Eine von gemeinnützigen Krankenhausträgern gegründete GmbH, die die Laborleistungen für die Krankenhäuser erbringt, verfolgt selbst nicht unmittelbar gemeinnützige oder mildtätige Zwecke.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 2002 sind Körperschaften, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung ist jedoch nach Satz 2 der Vorschrift insoweit ausgeschlossen, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. § 64 Abs. 1 AO wiederum sieht vor, dass dieser Begünstigungsausschluss nicht zum Tragen kommt –und damit die Steuerbefreiungen zu gewähren sind–, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ein Zweckbetrieb i.S. der §§ 65 bis 68 AO ist.
Der Betätigung des ausgegliederten Krankenhauslabors fehlt es schon an dem Merkmal einer unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke.
Die Laborleistungen der Labor-GmbH fördern nicht das öffentliche Gesundheitswesen i.S. des § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO. Unter den Begriff der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens fallen Tätigkeiten, die der Gesundheit der Bürger dienen, insbesondere durch Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten1. Die Tätigkeiten müssen indes eine von der individuellen Hilfe gegenüber dem einzelnen Patienten losgelöste, auf das öffentliche Gesundheitswesen bezogene, übergreifende Funktion haben; die Hilfe in individuellen Krankheitsfällen gehört deshalb nicht dazu2. Da nicht ersichtlich ist, dass die von der Labor-GmbH durchgeführten individuellen Laborleistungen auch eine auf die Allgemeinheit bezogene Funktion –etwa die der vorbeugenden Gesundheitspflege, wie man sie einem Krankenhaus in seiner Gesamtheit zubilligen könnte3– erfüllen, unterfallen sie nicht § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO.
Die Hilfe in individuellen Krankheitsfällen kann jedoch als Förderung des Wohlfahrtswesens gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO –s. jetzt § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AO n.F.– gemeinnützig sein4. Die Wohlfahrtspflege ist in § 66 Abs. 2 AO als die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen definiert. Des Weiteren kann die individuelle Hilfe in Krankheitsfällen unter dem Aspekt der Mildtätigkeit dem Steuerbefreiungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 2002 unterfallen. Gemäß § 53 Nr. 1 AO verfolgt eine Körperschaft mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind.
Eine Voraussetzung der Steuerbefreiung ist jedoch gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002, dass die Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar erfüllt. Das ist gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 AO der Fall, wenn sie die steuerbegünstigten Zwecke selbst erfüllt, gegebenenfalls und nach Maßgabe von § 57 Abs. 2 Satz 2 AO unter Hinzuziehung von Hilfspersonen. An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall, weil die Hilfeleistungen gegenüber den Patienten ausschließlich von den Krankenhäusern erbracht werden und die Labor-GmbH mit ihren Laborleistungen lediglich die Krankenhäuser bei deren Hilfeleistungen unterstützt.
Das Finanzgericht hat diesen nicht verkannt. Es war jedoch
Der Auffassung, diesem Dienstleistungscharakter der Laborleistungen der GmbH, die noch dazu ganz überwiegend –nämlich soweit es die gesetzlich krankenversicherten Patienten betrifft– aufgrund von Verträgen zwischen der Labor-GmbH und dem jeweiligen Krankenhaus erbracht werden, stehe nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 17.02.20105 dem Unmittelbarkeitserfordernis nicht entgegen, liegt eine zu weitgehende Interpretation dieses Urteils zugrunde.
Der Bundesfinanzhof hat dort an dem Grundsatz festgehalten, dass das Handeln als Hilfsperson allein keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründet; denn die Hilfsperson verwirklicht fremde gemeinnützige Zwecke ihres Auftraggebers6. Sie fördert damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO, was für die Steuerbefreiung nicht ausreicht. Eine Ausnahme hält der BFH nur für gerechtfertigt, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungsziele verfolgt7. Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn mehrere nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002 steuerbefreite Körperschaften arbeitsteilig zur Verwirklichung eines steuerbegünstigten Zwecks zusammenwirken. Dies betrifft nicht nur Zusammenschlüsse auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, sondern auch Fälle, in denen z.B. die öffentliche Hand eine steuerbefreite Organisation mit der Erbringung der steuerbegünstigten Tätigkeit beauftragt, die Auftragnehmerin aber einzelne Tätigkeiten an andere steuerbefreite Körperschaften vergibt.
Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Hilfsperson bleibt aber nach der BFHsrechtsprechung, dass deren Tätigkeit bei isolierter Betrachtung ihrerseits die „übrigen Voraussetzungen“, d.h. auch das Unmittelbarkeitserfordernis des § 57 AO, erfüllt. Es kann sich deshalb zwar um eine Leistung handeln, die im zivilrechtlichen Vertragsverhältnis einem Dritten geschuldet ist. Doch muss die Leistung, wenn es um die steuerbegünstigten Zwecke der Wohlfahrtspflege bzw. der Mildtätigkeit geht, zumindest faktisch unmittelbar gegenüber dem Hilfsbedürftigen erbracht werden, wie es z.B. bei den im BFH, Urteil in BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006 zu beurteilenden Betreuungsleistungen gegenüber entwicklungsgestörten und behinderten Personen der Fall war.
Handelt es sich demgegenüber auch bei Außerachtlassung der zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen um Handlungen, die nicht als unmittelbare Hilfeleistungen gegenüber dem Bedürftigen, sondern vielmehr als Dienstleistung gegenüber dem „eigentlichen“ Leistungserbringer zu charakterisieren sind, fehlt es an der erforderlichen Unmittelbarkeit8. So liegt die Sache im Streitfall: Die in Rede stehenden Laborleistungen mögen zwar ärztlichen Charakter haben, sind aber der Sache nach als Dienstleistungen gegenüber den unmittelbar behandelnden Ärzten zu beurteilen. Nur die behandelnden Ärzte haben Kontakt zu den Patienten, nur sie ziehen die medizinischen Schlüsse aus den von der Labor-GmbH gelieferten Befunden und entscheiden z.B., welche Heil- oder Vorsorgemaßnahmen jeweils geboten sind. Die Laborleistungen sind –wie auch das Finanzgericht an anderer Stelle festgestellt hat– Vorbereitungsleistungen, die die Krankenhäuser dabei unterstützen sollen, ihre Patienten medizinisch zu betreuen, sind aber selbst keine unmittelbaren Behandlungs- oder Betreuungsleistungen „am Patienten“. Das gilt entgegen der Sichtweise der Labor-GmbH auch angesichts des Umstands, dass die Labor-GmbH die Laborbefunde anhand des Blutes bzw. der Körpersekrete der Patienten trifft. Denn die der Labor-GmbH von den Krankenhäusern zur Verfügung gestellten Proben sind reine Untersuchungsobjekte; sie haben ihre körperliche Verbindung zum Patienten verloren und an ihnen werden von der Labor-GmbH keine Heil- oder Behandlungsmaßnahmen vorgenommen.
Da es somit bereits aus diesem Grund an einer unmittelbaren Erfüllung der gemeinnützigen bzw. mildtätigen Zwecke in Person der Labor-GmbH fehlt, bedarf es keiner Erörterung, ob die Voraussetzungen des § 57 AO auch deshalb nicht gegeben sein könnten, weil die Labor-GmbH nach den Bedingungen des Kooperationsvertrags mit der überörtlichen Gemeinschaftspraxis keine eigenen Fachärzte für Laboratoriumsmedizin einsetzen durfte und sie sich demnach offenbar für die Wahrnehmung ihrer ärztlichen Aufgaben der Fachärzte der Gemeinschaftspraxis bedient hat. Ebenso kann offenbleiben, ob die Steuerbefreiung auch mit Blick auf das Erfordernis der Selbstlosigkeit gemäß § 55 AO zu versagen wäre, weil die Tätigkeit der Labor-GmbH sich darin erschöpft, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten, der nach den Feststellungen der Vorinstanz die gleichen Leistungen zu vergleichbaren Bedingungen anbietet, wie nicht steuerbefreite, mit Gewinnerzielungsabsicht agierende Anbieter9. Und schließlich ist bei dieser Sachlage nicht darüber zu befinden, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Labor-GmbH die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs nach § 66 oder § 65 AO erfüllen würde.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Februar 2013 – I R 59/11
- vgl. BFH, Urteil vom 07.03.2007 – I R 90/04, BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628; Gutachten der Unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, Schriftenreihe des BMF, Heft 40, 1988, S. 110[↩]
- vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 52 AO Rz 22; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., § 3 Rz 92; Fischer, jurisPR-SteuerR 26/2009, Anm. 3; anderer Ansicht Leisner-Egensperger in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 52 AO Rz 124 ff.; Wallenhorst in Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., Kap. D Rz 72a[↩]
- vgl. Hüttemann, a.a.O., § 3 Rz 92[↩]
- vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 52 AO Rz 32; Hüttemann, a.a.O., § 3 Rz 105[↩]
- BFH, Urteils vom 17.02.2010 – I R 2/08, BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006[↩]
- s. auch BFH, Urteil in BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628[↩]
- dem folgend der sog. Anwendungserlass des BMF zur AO –AEAO– zu § 57, Nr. 2 i.d.F. vom 17.01.2012, BStBl I 2012, 83; vgl. auch Hüttemann, a.a.O., § 4 Rz 55 ff.; Fischer, jurisPR-SteuerR 33/2010, Anm. 2[↩]
- vgl. auch Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 7 Rz 138[↩]
- vgl. zur verwandten Problematik im Zusammenhang mit Krankentransporten einerseits BFH, Beschluss vom 18.09.2007 – I R 30/06, BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126; andererseits „Nichtanwendungsschreiben“ des BMF vom 20.01.2009, BStBl I 2009, 339 und AEAO zu § 66, Nr. 6[↩]