Eine Mitunternehmerschaft kann auch für lediglich eine juristische Sekunde bestehen. In einem derartigen Fall kann sie auch für diese juristische Sekunde sachlich gewerbesteuerpflichtig sein.

Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt ein stehender Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. Bei natürlichen Personen und Personengesellschaften unterwirft das Gesetz die konkret ausgeübte werbende Tätigkeit der Gewerbesteuer. Deshalb beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines (originären oder fiktiven) Gewerbebetriebs erfüllt sind und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist1.
Ein Gewerbebetrieb nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder als selbständige Arbeit anzusehen ist; darüber hinaus darf es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln2.
Maßgebend für den Beginn eines Gewerbebetriebs im Sinne von § 2 Abs. 1 GewStG ist der Beginn der werbenden Tätigkeit. Entscheidend ist, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, sodass das Unternehmen sich daran mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann. Davon abzugrenzen sind bloße Vorbereitungshandlungen, die gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlich sind. Der Zeitpunkt des Beginns der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein. Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden. Allerdings handelt es sich insoweit lediglich um ein Indiz; letztlich maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit3.
Auch die Tätigkeit einer im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten, vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt zu einem stehenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG, obwohl diese Gesellschaft keine originär gewerblichen Einkünfte erzielt. Denn auch hierbei handelt es sich um ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG), weil die Tätigkeit der Personengesellschaft in Folge der steuerlichen Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Gewerbebetrieb gilt. Nachdem die Tätigkeit einer gewerblich geprägten, vermögensverwaltenden Personengesellschaft nicht die Aufnahme einer originär gewerblichen Tätigkeit voraussetzt, hängt der Beginn der Gewerbesteuerpflicht bei einer solchen Personengesellschaft indes nicht davon ab, dass diese die in § 15 Abs. 2 EStG aufgeführten Tatbestandsmerkmale verwirklicht. Vielmehr ist hier für den Beginn des Gewerbebetriebs (nur) auf den Beginn der werbenden Tätigkeit abzustellen4, sodass die (sachliche) Gewerbesteuerpflicht einer gewerblich geprägten Personengesellschaft mit der Aufnahme ihrer vermögensverwaltenden Tätigkeit beginnt. Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich auch hier nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann gleichfalls -als Indiz- auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden. Letztlich maßgeblich ist auch bei der gewerblich geprägten Personengesellschaft die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit5.
Ist eine Personengesellschaft allerdings zu dem Zweck gegründet worden, eine originär gewerbliche Tätigkeit zu entfalten und erfüllt diese Gesellschaft im Übrigen die Merkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, so beginnt der Gewerbebetrieb nicht allein wegen der in der Vorbereitungsphase der originär gewerblichen Tätigkeit üblicherweise anfallenden vermögensverwaltenden Tätigkeiten bereits mit deren Aufnahme6.
Ausgehend von diesen Grundsätzen war im vorliegenden Fall das erstinstanzliche Urteil des Finanzgerichts München7 aufzuheben. Denn es hat für die Frage, ob die X-KG eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat oder als gewerblich geprägte Personengesellschaft vermögensverwaltend tätig geworden ist, unzutreffende Grundsätze zugrunde gelegt, weil es nicht maßgeblich auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der X-KG abgestellt hat, sondern im Wesentlichen auf die Absicht der an ihr beteiligten Gesellschafter.
Nach Ansicht des Finanzgericht bestand der Zweck der X-KG nach dem zwischen der X-AG und der Y-Ltd. abgeschlossenen Rahmenvertrag in der „Übertragung des Kreditportfolios, um es dann mittelbar über die Veräußerung der Mitunternehmeranteile an die Klägerin weiter zu veräußern“. Nach den vorgelegten Verträgen sei es von Anfang an nicht beabsichtigt und rechtlich auch nicht möglich gewesen, dass die X-KG selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Bereich der Kreditvergabe und Kreditverwaltung teilnehmen würde, da ihr die erforderliche Bankerlaubnis nach § 32 KWG gefehlt habe.
Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
Wie dargelegt, kommt es für die Frage, ob eine Personengesellschaft eine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt oder als gewerblich geprägte Personengesellschaft vermögensverwaltend tätig ist, maßgeblich auf die Tätigkeit der Personengesellschaft an. Hierzu kann als Indiz auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden; letztlich maßgeblich ist allerdings die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit.
Ausgehend davon durfte das Finanzgericht zur Bestimmung des Unternehmensgegenstands der X-KG weder auf den zwischen der X-AG und der Y-Ltd. abgeschlossenen Rahmenvertrag, an dem die X-KG überhaupt nicht beteiligt war, noch auf die sich daraus ergebenden Absichten der an der X-KG beteiligten Gesellschafter abstellen. Die Absicht der X-AG als einziger Kommanditistin der X-KG und alleiniger Gesellschafterin der an der X-KG als Komplementärin beteiligten X-GmbH, diese Anteile an die Y-Ltd. zu veräußern und an die Z-GmbH abzutreten, ist für die Frage, welche Tätigkeit die X-KG ausgeübt hat, ohne Bedeutung. Unternehmensgegenstand einer Personengesellschaft kann nicht die Veräußerung ihrer Anteile durch ihre Gesellschafter sein. Insofern hat das Finanzgericht vielmehr rechtsfehlerhaft die Ebenen der Gesellschaft und der an ihr beteiligten Gesellschafter miteinander vermengt. Das Urteil des Finanzgericht ist daher aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar ermöglichen die Feststellungen des Finanzgericht dem Bundesfinanzhof die Entscheidung, dass der Unternehmensgegenstand der X-KG keine originär gewerbliche, sondern eine vermögensverwaltende Tätigkeit war und die X-KG mit dieser werbenden Tätigkeit am xx.xx.2007 auch begonnen hat. Entgegen der Auffassung des Finanzgericht steht der Annahme eines Gewerbebetriebs nicht entgegen, dass die werbende Tätigkeit nur in einer juristischen Sekunde ausgeübt wurde. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif, da noch Feststellungen zur Bestimmung der Höhe des Veräußerungsgewinns und gegebenenfalls einer Regressforderung getroffen werden müssen. Daher ist die Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Feststellungen des Finanzgericht ermöglichen dem Bundesfinanzhof die Entscheidung, dass der Unternehmensgegenstand der X-KG keine originär gewerbliche, sondern eine vermögensverwaltende Tätigkeit war.
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des Finanzgericht insoweit, als diese zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Unternehmensgegenstand der X-KG nicht in der Erbringung (originär) gewerblicher Dienstleistungen bestanden habe, da sie nicht beabsichtigt habe, selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Bereich der Kreditvergabe und Kreditverwaltung teilzunehmen, zumal ihr das auch rechtlich nicht möglich gewesen sei, da ihr die hierzu erforderliche Bankerlaubnis nach § 32 KWG gefehlt habe.
Das Finanzgericht hat zwar keine Feststellungen zu dem Gesellschaftsvertrag der X-KG und dem darin angegebenen Unternehmenszweck der X-KG getroffen. Wie dargelegt, handelt es sich dabei allerdings nur um ein Indiz; entscheidend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Insoweit hat das Finanzgericht festgestellt, dass die X-KG ein Kreditportfolio erworben und -wenn auch nur für eine juristische Sekunde- gehalten hat. Da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit dem Kreditportfolio selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Bereich der Kreditvergabe und Kreditverwaltung teilnehmen wollte, handelt es sich bei der Tätigkeit der X-KG -Erwerb und Halten eines Kreditportfolios- um eine vermögensverwaltende Tätigkeit. Dies entspricht letztlich auch dem von der Klägerin als Anlage K 19 zu den Akten gereichten Vertrag, bei dem es sich um den Gesellschaftsvertrag der X-KG handeln soll. Nach dessen Ziffer 2.1 ist Gegenstand der Gesellschaft der Erwerb und das Halten eines Kreditportfolios; die Gesellschaft kann alle Handlungen vornehmen, die im Zusammenhang mit dem in Abschnitt 2.1 genannten Gegenstand erforderlich oder angemessen sind, sofern und soweit zur Vornahme dieser Handlungen nicht eine Bankerlaubnis gemäß § 32 KWG erforderlich ist.
Mit dieser werbenden Tätigkeit hat die X-KG erst am xx.xx.2007 begonnen. Denn erst zu diesem Zeitpunkt hat sie das (wirtschaftliche und zivilrechtliche) Eigentum an dem Kreditportfolio durch dessen Ausgliederung von der X-AG wirksam erworben.
Die werbende Tätigkeit des Haltens eines Kreditportfolios setzt die wirtschaftliche Verfügungsbefugnis über das Kreditportfolio voraus.
Zivilrechtliches Eigentum hat die X-KG erst mit dem Wirksamwerden der Ausgliederung des Kreditportfolios am xx.xx.2007 erworben.
Eine Ausgliederung liegt nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG vor, wenn ein (übertragender) Rechtsträger aus seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile ausgliedert zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende (übernehmende) Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an den übertragenden Rechtsträger. Auch für Darlehensverträge, die in einem Kreditportfolio gebündelt sind, ist eine Ausgliederung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes zulässig. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Zustimmung der Schuldner8.
Mit der Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers geht der ausgegliederte Teil des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend der in dem Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).
Da die Eintragung der Ausgliederung des Kreditportfolios in dem Handelsregister der X-AG nach den Feststellungen des Finanzgericht am xx.xx.2007 erfolgte, hat die X-KG (erst) zu diesem Zeitpunkt das zivilrechtliche Eigentum an den zu dem ausgegliederten Kreditportfolio gehörenden Forderungen und Verbindlichkeiten erworben. Dem steht nicht entgegen, dass die X-KG nicht über eine Erlaubnis nach § 32 KWG verfügte. Die Abtretung von Darlehensforderungen wie auch die Ausgliederung eines Kreditportfolios ist nicht deshalb zivilrechtlich nach § 134 BGB nichtig, weil dem Neugläubiger der Darlehensverträge keine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach § 32 KWG erteilt wurde. Denn die Rechte des Schuldners bleiben auch in diesen Fällen nach der Abtretung oder Ausgliederung erhalten8. Abgesehen davon wäre unter den Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 AO ein trotz zivilrechtlicher Unwirksamkeit durchgeführtes Rechtsgeschäft der Besteuerung zugrunde zu legen.
Eine steuerliche Rückwirkung der Ausgliederung auf einen vor dem xx.xx.2007 liegenden Zeitpunkt kommt nicht in Betracht. Denn es fehlt an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Da es sich bei dem ausgegliederten Kreditportfolio nicht um einen Teilbetrieb handelt, scheidet insbesondere eine rückwirkende Ausgliederung auf den Stichtag der umwandlungsrechtlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers nach § 24 Abs. 4 Halbsatz 2 i.V.m. § 20 Abs. 5 und Abs. 6 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) aus.
Auch das wirtschaftliche Eigentum an den Forderungen und Verbindlichkeiten in dem Kreditportfolio ist nicht bereits vor dem xx.xx.2007 auf die X-KG übergegangen.
Wirtschaftsgüter sind nach § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Das wirtschaftliche Eigentum setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Erwerber aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann. Dabei ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen9.
Ausgehend davon hat -wie auch das Finanzgericht zutreffend erkannt hat- die X-KG auch das wirtschaftliche Eigentum an den Forderungen und Verbindlichkeiten nicht vor dem xx.xx.2007 erworben. Denn sie hatte aufgrund der Bedingungen, unter denen die Ausgliederung nach Maßgabe des Rahmenvertrags und des Ausgliederungsvertrags stand, vor dem xx.xx.2007 noch keine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Kreditportfolios gerichtete Rechtsposition erhalten. Da dies auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sieht der Bundesfinanzhof insoweit von weiteren Ausführungen ab.
Der Annahme eines Gewerbebetriebs und damit einhergehend einer sachlichen Gewerbesteuerpflicht der X-KG nach § 2 Abs. 1 GewStG steht nicht entgegen, dass die X-KG ihre werbende Tätigkeit nur in einer juristischen Sekunde ausgeübt hat. Vielmehr kann eine Personengesellschaft sowohl Mitunternehmerschaft sein als auch als gewerblich geprägte Personengesellschaft einen Gewerbebetrieb unterhalten, wenn sie nur für eine juristische Sekunde Inhaberin von zu verwaltendem Vermögen wird, bevor sie durch Ausscheiden ihres vorletzten Gesellschafters und Anwachsung des Vermögens bei dem verbleibenden Gesellschafter liquidationslos beendet wird.
Die X-KG konnte ihre werbende Tätigkeit nur in einer juristischen Sekunde ausüben. Denn nur eine juristische Sekunde nach dem Erwerb des Kreditportfolios wurde sie durch das Ausscheiden der X-GmbH und das dadurch bedingte Anwachsen ihres Gesellschaftsvermögens auf die verbleibende Gesellschafterin bereits vollbeendet.
Eine Mitunternehmerschaft kann im Einzelfall auch gegeben sein, wenn sie nur für eine juristische Sekunde besteht.
Für die Frage, ob jemand Mitunternehmerinitiative ausüben kann und Mitunternehmerrisiko trägt, reicht die abstrakte, strukturelle Möglichkeit; auf die konkrete Möglichkeit, innerhalb der Zeit der Beteiligung als Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft Mitunternehmerrisiko zu tragen und Mitunternehmerinitiative ausüben zu können, kommt es nicht an. Davon ist der Bundesfinanzhof bereits in seinem Urteil vom 22.06.2017 – IV R 42/1310 ausgegangen. Dort hat er ausgeführt, dass es für die Frage der Beteiligung am laufenden Gewinn nicht darauf ankomme, ob die (dortige) Klägerin im maßgeblichen Zeitraum (dem Zeitraum ihrer Beteiligung an einer KG) tatsächlich Ausschüttungen erhalten habe; entscheidend sei allein, dass ihr nach dem Inhalt des tatsächlich durchgeführten Gesellschaftsvertrags ein bei der KG entstandener steuerrechtlicher Gewinn zuzurechnen gewesen sei. Ebenso sei ohne Belang, ob in der Zeit der klägerischen Beteiligung tatsächlich Gesellschafterbeschlüsse gefasst, außergewöhnliche Geschäfte getätigt oder Geschäftsunterlagen eingesehen worden seien, denn die bloße Möglichkeit hierzu reiche für die Anerkennung der Mitunternehmerinitiative bereits aus.
Kann danach der einzelne Gesellschafter auch innerhalb einer juristischen Sekunde Mitunternehmer sein, muss es auch möglich sein, dass eine Mitunternehmerschaft nur für eine solche juristische Sekunde besteht. Wie der Streitfall zeigt, können sich selbst in einer juristischen Sekunde für eine Mitunternehmerschaft bedeutende Geschäftsvorfälle ereignen (Erwerb eines Wirtschaftsguts, Veräußerung der Anteile an der Mitunternehmerschaft, Vollbeendigung der Mitunternehmerschaft). Entscheidend ist danach, ob sich aus den tatsächlichen Umständen, insbesondere dem Gesellschaftsvertrag der betreffenden Personengesellschaft ergibt, dass die an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter strukturell die Möglichkeit hatten, Mitunternehmerinitiative auszuüben und Mitunternehmerrisiko zu tragen. Im Streitfall gehen sowohl die Beteiligten selbst als auch das Finanzgericht davon aus, dass es sich bei der X-KG dem Grunde nach um eine Mitunternehmerschaft gehandelt hat. Dies entspricht auch dem von der Klägerin als Anlage K 19 zu den Akten gereichten Vertrag, bei dem es sich um den Gesellschaftsvertrag der X-KG handeln soll.
Des Weiteren kann eine gewerblich geprägte Personengesellschaft einen Gewerbebetrieb auch dann unterhalten, wenn sie nur für eine juristische Sekunde Inhaberin von zu verwaltendem Vermögen wird. Aus § 2 GewStG lässt sich nicht entnehmen, dass ein Gewerbebetrieb voraussetzt, dass die gewerbliche Tätigkeit über eine bestimmte (Mindest-)Zeit ausgeübt wird. Ebenso wenig ergibt sich aus § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, dass die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit eine bestimmte Mindestzeit umfassen muss, um als fiktiver Gewerbebetrieb im Sinne dieser Vorschrift zu gelten. Es ist auch nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien eine entsprechende Mindestzeit festgelegt werden könnte.
Der Einwand der Klägerin, die Annahme eines Gewerbebetriebs für nur eine juristische Sekunde lasse keinen Zusammenhang mehr mit dem Äquivalenzprinzip erkennen, greift nicht durch.
Nach dem Äquivalenzprinzip soll die Gewerbesteuer den Gemeinden einen Ausgleich für die Lasten verschaffen, die ihnen der Betrieb der Industrie, des Handels und des Handwerks verursacht11. Der Äquivalenzgedanke für die Begründung der Gewerbesteuer wird jedoch bereits durch die Beteiligung von Bund und Ländern an dem Gewerbesteueraufkommen durch die Gewerbesteuerumlage (Art. 106 Abs. 6 Satz 4 des Grundgesetzes -GG-) erheblich geschwächt. Nach der Verankerung der Gewerbesteuer in Art. 106 Abs. 6 GG bedarf es des Äquivalenzprinzips nicht mehr für die finanzverfassungsrechtliche Rechtfertigung der Gewerbesteuer. Soweit dem Äquivalenzgedanken noch eine Bedeutung für die innere Rechtfertigung der Gewerbesteuer zuzubilligen ist, bedarf es für seine Beachtung nur einer typisierenden Betrachtung der Umstände, die jedenfalls einen Zustand der Willkür ausschließt12.
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof auch im Hinblick auf das Äquivalenzprinzip keine Bedenken gegen die Annahme eines Gewerbebetriebs, der nur für eine juristische Sekunde besteht. Denn nach der gebotenen typisierenden Betrachtung kann es auch insoweit nur darauf ankommen, ob eine Inanspruchnahme kommunaler Infrastruktur strukturell, das heißt unabhängig von der tatsächlichen Nutzung, nicht ausgeschlossen ist. Das ist hier der Fall.
Die Sache ist nicht spruchreif und daher an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
Vor dem Hintergrund seiner Rechtsansicht, dass die X-KG nicht mit einer werbenden Tätigkeit begonnen habe und mithin keine sachliche Gewerbesteuerpflicht gegeben sei, hat das Finanzgericht bislang keine Feststellungen zur Höhe eines etwa gegebenen Veräußerungsgewinns wie auch zu der Frage getroffen, ob der X-KG gegebenenfalls eine Regressforderung gegen die X-AG auf Freistellung von der Gewerbesteuer zusteht und ob und gegebenenfalls welche Folgen sich daraus für die Höhe des im angegriffenen Gewerbesteuermessbescheid festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags ergeben. Durch die Zurückverweisung erhält das Finanzgericht die Gelegenheit, die hierfür erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Bei seiner erneuten Entscheidung muss das Finanzgericht insbesondere folgende Grundsätze berücksichtigen:
Nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG gehört zum Gewerbeertrag auch der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Im Streitfall hat mit der X-AG eine Kapitalgesellschaft ihren Kommanditanteil an der X-KG veräußert, sodass ein daraus etwa entstandener Veräußerungsgewinn zum Gewerbeertrag der X-KG gehörte.
Für die Ermittlung der Höhe eines Veräußerungsgewinns nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG ist gemäß § 7 Satz 1 GewStG auf die einkommensteuerrechtlichen Regelungen abzustellen13. Veräußerungsgewinn ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Maßgeblich ist daher die Differenz zwischen den dem Ausscheidenden aus diesem Anlass zugewandten Leistungen und seinem Kapitalkonto. Der Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Kapitalkonto) ist nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG für den Zeitpunkt des Ausscheidens nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln14.
Bei der Ermittlung des Kapitalkontos der X-AG bei der X-KG ist zu berücksichtigen, dass sich im Gesamthandsvermögen der X-KG im Zeitpunkt der Veräußerung des Kommanditanteils der X-AG im Wesentlichen nur das Kreditportfolio befand, das die X-KG ihrerseits erst eine juristische Sekunde vor der Veräußerung des Kommanditanteils der X-AG im Wege der Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf der Grundlage des Ausgliederungsvertrags erhalten hatte. Das Kreditportfolio war daher nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG bei der X-KG mit dem Buchwert anzusetzen. Die unmittelbar nachfolgende Veräußerung des Kommanditanteils der X-AG an die W-GmbH führte nicht zu einem rückwirkenden Ansatz des Teilwerts. Die Veräußerung hatte zwar zur Folge, dass im Sinne des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG „der Anteil einer Körperschaft“ -der W-GmbH- an den im Kreditportfolio enthaltenen, zuvor nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Einzelwirtschaftsgütern begründet wurde. Dies führte aber nicht zu einem Sperrfristverstoß mit der Folge des Teilwertansatzes. Denn wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 15.07.202115 entschieden hat, liegt kein Sperrfristverstoß vor, wenn innerhalb der Sperrfrist eine als Mitunternehmerin beteiligte Kapitalgesellschaft, die bereits an dem nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut vermögensmäßig beteiligt war, einen Mitunternehmeranteil an eine andere Kapitalgesellschaft veräußert, da in einem solchen Fall keine im Zeitpunkt der Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG im übertragenen Wirtschaftsgut gespeicherten stillen Reserven aus dem Einkommensteuer- in das Körperschaftsteuerregime wechseln.
Das Finanzgericht wird die zwischen den Beteiligten streitige Frage zu entscheiden haben, ob der vereinbarte Zins von 3, 75 % für den Kommanditanteil gezahlt wurde -und mithin zu dem Veräußerungsentgelt zählt- oder ob es sich etwa um ein Stundungsentgelt für das der X-AG geschuldete Entgelt handelt.
Kommt das Finanzgericht zu einem positiven Gewerbeertrag der X-KG, muss es noch die zwischen den Beteiligten ebenfalls streitige Frage entscheiden, ob sich aus Ziffer 12.01.2 des Rahmenvertrags ein Anspruch der X-KG gegen die X-AG auf Freistellung von einer sich etwa ergebenden Gewerbesteuerschuld aus der Anteilsveräußerung ergibt und ob und gegebenenfalls welche Folgen sich daraus für die Höhe des im angegriffenen Gewerbesteuermessbescheid festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags ergeben.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Juni 2023 – IV R 30/19
- z.B. BFH, Urteile vom 30.08.2012 – IV R 54/10, BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927; vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441, BStBl II 2022, 674; und vom 01.09.2022 – IV R 13/20, BFHE 277, 423, Rz 22[↩]
- z.B. BFH (GrS), Beschluss vom 10.12.2001 – GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. [Rz 24][↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 13.10.2016 – IV R 21/13, BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, Rz 39 ff.; vom 12.05.2016 – IV R 1/13, BFHE 255, 65, BStBl II 2017, 489, Rz 26 ff.; und vom 01.09.2022 – IV R 13/20, BFHE 277, 423, Rz 23[↩]
- näher hierzu und zum Folgenden BFH, Urteil vom 20.11.2003 – IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 12.05.2016 – IV R 1/13, BFHE 255, 65, BStBl II 2017, 489, Rz 30[↩]
- BFH, Urteile vom 12.05.2016 – IV R 1/13, BFHE 255, 65, BStBl II 2017, 489, Rz 30 f.; vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441, BStBl II 2022, 674, Rz 25; und vom 04.05.2017 – IV R 2/14, BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138, Rz 40[↩]
- FG München, Urteil vom 26.10.2018 – 8 K 3142/15[↩]
- BGH, Urteil vom 19.04.2011 – XI ZR 256/10, Rz 21[↩][↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 01.03.2018 – IV R 15/15, BFHE 261, 231, BStBl II 2018, 539, Rz 33[↩]
- BFHE 259, 258, Rz 47 f.[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 20.11.2003 – IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464, unter I. 2.a[↩]
- vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I. 2.b aa (3) (c) [Rz 100 bis 102][↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 20.09.2018 – IV R 39/11, BFHE 262, 393, BStBl II 2019, 131, Rz 31 f.[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 12.07.2012 – IV R 12/11, Rz 19[↩]
- BFH, Urteil vom 15.07.2021 – IV R 36/18, BFHE 274, 55, Rz 51[↩]