Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft wird nur dann bereit sein, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken -also im privaten Interesse- eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden und sie zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält1. Eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen würde er (ausnahmsweise) in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann. Diese Erwägungen gelten nicht nur für besonders aufwändig ausgestattete Einfamilienhäuser.

Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte2. Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen3.
Kapitalgesellschaften verfügen steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre4. Aufgrund dessen gehören von einer Kapitalgesellschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter -im Streitfall das von der GmbH erworbene Einfamilienhaus- zum betrieblichen Bereich und stellen die von ihr hierauf getätigten Aufwendungen und die hieraus erlittenen Verluste Betriebsausgaben dar; bei späteren Veräußerungserlösen handelt es sich um Betriebseinnahmen. Aus welchen Gründen sich die Kapitalgesellschaft entschließt, die Investition vorzunehmen, ist grundsätzlich unbeachtlich5.
Das schließt es allerdings nicht aus, dass die Verluste aus einer derartigen Investition als vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sind6. Davon ist zwar regelmäßig nicht auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft ein Geschäft tätigt, das die Gefahr auch erheblicher Verluste in sich birgt. Es unterliegt der unternehmerischen und kaufmännischen Freiheit, derartige Risiken in Kauf zu nehmen. Anders verhält es sich aber, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern letztlich nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter handelt7. Maßstab dafür, ob dies der Fall ist, sind diejenigen Kriterien, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und sog. Liebhaberei entwickelt worden sind8.
Nach den Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 208, 519 ist im Rahmen des insoweit anzustellenden Fremdvergleichs zu berücksichtigen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nur dann bereit sein wird, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken -also im privaten Interesse- eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden und die Gesellschaft zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält. Daran hält der Bundesfinanzhof fest.
Die Richtigkeit der vorgenannten Auffassung ergibt sich zunächst daraus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bestrebt sein wird, die Gewinne der Kapitalgesellschaft zu maximieren. Er würde deshalb grundsätzlich kein Einfamilienhaus zur Weitervermietung anschaffen, wenn die Miete nicht die Kosten und einen angemessenen Gewinnaufschlag abdeckt9.
Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter würde sich auch nicht damit zufrieden geben, dass seine Investition in ferner Zukunft einen Gewinn abwirft. Denn im Rahmen des vorzunehmenden Fremdvergleichs kommt es auf die Lage im jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum an und ist deshalb nicht darauf abzustellen, ob die Tätigkeit bei rückschauender Betrachtung wirtschaftlich erfolgversprechend war oder nicht10. Der Bundesfinanzhof hat insoweit zwar anerkannt, dass vorübergehende Verluste in einer Anlaufphase jedenfalls dann nicht auf ein Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht hindeuten, wenn der Unternehmer auf sie mit betriebswirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen reagiert10. Das heißt aber nicht, dass im Zusammenhang mit der Prüfung einer vGA generell die Grundsätze für die Einkünfteermittlung aus Vermietung und Verpachtung gelten würden11. Nicht zu folgen ist daher der Ansicht, dass es aus Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein sinnvolles und auch am Maßstab des Fremdvergleichs akzeptables Investitionsziel wäre, eine Immobilie wie ein fremder Dritter zu marktüblichen Bedingungen an den Gesellschafter zu vermieten, wenn Steuervorteile und ein in Zukunft im Betriebsvermögen anfallender Veräußerungsgewinn bei der Kapitalgesellschaft verbleiben12. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen nur dann ausnahmsweise in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann13. Anders als im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung würde er sich dabei schon deshalb nicht mit der Erzielbarkeit eines Totalgewinns über einen gedachten Vermietungszeitraum von 30 Jahren zufrieden geben, weil er in seine Kalkulation die Tatsache einbeziehen würde, dass er die zunächst über viele Jahre anfallenden Verluste ausgleichen müsste und bezogen auf die dazu erforderlichen Eigen- oder Fremdmittel sogar eine negative Rendite (aufgrund fehlender Eigenkapitalverzinsung oder belastender Fremdkapitalzinsen) erzielen würde.
Die vorgenannten Erwägungen gelten uneingeschränkt und damit nicht nur für besonders aufwändig ausgestattete Einfamilienhäuser14. Abgesehen davon, dass die Abgrenzung von „normalen“ und aufwändig ausgestatteten Einfamilienhäusern angesichts der Vielzahl von berücksichtigungswürdigen Ausstattungsmerkmalen Schwierigkeiten bereitet, hat der Bundesfinanzhof bereits im Urteil in BFHE 208, 519 klargestellt, dass die vom Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 22.10.199315 für den Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vertretenen Einschränkungen bei der Prüfung einer vGA nicht zu beachten sind.
Der Bundesfinanzhof hat im Übrigen im Urteil in BFHE 208, 519 bereits deutlich gemacht, dass er im Rahmen des gebotenen Fremdvergleichs aufgrund der immer (auch) vorliegenden gesellschaftlichen (Mit-)Veranlassung der getätigten Investition und der im Zusammenhang damit in Kauf genommenen Verluste jedenfalls dann von einer Vermietung zur Befriedigung privater Interessen des Gesellschafters ausgeht, wenn aus Sicht der Gesellschaft im betroffenen Veranlagungszeitraum keine Anhaltspunkte für die Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite vorgelegen haben16.
Nach dem zuvor Gesagten hatte die GmbH im vorliegenden Fall das Einfamilienhaus nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern nur zur Befriedigung privater Interessen des B vermietet. Zwar hat die GmbH ein wirtschaftliches Konzept eingereicht, welches bezogen auf die streitbefangene Immobilie von der Erzielbarkeit eines Totalgewinns über einen Zeitraum von 30 Jahren ausgeht; auch hat sie in der mündlichen Verhandlung gerügt, das Finanzgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, sich mit diesem Konzept inhaltlich zu befassen. Damit hat sie allerdings nicht einen rechtserheblichen Verfahrensfehler des Finanzgericht aufgezeigt. In der Sache handelt es sich vielmehr um eine materiell-rechtliche Einwendung der GmbH, denn nach den maßgeblichen Erwägungen des Finanzgericht kam es auf die Prüfung des eingereichten Konzepts schon deshalb nicht an, weil der Grund für die Annahme einer vGA nicht die Verneinung der Einkünfteerzielungsabsicht der GmbH, sondern die Überzeugung war, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht über einen längeren Zeitraum Verluste hingenommen hätte. Nach den Ausführungen zu 4.b ist dem beizupflichten, da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch dann keine Vermietung zu einer nicht kostendeckenden Miete vorgenommen hätte, wenn die Kapitalgesellschaft erstmals nach 18 Jahren Gewinne hätte erzielen können und sich nach 30 Jahren insgesamt ein Totalgewinn ergäbe.
Die verlustbedingte Minderung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) war auch geeignet, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen17. Die Vorteilseignung ergibt sich daraus, dass B zwar im Falle der Fremdanmietung einer vergleichbaren Immobilie mit keiner höheren (ortsüblichen) Miete belastet gewesen wäre, er aber bei einem Ankauf des an ihn vermieteten Einfamilienhauses exakt die Kosten zu tragen gehabt hätte, die im Streitfall die GmbH zu tragen hatte.
Nichts anderes folgt aus dem BFH-Urteil vom 05.03.200818. Der Bundesfinanzhof hatte dort über einen Fall zu entscheiden, in welchem eine Kapitalgesellschaft vom Alleingesellschafter und seiner Ehefrau unter Übernahme der laufenden Belastungen ein unbebautes Grundstück erworben hatte, nachdem der Plan der Eheleute, dort ein Gebäude zu errichten, durch die Ablehnung des Bauantrages fehlgeschlagen war. Der Bundesfinanzhof hat zwar hinsichtlich des laufenden Finanzierungsaufwands der GmbH für die Anschaffungskosten das Vorliegen einer vGA mit der Begründung verneint, dass die Kapitalgesellschaft das unbebaute Grundstück nicht unterhalten, sondern nur gehalten habe. Eine Veranlassung aus dem Gesellschaftsverhältnis sei nicht ersichtlich. Insbesondere sei die Kapitalgesellschaft nicht im Lebenshaltungsbereich des Gesellschafters tätig geworden; der laufende Unterhaltungsaufwand sei allein durch die unternehmerische Entscheidung, das erworbene Grundstück zu behalten, veranlasst. Hiervon abweichend hat die GmbH das streitbefangene Einfamilienhaus an B zur Befriedigung privater Interessen des B -und damit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst- vermietet.
Das Finanzgericht hat die anzusetzende vGA auch der Höhe nach zutreffend ermittelt. Der Bundesfinanzhof verweist auch insoweit auf sein Urteil in BFHE 208, 519, dessen Grundsätze er mit seinem Urteil in BFHE 241, 549, BStBl II 2013, 1024 nicht aufgegeben hat19. Grundlage der Berechnung der Kostenmiete ist danach die Zweite Berechnungsverordnung, wobei steuerliche Vorteile, die der Kapitalgesellschaft unabhängig von der Vorteilszuwendung an den Gesellschafter zustehen (AfA für Baudenkmäler nach § 82i EStDV 1990, heute gemäß § 7i EStG), hiervon abweichend nicht zu berücksichtigen sind, soweit sie die reguläre AfA (§ 7 EStG) übersteigen20. Einzubeziehen ist jedoch eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 1, und § 15 Abs. 1 Nr. 1 II. BV). Zusätzlich wird der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einen angemessenen Gewinnaufschlag verlangen20.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. Juli 2016 – I R 12/15
- Bestätigung von BFH, Urteil vom 17.11.2004 – I R 56/03, BFHE 208, 519[↩]
- ständige Rechtsprechung des BFH seit Urteil vom 16.03.1967 – I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 07.08.2002 – I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 08.09.2010 – I R 6/09, BFHE 231, 75, BStBl II 2013, 186[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 08.07.1998 – I R 123/97, BFHE 186, 540; vom 08.08.2001 – I R 106/99, BFHE 196, 173, BStBl II 2003, 487; vom 31.03.2004 – I R 83/03, BFHE 206, 58; in BFHE 208, 519; vom 06.10.2009 – I R 39/09, BFH/NV 2010, 470; vom 12.06.2013 – I R 109-111/10, BFHE 241, 549, BStBl II 2013, 1024; BFH, Beschluss vom 20.11.2007 – I R 54/05, BFH/NV 2008, 617[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 206, 58; in BFHE 208, 519[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 19.03.1975 – I R 137/73, BFHE 116, 12, BStBl II 1975, 722; vom 02.02.1994 – I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479; vom 04.12 1996 – I R 54/95, BFHE 182, 123; in BFHE 186, 540; in BFHE 206, 58; in BFHE 208, 519[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 208, 519; BFH, Beschluss vom 19.12 2007 – I R 83/06, BFH/NV 2008, 988[↩]
- vgl. dazu BFH, Urteile vom 15.05.2002 – I R 92/00, BFHE 199, 217; in BFHE 208, 519; vom 22.08.2007 – I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961[↩]
- Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, Anhang zu § 8 KStG, verdeckte Gewinnausschüttung, Stichwort „Miete“; Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 981; Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz 733[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 199, 217[↩][↩]
- vgl. bereits BFH, Urteil in BFHE 208, 519[↩]
- so aber Pezzer, Finanz-Rundschau 2005, 590[↩]
- ebenso FG Köln, Urteil vom 20.08.2015 – 10 K 12/08, EFG 2015, 1849[↩]
- ebenso FG Köln, Urteil in EFG 2015, 1849; Frotscher, a.a.O.; Gosch, BFH/PR 2005, 212, 213; a.A. Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Rz 1012b; Blümich/Rengers, § 8 KStG Rz 535; Streck/Schwedhelm, KStG, 8. Aufl., § 8 Anh Rz 390; Pezzer, a.a.O.; Kuhfus, EFG 2014, 1141, 1143; Paus, GmbH-Rundschau 2005, 1600, 1601[↩]
- BFH, Urteil vom 22.10.1993 – IX R 35/92, BFHE 174, 51, BStBl II 1995, 98[↩]
- vgl. zur schädlichen Mitveranlassung von Pensionszusagen aus dem Gesellschaftsverhältnis auch die BFH, Urteile vom 23.07.2003 – I R 80/02, BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926; vom 14.07.2004 – I R 14/04, BFH/NV 2005, 245[↩]
- vgl. bereits BFH, Urteile in BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; in BFHE 208, 519[↩]
- BFH, Urteil vom 05.03.2008 – I R 45/07, BFH/NV 2008, 1534[↩]
- zweifelnd aber Rengers, a.a.O.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 182, 123[↩][↩]