Die Wertaufholung der Beteiligung unterfällt nicht der Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG.

Nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, oder an einer Organgesellschaft i.S. der §§ 14, 17 oder 18 KStG, aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Werts sowie Gewinne i.S. des § 21 Abs. 2 UmwStG außer Ansatz. Das gilt nach dem Satz 2 der Regelung allerdings dann nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist.
Auf dieser Grundlage ist der auf dem wertaufholenden Ansatz der Beteiligung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG) beruhende Ertrag von der -aus der Minderung des Einkommens folgenden- Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG ausgenommen. Denn die der späteren Wertaufholung zugrundeliegende Teilwertabschreibung (Wertansatz i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG)
der Beteiligung war im früheren Erhebungszeitraum „steuerwirksam“ gewesen und zwischenzeitlich noch nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden.
§ 8b Abs. 2 Satz 2 KStG verfolgt den Zweck, außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs von § 8b Abs. 3 KStG vollzogene steuerwirksame Teilwertabschreibungen bei einer Wertaufholung der Wirtschaftsgüter systemkonsequent (i.S. einer „Nachversteuerung“1) von der Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG auszuschließen; Ziel ist es daher, zu verhindern, dass es nach dem Systemwechsel zum sog. Halbeinkünfteverfahren zu einer steuerfreien Realisation der stillen Reserven kommt, die nach früherer Rechtslage steuerpflichtig gewesen wäre2. Insoweit kommt es insbesondere auf den Zeitpunkt der Teilwertabschreibung (hier: 1989) nicht an3.
Zur Ermittlung des Gewerbeertrages ist § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG nicht in der Weise anzuwenden, dass das Tatbestandsmerkmal „steuerwirksam“ (im Streitfall: bezogen auf den Erhebungszeitraum 1989) auf die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer abzielt. Einem solchen Normverständnis widerspricht die in § 7 Satz 1 GewStG angelegte gestufte Ermittlung des Gewerbeertrages. Denn die Bestimmung der gewerbesteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage beruht auf der Übernahme des nach (z.B.) körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb und sieht im Übrigen nur eine Korrektur um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge vor.
Eine spezifisch gewerbesteuerrechtliche Korrektur in den §§ 8 und 9 GewStG (wie etwa in § 8 Nr. 5 GewStG) hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Es fehlt daher an einer Norm, die die in § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG angelegte ausdrückliche Korrespondenz von steuermindernder Teilwertabschreibung und steuererhöhender Wertaufholung auf die Ermittlung der gewerbesteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage erstreckt.
Eine Korrektur des Gewerbeertrages kann nicht mit § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG begründet werden.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gilt eine Kapitalgesellschaft, die -wie im Streitfall die A AG- Organgesellschaft i.S. der §§ 14, 17 oder 18 KStG ist, als Betriebsstätte des Organträgers (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft). Trotz dieser Fiktion bilden die Organgesellschaft und der Organträger kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind. Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist so zu ermitteln, als wäre diese Gesellschaft selbständiges Steuersubjekt. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages jedes der Unternehmen sind auf dieser ersten Stufe die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften (§§ 8, 9 GewStG) zu beachten (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie; ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, zuletzt BFH, Urteil vom 17.12 2014 – I R 39/14, BFHE 248, 179, BStBl II 2015, 1052, m.w.N.). Erst der selbständig ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist sodann -auf einer zweiten Stufe- mit dem für den Organträger selbst ermittelten Gewerbeertrag zusammenzurechnen. Ergeben sich dabei unberechtigte doppelte steuerrechtliche Be- oder Entlastungen, so sind diese auszuscheiden. Grundlage für diese Korrekturen ist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG4.
Im Streitfall ist eine solche Korrektur nicht vorzunehmen. Denn die Wertaufholung auf Ebene der Organträgerin berührt nur deren Gewerbeertrag. Der Wertaufholungsgewinn basiert aufgrund der substanzbezogenen Ermittlung weder auf laufenden -der Gewerbesteuer unterliegenden- Gewinnen der Organgesellschaft (A AG), noch ist der konkret streitgegenständliche Gewinn infolge der Werterholung durch Vorgänge im Organkreis (z.B. durch Gewinnausschüttungen oder -abführungen) veranlasst.
Auch eine Kürzung des Gewinns nach § 9 Nr. 2a GewStG ist für den Bundesfinanzhof ausgeschlossen.
Nach § 9 Nr. 2a GewStG ist eine Kürzung vorzunehmen um die Gewinne aus Anteilen u.a. an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 Satz 1 GewStG) angesetzt worden sind. Durch die Vorschrift soll eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne zum einen beim Anteilseigner, zum anderen bei der Kapitalgesellschaft vermieden werden5. Zu den Gewinnen aus Anteilen rechnen alle wirtschaftlichen Vorteile, die aus dem Besitz der Anteile gezogen werden und die beim Anteilseigner zu steuerbaren Bezügen führen6. In erster Linie sind dies die aus den Anteilen fließenden Dividenden. Werterhöhungen der Anteile sind indessen keine Gewinne aus Anteilen i.S. dieser Vorschrift7. Daran ist festzuhalten.
Desweiteren scheidet eine Kürzung des Gewinns durch „umgekehrte Anwendung“ der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 10 GewStG aus.
In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof im Urteil in BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301 ausgeführt, der Gesetzgeber habe eine Regelung, der zufolge Teilwertaufholungen nach vorangegangener ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibungen im Gewerbeertrag nicht zu erfassen sind, im Zuge der Einführung des § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25.07.19888 nicht getroffen. Selbst wenn er die gewerbesteuerrechtlichen Folgen der Teilwertzuschreibung nach vorangegangener ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibung bei Einführung des Wertaufholungsgebots durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG nicht bedacht haben sollte, bestünde keine Handhabe, den in § 9 GewStG detailliert und abschließend geregelten Katalog der Gewinnkürzungen richterrechtlich um einen weiteren Tatbestand zu ergänzen. Daran ist ebenfalls festzuhalten.
Das Urteil in BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301 bezieht sich zwar auf die Situation, dass eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991/1999 dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet worden war, eine spätere Teilwertaufholung aber der Gewerbesteuer unterlag. Dem lag die Regelung des § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991/1999 zugrunde – da der Gewinn aus Gewerbebetrieb um die Gewinnausschüttung gekürzt wird (§ 9 Nr. 2a GewStG 1991/1999), solle, entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfs9, zur Vermeidung einer gewerbesteuerrechtlichen Doppelentlastung auch die durch die Gewinnausschüttung verursachte Wertminderung der Anteile erfolgsneutral behandelt werden.
Dies begründet allerdings keinen streiterheblichen Unterschied zur hier zu entscheidenden Rechtsfrage. Denn hier wie dort geht es um den periodenübergreifenden Ausgleich einer Hinzurechnung im Falle einer gegenläufigen Entwicklung, der weder materiell-rechtlich durch eine eigenständige Regelung noch verfahrensrechtlich10 entsprochen werden kann.
Der Hinweis auf eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung ist zwar bei periodenübergreifender Betrachtung zutreffend. Wie der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden hat, besteht jedoch im Gewerbesteuerrecht weder ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrages durchzuführen ist, soweit es ohne diese Kürzung zu einer Doppelerfassung kommt, noch muss umgekehrt eine Kürzung unterbleiben, wenn dies zu einer doppelten Entlastung führt11. Diese Auffassung, an der festzuhalten ist, wird in der Literatur überwiegend geteilt12. Ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes liegt darin nicht, da diesem Maßstab keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Wahrung eines periodenübergreifenden Ausgleichs oder des sog. objektiven Nettoprinzips für die gewerbesteuerrechtliche Bemessungsgrundlage zu entnehmen ist13.
Mit dieser Entscheidung weicht der Bundesfinanzhof nicht von früherer Rechtsprechung ab. Zwar hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 05.11.200914 zu erkennen gegeben, dass er möglicherweise eine Doppelbelastung für unrechtmäßig (Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip) hielte. Diese Äußerung betraf allerdings nicht das konkrete Streitjahr im dortigen Verfahren, so dass es sich um eine nicht tragende Äußerung („obiter dictum“) handelt, die als solche nicht geeignet ist, eine sog. Divergenz i.S. des § 11 Abs. 2 FGO auszulösen15.
Von der vorstehend dargelegten Auffassung ist der Bundesfinanzhof auch nicht in seinen Urteilen vom 01.10.201516; und vom 28.01.201617 abgerückt. Gegenstand dieser Entscheidungen war im Zusammenhang mit dem Verlustanteil eines stillen Gesellschafters die Auslegung einer konkret formulierten Hinzurechnungsnorm unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der Regelung. Es wurden insoweit vom Bundesfinanzhof keine „Gesetzeslücken“ rechtsfortbildend geschlossen, was aber im vorliegenden Streitfall für einen Erfolg der Gewerbetreibenden erforderlich wäre.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. September 2016 – I R 9/15
- so Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz 157[↩]
- BFH, Urteil vom 19.08.2009 – I R 2/09, BFHE 226, 235, BStBl II 2010, 760[↩]
- s.a. FG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2007 – 6 K 3380/00 K, F, EFG 2008, 980; FG Münster, Urteil vom 17.03.2009 – 9 K 1105/08 K, G, EFG 2009, 1051[↩]
- vgl. dazu nochmals das BFH, Urteil in BFHE 248, 179, BStBl II 2015, 1052, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 25.01.2006 – I R 104/04, BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301[↩]
- BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224[↩]
- BT-Drs. 11/2157, S. 175 f.[↩]
- s. zu § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO: BFH, Urteil in BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301; dazu ablehnend Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 10 Rz 17[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301, m.w.N.; s. zur „Umkehrsituation“ einer von der Rechtsprechung nicht zu schließenden „Hinzurechnungslücke“ auch BFH, Urteil in BFHE 248, 179, BStBl II 2015, 1052[↩]
- z.B. Gosch, BFH/PR 2009, 99; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 8 Nr. 10 Rz 8 und § 9 Nr. 2a Rz 8; Blümich/Hofmeister, § 8 GewStG Rz 705; Kronawitter, GewStG, § 8 Rz 98; Schnitter in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8 GewStG Rz 412 und § 9 GewStG Rz 144a; dem folgend R 8.6 Satz 7 Gewerbesteuer-Richtlinien 2009; s.a. Oberfinanzdirektion Düsseldorf, Verfügung vom 21.01.2004, Der Betrieb 2004, 227; i.Erg. wohl auch Braunagel in Bergemann/Wingler, GewStG, § 9 Rz 142; a.A. Wendt, Finanz-Rundschau 2009, 543; i.Erg. wohl auch Roser in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 8 Nr. 10 Rz 17 und § 9 Nr. 2a Rz 44b[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 15.02.2016 – 1 BvL 8/12, DE:BVerfG:2016:lk20160215.1bvl000812, BStBl II 2016, 557, insb. Rz 33 ff.[↩]
- BFH, Urteil vom 05.11.2009 – IV R 57/06, BFHE 226, 548, BStBl II 2010, 646 – dort zu II. 4. der Gründe[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 28.08.2014 – V R 22/14, BFH/NV 2015, 17; s.a. -je m.w.N.- Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 8; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 11 Rz 11[↩]
- BFH, Urteil vom 01.10.2015 – I R 4/14, BFHE 251, 73[↩]
- BFH, Urteil vom 28.01.2016 – I R 15/15, BFHE 253, 179[↩]