBl II 1991, 333, unter 3.b, m.w.N.[]
  14. z.B. BFH, Urteil vom 12.10.2011 – I R 102/10, BFHE 235, 394, BStBl II 2014, 484, Rz 16, m.w.N.[]
  15. z.B. BFH, Beschluss vom 02.02.2011 – IV B 110/09, Rz 4, m.w.N.[][]
  16. BFH, Urteil vom 12.09.1990 – I R 65/86, BFHE 162, 407, BStBl II 1991, 258, unter II. 3.b[]
  17. z.B. BFH, Urteil vom 07.04.2016 – IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 19, m.w.N.[]
  18. BFH, Urteil vom 06.06.2019 – IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649[]
  19. BGBl I 2019, 2451[]
  20. BFH, Urteil vom 06.06.2019 – IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649, Rz 19 ff.[]
  21. BFH, Urteil vom 06.06.2019 – IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649, Rz 39 ff.[]
  22. vgl. dazu BFH, Beschluss vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 97 f.[]
  23. BFH, Urteil vom 11.04.2019 – III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 37[]
  24. Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 70; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 17; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 12; Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 35; R 9.1 Abs. 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009[]
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