Gemäß § 119 Abs. 1 AO muss ein Verwaltungsakt –gemäß § 155 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 184 Abs. 1 AO auch ein Gewerbesteuermessbescheid– inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Ein inhaltlich nicht hinreichend bestimmter Verwaltungsakt kann in der Regel nicht wirksam werden, weil er keinen vollziehbaren Inhalt hat1.

Bei Personensteuern gehört die Angabe des Steuerpflichtigen (Inhaltsadressat) zu den Mindestanforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit von Steuerbescheiden2. Die Gewerbesteuer ist indes keine Personensteuer, sondern eine Objektsteuer (Realsteuer, § 3 Abs. 2 AO). Objektsteuern werden nicht einer bestimmten Person auferlegt, sondern dem Steuergegenstand selbst (vgl. die amtliche Überschrift des § 2 GewStG). Die eindeutige Angabe des Steuergegenstands gehört daher –wie die des Steuerpflichtigen bei Personensteuern– zu den Mindestanforderungen an einen inhaltlich hinreichend bestimmten Gewerbesteuermessbescheid. Entsprechend bestimmt § 184 Abs. 1 Satz 2 AO, dass im Gewerbesteuermessbescheid auch über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden wird.
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist Steuerschuldner der Unternehmer, d.h. derjenige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Daher wird im Regelfall die Angabe des Unternehmers (Steuerschuldners) ausreichen, um zugleich den Steuergegenstand eindeutig zu bezeichnen. Dies gilt allerdings nicht, wenn ein Unternehmer –wie im vorliegenden Fall– nach Auffassung des Finanzamt mehrere Steuergegenstände unterhält und das Finanzamt daher mehrere Gewerbesteuermessbescheide erlassen will. Lassen diese Bescheide nicht erkennen, welchen Steuergegenstand sie betreffen, weil sie jeweils nur den –mehrere Steuergegenstände unterhaltenden– Steuerschuldner bezeichnen, sind sie ebenso nichtig wie ein nochmaliger Einkommensteuer-Erstbescheid, wenn für den selben Veranlagungszeitraum bereits ein Einkommensteuer-Erstbescheid vorangegangen ist3. Entscheidender Gesichtspunkt ist insoweit die bestehende Verwechslungsgefahr4.
Die grundlegende Bedeutung der Angabe des Steuergegenstands für die Bestimmtheit von Gewerbesteuermessbescheiden folgt auch aus dem BFH-Urteil vom 19. Oktober 19825. Für den dort zu beurteilenden Sachverhalt hatte das Finanzamt ebenfalls zwei getrennte Gewerbebetriebe angenommen, die das Finanzgericht als Einheit ansah. Materiell-rechtlich hat der BFH zwar die Auffassung des Finanzgericht bestätigt, die Vorentscheidung allerdings insoweit beanstandet, als das Finanzgericht die beiden Gewerbesteuermessbescheide zu einem einzigen zusammengefasst hatte. Der BFH vertrat die Auffassung, dass nicht das Finanzgericht den Umfang des Steuerobjekts erweitern dürfe; dies sei vielmehr allein Aufgabe des Finanzamt, so dass die Bescheide vollständig aufzuheben seien. Wenn die Angabe des Steuergegenstands aber eine so grundlegende Bedeutung für die Bescheide hat, dass nur das Finanzamt die Erstabgrenzung vornehmen darf, spricht dies dafür, dass der Steuergegenstand in Gewerbesteuermessbescheiden stets eindeutig und ohne Verwechslungsgefahr zu bezeichnen ist.
Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall für den Bundesfinanzhof dem angefochtenen Bescheid bei isolierter Betrachtung nicht zu entnehmen, für welchen der vom Finanzamt angenommenen zwei Steuergegenstände er ergangen ist. Er weist im Anschriftenfeld lediglich den Namen und die Anschrift des Klägers aus. Weder aus seinem Verfügungsteil noch aus den Erläuterungen ist erkennbar, für welchen der nach Auffassung des Finanzamt bestehenden zwei getrennten Betriebe des Klägers der Messbetrag festgesetzt worden sein soll. Von dem zweiten –hinsichtlich des Anschriftenfelds und der Erläuterungen identischen– Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr unterscheidet sich der angefochtene Bescheid lediglich durch die Höhe des festgesetzten Messbetrags und die Steuernummer. Aus diesen Unterscheidungsmerkmalen folgt aber keine Zuordnung zu einem bestimmten Steuergegenstand.
Indes ist unter den besonderen Umständen des Streitfalls in einer Zusammenschau mit den am selben Tage ergangenen Gewerbesteuermessbescheiden für die Vorjahre die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit des angefochtenen Bescheids noch gewahrt.
Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist auch insoweit zulässig, als es um die Angabe des Inhaltsadressaten bzw. des Steuergegenstands geht6.
Das Finanzgericht hat festgestellt, dass für die Vorjahre weitere –wenn auch nicht im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche– Gewerbesteuermessbescheide ergangen sind. Auch hat es auf das Einspruchsschreiben des Klägers Bezug genommen. Im Betreff dieses Schreibens sind die „Gewerbesteuermessbescheide für 1998, 1999, 2000, 2001 und 2002 vom 16.09.2005“ genannt; dem lässt sich entnehmen, dass alle genannten Bescheide am selben Tage ergangen sind. In den –unter derselben Steuernummer wie der angefochtene Bescheid ergangenen– Gewerbesteuermessbescheiden 1998 und 1999 hat das Finanzamt aber ausdrücklich erläutert, dass diese Bescheide den Handel des Klägers mit Heilpflanzen betrafen. Damit ist im Wege der Auslegung aufgrund der Angabe der Steuernummer, die das Finanzamt in anderen, gleichzeitig ergangenen Bescheiden dem Großhandel des Klägers zugeordnet hatte, noch hinreichend ersichtlich, dass auch der angefochtene Bescheid diesen Großhandel betreffen sollte.
Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Gewerbesteuerbescheid der hebeberechtigten Gemeinde. Dort heißt es: „Grundlage ist der Gewerbesteuermeßbescheid des Finanzamtes … vom 16.09.2005 mit Aktenzeichen …“. Denn die angegebene Steuernummer (Aktenzeichen) eröffnet ebenfalls die Möglichkeit, den notwendigen Inhalt des Bescheids in hinreichender Weise durch Auslegung eindeutig ermitteln zu können.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. März 2013 – X R 38/11
- vgl. hierzu BFH, Urteil vom 22.11.1988 – VII R 173/85, BFHE 155, 24, BStBl II 1989, 220[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 17.11.2005 – III R 8/03, BFHE 212, 72, BStBl II 2006, 287, unter II.1. vor a, m.w.N.[↩]
- hierzu BFH, Urteil vom 23.08.2000 – X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662, unter II.2.[↩]
- vgl. hierzu –in Bezug auf Gewerbesteuermessbescheide– BFH, Urteil vom 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, unter IV.4. a.E.[↩]
- BFH, Urteil vom 19.10.1982 – VIII R 149/81, BFHE 137, 200, BStBl II 1983, 278[↩]
- zum Inhaltsadressaten vgl. BFH, Urteil vom 25.09.1990 – IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120, unter B.III.1.a[↩]