Gewerbesteuerbefreiung in der Betriebsaufspaltung – die GmbH & Co. KG als Besitzgesellschaft

Die tätigkeitsbezogene und rechtsformneutrale Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit der Besitzpersonengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG.

Gewerbesteuerbefreiung in der Betriebsaufspaltung – die GmbH & Co. KG als Besitzgesellschaft

Dies gilt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs auch in dem Fall, dass die Betriebs-GmbH die Komplementärin der Besitz-GmbH & Co. KG ist.

Die Verpachtungstätigkeit der GmbH & Co. KG ist als gewerblich i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG und § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewStG zu qualifizieren.

Zwischen dem Verpachtungsunternehmen der GmbH & Co. KG und der B-GmbH bestand in den streitigen Erhebungszeiträumen eine Betriebsaufspaltung. Anders als das Finanzgericht meint, ist die GmbH & Co. KG deshalb nicht „aufgrund ihrer gewählten Rechtsform originär gewerblich tätig“. Vielmehr hat die Betriebsaufspaltung zur Folge, dass die hier in Rede stehende Verpachtungstätigkeit der GmbH & Co. KG als gewerblich i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG und § 2 Abs. 1 GewStG zu qualifizieren war. Denn bei einer GmbH & Co. KG mit -wie hier- originär gewerblichen Einkünften wird die gewerbliche Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG überlagert1. Dies folgt aus dessen Wortlaut. Denn eine Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG darf „keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1“ ausüben.

Die Verpachtungstätigkeit der GmbH & Co. KG war indes entgegen der Vorentscheidung nach § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG gewerbesteuerfrei.

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Nach § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG sind Krankenhäuser von der Gewerbesteuer befreit, wenn bei ihnen im Erhebungszeitraum die in § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 AO bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden sind. Im hier entschiedenen Fall haben diese Voraussetzungen bei der B-GmbH vorgelegen. Sie betrieb auf den von der GmbH & Co. KG gepachteten Grundstücken ein Krankenhaus, das im Streitzeitraum die Merkmale des § 67 Abs. 1, Abs. 2 AO erfüllte.

Auch die GmbH & Co. KG als Besitzpersonengesellschaft nimmt an der Gewerbesteuerbefreiung der Betriebs-GmbH teil. Gewerbesteuermessbeträge für die streitigen Erhebungszeiträume 2007 bis 2009 waren deshalb nicht festzusetzen.

Mit Urteil vom 29.03.20062, dem sich der Bundesfinanzhof später auch für den Fall des § 3 Nr. 6 GewStG angeschlossen hat3, hat der Bundesfinanzhof in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass sich die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr.20 Buchst. c GewStG bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- und/oder Verpachtungstätigkeit des Besitzpersonenunternehmens erstreckt. Diese Rechtsprechung gilt auch im Streitfall, denn die Steuerbefreiung für ein Krankenhaus i.S. des § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG kann insoweit nicht anders beurteilt werden als die Steuerbefreiung für ein Altenheim i.S. des § 3 Nr.20 Buchst. c GewStG. Daraus folgt, dass die GmbH & Co. KG als Besitzpersonengesellschaft nur gewerbesteuerbefreite Einkünfte erzielt.

Die Rechtsform der GmbH & Co. KG als GmbH & Co. KG steht der Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG auf die Verpachtungstätigkeit der GmbH & Co. KG (Besitzpersonenunternehmen) nicht entgegen.

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Die tätigkeitsbezogene Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG ist rechtsformneutral4. Dies gebietet der sozial- und wirtschaftspolitisch motivierte Normzweck dieser sachlichen Steuerbefreiung. Er besteht darin, die bestehenden Strukturen bei der Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern5. Die Vorschrift des § 3 Nr.20 GewStG soll zur Kostenentlastung bei den Trägern von Krankenhäusern, Altenheimen und ähnlichen Einrichtungen ungeachtet von deren Rechtsform beitragen. Sie schafft damit mittelbar auch einen Anreiz für die Vornahme von Investitionen in diesem Bereich.

Daran ändert auch nichts, dass die GmbH & Co. KG im Streitfall als Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung anzusehen ist.

Bei der richterrechtlichen Schaffung des Instituts der Betriebsaufspaltung ging es im Wesentlichen darum, zu verhindern, dass der Gewerbesteuer durch eine organisatorische Aufteilung des zur Verwirklichung der gewerblichen Tätigkeit dienenden Vermögens auf zwei eigenständige Rechtsträger ausgewichen wird, mithin eine Besserstellung des aufgespaltenen Unternehmens gegenüber dem „Einheitsunternehmen“ zu verhindern. Dieser Zweck greift aber nicht ein, wenn das als Alternative zur Betriebsaufspaltung gedachte Einheitsunternehmen gemäß § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG von der Gewerbesteuer befreit wäre6. So liegt der Fall hier. Der Gesetzgeber hat die Steuerbefreiung für das Betriebsunternehmen als Einheitsunternehmen nach § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG entsprechend des verfolgten (oben dargelegten) Normzwecks an den in der Vorschrift genannten begünstigten Tätigkeiten und unabhängig von der Rechtsform des Betriebsunternehmens ausgerichtet. Eine Umgehung der Gewerbesteuerpflicht durch eine Aufspaltung des Betriebes kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Schon daran wird deutlich, dass die Merkmalsübertragung auf das Besitzunternehmen nach § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG nicht an dessen Rechtsform scheitern kann.

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Die rechtsformunabhängige Erstreckung des § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG auf das Besitzunternehmen findet ihre Bestätigung aber auch in einer teleologischen Auslegung des Befreiungstatbestandes.

Diente im Streitfall die Betätigung des Besitzunternehmens -wenn auch mittelbar, über das Betriebsunternehmen- der Erfüllung des von den beherrschenden Inhabern (Gesellschaftern) beider Unternehmen bestimmten gemeinsamen Zwecks, ein (gewerbesteuerbefreites) Krankenhaus zu betreiben, und wurden die vom Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassenen Grundstücke und Gebäude -wie im Streitfall- als wesentliche Betriebsgrundlagen auch tatsächlich zur Ausübung des nach § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG steuerbegünstigten Betriebes eingesetzt, so gebietet es der beschriebene sozial- und wirtschaftspolitische Sinn und Zweck des Befreiungstatbestandes, diesen auch auf die im Besitzunternehmen erzielten Erträge unbeschadet von dessen Rechtsform auszudehnen.

Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird schließlich durch die folgende Erwägung bestätigt. Bei einer Betriebsaufspaltung -wie im Streitfall- gehören die Anteile der beide Unternehmen beherrschenden Gesellschafter an der Betriebsgesellschaft zum notwendigen Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen mit der Folge, dass im Falle einer Ablehnung der Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen entgegen der vom Gesetzgeber mit der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr.20 GewStG verfolgten Intention eine Besteuerung des Gewerbeertrages des Betriebsunternehmens stattfände, soweit und sobald der dort erwirtschaftete Gewinn (Gewerbeertrag) an die beherrschenden Gesellschafter beider Unternehmen ausgeschüttet wird7. Die Ausschüttungen der Betriebskapitalgesellschaft unterlägen beim Besitzunternehmen folglich der Gewerbesteuer. Die vom Gesetzgeber mit § 3 Nr.20 GewStG verfolgten Zwecke würden in einem solchen Fall nicht erreicht.

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Ungeachtet dessen, dass die GmbH & Co. KG im Streitfall -wie dargestellt- aufgrund der Betriebsaufspaltung originär gewerbliche Einkünfte erzielt, wäre es aber auch unbeachtlich, wenn die GmbH & Co. KG als gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerbliche Einkünfte erzielte. Denn auch insoweit käme die Rechtsformneutralität des § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG zum Tragen, wenn die GmbH & Co. KG -und allein hierauf kommt es auch gleichheitsrechtlich an- Trägerin eines Krankenhauses wäre.

Diesem Ergebnis kann auch nicht entgegengehalten werden, dass das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung im Streitfall seinen Sinn verlöre. Denn die Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG auf das Besitzunternehmen ändert nichts an dem Vorliegen einer Betriebsaufspaltung. Diese hat auch weiter Bedeutung für die Qualifikation des Vermögens des Besitzunternehmens (GmbH & Co. KG) als Betriebsvermögen8.

Die hier vom Bundesfinanzhof befürwortete Merkmalsübertragung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Als Vergleichsgruppe können im Streitfall nur solche fremde Dritte in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG herangezogen werden, die Träger eines Krankenhauses sind. Eine derartige Vergleichsgruppe wäre indes unter den Voraussetzungen des § 3 Nr.20 Buchst. b GewStG in gleicher Weise begünstigt wie ein infolge einer Betriebsaufspaltung einheitlich gedachtes Unternehmen aus Besitz- und Betriebsgesellschaft.

Aber auch wenn die Vergleichsgruppen anders gebildet werden und der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung tätigen, gewerblich geprägten Personengesellschaft die gewerblich geprägte, aber nicht im Rahmen einer Betriebsaufspaltung tätige Personengesellschaft als Vergleichsgruppe gegenübergestellt wird, ist eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu erkennen. Anders als das Finanzamt meint, führt die Merkmalsübertragung der Betriebsgesellschaft auf die Besitzgesellschaft, die infolge einer Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte bezieht, im Ergebnis nicht zu deren Besserstellung. Zwar wird eine gewerblich geprägte vermögensverwaltende Personengesellschaft, die ausschließlich eigenen Grundbesitz an eine nicht gesellschafteridentische andere (Personen-)Gesellschaft vermietet, die auf diesem Grundbesitz ein Krankenhaus betreibt, nicht im Wege der Merkmalsübertragung gemäß § 3 Nr.20 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Der Gewerbeertrag wird aber auf Antrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG um den Teil des Gewerbeertrags gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Dadurch unterliegen die Vermietungseinkünfte (= Vermögensverwaltung) in vollem Umfang nicht der Gewerbesteuer.

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Die Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist aber -unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens- nicht auf Unternehmen anzuwenden, die Tätigkeiten ausüben, die als solche gewerbesteuerpflichtig sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Grundstücksunternehmen infolge einer Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte erzielt9. Auch der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung tätigen, gewerblich geprägten Personengesellschaft stünde damit die Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu. Sie würde also, anders als das Finanzamt meint, durch die Betriebsaufspaltung zunächst gegenüber einer „nur“ gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Gesellschaft benachteiligt. Die Merkmalsübertragung der Betriebsgesellschaft auf die infolge der Betriebsaufspaltung gewerblich tätige Besitzgesellschaft führt also bezogen auf die Gewerbesteuerbelastung im Ergebnis nur zu deren Gleichstellung mit einer „nur“ gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Gesellschaft.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. August 2015 – IV R 26/13

  1. vgl. BFH, Urteil vom 20.11.2003 – IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464, unter I. 1. der Gründe[]
  2. BFH, Urteil vom 29.03.2006 – X R 59/00, BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661[]
  3. BFH, Urteil vom 19.10.2006 – IV R 22/02, BFHE 215, 268[]
  4. gleicher Auffassung im Ergebnis R 3.20 Abs. 2 Satz 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009; Sarrazin in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 3 Rz 496[]
  5. z.B. BFH, Urteil vom 08.09.1994 – IV R 85/93, BFHE 175, 451, BStBl II 1995, 67[]
  6. vgl. BFH, Urteile vom 30.08.2001 – IV R 43/00, BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152, unter 3. der Gründe; in BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661, unter II. 3.i der Gründe[]
  7. vgl. schon BFH, Urteil in BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661, unter II. 3.e cc und II. 3.j der Gründe[]
  8. vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 215, 268[]
  9. BFH, Urteil vom 28.01.2015 – I R 20/14, BFH/NV 2015, 1109[]
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