Der Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG umfasst auch einen nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu erfassenden Veräußerungsgewinn.

Gemäß § 7 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen nach den §§ 8 und 9 GewStG. Dieser ist um solche Bestandteile zu bereinigen, die nicht mit dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen1. Zu diesen -herauszurechnenden- Bestandteilen gehören Gewinne, die nicht dem laufenden Betrieb, sondern dessen Aufgabe oder Veräußerung zuzuordnen sind2.
Nicht herauszurechnen ist allerdings der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, soweit er gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn gilt, weil auf Seiten des Veräußerers und des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind3. Mit der Verweisung im GewStG auf Vorschriften des EStG werden auch als Fiktion gestaltete Ausnahmeregelungen des EStG in das GewStG übernommen, sofern nicht die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion der Verweisungsnorm vorliegen4. Für eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 GewStG besteht indessen kein Anlass. Eine Ausgrenzung des nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu behandelnden Veräußerungsgewinns aus dem Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG entspräche weder der Entstehungsgeschichte noch dem Sinn und Zweck der Norm. Sie stünde auch nicht im Einklang mit der Systematik des Gewerbesteuerrechts5.
Aus § 7 Satz 2 GewStG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23.07.20026, der bestimmte Veräußerungsgewinne -darunter nach Nr. 2 der Vorschrift auch einen Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist- ausdrücklich dem Gewerbeertrag zuordnet, lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Diese Vorschrift dient -ähnlich wie § 18 Abs. 4 des Umwandlungssteuergesetzes 1995- dem Ziel, Steuerumgehungen zu verhindern, indem Veräußerungsgewinne unter bestimmten Voraussetzungen in den Gewerbeertrag einbezogen werden7. Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser Regelung Gewinne, die bereits nach § 7 Satz 1 GewStG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG Bestandteile des Gewerbeertrags sind, aus dem Anwendungsbereich dieser Norm wieder herausgenommen werden sollten, vermag der Bundesfinanzhof nicht zu erkennen.
Abweichendes lässt sich auch den BFH, Urteilen in BFHE 222, 295, BStBl II 2010, 974 und in BFH/NV 2012, 16 nicht entnehmen.
Gegenstand jener Verfahren war die Frage, ob die Veräußerung von Anteilen an gewerblich geprägten Personengesellschaften, in deren Betriebsvermögen sich Grundstücke befinden, der Veräußerung von Grundstücken gleichzustellen ist und damit auf Ebene des Gesellschafters zu laufenden gewerblichen Einkünften aus gewerblichem Grundstückshandel führen kann. Anders als im Streitfall lagen den Urteilen Veräußerungen von Mitunternehmeranteilen an fremde Dritte zugrunde. Die Veräußerungsgewinne unterlagen daher auf Ebene der Personengesellschaft nicht der Gewerbesteuer8. Die Urteile setzen sich folglich nicht mit § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG und dessen Verhältnis zu § 7 Satz 1 GewStG auseinander.
Beide Urteile betonen vielmehr die Grundregel, dass der Gewinn einer Personengesellschaft regelmäßig bei deren Gewerbeertrag zu erfassen ist. Sofern er anteilig auch in den gewerblichen Gewinn des Gesellschafters eingeht, ist dessen Gewinn nach § 9 Nr. 2 GewStG um die betreffenden Gewinnanteile zu kürzen.
Die „Abweichung“ von dieser Grundregel war in den Urteilsfällen dadurch bedingt, dass der Veräußerungsgewinn nicht in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft nach § 7 Satz 1 GewStG einzubeziehen war und damit auf Ebene des Gesellschafters nicht von § 9 Nr. 2 GewStG erfasst wurde. Die den Urteilen zugrunde liegenden Fälle wiesen insofern die Besonderheit auf, dass sich die Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an den Objektgesellschaften erst bei der Gesamtbetrachtung auf der Ebene des Gesellschafters (Obergesellschaft) als laufende gewerbliche Einkünfte erwiesen9.
Ein Grundsatz, dass bei Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels auf Ebene des Gesellschafters der Gewinn aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an grundstücksbesitzenden Personengesellschaften stets auf Ebene des Gesellschafters zu erfassen sei, lässt sich den Urteilen aber nicht entnehmen. Dies widerspräche auch der Grundregel des § 9 Nr. 2 GewStG.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Dezember 2014 – IV R 59/11
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 15.04.2010 – IV R 5/08, BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912; vom 24.08.2000 – IV R 51/98, BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173, m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 01.08.2013 – IV R 19/11, BFH/NV 2014, 75, m.w.N.; in BFH/NV 2012, 16; vom 15.06.2004 – VIII R 7/01, BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754; in BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912 Rz 27; vgl. auch H 7.1 (3) des Amtlichen Gewerbesteuer-Handbuchs 2009, Veräußerungs- und Aufgabegewinne[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 20.11.2003 – IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464[↩]
- vgl. ausführlich BFH, Urteil in BFHE 205, 307, BStBl II 2004, 754[↩]
- BGBl I 2002, 2715[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 28.02.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122; und vom 22.07.2010 – IV R 29/07, BFHE 230, 215, BStBl II 2011, 511[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2012, 16, unter II. 2., und in BFHE 222, 295, BStBl II 2010, 974, unter II. 2.a[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 222, 295, BStBl II 2010, 974[↩]