Ausgabe von Aktienoptionen an Mitarbeiter

Die Ausgabe von Aktienoptionen an Mitarbeiter durch eine AG (Stock Options) im Rahmen eines Aktienoptionsplans, der mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden ist, führt im Zeitpunkt der Einräumung der unentgeltlich gewährten Bezugsrechte nicht zu einem gewinnwirksamen Personalaufwand.

Ausgabe von Aktienoptionen an Mitarbeiter

Auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 KStG bestimmt sich das –auch für die Ermittlung des Gewerbeertrages maßgebende (§ 7 GewStG)– Einkommen nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und „dieses“ Gesetzes. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Das jeweilige Betriebsvermögen richtet sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Diese ergeben sich vornehmlich aus den „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. HGB. Für Kapitalgesellschaften sind zusätzlich die einschlägigen „Ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften“ der §§ 264 ff. HGB heranzuziehen. Darunter fallen, soweit ihnen materielle Bedeutung zukommt, auch die Vorschriften über die Gliederung der Bilanz (§§ 266 ff. HGB) und die Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 275 ff. HGB).

Mit Urteil vom 30. November 20051 hat der Bundesfinanzhof unter anderem entschieden, dass der Zufluss offener und verdeckter Aufgelder bei der Ausgabe von Optionsanleihen auch steuerrechtlich eine Einlage begründet. Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB schlössen den Betrag, der durch die Gesellschaft bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt werde, ein. Unter diesen „Betrag“ fielen alle Entgelte im Zusammenhang mit der Begebung von Wandlungs- und Optionsrechten, damit nicht nur offene, sondern auch verdeckte Aufgelder in Form einer unter dem Kapitalmarktzins liegenden Verzinsung. Bereits der Wortlaut des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB lasse erkennen, dass ein bei der Ausgabe derartiger Optionsanleihen erzieltes Aufgeld bei späterer Nichtausübung der Option seine Zugehörigkeit zur Kapitalrücklage nicht verliere. Eine (steuerrechtliche) Einlage setze auch nicht zwingend eine Zuführung zum Betriebsvermögen durch einen Gesellschafter, also durch eine Person voraus, die bereits Anteile an der Gesellschaft halte. Vielmehr könnten Einlagen auch Zuführungen sein, die von einem (Noch-)Nichtgesellschafter zur Erlangung einer unentziehbaren Anwartschaft auf eine Gesellschafterstellung erfolgen würden.

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Die Grundsätze dieses BFH-Urteils sind auf die streitgegenständliche Situation des Aktienoptionsplans als Mitarbeitervergütung, die die unentgeltliche Gewährung der Bezugsrechte vorsieht, nicht anzuwenden. Es fehlt an einer einlagefähigen Zuwendung an die Klägerin durch die „Altgesellschafter“ oder die Optionszeichner, die einem Aufgeld bei der Ausgabe von Optionsanleihen vergleichbar ist.

Ein Grundtyp einer anteilsbasierten Vergütung ist die sog. reale Aktienoption, die dem begünstigten Arbeitnehmer das Recht gewährt, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums –und gegebenenfalls, wie im Streitfall, unter bestimmten einschränkenden Bedingungen (hier: einer bestimmten Wertentwicklung der Aktie und darüber hinaus dem Status des ungekündigten Arbeitsverhältnisses)– zu einem vorab bestimmten oder bestimmbaren Preis Anteile am arbeitgebenden Unternehmen zu erwerben; dabei kann das Unternehmen die bei Ausübung der Option zu übertragenden Aktien z.B. im Wege der bedingten Kapitalerhöhung (§ 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG) oder des Erwerbs eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG beschaffen2.

Die handelsbilanzielle Abbildung eines Aktienoptionsplans, der mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden ist, ist –soweit es um den Zeitpunkt der der tatsächlichen Kapitalerhöhung vorausgehenden Ausgabe der Optionen geht– umstritten.

So wird zum einen die Ansicht vertreten, der Geschäftsvorfall sei für das Unternehmen erfolgsneutral zu behandeln. Die Ausgabe der Optionen wirke sich allein als Vermögensverlust bei den Altaktionären als sog. Verwässerung des Werts der bisher vorhandenen Aktien3 aus, was mit Blick auf das aktienrechtliche Trennungsprinzip die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft nicht berühre4.

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Andere befürworten den erfolgswirksamen Ansatz einer Verbindlichkeitsrückstellung, die ratierlich während der Sperrfrist zu Lasten des Personalaufwands zu bilden und bei Optionsausübung bzw. Verfall des Optionsrechts erfolgsneutral in Eigenkapital umzuwandeln ist. Die Gewährung der Option als Vergütungsbestandteil begründe während der Sperrzeit einen Erfüllungsrückstand im Arbeitsverhältnis5.

Wieder andere treten für eine Erfassung als Personalaufwand verbunden mit einer Erhöhung der Kapitalrücklage ein. Die Optionen seien Vergütungsbestandteil der Berechtigten; letztlich werde, je nachdem, ob die Option für erbrachte oder für noch zu erbringende Arbeitsleistung gewährt werde, der Wert der absolvierten Arbeitsleistung in einem Betrag bzw. der Wert der zukünftigen Arbeitsleistung ratierlich in die Gesellschaft eingelegt6. Dieser zuletzt dargestellten Variante entspricht auch die Darstellung des Geschäftsvorfalls in einem Abschluss nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) gemäß IFRS 2 „Share Based Payment“7.

Der Bundesfinanzhof schließt sich der zuerst dargestellten Auffassung an.

Eine Zuführung zu einer Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 HGB) setzt voraus, dass von der Gesellschaft ein entsprechender Betrag (Vermögensgegenstand) erzielt oder von den Gesellschaftern geleistet wurde. Dazu trifft § 272 Abs. 2 HGB eine –durch im Streitfall nicht einschlägige Sondersituationen8 ergänzte– Regelung.

Nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB ist der Betrag als Kapitalrücklage auszuweisen, der von der Gesellschaft bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird. Dies betrifft die Situation des sog. Agios (bzw. anderen Entgelts) bei der Ausgabe von aktienrechtlichen Schuldverschreibungen gemäß § 221 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 AktG (i.V.m. §§ 793 ff. BGB) die dem Erwerber ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien der Gesellschaft einräumen (z.B. Reiner in MünchKommHGB, a.a.O., § 272 Rz 45). Die streitgegenständliche Ausgabe von (reinen) Optionsrechten ist damit nicht angesprochen, da es sich bei diesen nicht um verbriefte Rechte handelt9.

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Als Kapitalrücklage ist auch auszuweisen der Betrag von „anderen Zuzahlungen“, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB). Dabei handelt es sich um freiwillige Zahlungen der Gesellschafter, die jene zweckbestimmt und gewollt ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Gesellschaft erbringen10. Eine solche Einlage durch die Altaktionäre als „andere Zuzahlung“ liegt indes nicht vor. Eine Zuwendung aus dem Vermögensbereich dieser Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen findet nicht statt. Insbesondere kann der Umstand, dass bei einer bedingten Kapitalerhöhung gemäß § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ein Bezugsrecht der Altaktionäre kraft Gesetzes ausgeschlossen ist11, nicht dazu führen, dass die mehrheitliche Zustimmung dieser Aktionäre in der Gesellschafterversammlung zu dieser für sie nachteiligen Maßnahme als „Leistung“ an die Gesellschaft angesehen werden kann12. Die Altaktionäre können auf dieser rechtlichen Grundlage auch nicht –abweichend zur Situation bei einer Wandelschuldverschreibung13– ein Bezugsrecht in den Gesellschaftsbereich einlegen14.

Der Revision kann ebenfalls nicht darin gefolgt werden, dass die Altaktionäre als Ausgleich für ihren Vermögensverlust bei der Begebung von Optionen eine Leistungsverpflichtung der die Optionen zeichnenden Mitarbeiter erlangt haben, die in das Gesellschaftsvermögen habe eingelegt werden können. Denn § 27 Abs. 2 Halbsatz 2 AktG schließt die Einlagefähigkeit von Verpflichtungen zu Dienstleistungen –was der steuerrechtlichen Restriktion des Einlagebegriffs des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG durch den BFH-Beschluss vom 26. Oktober 198715 entspricht– ausdrücklich aus16. Die zukünftigen, von der Motivationswirkung der Optionen abhängigen und deshalb unsicheren Arbeitsmehrleistungen der Mitarbeiter sind auch deshalb nicht aktivierbar, weil das Unternehmen keinen Anspruch auf diese Mehrleistungen hat17. Eine Vereinbarung über diese Mehrleistungen wurde nicht getroffen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Mitarbeiter der Klägerin im Zuge des Aktienoptionsplans auf einen Gehaltsanspruch verzichtet haben18. Insoweit kann auch nicht von einer Einlage der Mitarbeiter als (zukünftige) Gesellschafter19 ausgegangen werden20.

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Die Erfassung einer Verbindlichkeitsrückstellung (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) kommt nicht in Betracht. Es ist schon fraglich, ob bei der im Streitfall vereinbarten Planbedingung des zukünftigen Erreichens bestimmter Aktienkursziele überhaupt davon ausgegangen werden kann, dass der Optionsplan eine Vergütung bereits geleisteter Dienste (Arbeitsleistungen) darstellen kann21. Jedenfalls bestand für die bis zur Aufstellung des Aktienoptionsplans von den Arbeitnehmern evtl. erbrachte überobligationsmäßige Arbeitsleistung keine mit einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung verbundene tatsächliche Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber den Arbeitnehmern. Auch kann nicht mit Blick auf die zukünftige –völlig ungewisse– Arbeitsmehrleistung ein Erfüllungsrückstand aus dem Arbeitsverhältnis (als rückständiger Arbeitslohn) angenommen werden22.

Auch die International Accounting Standards bzw. die IFRS bestimmen die steuerrechtliche Gewinnermittlung nicht23. Darüber hinaus sind die IFRS (hier: IFRS 2) im Streitfall schon nach ihrem zeitlichen Anwendungsbereich nicht streitentscheidend, da sie nur für Eigenkapitalinstrumente gelten, die nach dem 7. November 2002 ausgegeben worden sind und deren Erdienungszeitraum bei In-Kraft-Treten der IFRS (1. Januar 2005) noch nicht beendet war24.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. August 2010 – I R 103/09

  1. BFH, Urteil vom 30.11.2005 – I R 26/04, BFH/NV 2006, 616[]
  2. z.B. Herzig, DB 1999, 1 f.; Walter, DStR 2006, 1101[]
  3. siehe insoweit auch BFH, Urteil vom 22.05.2003 – IX R 9/00, BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712[]
  4. so im Ergebnis z.B. –jeweils m.w.N.– Naumann, DB 1998, 1428, 1430; Rammert, Wpg 1998, 766, 773 ff.; Herzig, DB 1999, 1, 7; Vater, DB 2000, 2177, 2178 ff.; Lange, StuW 2001, 137, 146; Siegel, BB 2001, 1995, 1996 f.; Hüttemann in Canaris u.a. [Hrsg.], Handelsgesetzbuch Großkommentar, 4. Aufl., § 272 Rz 50; Roß/Baumunk in Kessler/ Sauter, Handbuch Stock Options, 2003, Rz 174, 188 ff.; Vater, Stock Options, 2004, S. 84 f.; Rode, DStZ 2005, 404, 409; Buciek in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 5 EStG Rz 920 „Aktienoptionspläne“; Hoffmann in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rz 1301, 1315; Reiner in Schmidt [Hrsg.], MünchKommHGB, 2. Aufl., § 272 Rz 59; wohl auch Kessler/Freisleben in Kropff/Semler [Hrsg.], MünchKommAktG, 2. Aufl., § 158 AktG, §§ 275-277 HGB Rz 77[]
  5. z.B. Walter, DStR 2006, 1101, 1104[]
  6. z.B. –jeweils m.w.N.– Pellens/Crasselt, DB 1998, 217, 222 f.; Esterer/ Härteis, DB 1999, 2073, 2075 f.; Haarmann in Achleitner/ Wollmert [Hrsg.], Stock Options, 2000, S. 113, 115 ff.; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 2009, § 272 HGB Rz 76 ff.; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 10. Aufl., S. 662 f.; Förschle/K. Hoffmann in Beck`scher Bilanzkommentar, 7. Aufl., § 272 HGB Rz 505[]
  7. siehe z.B. Hoffmann/Lüdenbach, a.a.O., § 272 HGB Rz 72 f.; Reinke/Nissen-Schmidt, IFRS: Eigenkapital und Aktienoptionspläne, 2008, S. 93 ff., 100 ff.[]
  8. dazu z.B. Wiedmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 272 Rz 24[]
  9. Rammert, Wpg 1998, 766, 774; Vater, DB 2000, 2177, 2179[]
  10. z.B. Wiedmann in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, a.a.O., § 272 Rz 21[]
  11. s. z.B. Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 192 Rz 3, 16, 18[]
  12. z.B. Reiner in MünchKommHGB, a.a.O., § 272 Rz 59; Roß/Baumunk in Kessler/Sauter, a.a.O., Rz 194[]
  13. siehe zum Bezugsrecht § 221 Abs. 4 Satz 1 AktG[]
  14. z.B. Herzig, DB 1999, 1, 7; Vater, DB 2000, 2177, 2179[]
  15. BFH, Beschluss vom 26.10.1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348[]
  16. z.B. BGH, Urteil vom 01.02.2010 – II ZR 173/08, DB 2010, 550; Herzig, DB 1999, 1, 7; Vater, DB 2000, 2177, 2179; Rode, DStZ 2005, 404, 409[]
  17. Reiner in MünchKommHGB, a.a.O., § 272 Rz 59[]
  18. abweichend (Verzicht auf bare Mehrvergütungen) Hoffmann/Lüdenbach, a.a.O., § 272 HGB Rz 79[]
  19. entsprechend der Situation der Zeichner von Optionsanleihen in BFH, Urteil in BFH/NV 2006, 616[]
  20. siehe allgemein z.B. Herzig, DB 1999, 1, 7[]
  21. siehe insoweit BFH, Urteile vom 24.01.2001 – I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; und vom 24.01.2001 – I R 119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512[]
  22. Rode, DStZ 2005, 404, 408[]
  23. z.B. Buciek in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz 105, 208; Stobbe in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rz 22[]
  24. siehe insoweit nur Kirnberger in Beck’sches IFRS-Handbuch, 3. Aufl., § 24 Rz 5; Rode, DStZ 2005, 404, 410[]
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