Die weiteren Mitgesellschafter der Kläger, die als Feststellungsbeteiligte in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden der Streitjahre genannt sind, sind zum Verfahren notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 FGO).

Ein Gewinnfeststellungsbescheid enthält eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die im Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Zu diesen selbständigen Feststellungen gehören insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden Gewinns (oder Verlusts) sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer1. Angefochten sind im Streitfall ausschließlich die Feststellungen zur Höhe des laufenden Gewinns der GbR/Partnerschaft und dessen Verteilung auf die Kläger.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall wurde die zuletzt als Partnerschaft geführte Gemeinschaftspraxis im Jahr 2008 in eine GmbH formgewechselt und hierdurch vollbeendet. Die Klagebefugnis für die Gewinnfeststellungsbescheide der Streitjahre steht damit gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO den Gesellschaftern zu, soweit sie im Zeitpunkt des Formwechsels noch Gesellschafter waren2; im Übrigen ergibt sie sich für die zuvor ausgeschiedenen Gesellschafter aus § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO.
Soweit nicht alle in den streitgegenständlichen Bescheiden erfassten klagebefugten Feststellungsbeteiligten selbst Klage erhoben haben, sind sie zum Verfahren notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 FGO).
Die vom Finanzgericht Bremen3 unter Bezugnahme auf die BFH-Entscheidung vom 19.06.19904 gemäß § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO angenommene Entbehrlichkeit der Beiladung der weiteren Feststellungsbeteiligten ist unzutreffend.
In der BFH-Entscheidung in BFHE 161, 404, BStBl II 1990, 1068 waren die nicht klagenden Mitgesellschafter allein deshalb von den streitigen Feststellungen zur Höhe des laufenden Gewinns und zur Gewinnverteilung nicht betroffen, weil die dort streitigen Einnahmen von vornherein nur bestimmten Mitunternehmern zugerechnet worden waren und die Vereinbarung eines besonderen Gewinnverteilungsschlüssels für diese Einnahmen unstreitig war. Im hier entschiedenen Streitfall stand jedoch nicht fest und ist auch nicht unstreitig, ob etwaige Betriebsausgaben aus den Aufwendungen zum Erwerb der Vertragsarztzulassungen für die beiden Gesellschafter KB und AS auf Ebene der GbR in den Streitjahren 2004 und 2006 nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen nur diesen beiden Gesellschaftern zugerechnet werden können. Die Beiladung der gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 FGO klagebefugten übrigen Feststellungsbeteiligten ist danach nicht gemäß § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO entbehrlich, da diese sowohl durch die angefochtenen Feststellungen zur Höhe des laufenden Gewinns der GbR als auch zur Gewinnverteilung rechtlich berührt werden.
Eine unterbliebene notwendige Beiladung stellt einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar, der vom Bundesfinanzhof von Amts wegen zu prüfen ist5. § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO ermöglicht dem Bundesfinanzhof lediglich, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen. Der Bundesfinanzhof sah hier von einer Nachholung der Beiladungen im Revisionsverfahren jedoch ab. Diese war nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht zweckmäßig, da der Streitfall ohnehin wegen noch zu treffender tatsächlicher Feststellungen an das Finanzgericht zurückzuverweisen ist (§ 123 Abs. 1 Satz 2 FGO).
Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Februar 2017 – VIII R 24/16
- BFH, Urteile vom 06.02.2014 – IV R 19/10, BFHE 244, 379, BStBl II 2014, 522, Rz 11; vom 27.10.2015 – VIII R 47/12, BFHE 252, 80, BStBl II 2016, 600, Rz 30 f.[↩]
- BFH, Urteil vom 11.04.2013 – IV R 20/10, BFHE 241, 132, BStBl II 2013, 705, Rz 19[↩]
- FG Bremen, Urteil vom 24.08.2016 – 1 K 67/16 (6) [↩]
- BFH, Urteil vom 19.06.19990 – VIII B 3/89, BFHE 161, 404, BStBl II 1990, 1068, unter 2.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 12.05.2016 – IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559, Rz 17[↩]