Für eine allgemeine Leistungsklage einer (vermeintlichen) Organgesellschaft, mit der das Finanzamt verurteilt werden soll, eine von ihm im Besteuerungsverfahren des (vermeintlichen) Organträgers gemachte Mitteilung an die zur Festsetzung der Gewerbesteuer zuständige Gemeinde inhaltlich zu korrigieren, fehlt die Klagebefugnis.

Gemäß § 40 Abs. 1 FGO kann durch Klage u.a. die Verurteilung zu einer anderen Leistung begehrt werden (sog. allgemeine Leistungsklage). Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist diese Klage gemäß § 40 Abs. 2 FGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Wie aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 2 FGO unmittelbar hervorgeht, muss die dort geregelte sog. Klagebefugnis auch bei einer allgemeinen Leistungsklage vorliegen1.
Der Kläger ist dann klagebefugt, wenn die Rechtsordnung ein subjektives Recht kennt, das den geltend gemachten Anspruch in seiner Person tragen würde. Welche Rechtsnormen ein solches subjektiv-öffentliches Recht begründen, entscheidet sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, des Bundesverwaltungsgerichts und der h.M. nach der Schutznormtheorie2. Gefordert wird damit der Verstoß gegen eine Norm, die nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere im öffentlichen Interesse an der gesetzmäßigen Steuererhebung und Sicherung des Steueraufkommens erlassen wurde, sondern -zumindest auch- dem Schutz der Interessen einzelner an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter dient (sog. „drittschützende“ Norm). Es genügt weder eine Verletzung lediglich wirtschaftlicher Interessen noch die Verletzung von Normen, durch die der einzelne Dritte nur aus Gründen des Interesses der Allgemeinheit begünstigt wird, die also reine Reflexwirkungen haben3.
Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 FGO sind erfüllt, wenn das Klagevorbringen es als zumindest möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Entscheidung eigene subjektiv-öffentliche Rechte des Klägers verletzt (sog. Möglichkeitstheorie)4, bzw. die Klagebefugnis ist -umgekehrt gewendet- nur dann nicht gegeben, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger geltend gemachten Rechte bestehen oder ihm zustehen können5.
Nach diesen Maßstäben fehlt es in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall für die auf eine geänderte Mitteilung gerichtete Klage der (vermeintlichen) Organgesellschaft an der Klagebefugnis. Denn subjektiv-öffentliche Rechte der Organgesellschaft werden durch eine Mitteilung des Finanzamt im Gewerbesteuerverfahren der X-AG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tangiert.
§ 184 Abs. 3 AO verleiht der Organgesellschaft keine Klagebefugnis. Diese Norm betrifft nicht das Besteuerungsverhältnis der Organgesellschaft und hat auch keinen drittschützenden Charakter.
Im Land Nordrhein-Westfalen wurde gemäß Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG i.V.m. § 1 des Gesetzes über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern6 die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer den Gemeinden übertragen. Sie sind damit für den Erlass des Gewerbesteuerbescheids -und auch für den etwaigen Erlass von Haftungsbescheiden wegen Gewerbesteuer7- zuständig, während das Finanzamt als Landesfinanzbehörde für den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids zuständig ist (vgl. Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG, § 17 Abs. 2 Satz 1 FVG). Aus dieser Kompetenzverteilung ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit zwischen den kommunalen und den staatlichen Behörden. Deshalb ordnet § 184 Abs. 3 AO an, dass die Finanzbehörden den Gemeinden den Inhalt des Steuermessbescheids mitzuteilen haben. Die Mitteilung nach § 184 Abs. 3 AO ist weder Teil des Steuermessbescheids noch selbständiger Verwaltungsakt, sondern eine durch die Kompetenzverteilung gebotene verwaltungsinterne Maßnahme rein technischen Charakters ohne unmittelbare Außenwirkung. Es handelt sich um eine schlichte Informationsweitergabe, die selbständig vom Steuerpflichtigen auch nicht angegriffen werden kann8. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erkennbar, dass der Organgesellschaft, die als Dritte weder an dem Gewerbesteuerverfahren der X-AG beteiligt noch in den diesbezüglichen verwaltungsinternen Informationsaustausch zwischen Landesfinanzbehörde und Kommune eingebunden ist, aus § 184 Abs. 3 AO ein subjektiv-öffentliches Recht erwachsen könnte.
Soweit von der Revision und in der Literatur die Auffassung vertreten wird, ein Anspruch auf Berichtigung einer als fehlerhaft erachteten Mitteilung ergebe sich aus einer analogen Anwendung des § 184 Abs. 3 AO9, so ist dem nicht zu folgen. Es handelt sich auch nicht um eine Frage, auf die erst im Rahmen der Begründetheit der Klage eine Antwort zu geben wäre10. Denn die Prüfung, ob sich der Kläger mit seinem Begehren auf ein in der Rechtsordnung abstrakt vorgesehenes subjektiv-öffentliches Recht berufen kann, betrifft die rechtliche Seite der Klagebefugnis und ist damit abschließend im Rahmen des § 40 Abs. 2 FGO vorzunehmen11. Wenn, wie gesehen, § 184 Abs. 3 AO schon in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich keine subjektiv-öffentliche Rechtsposition und damit keine Ansprüche zugunsten der Organgesellschaft begründen kann, dann kann dies auch nicht über die analoge Anwendung dieser Norm erreicht werden.
Ob die streitgegenständlichen Mitteilungen überhaupt eine Stellungnahme zu einem Organschaftsverhältnis enthielten, was das Finanzamt bestreitet, und ob die darin enthaltenen Angaben zutreffend waren, kann dahinstehen. Denn die Rechtswidrigkeit oder Fehlerhaftigkeit einer Maßnahme der Verwaltung kann nicht generell, sondern -zwecks Ausschlusses von sonst möglichen Popularklagen- nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden. Auf eine Verletzung der etwaigen objektiven Rechtspflicht, fehlerfreie Mitteilungen gemäß § 184 Abs. 3 AO zu machen, könnte sich die Organgesellschaft also nur dann berufen, wenn der Gesetzgeber mit dieser Norm auch Individualinteressen der Organgesellschaft schützen wollte. Daran fehlt es jedoch.
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht umstritten, dass von einer Mitteilung an die Gemeinde gemäß § 184 Abs. 3 AO keine Bindungswirkung für das in der Hand der Gemeinde liegende Haftungsverfahren gemäß § 73 AO ausgeht. Die von der Organgesellschaft erhoffte „faktische Bindungswirkung“ einer korrigierten Mitteilung des Finanzamt an die Stadt A stellt allenfalls einen Rechtsreflex, also eine rein tatsächliche und nicht normativ von § 184 Abs. 3 AO intendierte begünstigende Wirkung dieser Regelung dar. Das genügt zur Bejahung der Klagebefugnis aber nicht12.
Für Mitteilungen, die auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 AO und des § 21 Abs. 3 FVG13 gemacht werden, gilt das zu § 184 Abs. 3 AO Gesagte entsprechend. Die Normen über den behördeninternen Informationsaustausch dienen allein dem öffentlichen Interesse an einem funktionierenden Vollzug der Steuergesetze und vermitteln daher keine Klagebefugnis14.
Dass durch die aus Sicht der Organgesellschaft fehlerhafte Mitteilung ihr subjektiv-öffentliches Recht auf Wahrung des Steuergeheimnisses15 verletzt worden sein könnte, behauptet die Organgesellschaft zwar. Doch steht einem Anspruch an das Finanzamt, Mitteilungen an die Gemeinde zu unterlassen, bereits § 30 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 AO entgegen. Denn die Mitteilung ist gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und dient der Durchführung des Verwaltungsverfahrens zur Festsetzung der Gewerbesteuer. Zudem ist die Organgesellschaft nicht Beteiligte dieses Verfahrens. Sie kann als Dritte nicht darauf Einfluss nehmen, wie das Finanzamt und die Gemeinde das Besteuerungsverfahren gegen den betroffenen Steuerpflichtigen -im Streitfall die X-AG- gestalten. Im Übrigen geht es der Organgesellschaft ersichtlich auch nicht darum, dass die Gemeinde nichts über ihre steuerlichen Verhältnisse (Abschluss von Gewinnabführungsverträgen u.Ä.) erfährt. Vielmehr will sie als Dritte in ein sie nicht betreffendes Besteuerungsverfahren eindringen und das Finanzamt zwingen, die steuerlichen Verhältnisse in einer bestimmten Art und Weise rechtlich zu würdigen (keine Organschaft) und diese Rechtsauffassung sodann innerbehördlich weiterzugeben. Für ein solches Begehren bietet § 30 AO keine Rechtsgrundlage.
Der -richterrechtlich entwickelte- öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch, auf den sich die Organgesellschaft beruft, vermittelt ihr ebenfalls keine Klagebefugnis. Denn dieser Anspruch begründet kein subjektiv-öffentliches Recht, sondern setzt nach allgemeiner Meinung tatbestandlich gerade voraus, dass ein hoheitlicher Eingriff in ein bestehendes subjektiv-öffentliches Recht stattgefunden hat16. Daran fehlt es im Streitfall aber. Die Rechtsordnung räumt der Organgesellschaft im Hinblick auf die von ihr als fehlerhaft erachteten Mitteilungen des Finanzamt gegenüber der Gemeinde im Besteuerungsverfahren der X-AG gerade keine Abwehrposition ein.
Der Rechtsschutz der Organgesellschaft ist gewahrt. Erlässt eine Gemeinde einen auf § 73 AO gestützten Haftungsbescheid, dann kann die Organgesellschaft dagegen durch Klage zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten vorgehen. Sie kann dort neben Einwendungen zum Vorliegen einer Organschaft insbesondere auch alle Einwendungen gegen die Steuerschuld vorbringen17. Die rechtsschutzbeschränkend wirkende Regelung des 166 AO scheidet im Streitfall aus. Gibt es mehrere Gemeinden als Steuergläubiger, dann muss sie in der Tat mehreren Prozessen ins Auge sehen. Die damit verbundenen Belastungen hat sie hinzunehmen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. November 2015 – I R 85/13
- BFH, Urteil vom 15.10.1997 – I R 10/92, BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63; Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 128; Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 40 Rz 77 f.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63, m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 7 C 39.07, BVerwGE 131, 129, m.w.N., zu § 42 Abs. 2 VwGO[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63[↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 29.06.1983 7 C 102.82, NVwZ 1983, 610; vom 27.01.1993 11 C 35.92, BVerwGE 92, 32, zu § 42 Abs. 2 VwGO[↩]
- BFH, Urteil vom 21.10.1970 – I R 81/68 u.a., BFHE 100, 295, BStBl II 1971, 30; BFH, Urteile vom 03.02.1987 – VII R 116/82, BFHE 149, 362, BStBl II 1987, 346; vom 10.10.2007 – VII R 36/06, BFHE 218, 458, BFH/NV 2008, 181; BVerwG, Urteil vom 10.07.2001 1 C 35.00, BVerwGE 114, 356, m.w.N.; Eyermann/Happ, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl., § 42 Rz 93; Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 176; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 92[↩]
- GV NRW 1981, 732[↩]
- Boeker in HHSp, § 191 AO Rz 90; R 5.3 Satz 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 14.11.1984 – I R 151/80, BFHE 142, 544, BStBl II 1985, 607; Boeker in HHSp, § 184 AO Rz 86; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 184 AO Rz 9; Frotscher in Schwarz/Pahlke, AO, § 184 Rz 24; vgl. auch Becker/Riewald/Koch, Reichsabgabenordnung, 9. Aufl.1965, Bd. II, § 212b Anm. 2, zur Vorgängerregelung in § 212b Abs. 1 der Reichsabgabenordnung[↩]
- Klomp, Die Unternehmensbesteuerung 2013, 617[↩]
- so Klomp, ebenda[↩]
- BVerwG, Urteile vom 22.02.1994 1 C 24.92, BVerwGE 95, 133; vom 15.12 2011 3 C 41.10, NVwZ 2012, 639; Eyermann/Happ, a.a.O., § 42 Rz 94; Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 222; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10.06.2009 – 1 BvR 198/08, NVwZ 2009, 1426[↩]
- Eyermann/Happ, a.a.O., § 42 Rz 85, m.w.N.[↩]
- dazu Drüen, Die öffentliche Verwaltung 2012, 493[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 23.07.1986 – I R 306/82, BFHE 148, 1, BStBl II 1987, 92, zur Weiterleitung einer Kontrollmitteilung; BFH, Beschluss vom 11.01.2001 – VIII B 83/00, BFH/NV 2001, 578, zu Mitteilungen zwischen Betriebs- und Wohnsitzfinanzämtern; vgl. Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 30 Rz 224[↩]
- Klein/Rüsken, ebenda[↩]
- vgl. z.B. BVerwG, Urteile vom 15.06.2011- 9 C 4.10, BVerwGE 140, 34, HFR 2012, 218, m.w.N.; Eyermann/Schmidt, a.a.O., § 113 Rz 28; Pietzko, Der materiell-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch, S. 136, m.w.N.; Brugger, Juristische Schulung 1999, 625[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1996 – 2 BvR 1157/93, BStBl II 1997, 415, m.w.N.; Klein/Rüsken, a.a.O., § 191 Rz 13[↩]