Klage gegen einen Verlustfeststellungsbescheid – und die Beschwer beim Nullbescheid

Wegen der Bindungswirkung für den Verlustfeststellungsbescheid (§ 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG) löst auch eine Messbetragsfestsetzung von Null (sog. Nullbescheid) eine Beschwer (§ 40 Abs. 2 FGO) aus.

Klage gegen einen Verlustfeststellungsbescheid – und die Beschwer beim Nullbescheid

Der Unternehmer kann wegen der durch § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG ausgelösten Wirkung auf den Bescheid zur Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12 2011 (§ 10a Satz 6 GewStG) geltend machen, durch den Gewerbesteuermessbescheid i.S. des § 40 Abs. 2 FGO ungeachtet des Umstands, dass er auf 0 € lautet, in seinen Rechten verletzt zu sein.

Zwar fehlt es für die Anfechtung eines auf Null lautenden Steuerbescheids (Entsprechendes gilt für einen Messbescheid) regelmäßig an der für die Zulässigkeit einer Klage erforderlichen Beschwer1; dies gilt aber nicht, wenn sich die Steuerfestsetzung nicht in der Konkretisierung des Steuerschuldverhältnisses erschöpft2, etwa weil der zugrunde gelegte Gewinn eine verbindliche Entscheidungsgrundlage für andere Bescheide bildet3. Diese Voraussetzungen hat das Finanzgericht zutreffend als erfüllt angesehen, da die der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen inhaltlich für den (Verlust-)Feststellungsbescheid Bindungswirkung entfalten.

Nach § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG sind bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes (ebenso wie nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den Schluss eines Veranlagungszeitraums) die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie der Festsetzung des Steuermessbetrags für den Erhebungszeitraum, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt wird, zugrunde gelegt worden sind; § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung sowie § 42 FGO gelten entsprechend. Damit ist der (negative) Gewerbeertrag für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den Schluss des Erhebungszeitraums (hier: auf den 31.12 2011) im Sinne einer „inhaltlichen Bindung“ maßgebend4. Da auf dieser Grundlage eine eigenständige Prüfung im Rahmen des Feststellungsverfahrens nicht mehr stattfindet, folgt daraus eine sachliche Beschwer, die den Steuerpflichtigen auch bei Vorliegen eines Nullbescheids zur Anfechtung berechtigt5.

Weiterlesen:
Die Beweiswürdigung des Finanzgerichts

Diesem Ergebnis steht § 35b Abs. 2 Satz 3 GewStG nicht entgegen. Nach dieser Regelung dürfen die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 2 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung des Gewerbesteuermessbescheids ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe des festzusetzenden Steuermessbetrags unterbleibt. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Dezember 2016 – I R 79/15

  1. ständige Rechtsprechung, z.B. Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 16.12 2014 – X B 113/14, BFH/NV 2015, 510, m.w.N.[]
  2. z.B. BFH, Urteil vom 23.04.2008 – X R 32/06, BFHE 221, 102, BStBl II 2009, 7[]
  3. z.B. BFH, Urteile vom 08.06.2011 – I R 79/10, BFHE 234, 101, BStBl II 2012, 421; vom 21.09.2011 – I R 7/11, BFHE 235, 273, BStBl II 2014, 616; s.a. BFH, Urteil vom 09.09.2010 – IV R 38/08, BFH/NV 2011, 423[]
  4. z.B. -zu § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG- BFH, Urteile vom 10.02.2015 – IX R 6/14, BFH/NV 2015, 812; vom 12.07.2016 – IX R 31/15, BFHE 255, 1[]
  5. z.B. -zu § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG- Heuermann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10d Rz D 93; Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10d EStG Rz 43, 127 f.; Blümich/Schlenker, § 10d EStG Rz 227; Schmidt/Heinicke, EStG, 35. Aufl., § 10d Rz 36 f.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 55; Meyer/Ball, DStR 2011, 345, 346; s.a. OFD Frankfurt am Main, Verfügung vom 22.08.2016, DB 2016, 2447[]
Weiterlesen:
Feststellungen im Strafurteil - und ihre Verwertung durch das Finanzgericht