Das Körperschaftsteuerguthaben im Insolvenzverfahren

Einer Aufrechnung des Finanzamtes gegen den Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens während eines vor dem 31. Dezember 2006 eröffneten Insolvenzverfahrens steht das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO entgegen.

Das Körperschaftsteuerguthaben im Insolvenzverfahren

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall lagen die in §§ 387 ff. BGB angeführten allgemeinen Voraussetzungen einer Aufrechnung, die nach § 226 Abs. 1 AO im Steuerschuldverhältnis sinngemäß anzuwenden sind, mit Blick auf die Forderung des Finanzamtes auf Rückzahlung der Investitionszulage 2001 und die Forderung des Klägers auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens für 2008 im Zeitpunkt der in Gestalt der Umbuchungsnachricht erklärten Aufrechnung des Finanzamtes1 vor.

Die Aufrechnungserklärung des Finanzamtes hat den Erstattungsanspruch des Klägers aber nicht im Sinne des § 47 AO (i.V.m. § 226 Abs. 1 AO und § 389 BGB) zum Erlöschen gebracht, da eine Aufrechnung –die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur nach Maßgabe der §§ 94 bis 96 InsO zulässig ist– nach § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht zugelassen war.

Aufrechnungsrecht trotz Insolvenzeröffnung

Nach § 94 InsO bleibt zwar das zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungsrecht des Insolvenzgläubigers unberührt. Die mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verbundene Beschränkung in der Durchsetzung der Ansprüche der Insolvenzgläubiger hindert damit denjenigen Insolvenzgläubiger nicht an der Aufrechnung, der im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung berechtigt gewesen wäre. Eine solche Berechtigung bestand für das Finanzamt in diesem Zeitpunkt für den Anspruch aus § 37 Abs. 5 KStG 2002 n.F. angesichts der eindeutigen Regelungslage (§ 37 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F.: „Der Anspruch entsteht mit Ablauf des 31.12. 2006 … .“) aber nicht.

Über § 94 InsO hinaus gestattet allerdings § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO auch dann eine Aufrechnung, wenn die Aufrechnungslage erst im Insolvenzverfahren eintritt. Voraussetzung dafür ist, dass zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig sind, sofern nicht (§ 95 Abs. 1 Satz 3 InsO) die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann2. Damit schützt das Gesetz das vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Vertrauen des Insolvenzgläubigers, mit dem Entstehen der Aufrechnungslage seine Forderung durchsetzen zu können3. Die mit Satz 3 der Regelung verbundene Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis hat im Streitfall keine Bedeutung, da die Hauptforderung (Erstattungsanspruch Körperschaftsteuerguthaben) nicht vor dem Rückerstattungsanspruch des Finanzamtes vollwirksam entstanden und fällig (durchsetzbar) war.

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Stichtag: Insolvenzeröffnung

Nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die Aufrechnung allerdings –soweit sie nicht nach § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO zugelassen ist4– unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Eine erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Aufrechnungsbefugnis verdient im Interesse der Insolvenzmasse und dem Ziel einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung keinen Schutz5.

Die Voraussetzungen für einen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufschiebend bedingten Erstattungsanspruch i.S. des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO sind im Streitfall nicht erfüllt. Das Finanzamt als Insolvenzgläubiger konnte mit Blick auf das Körperschaftsteuerguthaben vor dem 31.12. 2006 nicht auf eine „im Entstehen begriffene Aufrechnungslage“ vertrauen. Vielmehr ist das Finanzamt i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO „etwas“ (nämlich die Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens) erst am 31.12.2006 –und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (am 27.04.2006)– insolvenzrechtlich schuldig geworden, nicht aber mit dem streitigen Teilbetrag von 1.404 EUR schon mit dem Ablauf des 31.12.2001 und damit bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Ob ein Erstattungsanspruch i.S. des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO (vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens)) als aufschiebend bedingt für eine Aufrechnung erheblich ist, hängt nach der Rechtsprechung davon ab, ob eine Forderung „ihrem Kern nach“ bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Maßgeblich hierfür ist, wann der zugrunde liegende zivilrechtliche Sachverhalt, der zur Entstehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis führt, verwirklicht worden ist; dann ist (dem Rechtsgedanken des § 38 InsO entsprechend) ein „begründeter Vermögensanspruch“ gegen den Insolvenzgläubiger entstanden. Es muss insoweit damit ein „gesicherter Rechtsgrund“ der Forderung gelegt sein6. Auf die steuerrechtliche Entstehung i.S. des § 38 AO kommt es für diesen „gesicherten Rechtsgrund“ nicht an7. Letzteres schließt allerdings nicht aus, dass insolvenzrechtliche und steuerrechtliche Entstehung zeitlich zusammenfallen, z.B. dann, wenn ein „Dauerschuldverhältnis“ besteht, in dem der steuerrechtliche Anspruch zeitabschnittsweise unter der Bedingung entsteht, dass die Anspruchsvoraussetzungen auch in dem betreffenden Zeitabschnitt erfüllt sind8.

Insolvenzrechtlich relevant sind z.B. Steuererstattungsansprüche aufgrund von Steuervorauszahlungen, ohne dass es auf die Festsetzung eines Erstattungsanspruchs in einem Erstattungsbescheid ankommt; sie entstehen im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Ende des Besteuerungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Vorauszahlung9. Damit ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch bei der Erstattung von vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geleisteten Vorauszahlungen der diesbezügliche Anspruch vor Eröffnung des Verfahrens begründet, selbst wenn die Steuer, auf die vorauszuleisten war, erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist10.

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Bedingte Forderungen

Außerdem steht es der Anwendung des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO in solchen Fällen nach der BFH-Rechtsprechung nicht entgegen, dass der Anspruch von Bedingungen abhängt, deren Eintritt bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ungewiss ist und die herbeizuführen oder zu vereiteln in der Macht des Anspruchsberechtigten oder zumindest eines Dritten steht11. Zwar hat der Bundesgerichtshof12 die Aufrechenbarkeit einer Forderung im Insolvenzverfahren davon abhängig gemacht, dass sie vor Verfahrenseröffnung in ihrem rechtlichen Kern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder vertraglicher Vereinbarungen bereits gesichert ist und fällig wird, ohne dass es einer weiteren Rechtshandlung des Anspruchsinhabers bedarf. Dies hindert aber nicht, bezogen auf Steueransprüche solche Fälle abzugrenzen, in denen der Anspruch nicht durch eine Rechtshandlung im Sinne der vorgenannten BGH-Entscheidung begründet wird, sondern kraft Gesetzes entsteht und auch durch dieses Gesetz von vornherein gesichert war. Auf einen gesetzlich garantierten Erstattungsanspruch bezieht sich die Entscheidung des BGH nicht und sie kann auf solche Ansprüche aus einem Steuerschuldverhältnis auch nicht etwa übertragen werden, wenn das für die Anspruchsentstehung maßgebliche Steuergesetz außer an die Entstehung der Steuer aufgrund eines Ereignisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch an eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Rechtshandlung anknüpft. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn diese Rechtshandlung in einem inneren Zusammenhang mit der Steuerentstehung vor Verfahrenseröffnung steht13.

Der zivilrechtliche Sachverhalt, der zur Entstehung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens führt, ist im Streitfall nicht vor der Insolvenzeröffnung verwirklicht worden. Zeitlich besteht vielmehr eine Übereinstimmung mit dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch nach dem Wortlaut des § 37 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. steuerrechtlich entsteht (im Streitfall: Ablauf des 31.12. 2006).

Im entschiedenen Streitfall hatte in der vorinstanz das Finanzgericht hat ausgeführt, der Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sei insolvenzrechtlich durch die Tatsache begründet worden, dass die Körperschaft ein Körperschaftsteuerguthaben während der Geltung des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens aufgebaut hatte. Nach der Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren sei dieser Anspruch auf Auszahlung nicht von einem Ausschüttungsbeschluss abhängig gewesen; der Anspruch sei entstanden, ohne dass es eines weiteren Zutuns von Seiten der betroffenen Körperschaft bedurft hätte. Die ursprünglich zu gewährende Minderung der Körperschaftsteuer habe durch die Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren nicht verloren gehen, sondern erhalten bleiben sollen. Der für die Auszahlung des Erstattungsbetrags notwendige Ausschüttungsbeschluss, an dessen Stelle die später in das Gesetz eingefügte Regelung des § 37 Abs. 5 KStG 2002 n.F. getreten sei, stelle lediglich eine aufschiebende Bedingung für das Entstehen des Erstattungsanspruchs dar14. Weder der ursprünglich notwendige Ausschüttungsbeschluss noch § 37 Abs. 5 KStG 2002 n.F. zur ratierlichen Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens hätten den Kern des Erstattungsanspruchs geregelt. Es handele sich um eine Situation, die mit den vom BFH entschiedenen Fällen vergleichbar sei, in denen vor Insolvenz- bzw. Konkurseröffnung geleistete, überhöhte Vorauszahlungen bereits vor Insolvenz- bzw. Konkurseröffnung einen aufschiebend bedingten Erstattungsanspruch begründet hätten, gegen den die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren aufrechnen könne, obwohl das die Erstattung auslösende Ereignis selbst erst nach Eröffnung des Verfahrens, nämlich mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, eintrete.

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Dieser Ansicht ist darin zu folgen, dass das auf den Schluss des letzten vor dem 1. Januar 2001 beginnenden Wirtschaftsjahrs ermittelte Körperschaftsteuerguthaben (§ 36 Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F.) als Rückzahlungsanspruch ohne weitere rechtliche Bedingung und antragsunabhängig15 der Körperschaft für die Folgejahre zur Realisierung zugewiesen wurde. Die Realisierung dieses Anspruchs war jedoch –wie auch beim Anrechnungsguthaben vor der Systemumstellung durch die Unternehmenssteuerreform 2001– ausschüttungsabhängig. Ein bilanzieller Vermögensposten (ein Steuererstattungsanspruch als sonstiger Vermögensgegenstand) war erst im Zusammenhang mit einer Gewinnausschüttung zu erfassen. Darüber hinaus war die „Nutzung“ des Körperschaftsteuerguthabens zeitlich auf (zuletzt) 18 Jahre beschränkt. Ein nach Ablauf dieser Zeit verbleibendes Guthaben sollte verfallen. Mit der Einführung des § 37 Abs. 4 ff. KStG 2002 n.F. hat der Gesetzgeber das Verfahren zur Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens dagegen von den Gewinnausschüttungen der Körperschaften und der jährlichen Körperschaftsteuerveranlagung gelöst. § 37 Abs. 5 KStG 2002 n.F. fingiert für den Auszahlungszeitraum von 10 Jahren (2008 bis 2017) gleichmäßige, offene Gewinnausschüttungen zur Nutzung des Körperschaftsteuerguthabens. Dieser Zahlungsanspruch der Körperschaft ist ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut, das sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz zum 31.12. 2006, dem Zeitpunkt seines Entstehens, gewinnerhöhend zu erfassen ist16.

Allerdings folgt der Bundesfinanzhof nicht der Ansicht, dass der Anspruch auf das Körperschaftsteuerguthaben, auch wenn es materiell um die Rückzahlung von Körperschaftsteuer geht17, einem durch Steuervorauszahlungen ausgelösten und nach dem Ablauf des Veranlagungszeitraums entstehenden Erstattungsanspruch gleichzustellen ist. Das mit seinem Bestand zum 31. Dezember 2000 festgestellte Körperschaftsteuerguthaben stellt keinen aufschiebend bedingten Auszahlungsanspruch i.S. des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO dar18.

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Denn wenn es nach dem Zweck der insolvenzrechtlichen Modifikationen der Aufrechnungsmöglichkeiten darum geht, einerseits das Vertrauen des Gläubigers auf eine bestehende bzw. sich entwickelnde Aufrechnungslage zu schützen und andererseits zugleich die gleichmäßige Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zu sichern, muss insbesondere ausgeschlossen sein, dass ein Insolvenzgläubiger mit Forderungen aufrechnet, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung nicht durch eine Gegenforderung gesichert und deshalb wirtschaftlich entwertet sind19. Von einer solchen Entwertung wird man dann nicht auszugehen haben, wenn –wie oben dargelegt– der anspruchsbegründende Tatbestand abgeschlossen ist und damit ein gesicherter Rechtsgrund für das Entstehen der Gegenforderung festgestellt werden kann. Damit sind ohne weiteres Situationen abgedeckt, in denen –ohne weitere Rechtshandlung eines Beteiligten– der entsprechende Anspruch kraft Gesetzes entsteht (z.B. in Gestalt der Gegenrechnung überzahlter Beträge). Davon kann aber nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch gesprochen werden, wenn das steuerrechtliche „Erstattungsverhältnis“ noch durch eine Willensbetätigung z.B. des potenziellen Erstattungsgläubigers konkretisiert werden muss (z.B. nachträgliche Abgabe einer berichtigten Steueranmeldung mit Zustimmung des Finanzamt).

Im Streitfall ist aber –noch darüber hinausgehend– der bis zur Neuregelung durch § 37 Abs. 4 ff. KStG 2002 n.F. durch eine entsprechende Veranlagung zur Körperschaftsteuer bedingte Anspruch auf Erstattung des Körperschaftsteuerguthabens in einem doppelten (aufeinander aufbauenden) Sinne abhängig von zwei Voraussetzungen, wobei die zweite nicht allein willensabhängig ist, sondern zugleich auch von einer weitgehend objektivierten Komponente abhängt, und in seinem Gesamtbestand einem Realisierungsrisiko ausgesetzt ist: Das Vorhandensein eines Körperschaftsteuerguthabens kann zwar als wirtschaftlicher Ausgangs- und zugleich Schwerpunkt der Entstehungsvoraussetzungen anzusehen sein. Es handelt sich aber nur um eine notwendige, nicht aber um eine hinreichende Bedingung für das Entstehen eines Erstattungsanspruchs. Auslösendes Moment für eine „Mobilisierung“ des Körperschaftsteuerguthabens ist vielmehr ein den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechender Gewinnausschüttungsbeschluss im gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen. Erst dieser Beschluss komplettiert den eigentlichen Rechtsgrund für die –im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer zu berücksichtigende– Minderung der Körperschaftsteuer des Ausschüttungsjahres20 bzw. eines etwaigen Erstattungsanspruchs der Körperschaft nach dem Abschluss des Veranlagungszeitraums21. Kann mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Körperschaft (auch unter Berücksichtigung von Gestaltungsmaßnahmen zur zweckgerechten Erhöhung des handelsrechtlichen Bilanzgewinns) ein entsprechender Ausschüttungsbeschluss in der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit (§ 37 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002) nicht gefasst werden, hindert dies das Entstehen des Anspruchs endgültig. Damit ist vor einem Gewinnausschüttungsbeschluss unter Berücksichtigung der steuerrechtlichen Voraussetzungen einer Anspruchsentstehung auch insolvenzrechtlich keine begründete Aussicht entstanden, dass dem Körperschaftsteuerguthaben schon vor der Insolvenzeröffnung ein wirtschaftlicher Wert zukommt, gegen den das Finanzamt als Insolvenzgläubiger hätte aufrechnen können. Die Differenz zwischen der Tarifbelastung der nach altem Körperschaftsteuerrecht thesaurierten Gewinne und der Belastungshöhe im sog. Halbeinkünfteverfahren (als Grundlage des Körperschaftsteuerguthabens) ist wegen des dem Guthaben anhaftenden Realisierungsrisikos keine mit einer Steuervorauszahlung vergleichbare Situation. Die Neuregelung in § 37 Abs. 4 ff. KStG 2002 n.F. hat damit nicht nur das Auszahlsystem eines bereits begründeten Vermögensanspruchs geändert, sondern durch die Beseitigung des Realisierungsrisikos den Kern des Anspruchs zeitgleich mit der steuerrechtlichen Entstehung zum 31.12. 2006 begründet, was aber für vor diesem Stichtag eröffnete Insolvenzverfahren mit Blick auf eine Möglichkeit zur Aufrechnung keine Bedeutung hat.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Februar 2011 – I R 20/10

  1. siehe insoweit BFH, Urteil vom 26.07.2005 – VII R 70/04, BFH/NV 2006, 7[]
  2. BGH, Urteil vom 22.09.2005 – VII ZR 117/03, BGHZ 164, 159; BFH, Urteil vom 17.04.2007 – VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589[]
  3. BFH, Urteil vom 05.10.2004 – VII R 69/03, BFHE 208, 10, BStBl II 2005, 195; Brandes in MünchKomm-InsO, 2. Aufl., § 95 Rz 1; Kroth in Braun, Insolvenzordnung, 4. Aufl., § 95 Rz 1[]
  4. siehe zum Vorrang des § 95 InsO z.B.: BFH, Urteil in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589; Brandes in MünchKomm-InsO, a.a.O., § 96 Rz 18, m.w.N.[]
  5. BGH, Urteil vom 06.12.1990 – IX ZR 44/90, NJW 1991, 1060; Brandes in MünchKommInsO, a.a.O., § 96 Rz 1, 6; Kroth in Braun, a.a.O., § 96 Rz 1[]
  6. BGH, Urteil vom 09.03.2000 – IX ZR 355/98, NJW-RR 2000, 1285; Kroth in Braun, a.a.O., § 96 Rz 8[]
  7. ständige BFH-Rechtsprechung, z.B.: BFH, Urteile vom 01.08.2000 – VII R 31/99, BFHE 193, 1, BStBl II 2002, 323; in BFHE 208, 10, BStBl II 2005, 195; vom 16.01.2007 – VII R 7/06, BFHE 216, 390, BStBl II 2007, 745; in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589; BFH, Beschlüsse vom 30.04.2007 – VII B 252/06, BFHE 217, 212, BStBl II 2009, 624; vom 01.04.2008 – X B 201/07, BFH/NV 2008, 925; vom 12.08.2008 VII B 213/07, BFH/NV 2008, 1819; s.a. Rüsken, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis –ZIP– 2007, 2053, 2056; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 251 AO Rz 55, 100, 102, je m.w.N.[]
  8. BFH, Urteil vom 17.04.2007 – VII R 34/06, BFHE 217, 14, BStBl II 2008, 215, zur Eigenheimzulage[]
  9. z.B. BFH, Urteile vom 29.01.1991 – VII R 45/90, BFH/NV 1991, 791; vom 16.11.2004 – VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193; vom 31.05.2005 – VII R 71/04, BFH/NV 2005, 2147[]
  10. BFH, Urteil in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589, m.w.N.[]
  11. z.B. BFH, Urteil in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589[]
  12. in BGH, Urteil vom 29.06.2004 – IX ZR 147/03, BGHZ 160, 1[]
  13. so BFH, Urteil in BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589; s.a. Rüsken, ZIP 2007, 2053, 2056 f.[]
  14. dieser Rechtsansicht folgend z.B. Sterzinger, BB 2008, 1480, 1481 f.; Fett, DStZ 2008, 768, 770 f.; Ladiges, DStR 2008, 2041, 2044 f.; Loose, EFG 2010, 752 u. 1396 f.; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., S. 177[]
  15. dabei unter möglichst weitgehender Bewahrung dieses Guthabens – s. insoweit BVerfG, , Beschluss vom 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, DStR 2010, 434[]
  16. BFH, Beschluss vom 15.07.2008 – I B 16/08, BFHE 222, 396, BStBl II 2008, 886; siehe auch BMF, Schreiben vom 14.01.2008, BStBl I 2008, 280[]
  17. BFH, Beschluss in BFHE 222, 396, BStBl II 2008, 886[]
  18. so im Ergebnis auch OFD Münster, Verfügung vom 20.04.2007, DB 2007, 1001; OFD Koblenz, Verfügung vom 07.12. 2007, DStR 2008, 354; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/ Witt, Die Körperschaftsteuer, § 37 KStG Rz 109a; Neumann in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 251 AO Rz 183; Binnewies, GmbH-Rundschau 2010, 408, 412; ders. in Streck, KStG, 07. Aufl., § 37 Rz 106; Schmittmann, ZInsO 2008, 502; Krüger, ZInsO 2008, 1295, 1302; ders., ZInsO 2010, 164, 170; ders., ZInsO 2010, 1732, 1733 f.; Hubertus/Fürwentsches, DStR 2010, 2382, 2385 f.; Schmittmann, Unternehmensteuern und Bilanzen 2011, 70; Förster/Felchner, DStR 2006, 1725, 1726 f.; Grashoff/Kleinmanns, ZInsO 2008, 609; wohl auch Sedemund/Schreiber, DB 2009, 697, 698 f.; Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 8. Aufl., Rz 1631 mit Fußn. 2[]
  19. Brandes in MünchKomm-InsO, a.a.O., § 96 Rz 1[]
  20. zur handelsbilanziellen Erfassung [erst] in dem Veranlagungszeitraum des Ausschüttungsbeschlusses s. Thurmayr in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 37 KStG Rz 28, m.w.N.[]
  21. siehe insoweit BMF, Schreiben vom 06.11.2003, BStBl I 2003, 575, Tz. 31[]
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