Aufspaltungsbedingter Übertragungsgewinn bei einer Organgesellschaft

Ein durch die Aufspaltung der Organgesellschaft ggf. angefallener Übertragungsgewinn ist Teil des der Organträgerin nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnenden Einkommens1.

Aufspaltungsbedingter Übertragungsgewinn bei einer Organgesellschaft

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall bestand aufgrund des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages im Streitjahr zwischen der A-GmbH als Organgesellschaft und der C-GmbH als (über die B-GmbH mittelbarer) Organträgerin eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft. Ist eine Kapitalgesellschaft Organgesellschaft i.S. der §§ 14, 17 oder 18 KStG, so gilt sie gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gewerbesteuerrechtlich als Betriebsstätte des Organträgers (gewerbesteuerrechtliche Organschaft). Im vorliegenden Fall lagen die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft gemäß § 14 i.V.m. § 17 KStG im Verhältnis zwischen der A-GmbH und der C-GmbH im Streitjahr vor.

Die Rechtsfrage, ob ein durch die Aufspaltung der A-GmbH ggf. angefallener Übertragungsgewinn Teil des der C-GmbH als Organträgerin im Streitjahr zuzurechnenden Einkommens ist, weil er an diese abzuführen wäre, ist zustimmend zu beantworten2.

Die Finanzverwaltung3 und Teile der Literatur4 gehen davon aus, dass bei Verschmelzung oder Aufspaltung ein steuerrechtlicher Übertragungsgewinn von der Organgesellschaft selbst zu versteuern ist. Dazu verwies die Finanzverwaltung früher5 auf Abschn. 56 Abs. 1 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995, wonach die Organgesellschaft einen Liquidationsgewinn selbst zu versteuern habe, weil sie keine Erwerbstätigkeit mehr ausübe. Außerdem wird darauf verwiesen, der Übertragungsgewinn könne als steuerliche (Rechen-)Größe nicht der Abführungsverpflichtung unterliegen6 bzw. es ließen sich die Entstehung des Übertragungsgewinns und die Beendigung der Organschaft zeitlich nicht voneinander trennen, weshalb jedes beteiligte Steuersubjekt sein Einkommen selbst versteuern müsse7.

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Dem wird von der überwiegend vertretenen Meinung in der Literatur8 entgegengehalten, der umwandlungssteuerrechtliche Übertragungsgewinn entstehe gerade nicht nach einer Zweckänderung der Gesellschaft in eine Abwicklungsgesellschaft. Vielmehr komme es alleine darauf an, dass ein Übertragungsergebnis handelsrechtlich abzuführen sei. Dies sei nach Verschmelzung oder Aufspaltung der Fall, weil der Übertragungsgewinn in dem Zeitpunkt entstehe, in dem der Gewinnabführungsvertrag letztmalig abgerechnet werde. Deshalb sei steuerrechtlich eine Einkommenszurechnung an den Organträger vorzunehmen. Teilweise wird sogar noch weitergehend argumentiert, die Einkommenszurechnung sei unabhängig von der handelsrechtlichen Gewinnabführung und es sei alleine entscheidend, dass ein Gewinnabführungsvertrag bestehe, der handelsrechtlich zutreffend durchgeführt werde9.

Der Bundesfinanzhof schließt sich der überwiegend vertretenen Literatur-Auffassung an.

Die vorliegende Konstellation der Umwandlung der Organgesellschaft durch Aufspaltung kann nicht mit einer Liquidation der Organgesellschaft gleichgesetzt werden, welche Gegenstand des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18.10.196710 gewesen ist. Der Bundesfinanzhof hat in jener Entscheidung den dortigen Ergebnisabführungsvertrag (EAV) dahin ausgelegt, dass die Verpflichtung der Organgesellschaft zur Gewinnabführung infolge der Auflösung der Organgesellschaft ende, weil der EAV nur auf die Abführung des Gewinns einer Erwerbsgesellschaft gerichtet sei. Eine Aussage zum Fall der Aufspaltung der Organgesellschaft ist damit aber nicht getroffen11. Die Umwandlung der Organgesellschaft ist ihrer Liquidation schon deshalb nicht rechtlich und/oder wirtschaftlich vergleichbar, weil es bei der übertragenden Umwandlung gerade nicht zu der angesprochenen Zweckänderung von einer Erwerbs- in eine Abwicklungsgesellschaft kommt, vielmehr das Vermögen der Organgesellschaft ohne Abwicklung im Wege der Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Da die Auflösung des übertragenden Rechtsträgers auch erst zeitgleich mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers erfolgt, kann das Übertragungsergebnis nicht nach Zweckänderung der Organgesellschaft in eine Abwicklungsgesellschaft anfallen12.

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Der EAV endet im Fall der Aufspaltung der Organgesellschaft handelsrechtlich auch erst mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister, so dass ein handelsrechtlicher Übertragungsgewinn der Organgesellschaft aus einem über dem Buchwert liegenden Wertansatz, der allerdings nur in engen Grenzen (insbesondere in Fällen der Wertaufholung) entstehen kann, der Gewinnabführungsverpflichtung nach dem EAV unterliegt13. Dies folgt daraus, dass ein auf dieser Basis entstehender Gewinn spätestens in der handelsrechtlichen Schlussbilanz i.S. des § 17 Abs. 2 i.V.m. § 125 Satz 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) entsteht, für welchen die Vorschriften über die Jahresbilanz entsprechend gelten (§ 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG). Auf diesen Stichtag wird auch der EAV abgerechnet14.

Steuerrechtlich endet der EAV mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, welcher dem Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz entspricht. Wegen fehlender entgegenstehender steuerrechtlicher Vorschriften gilt insoweit uneingeschränkt die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz und ist folglich ein handelsrechtlicher Übertragungsgewinn der Organgesellschaft dem Organträger in vollem Umfang steuerrechtlich zuzurechnen15. Nichts anderes gilt aber auch, soweit der Übertragungsgewinn -wie in der Regel- Null beträgt, denn dies führt lediglich zu einer Abweichung der handels- und steuerbilanziellen Gewinnabführung16. Entscheidend ist insoweit allein, ob ein Übertragungsgewinn abzuführen ist oder abzuführen wäre17.

Der vorgenannten Auslegung steht auch die vom BMF vorgetragene systematische Argumentation nicht entgegen, dass der Übertragungsgewinn in der Person desjenigen versteuert werden müsse, bei dem auch die Aufstockung der Buchwerte erfolge. Das folgt schon daraus, dass es für eine außerhalb der Einkommenszurechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG erfolgende gesonderte Behandlung des Übertragungsgewinns keine positive Rechtsgrundlage gibt18. Gleiches gilt für den Hinweis, die hier favorisierte Auslegung könne ggf. dazu führen, dass vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft endgültig untergingen. Dies ist schon deshalb nicht überzeugend, weil die Umwandlung auch zu einem Wert oberhalb des Buchwerts und bis zum gemeinen Wert vorgenommen werden könnte, um so bei der Organgesellschaft bestehende vororganschaftliche Verluste zu nutzen.

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Da ein etwaiger Übertragungsgewinn nach den vorstehenden Ausführungen der C-GmbH zuzurechnen wäre, konnte im hier entschiedenen Fall der streitbefangene Bescheid, der den vom Finanzamt bejahten Übertragungsgewinn der Rechtsnachfolgerin der A-GmbH zugewiesen hat, keinen Bestand haben. Auf die Frage, ob § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 einen eigenständigen Anwendungsbereich gegenüber dessen Satz 4 hat, kommt es danach ebenso wenig an wie auf die Frage, ob das Finanzamt die Höhe des Übertragungsgewinns zutreffend ermittelt hat.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. August 2021 – I R 27/18

  1. entgegen BMF, Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.27 Satz 1[]
  2. offen geblieben im BFH, Urteil vom 24.01.2001 – I R 103/99, BFH/NV 2001, 1455[]
  3. BMF, Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.27 Satz 1[]
  4. Kessler/Weber/Aberle, Die Unternehmensbesteuerung -Ubg- 2008, 209, 211 ff.; Neumann, Ubg 2013, 549, 557[]
  5. BMF, Schreiben vom 25.03.1998, BStBl I 1998, 268, Rz Org.19[]
  6. Dötsch, GmbH-Rundschau -GmbHR- 2012, 175, 178, und in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, UmwStG Anh. 1 Rz 54[]
  7. so Kessler/Weber/Aberle, Ubg 2008, 212[]
  8. Bahns/Graw, DB 2008, 1645, 1650 f.; Rödder, Deutsches Steuerrecht 2011, 1053, 1058; Oppen/Polatzky, GmbHR 2012, 263, 271; Heurung/Engel/Thiedemann, Der Konzern 2012, 16, 22; Suchanek, Ubg 2013, 549, 557; Rödder/Jonas/Montag in FinanzgerichtS/BDI [Hrsg.], Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, S. 570; Schießl, Der neue Umwandlungssteuer-Erlass, S. 435 f.; Hierstätter in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz 20.76; Rödder/Liekenbrock in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 14 Rz 501; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., Anh. 4 Rz 66; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 433; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 14 KStG Rz 724[]
  9. so etwa Käshammer/Schümmer, Ubg 2011, 244, 245 ff., m.w.N.[]
  10. BFH, Urteil vom 18.10.1967 – I 262/63, BFHE 90, 370, BStBl II 1968, 105[]
  11. abweichend Neumann, Ubg 2013, 549, 557[]
  12. Bahns/Graw, DB 2008, 1645, 1651; Heurung/Engel/Thiedemann, Der Konzern 2012, 16, 22; Schießl, a.a.O.; Hierstätter, a.a.O.; Herlinghaus, a.a.O.; Erle/Heurung, a.a.O.; Brink, a.a.O.[]
  13. Suchanek, Ubg 2013, 549, 557; Brink, a.a.O.[]
  14. Bahns/Graw, DB 2008, 1645, 1649, m.w.N.; Heurung/Engel/Thiedemann, Der Konzern 2012, 16, 22; Rödder/Liekenbrock, a.a.O.[]
  15. Bahns/Graw, DB 2008, 1645, 1650 f.; Suchanek, Ubg 2013, 549, 557[]
  16. Brink, a.a.O.[]
  17. Rödder/Jonas/Montag, a.a.O.; Schießl, a.a.O.; Herlinghaus, a.a.O.[]
  18. Schumacher in Spindler/Tipke/Rödder [Hrsg.], Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 490[]
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