Gewerbesteuerpflicht einer vermögensverwaltenden Vorgesellschaft

Eine vermögensverwaltend tätige Kapitalgesellschaft unterliegt vor ihrer Eintragung in das Handelsregister (sog. Vorgesellschaft) der Gewerbesteuer, wenn sie in dem Zeitraum zwischen Gründung und Handelsregistereintragung (vermögensverwaltende) Tätigkeiten entfaltet, die über den Kreis bloßer Vorbereitungshandlungen hinausgehen.

Gewerbesteuerpflicht einer vermögensverwaltenden Vorgesellschaft

Obwohl eine GmbH „als solche“ erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht (§ 11 Abs. 1 GmbHG), unterliegt bereits die Vorgesellschaft, d.h. die Kapitalgesellschaft nach Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages, aber vor Eintragung1, der Gewerbesteuer, vorausgesetzt, dass die Registereintragung nachfolgt und die Vorgesellschaft eine nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen hat2. Die nach außen tätig gewordene Vorgesellschaft bildet mit der später eingetragenen Kapitalgesellschaft einen einheitlichen Steuergegenstand3.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt als Gewerbebetrieb „stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften“. Da die sachliche Steuerpflicht der GmbH als Kapitalgesellschaft (nach der Handelsregistereintragung) damit die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit umfasst, auch wenn die Voraussetzungen einer gewerblichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes) nicht vorliegen, muss dies mit Blick auf den einheitlichen Steuergegenstand auch für eine geschäftliche Tätigkeit der Vorgesellschaft gelten4. Entgegen der Ansicht des Finanzgericht müssen die Voraussetzungen einer „originär“ gewerblichen Tätigkeit nicht vorliegen. Soweit aus dem BFH, Urteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073, nach dem eine Tätigkeit „als geschäftlich anzusehen ist, wenn der Steuerpflichtige ihr nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nachgeht“, abgeleitet worden ist, dass eine Vorgesellschaft stets die Voraussetzungen einer originär gewerblichen Tätigkeit erfüllt, hält der Bundesfinanzhof hieran nicht fest. Allerdings liegt eine die sachliche Steuerpflicht auslösende geschäftliche Tätigkeit nicht schon in solchen Tätigkeiten, die von der Vorgesellschaft entfaltet werden, um die in Gang gesetzte Gründung der juristischen Person abzuschließen. Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Gründung der Kapitalgesellschaft stehen, sind als Vorbereitungshandlungen anzusehen5, die nach allgemeinen Grundsätzen für den gewerbesteuerrechtlichen Steuergegenstand6 noch nicht relevant sind, sondern vielmehr nur die steuerrelevante Tätigkeit ermöglichen7. Insoweit hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073 weder in der Einzahlung des Stammkapitals durch die Gründer auf ein für die dortige GmbH eingerichtetes Bankkonto noch in der verzinslichen Anlage des Stammkapitals bis zu ihrer Eintragung ins Handelsregister eine (nachhaltige) geschäftliche Tätigkeit der Gesellschaft angenommen. Daran ist festzuhalten.

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Im Streitfall ging die Tätigkeit der GmbH über diesen gründungsbezogenen Zusammenhang, der durch die Annahme und -entsprechend der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 Abs. 1 GmbHG)- die Sicherung bzw. wirtschaftliche Anlage der Gesellschaftereinlage gekennzeichnet ist, hinaus, so dass die Gewerbesteuerpflicht schon vor der Handelsregistereintragung eingesetzt hat.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte die GmbH als Gesellschafterin der M-GmbH einen Ausschüttungsbeschluss gefasst und anschließend die hierdurch erlangten Mittel im Darlehenswege an ihre Gesellschafter und nahestehende Personen ausgereicht. Indem die GmbH ihre durch Sachgründung erlangte Gesellschafterstellung bei der M-GmbH zum Zwecke der Ausschüttung und damit zur Liquiditätsverschaffung genutzt hat, hat sie -auch gegenüber Außenstehenden- eine ihrem Geschäftszweck (dem Halten und Verwalten eigenen Vermögens) entsprechende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen8. Der Ausschüttungsbeschluss überschreitet das Gründungsstadium der GmbH und stellt sich auch nicht als einlagesichernde Maßnahme dar; er ist vielmehr Ausgangspunkt für die weitere satzungsmäßige Tätigkeit der GmbH (Darlehensvergabe), mag sie sich auch tatsächlich auf Gesellschafter und nahestehende Personen beschränkt haben.

Hierdurch wurde der Beginn der Gewerbesteuerpflicht bei einer rein vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft nicht generell vorverlagert. Geboten ist allerdings die Unterscheidung, ob die vermögensverwaltenden Tätigkeiten durch die Gesellschaftsgründung veranlasst sind oder mit ihnen geschäftliche Tätigkeiten gegenüber Dritten aufgenommen wurden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Januar 2017 – I R 81/15

  1. z.B. BFH, Urteile vom 18.07.1990 – I R 98/87, BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073; vom 14.10.1992 – I R 17/92, BFHE 169, 343, BStBl II 1993, 352; BFH, Urteil vom 18.03.2010 – IV R 88/06, BFHE 228, 519, BStBl II 2010, 991[]
  2. so BFH, Urteil vom 08.04.1960 – III 129/57 U, BFHE 71, 190, BStBl III 1960, 319; dem folgend BFH, Urteile vom 16.02.1977 – I R 244/74, BFHE 122, 130, BStBl II 1977, 561; in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073; s.a. R 2.5 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 71, 190, BStBl III 1960, 319; BFH, Urteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073; zustimmend z.B. Blümich/Drüen, § 2 GewStG Rz 241; Keß in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 2 Rz 3084; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 2 Rz 470; Behrens/Braun, Betriebs-Berater -BB- 2013, 926, 929; s.a. zur Körperschaftsteuer das BFH, Urteil in BFHE 169, 343, BStBl II 1993, 352, und z.B. Martini, Der persönliche Körperschaftsteuertatbestand, 2016, S. 120 ff.[]
  4. allgemein auf „Geschäftshandlungen“ bzw. „Geschäftstätigkeit“ abzielend auch Renner in Bergemann/Wingler, GewStG, § 2 Rz 183; Deloitte/Schumann, GewStG, § 2 Rz 323; Pohl in Hidien/Pohl/Schnitter, Gewerbesteuer, 15. Aufl., S. 416; wohl auch Behrens/Braun, BB 2013, 926, 929 [mit Verweis auf R 2.5 Abs. 2 Satz 3 GewStR][]
  5. s. insoweit die ebenfalls die Entscheidung tragende Überlegung im BFH, Urteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073, dort zu Rz 29 des juris-Nachweises[]
  6. s. zuletzt -bezogen auf eine Personengesellschaft- BFH, Urteil vom 12.05.2016 – IV R 1/13, BFHE 255, 65[]
  7. in diese Richtung ebenfalls Keß in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 2 Rz 3083; M. Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 2 GewStG Rz 140; Pohl in Hidien/Pohl/Schnitter, a.a.O., S. 416[]
  8. gl.A. Linkermann, EFG 2016, 1190, 1191[]
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