Berichtigende Ausbuchung einer Körperschaftsteuererstattungsforderung

ie Ausbuchung einer nicht bestehenden Körperschaftsteuererstattungsforderung durch Bilanzberichtigung in einem späteren Wirtschaftsjahr ist auch dann durch außerbilanzielle Hinzurechnung auszugleichen, wenn die erstmalige Aktivierung in dem früheren Wirtschaftsjahr entgegen § 10 Nr. 2 KStG 1991 nicht außerbilanziell neutralisiert worden war1.

Berichtigende Ausbuchung einer Körperschaftsteuererstattungsforderung

Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 darf der Steuerpflichtige die Bilanz auch nach Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften jenes Gesetzes nicht entspricht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist, wenn ein fehlerhafter Bilanzansatz in einem bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid berücksichtigt worden ist und jener Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geändert werden kann, bei der Steuerfestsetzung für ein nachfolgendes Jahr als „Betriebsvermögen zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres“ i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 das der früheren Veranlagung zugrunde gelegte Betriebsvermögen zu berücksichtigen2. Die Korrektur ist in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist (Prinzip des formellen Bilanzenzusammenhangs)3.

Im vorliegend vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall bedeutete dies: Auf den Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs stützt die Klägerin die Ausbuchung der Forderung auf Steuererstattung in der Bilanz zum 31.12.1995. Sie möchte damit den Fehler korrigieren, der dadurch entstanden ist, dass bei der Steuerfestsetzung des Veranlagungszeitraums 1992 aufgrund eines Versehens des Prüfers die aus der Gewinnausschüttung für 1991 resultierende Körperschaftsteuererstattungsforderung gewinnerhöhend berücksichtigt worden ist, obwohl sie bereits in der der Besteuerung des Vorjahres zugrunde gelegten (Prüfer-)Bilanz zum 31.12.1991 aktiviert worden war.

Weiterlesen:
Erdienbarkeit der endgehaltsabhängigen Pensionszusage - und die zwischenzeitlichen Gehaltssteigerungen

Aufgrund der Bestandskraft der Steuerveranlagungen für 1992 bis 1994 ist der Veranlagungszeitraum 1995 im Streitfall zwar der erste verfahrensrechtlich noch „offene“ Veranlagungszeitraum, in dem eine Bilanzberichtigung erfolgen könnte. Ob eine Fehlerkorrektur nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 in der Bilanz zum 31.12.1995 möglich ist, hängt jedoch davon ab, ob der der Besteuerung des Jahres 1992 zugrunde liegende Fehler gemäß der Annahme der Vorinstanz und der Beteiligten tatsächlich darin bestanden hat, dass die in der Prüferbilanz zum 31.12.1991 aktivierte Körperschaftsteuererstattungsforderung (die ja auch zum 31.12.1992 noch existiert hat und deshalb weiterhin in der Bilanz auszuweisen war) insgesamt zweimal aktiviert worden war.

Anhand der insoweit nicht ganz trennscharfen tatrichterlichen Feststellungen ist aber nicht völlig ausgeschlossen, dass der Fehler letztlich nicht in einer abermaligen Aktivierung des Erstattungsanspruchs, sondern in einer unrichtigen Ermittlung des Unterschiedsbetrages nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 bestanden hat: Als Anfangsvermögen des Veranlagungszeitraums 1992 könnte nicht das der Besteuerung des Jahres 1991 tatsächlich zugrunde gelegte Schlussvermögen zum 31.12.1991 angesetzt worden sein, sondern ein um den Betrag der Erstattungsforderung zu geringer Wert, so wie er sich aus der ursprünglichen Bilanzierung der Klägerin für 1991 ergeben hatte. Ein derartiger Fehler bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags wäre kein nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 berichtigungsfähiger Bilanzierungsfehler4. Berichtigt werden kann danach nur die Vermögensübersicht (Bilanz), nicht aber ein außerhalb der Bilanzansätze (bzw. der Verbuchung von Entnahmen und Einlagen5) liegender Fehler bei der Gewinnermittlung. Dieser kann nur –in den Grenzen der Bestandskraft der betreffenden Steuerbescheide– durch Berichtigung der fehlerhaften Veranlagung beseitigt werden und nicht über die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs in einem späteren Veranlagungszeitraum.

Weiterlesen:
Bildung einer Gewerbesteuerrückstellung nach Umqualifizierung der Einnahmen

Die Frage der Zulässigkeit der Korrektur kann jedoch für die Entscheidung des Streitfalls offenbleiben. Denn selbst wenn die von der Klägerin zum Fehlerausgleich in der Bilanz zum 31.12.1995 vorgenommene Ausbuchung einer Körperschaftsteuererstattungsforderung von 593.750 DM als Maßnahme der Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 zulässig gewesen wäre, hätte dies im Ergebnis keine Auswirkungen auf den von der Klägerin für das Streitjahr zu versteuernden Gewinn gehabt. Denn die sich daraus ergebende Minderung des Steuerbilanzgewinns hätte dem Gewinn entsprechend § 10 Nr. 2 KStG 1991 außerbilanziell wieder hinzugerechnet werden müssen.

Nach § 10 Nr. 2 KStG 1991 sind u.a. die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern –also auch die Körperschaftsteuer– nichtabziehbare Aufwendungen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Aktivierung eines Anspruchs auf Erstattung derartiger Steuern das zu versteuernde Einkommen nicht erhöhen6 und dementsprechend die Ausbuchung eines solchen Erstattungsanspruchs im Wege der Bilanzberichtigung das zu versteuernde Einkommen nicht mindern darf.

Der Bundesfinanzhof teilt nicht die Auffassung, bei der zum 31.12.1992 ggf. ein weiteres Mal aktivierten (und zum 31.12.1995 ausgebuchten) Forderung handele es sich im Grunde nicht um eine Körperschaftsteuererstattungsforderung, sondern um ein rechtliches Nullum („Luftposten“), auf welches § 10 Nr. 2 KStG 1991 nicht anwendbar sei. Wird eine Forderung in einer Bilanz versehentlich zweimal aktiviert, fehlt es zwar für eine der Buchungen an einer materiell-rechtlichen Grundlage. Aus bilanzrechtlicher Sicht werden aber gleichwohl zwei Bilanzansätze mit identischem rechtlichem Gehalt abgebildet und nicht einerseits eine „echte“ Forderung und andererseits ein rechtliches Nullum. Hiervon ist auch bei Ausbuchung der Posten auszugehen.

Weiterlesen:
Rechtsbehelfe und ihre Auslegung - und der Solidaritätszuschlag

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Anwendung des § 10 Nr. 2 KStG 1991 im Streitfall nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine etwaige doppelte Aktivierung der Erstattungsforderung im Jahr 1992 fehlerhaft nicht durch eine entsprechende doppelte außerbilanzielle Gewinnkürzung neutralisiert worden war. Das Finanzgericht beruft sich insoweit auf den BFH-Beschluss in BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688, der sich mit der korrigierenden Auflösung von Rückstellungen für nach § 10 Nr. 2 KStG 1996 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.19997 im Korrekturjahr nicht mehr abziehbare Nachzahlungszinsen für Personensteuern befasst. Nach diesem Beschluss folgt aus dem sog. Stornierungsgedanken, dass die spätere Korrektur der Bilanz grundsätzlich erfolgswirksam zu erfolgen hat, wenn auch der Bilanzierungsfehler sich an der Fehlerquelle erfolgswirksam ausgewirkt hatte. Hieraus hat das Finanzgericht für den Streitfall darauf geschlossen, dass für das Streitjahr eine außerbilanzielle Neutralisierung der Forderungsausbuchung entsprechend § 10 Nr. 2 KStG 1991 zu unterbleiben habe, weil sich der Bilanzierungsfehler im Jahr 1992 erfolgswirksam ausgewirkt habe.

Dieser Folgerung schließt sich der BFH nicht an. Denn nach der objektiven Rechtslage hätte die in der Veranlagung für 1992 (fälschlich) zugrunde gelegte Gewinnerhöhung aufgrund des zweifachen Ansatzes der Körperschaftsteuererstattungsforderung entsprechend § 10 Nr. 2 KStG 1991 außerbilanziell neutralisiert werden müssen. Und bei der Anwendung des Stornierungsgedankens ist auf die jeweilige objektive Rechtslage abzustellen: Nur dann, wenn der Bilanzierungsfehler sich nach der im Veranlagungszeitraum der Fehlerquelle bestehenden Rechtslage auf den zu versteuernden Gewinn ausgewirkt hat, ist auch die spätere Korrekturmaßnahme als steuerwirksam zu behandeln. Eine etwaige Falschbehandlung des Fehlers im Hinblick auf die Steuerwirksamkeit nach § 10 Nr. 2 KStG 1991 im Jahr der Fehlerquelle ist nicht durch eine nochmalige –gegenläufige– Falschbehandlung im Jahr der Korrektur auszugleichen. Denn eine solche Handhabung würde zu dem systematisch unzutreffenden Ergebnis führen, dass ein nicht die Steuerbilanz betreffender Fehler bei der Gewinnermittlung –hier die unterlassene außerbilanzielle Gewinnkorrektur für das Jahr 1992– mittels Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 noch in späteren Veranlagungszeiträumen ausgeglichen werden könnte.

Weiterlesen:
Nachträgliche Bildung von Rückstellungen

Der auch für das Steuerrechtsverhältnis geltende Grundsatz von Treu und Glauben8, auf den sich die Klägerin in erster Instanz berufen hat, erfordert kein abweichendes Ergebnis. Zwar war ein (seinerzeit von allen Beteiligten übersehener) Fehler in der Berechnung des Prüfers Ursache für die Besteuerung eines tatsächlich nicht entstandenen Gewinns im Veranlagungszeitraum 1992. Das Finanzamt ist jedoch weder verpflichtet noch befugt, diesen Fehler durch Festsetzung einer gemessen an den gesetzlichen Vorschriften zu geringen Körperschaftsteuer im Veranlagungszeitraum 1995 auszugleichen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 30. Januar 2013 – I R 54/11

  1. Abgrenzung zu BFH, Beschluss vom 16.12.2009 – I R 43/08, BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688[]
  2. BFH, Beschluss vom 29.11.1965 – GrS 1/65 S, BFHE 84, 392, BStBl III 1966, 142; BFH, Urteile vom 07.06.1988 – VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886; vom 28.04.1998 – VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443[]
  3. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 13.02.2008 – I R 44/07, BFHE 220, 429, BStBl II 2008, 673, m.w.N.[]
  4. vgl. BFH, Beschluss vom 15.06.2010 – X B 40/10, BFH/NV 2010, 1632; Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 4 Rz 710[]
  5. s. BFH, Urteil vom 31.05.2007 – IV R 54/05, BFHE 218, 188, BStBl II 2008, 665[]
  6. vgl. BFH, Urteil vom 04.12.1991 – I R 26/91, BFHE 167, 32, BStBl II 1992, 686; BFH, Beschlüsse vom 20.11.2007 – I R 54/05, BFH/NV 2008, 617; vom 15.07.2008 – I B 16/08, BFHE 222, 396, BStBl II 2008, 886; vom 16.12.2009 – I R 43/08, BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688[]
  7. BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304[]
  8. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 24.04.2007 – I R 16/06, BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707[]
Weiterlesen:
Bilanzänderung und Bilanzberichtigung