Die Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG 2002 umfasst nur Tätigkeiten, die für den Betrieb einer der dort aufgeführten Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeeinrichtungen notwendig sind. Nicht erfasst von der Steuerbefreiung werden daher Überschüsse aus Tätigkeiten, die bei einer von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu behandeln sind.

Gemäß § 3 Nr.20 Buchst. c und d GewStG 2002 sind u.a. Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime sowie Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen darüber, dass die von der Klägerin betriebenen Einrichtungen diese Voraussetzungen erfüllen. Von der Steuerbefreiung nicht umfasst sind jedoch diejenigen Gewinne, die die Klägerin aus den hier streitigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben erzielt hat.
§ 3 Nr.20 GewStG 2002 enthält keine unbeschränkte persönliche Steuerbefreiung. Von der Gewerbesteuer wird nicht der Träger der in § 3 Nr.20 Buchst. c und d GewStG 2002 genannten Einrichtungen mit seinem gesamten Gewerbeertrag befreit; begünstigt werden vielmehr nur die aus dem Betrieb der Einrichtung resultierenden Erträge. Soweit der Träger der Einrichtung außerhalb derselben Erträge erzielt, unterliegen diese der Gewerbesteuer1. Eine sachliche Rechtfertigung, auch diese gewerblichen Erträge in die Steuerbefreiung einzubeziehen, ist nicht ersichtlich. Sinn und Zweck des § 3 Nr.20 GewStG 2002 ist es, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten2. Hieraus lässt sich ableiten, dass nur diejenigen Erträge begünstigt sind, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden, denn nur insoweit entstehen für die Sozialversicherungsträger Kosten. Eine wirtschaftliche Betätigung mit anderem Gegenstand ist dagegen steuerpflichtig.
Wie das Finanzgericht zu Recht ausgeführt hat, können damit von vornherein nur diejenigen Einnahmen und Ausgaben gewerbesteuerfrei sein, die mit Leistungen in den jeweiligen Einrichtungen gegenüber den dort untergebrachten und/oder behandelten Personen zusammenhängen, nicht dagegen solche Erträge, die aus Leistungen gegenüber Dritten erwirtschaftet wurden. Es mag zwar für den Betrieb eines Altenheims förderlich sein, wenn Besucher gegen Entgelt im Heim übernachten und mit den Heimbewohnern verköstigt werden können. Gleichwohl handelt es sich nicht um Erträge aus dem Betrieb einer derartigen Einrichtung. Gleiches gilt für die Einkünfte aus der Abgabe von Wärme an Dritte aus dem Betrieb des Blockheizkraftwerks und aus dem Bäderbetrieb, soweit es sich um Einkünfte aus der Nutzung von nicht in den Einrichtungen untergebrachten Personen handelt.
Auch sind diejenigen Gewinne, die die Klägerin aus dem Verkauf von Getränken und der Vermietung von Telefonen an Heimbewohner erzielt hat, gewerbesteuerpflichtig3. Denn auch insoweit handelt es sich um Erträge aus einer Tätigkeit, die vom eigentlichen Betrieb der Einrichtung geschieden werden kann und vom Zweck der Steuerbefreiung in § 3 Nr.20 GewStG 2002 nicht gedeckt ist. Auch insoweit ist die Klägerin daher partiell gewerbesteuerpflichtig.
Die Befreiungsvorschriften des § 3 GewStG 2002 sind hinsichtlich des Inhalts und Umfangs der Steuerbefreiung an den Katalog des § 5 Abs. 1 KStG angelehnt. Dementsprechend werden z.B. bei steuerbefreiten gemeinnützigen Körperschaften ebenso wie in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nicht von der Gewerbesteuer befreit. Aus dem Umstand, dass sich ein entsprechender Vorbehalt in § 3 Nr.20 GewStG 2002 nicht findet, kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geschlossen werden, § 3 Nr.20 GewStG 2002 wolle auch Erträge aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht zu den in der Vorschrift genannten zählen, in die Steuerfreiheit einbeziehen. Denn anders als andere Steuerbefreiungen des § 3 GewStG 2002 können auch einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Betreiber die Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr.20 GewStG 2002 beanspruchen. Der Umfang der Steuerfreiheit kann daher in dieser Vorschrift nicht in Anlehnung an die gemeinnützigkeitsrechtliche Unterscheidung zwischen ideeller Sphäre einerseits und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb andererseits getroffen werden. Er ist vielmehr vor dem Hintergrund des Ziels der Vorschrift zu bestimmen. Erträge aus anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten in die Steuerbefreiung des § 3 Nr.20 GewStG 2002 einzubeziehen, ist danach sachlich nicht gerechtfertigt. Weder führte die Steuerfreiheit dieser gewerblichen Erträge zu einer Verbesserung der Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen noch ist ersichtlich, dass hierdurch Sozialversicherungsträger von Aufwendungen entlastet werden könnten4.
Im Übrigen bezeichnet auch der u.a. für die Körperschaftsteuerbefreiung einschlägige § 68 Nr. 1 Buchst. a AO Alten, Altenwohn- und Pflegeheime einschränkungslos als Zweckbetriebe, sofern sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dienen. Gleichwohl umfasst die Begünstigung nur solche Tätigkeiten, die für den Betrieb einer der genannten Einrichtungen notwendig sind5. Dementsprechend hat die Klägerin die aus den hier streitigen Tätigkeiten resultierenden Überschüsse als Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb behandelt. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe abweichend hiervon in die Steuerbefreiung des § 3 Nr.20 Buchst. c GewStG 2002 trotz nahezu identischen Wortlauts beider Vorschriften auch die Erträge aus körperschaftsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einbeziehen wollen.
Aus dem Einwand der Klägerin, auch bei anderen Steuerbefreiungen wie z.B. Selbstversorgungsbetrieben (§ 68 Nr. 2 AO) seien Leistungen an Dritte in bestimmtem Umfang von der Steuerbefreiung mit umfasst, folgt nichts anderes. Denn § 68 Nr. 2 AO regelt ausdrücklich, dass Leistungen an Außenstehende bis zu 20 % der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen unschädlich sind6. Das Fehlen einer vergleichbaren Regelung in § 3 Nr.20 GewStG 2002 spricht eher dafür, dass § 3 Nr.20 GewStG 2002 nur die in den Krankenhäusern, Heimen und Einrichtungen erbrachten Leistungen gegenüber Bewohnern und Patienten befreien will.
Auch der Hinweis der Klägerin auf das BFH, Urteil vom 15.09.2010 – X R 21/087, nach dem das Betreiben eines Elektrounternehmens und einer Fotovoltaikanlage einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilde, kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. § 3 Nr.20 Buchst. c und d GewStG 2002 enthalten keine Steuerbefreiung von Gewerbebetrieben, sondern regeln die Steuerbefreiung einzelner gewerblicher Tätigkeiten. Wollte man dies anders sehen, wäre eine Kapitalgesellschaft, die stets nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhält (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 2002), mit sämtlichen gewerblichen Tätigkeiten steuerbefreit, sofern sie auch nur ein Altenheim betreibt. Dieses Auslegungsergebnis wäre weder sachlich gerechtfertigt noch sind Anhaltspunkte für eine dementsprechende Absicht des Gesetzgebers vorhanden.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Juni 2011 – I R 43/10
- BFH, Urteil vom 10.03.2010 – I R 41/09, BFHE 229, 358, BStBl – II 2011, 181 mit Hinweis auf BFH, Urteil vom 20.09.1966 – I R 34/66, BFHE 87, 215, BStBl – III 1967, 90; BFH, Urteil vom 19.03.2002 – VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl – II 2002, 662[↩]
- BFH, Urteil vom 22.10.2003 – I R 65/02, BFHE 204, 278, BStBl – II 2004, 300[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 87, 215, BStBl – III 1967, 90; Verfügung der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 09.03.2010 G 141210St 216, juris; Blümich/von Twickel, § 3 GewStG Rz 102; vgl. auch BFH, Urteil vom 27.03.1996 – I R 182/94, BFHE 180, 444, BStBl – II 1997, 449[↩]
- vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.01.2009 – 8 K 6250/06 B, EFG 2009, 769; Thüringer FG, Urteil vom 20.05.2010 4 K 807/08, EFG 2010, 2022[↩]
- BFH, Urteil vom 24.01.1990 – I R 33/86, BFHE 159, 467, BStBl – II 1990, 470[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 29.01.2009 – V R 46/06, BFHE 224, 176, BStBl – II 2009, 560[↩]
- BFH/NV 2011, 235[↩]