Der mit dem JStG 2009 eingeführte § 8 Abs. 7 KStG ist nach § 34 Abs. 6 Satz 4 und 5 KStG dann nicht rückwirkend anzuwenden, wenn in einer Eigengesellschaft Dauerverlustgeschäfte i. S. des § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG und andere Tätigkeiten zusammengefasst worden sind, die im Rahmen eines BgA nach Verwaltungsauffassung nicht hätten zusammengefasst werden dürfen. Es besteht kein steuerlicher Querverbund zwischen einer Schwimmhalle und einem Heizwerk, dass eine gesamte Stadt mit Strom und Wärme versorgt.

Im Streitfall stellt sowohl der Eigenbetrieb des Schwimmbades durch die Stadtwerke als auch die Verpachtung des Schwimmbadbetriebes an eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke eine vGA dar.
Eine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG setzt bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) voraus, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht und sich auf den Unterschiedsbetrag i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG) auswirkt; dabei muss diese Unterschiedsbetragsminderung die objektive Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen1. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte2.
Die Vorteilsgewährung der Kapitalgesellschaft muss einem Gesellschafter zugutekommen; dabei kann auch die Leistung an einen Dritten, eine dem Gesellschafter nahestehende Person, einen Vermögensvorteil des Gesellschafters darstellen3 Nicht erforderlich ist in diesem Fall, dass dem Gesellschafter ein unmittelbarer Vermögensvorteil zufließt. Auch eine nur mittelbare (materielle oder immaterielle) Vorteilsverschaffung und damit der unmittelbare Vorteil bei einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person kann genügen4
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben liegen im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen einer vgA vor.
Eigenbetrieb des Schwimmbades durch die Stadtwerke
Für die Zeit des Eigenbetriebs des Schwimmbades durch die Stadtwerke ergibt sich der Tatbestand einer vGA aus der Tatsache, dass mit dem Betrieb des Schwimmbades eine dauerdefizitäre Tätigkeit ausgeübt wird.
Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine vGA auch dann vorliegen, wenn eine Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts dauerhaft strukturell verlustbringend einen Bäderbetrieb unterhält, bei dem Abhilfe nur ein monetärer Verlustausgleich durch die Gemeinde als Alleingesellschafter bringen würde5. Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung folgt nach der Rechtsprechung des BFH in diesem Fall daraus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht darauf verzichten würde, von der Gemeinde einen derartigen Ausgleich zu verlangen. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter wäre nicht bereit, Leistungen zu erbringen, die an sich dem Alleingesellschafter obliegen, und dafür auf Dauer Verluste hinzunehmen. Dabei geht der BFH in dem von ihm entschiedenen Fall6 davon aus, dass die Gemeinde freiwillige Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge (die Unterhaltung eines Bäderbetriebes) auf ihre Eigengesellschaft übertragen hat und deren Übernahme geeignet ist, einen Vorteil im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim Gesellschafter auszulösen.
Verpachtung des Schwimmbades an eine Tochtergesellschaft
Soweit die Stadtwerke das Schwimmbad nicht selbst betrieben hat, sondern an ihre Tochtergesellschaft verpachtet hat und die Kosten für die Sanierung des Schwimmbades gem. Anlage 3 des Pachtvertrages übernommen hat, liegt ebenfalls eine vGA vor. Zwar betrieb die Stadtwerke in dieser Zeit nicht selbst das Schwimmbad, sondern ihre Tochtergesellschaft. Dieses ändert jedoch nichts daran, dass der Betrieb eines Schwimmbades weiterhin eine freiwillige Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge darstellt, die von der Kommune auf einen anderen Rechtsträger ausgelagert worden ist. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wäre unter den vereinbarten Vertragsbedingungen nicht bereit gewesen, die (ebenfalls defizitäre) Verpachtung der Schwimmhalle durchzuführen, ohne von der Gemeinde einen entsprechenden Ausgleich zu verlangen. Trotz des zunächst vereinbarten jährlichen Pachtzinses von … DM war die Verpachtung defizitär, mitursächlich für diesen Umstand dürfte gewesen sein, dass die Stadtwerke gem. Anlage 3 des Pachtvertrages die Sanierung des Schwimmbades zu übernehmen hatte. Naturgemäß stiegen die Verluste noch, nachdem nach Änderung des Pachtvertrages im Jahr 20. lediglich nur noch ein Pachtzins von 1 Euro zu zahlen war.
Nach Auffassung ds Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern greift im Streitfall auch der Ausnahmetatbestand des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG nicht ein, so dass die Rechtsfolgen einer vGA trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA nicht zu ziehen sind. Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG vor, jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation ist die Norm, die mit dem JStG 2009 eingeführt wurde, aber nicht rückwirkend auf die Streitjahre 1999 bis 2003 anzuwenden.
Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG i. d. F. JStG 2009 sind die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei Kapitalgesellschaft nicht bereits deshalb zu ziehen, weil ein Dauerverlustgeschäft ausgeübt wird. § 8 Abs. 7 S. 1 KStG gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG liegen vor.
Die Stadtwerke betreibt seit 20. das Schwimmbad in eigener Regie und unterhält damit ein Dauerverlustgeschäft. Nach der gesetzlichen Definition gem. § 8 Abs. 7 S. 2 KStG liegt ein Dauerverlustgeschäft vor, soweit aus verkehrs, umwelt, sozial, kultur, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird. Der Betrieb öffentlicher Bäderanlagen ist den gesundheitspolitischen Gründen zuzurechnen7. Der Betrieb des Schwimmbades ist unstreitig seit Jahren dauerdefizitär.
Nach Auffassung des Finanzgerichtes hat die Stadtwerke auch während der Verpachtung des Schwimmbades in den Jahren 19. bis 20. ein Dauerverlustgeschäft ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten.
Die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG setzt nicht voraus, dass die Kapitalgesellschaft den dauerdefizitären Betrieb selbst betreibt. Vielmehr ist nach Auffassung des Finanzgerichts ausreichend, wenn ein derartiger Betrieb „nur“ verpachtet wird.
Die Frage, ob § 8 Abs. 7 KStG nur anwendbar ist, wenn der Betrieb gewerblicher Art (§ 8 Abs. 7 Nr. 1) oder die Kapitalgesellschaft (§ 8 Abs. 7 Nr. 2 KStG) die Geschäfte selber tätigen, ist umstritten. Während die Verwaltung dies jedenfalls im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG verlangt und die Vergünstigung für den Fall versagt, dass die Kapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter an Dritte überlässt8 wird in der Literatur hieran mehrfach Kritik geäußert9.
Demgegenüber hat das Finanzgericht Niedersachsen entschieden, das § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG auch bei Verpachtung eines Dauerverlustbetriebes an eine andere Gesellschaft Anwendung findet10. Zur Begründung wird ausgeführt, zum einen sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass die Kapitalgesellschaft die verlustbringende Tätigkeit selbst ausüben müsse und die Verpachtung des Dauerverlustbetriebes daher nicht ausreiche, zum anderen sei eine unterschiedliche Behandlung von Betrieben gewerblicher Art nicht gerechtfertigt. Da für die Verpachtung mittels BgA über die Vorschrift des § 4 Abs. 4 KStG die Sonderregelung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG auch nach Auffassung der Finanzverwaltung anwendbar sei, müsse dies auch im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 7 Nr. 2 KStG gelten.
Das Finanzgericht hält die Argumentation des Niedersächsischen Finanzgerichts, dass die Begünstigung des § 8 Abs. 7 KStG nicht auf die Ebene der Verlustgesellschaften beschränkt bleiben könne, für zutreffend. Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG ergibt sich nicht, dass die Tätigkeit des „Unterhaltens“ eines Dauerverlustgeschäftes unmittelbar ausgeübt werden muss. Auch in der Gesetzesbegründung fehlen entsprechende Hinweise11.
Auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 7 KStG sind erfüllt. Die Stadtwerke ist eine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG. Die Stimmrechte entfallen zu 100 % unmittelbar auf eine juristische Person des öffentlichen Rechts (hier die Stadt A).
§ 8 Abs. 7 KStG ordnet an, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen, die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu ziehen sind.
Rechtsfolge einer vGA sowohl nach dem in den Streitjahren 1999 und 2000 geltenden Anrechnungsverfahrens als auch dem in den Streitjahren 2001 bis 2003 geltenden Halbeinkünfteverfahren war auf der Ebene der Kapitalgesellschaft die außerbilanzielle Hinzurechnung der vGA, ggf. unter Berücksichtigung eines Gewinnaufschlages. Unter der Geltung des Anrechnungsverfahrens hatte die Gesellschaft die Ausschüttungsbelastung bezüglich der vGA für das Jahr herzustellen, in dem der tatsächliche Mittelabfluss erfolgte (§ 27 Abs. 3 S. 2 KStG a. F.).
Im Streitfall liegen zwar – wie unter Punkt 1. dargestellt – dem Grunde nach die Voraussetzungen einer vGA durch den Eigenbetrieb bzw. die Verpachtung des Schwimmbades vor, der Beklagte hat den Vorgang aber aus Vertrauensschutzgründen nach den Regelungen des Abschnitts 5 Abs. 11a KStR 1995 unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO beurteilt und die Verluste aus der Verpachtung bzw. dem Eigenbetrieb des Schwimmbades bei der Stadtwerke „nur“ als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben behandelt. Die Korrektur erfasste damit nur den verursachten Aufwand.
Wird allein der Wortlaut des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG zugrunde gelegt, so hat der Beklagte die Rechtsfolgen einer vGA weder auf Ebene der Kapitalgesellschaft noch auf Ebene des Gesellschafters gezogen, sondern lediglich die Ergebnisverrechnung versagt. Bereits aus diesem Grunde könnte die Anwendung des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG versagt werden. Andererseits führen aber die außerbilanzielle Hinzurechnung der vGA sowie die Versagung des Betriebsausgabenabzugs unter der Geltung des Halbeinkünfteverfahrens im Ergebnis steuerlich zu demselben Ergebnis. Dies könnte dafür sprechen, § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG auch auf den Streitfall anzuwenden, in dem zwar dem Grunde nach die Voraussetzungen einer vGA vorliegen, der Beklagte aber lediglich den Betriebsausgabenabzug versagt hat.
Das Finanzgericht lässt diese Frage dahinstehen, da der mit dem JStG 2009 eingeführte § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG nach § 34 Abs. 6 S. 4 und 5 KStG i. d. F. des JStG 2009 jedenfalls auf die hier vorliegende Fallkonstellation für die Streitjahre 1999 bis 2003 nach seiner Auffassung nicht rückwirkend anzuwenden ist.
Die rückwirkende Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG i. d. F. JStG 2009 ist in § 34 Abs. 6 S. 4 und 5 KStG i. d. F. des JStG 2009 geregelt. Nach dieser Vorschrift ist § 8 Abs. 7 KStG in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19.12 200812 auch für Veranlagungszeiträume vor 2009 anzuwenden. Ist im Einzelfall vor dem 18.06.2008 bei der Einkommensermittlung nach anderen Grundsätzen als nach § 8 Abs. 7 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19.12 200812 verfahren worden, so sind diese Grundsätze insoweit letztmals für den Veranlagungszeitraum 2011 maßgebend, § 34 Abs. 6 S. 5 KStG.
Die „anderen Grundsätze“ werden im Gesetz nicht definiert. Die Begründung des Gesetzesentwurfs verweist auf die Absicht, die sich bisher ergebenden Möglichkeiten einer Verlustverrechnung festzuschreiben, sieht die Übergangsregelung aber gerade für den Fall vor, dass im Einzelfall gleichwohl abweichend von den Grundsätzen des § 8 Abs. 7 KStG verfahren worden ist13.
Umstritten ist, ob die Rückwirkung auch für die Jahre vor 2009 bezüglich der Fälle gilt, in denen in einer Eigengesellschaft Dauerverlustgeschäfte i. S. d. § 8 Abs. 7 S. 2 KStG und andere Tätigkeiten zusammengefasst worden sind, die im Rahmen eines BgA nach Verwaltungsauffassung nicht hätten zusammengefasst werden dürfen. Wendet man § 8 Abs. 7 S. 2 KStG wortlautgemäß nach § 34 Abs. 6 S. 4 KStG bei einem Verlust aus einem begünstigten Dauerverlustgeschäft auch für Veranlagungszeiträume vor 2009 rückwirkend an, wären die Rechtsfolgen einer vGA nicht anzusetzen. Die sog. „Spartenrechnung“ i. S. d. § 8 Abs. 9 KStG, die eine unerwünschte Verrechnung von Gewinnen und Verlusten in einer Eigengesellschaft verhindert, gilt erst ab dem Veranlagungszeitraum 2009. Bei einer noch nicht bestandskräftigen Körperschaftsteuerfestsetzung für Zeiträume vor 2009 führt dies zu dem Ergebnis, dass der Ansatz einer vGA ausgeschlossen wäre, auch wenn Dauerverlustgeschäfte i. S. d. § 8 Abs. 7 S. 2 KStG und andere Tätigkeiten nach bisherigen sowie nach neuer Rechtslage nicht hätten zusammengefasst werden dürfen.
Nach Verwaltungsauffassung ist die Rückwirkungsregelung des § 34 Absatz 6 S. 4 KStG bei Eigengesellschaften, in denen gewinnträchtige und verlustträchtige Geschäftsbetriebe zusammengefasst sind, dahingehend einschränkend anzuwenden, dass in diesen Fällen für Veranlagungszeiträume vor 2004 die Grundsätze der Richtlinie 7 Absatz 2 KStR 2004 bzw. der Vorgängerregelung (Abschnitt 5 Absatz 11a KStR 1995) weiter Anwendung finden14
In der Literatur wird über die Rückwirkung des § 8 Abs. 7 KStG i. V. m. § 34 Abs. 6 S. 4 KStG kontrovers diskutiert.
Nach Gosch15 sind die Neuregelungen in § 8 Abs. 7 KStG i. V. m. § 34 Abs. 6 S. 4 i. d. F. JStG 2009 auch für Veranlagungszeiträume vor 2009 anzuwenden. Krämer16 weist darauf hin, dass die grundsätzliche Anwendung des § 8 Absatz 7 Satz 1 Nummer 2 KStG auf Zeiträume bis 2008 und damit der Ausschluss der vGA zu einem vom Gesetzgeber nicht gewünschten Ergebnis führt. Rengers17 vertritt ebenfalls die Auffassung, dass ein derartiges Ergebnis ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche, der lediglich die bisherige Verwaltungspraxis bis zur gesetzlichen Neuregelung fortführen wollte.
Das Finanzgericht Sachsen sowie das Finanzgericht Düsseldorf haben bislang eine rückwirkende Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG auf offene Veranlagungen bis zum Veranlagungszeitraum 2008 bejaht18. Das Urteil des Finanzgericht Düsseldorf vom 09.03.2009 betraf einen sog. „stand-alone“ Fall. Unter den dort gegebenen Umständen dürften der Rückwirkung des § 8 Abs. 7 KStG i. d. F. JStG 2009 auch nach Auffassung der Verwaltung keine Bedenken entgegenstehen. Das Urteil des Finanzgericht Sachsen vom 09.12 2010 ging davon aus, dass die in der Eigengesellschaft zusammengefassten Tätigkeiten auch in einem BgA hätten zusammengefasst werden können.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation, in der nach bisheriger Verwaltungsauffassung und auch Rechtsprechung des BFH19 eine vGA gegeben wäre, weil die Tätigkeiten „Betrieb des Schwimmbades“ mit Versorgungssparten eines Stadtwerkes nicht hätten zusammengefasst werden dürfen, die in § 34 Abs. 6 S. 4 KStG angeordnete Rückwirkung des § 8 Abs. 7 KStG nach Sinn und Zweck des Gesetzes sowie nach seiner Entstehungsgeschichte einschränkend auszulegen.
Die rückwirkende Anwendung der Norm auf die hier vorliegende Fallgestaltung entspricht ersichtlich nach den Gesetzesmaterialien nicht dem Willen des Gesetzgebers, der lediglich die bisherige Verwaltungspraxis bzw. die bisherige konkrete Einzelfallbeurteilung des Finanzamtes bis zur gesetzlichen Neuregelung bzw. bis 2011 fortführen wollte. Dies ergibt sich ausdrücklich aus der Gesetzesbegründung20 in der es heißt: In § 8 Abs. 7 KStG werden – aus Gründen der Rechtssicherheit – die bisher allgemein anerkannten Grundsätze bei der Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung) bei Eigengesellschaften und Betrieben gewerblicher Art und der sich infolge dieser Anwendung im Einzelfall ergebenden Möglichkeit der Ergebnisverrechnung festgeschrieben. Es liegt damit keine Rechtsänderung vor. Folglich sieht die Anwendungsregelung zu § 8 Abs. 7 KStG vor, dass er auch für Veranlagungszeiträume vor 2009 anzuwenden ist.
Die Verwaltung war vor Einführung des § 8 Abs. 7 KStG sowie des § 8 Abs. 9 KStG davon ausgegangen, dass die Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art in Kapitalgesellschaften grundsätzlich anzuerkennen sei, dies gelte aber nicht für die Zusammenfassung von Gewinn- und Verlustbetrieben, wenn diese als Betrieb gewerblicher Art nach den allgemeinen Grundsätzen nicht hätten zusammengefasst werden können. Ob eine vGA vorlag, sollte nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (R 7 Abs. 2 KStR). Der Ansatz einer vGA wurde z. B. verneint,
- bei Eigengesellschaften, die eine Tätigkeit ausübten und
- bei Eigengesellschaften, die Tätigkeiten ausübten, die zulässigerweise nach der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Verwaltungsauffassung (R 7 Abs. 2 KStR) zusammengefasst werden dürfen.
Anlass für die gesetzliche Regelung des Querverbundes in § 8 Abs. 7 und § 8 Abs. 9 KStG war das BFH-Urteil vom 22.08.200721. Mit diesem Urteil hatte der BFH entschieden, dass bei der Ausübung einer im Interesse des Anteilseigners liegenden verlustbringenden Tätigkeit durch eine Kapitalgesellschaft bei fehlendem Verlustausgleich und ggf. ohne angemessenen Gewinnaufschlag eine vGA vorliegt, uneingeschränkt auf eine strukturell dauerdefizitäre kommunale Eigengesellschaft anwendbar sei. Zwar wollte auch die Finanzverwaltung die vGA-Grundsätze bei der Zusammenfassung von Gewinn- und Verlusttätigkeiten in einer Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich anwenden (vgl. R 7 Abs. 2 S. 2 und 3 KStR 2004), dies galt aber nicht in den oben genannten Ausnahmefällen. Auf das Urteil des BFH vom 22.08.2007 hat die Finanzverwaltung mit einem „Nichtanwendungserlass“ reagiert22. Hiernach sollten – im Hinblick auf eine künftige gesetzliche Regelung – die Grundsätze dieses BFH, Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus für die Beurteilung der Zusammenfassung von Tätigkeiten, die in einem BgA hätten zusammengefasst werden können, in einer Eigengesellschaft oder in vergleichbaren Gestaltungen nicht allgemein angewendet werden. Eine rückwirkende Erweiterung der Verlustverrechnung auf bisher nicht zusammenfassbare Tätigkeiten war laut Gesetzesbegründung23, die an den bisherigen Verwaltungsgrundsätzen bei der steuerlichen Behandlung dauerdefizitärer Tätigkeiten der öffentlichen Hand mittels Betrieben gewerblicher Art oder Eigengesellschaften festhalten wollte, nicht gewollt.
Entgegen der Auffassung der Stadtwerke sind die Verluste aus dem Schwimmbadbetrieb der Stadtwerke auch nicht deswegen zu berücksichtigen, weil mit anderen Versorgungsbetrieben der Stadtwerke eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung vorliegt.
Versorgungsbetriebe einer Gebietskörperschaft (z. B. Betriebe zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Energie) und Bäderbetriebe der Körperschaft konnten in den Streitjahren nach Auffassung der Rechtsprechung sowie auch der Verwaltung mit steuerrechtlicher Wirkung nur dann zu einem Betrieb zusammengefasst werden, wenn zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung bestand24. Mit dem JStG 2009 wurden diese Grundsätze, die von Rechtsprechung und Verwaltung seit langem vertreten worden sind25 in § 4 Abs. 6 KStG gesetzlich verankert. Diese Grundsätze gelten nicht nur bei der Zusammenfassung von verschiedenen BgA einer Kommune, sondern ebenso bei der Zusammenfassung innerhalb einer kommunalen Eigengesellschaft.
Eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung ist dann gegeben, wenn bestehende oder zu errichtende Anlagen den Zwecken mehrerer Betriebe dienen. Reine Lieferverhältnisse erfüllen nicht das Merkmal der engen wechselseitigen technisch- wirtschaftlichen Verflechtung.
Als ausreichende Merkmale für das Vorliegen einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung hat die Rechtsprechung z. B. angenommen:
- Ausgleich des Überdrucks in einem Heizkraftwerk durch Erwärmung des Wassers in dem Badebetrieb26
- Weitergabe von Überschussdampf durch den Badebetrieb an das Heizkraftwerk mit Ausgleichsfunktion im Rahmen des Fernwärmeversorgungsnetzes der Stadtwerke27.
- Gewährleistung des für den Betrieb eines Hallenbades erforderlichen Mindestdrucks und Lieferung des für die Wärmelieferung der Stadtwerke benötigten Wassers mit einem erforderlichen gleichmäßigen Niederdruck durch einen Wasserturm der Bäderbetriebe27.
- Zwischenschaltung eines Blockheizkraftwerks zwischen Hallenbad und Versorgungsbetrieb, das das Bad mit Wärme versorgt und in Spitzenlastzeiten elektrische Energie für die Stadtwerke erzeugt28.
Dem Nachweis der Wirtschaftlichkeit kommt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Bedeutung zu. Insbesondere müssen die vorhandenen oder entstehenden wechselseitigen Beziehungen bei sämtlichen betroffenen Einrichtungen, d. h. sowohl in dem Bäderbetrieb als auch in dem das Blockheizkraftwerk betreibenden Versorgungsbetrieb wirtschaftliche Vorteile auslösen.
Die Voraussetzungen für die Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art -BgA- nach § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 KStG mittels eines Blockheizkraftwerks sind nunmehr in dem BMF-Schreiben vom 11.05.201629 aufgeführt, das auf alle noch offenen Fälle anzuwenden ist. Dieses Schreiben gilt nicht nur für BgA, sondern entsprechend auch für zusammenzufassende Tätigkeitsbereiche in Kapitalgesellschaften i. S. d. § 8 Abs. 7 KStG.
Nach dem BMF, Schreiben setzt eine zulässige Zusammenfassung u. a. voraus, dass das Blockheizkraftwerk wirtschaftlich ist. Das BHKW muss dem BgA-Bad dienen. Dies ist nicht der Fall, wenn neben der Wärmeabgabe des BHKW an den Bad-BgA eine Wärmeabgabe an Dritte (z. B. Wohngebäude im Umfeld des Bades) vorgenommen wird und das BHKW auch ohne den Bad-BgA noch wirtschaftlich wäre. Der Steuerpflichtige kann hierzu ein sog. VDI-Gutachten vorlegen. Die Finanzverwaltung ist berechtigt, für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit an Stelle des VDI-Gutachtens die Vorlage einer an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Einnahme-Überschussrechnung (Prognose) zu verlangen.
Im Streitfall hat das Finanzamt zu Recht darauf verwiesen, dass die im Eigengutachten der Stadtwerke vorgetragenen Argumente für das Bestehen einer technisch-wirtschaftlichen Verflechtung zwischen dem Schwimmbad und dem von der Stadtwerke betriebenen Heizwerk nicht ausreichen.
Der Umstand, dass die Schwimmhalle zu den 30 größten Abnehmern für Fernwärme und zu den größten 15 Abnehmern für Trinkwasser gehört, ist für eine Zusammenfassung nicht ausreichend. Ansonsten könnte jede kommunal betriebene Schwimmhalle mit Stadtwerken in kommunaler Hand mit Lieferverhältnis zusammengefasst werden. Zudem betragen die Absatzwerte der Schwimmhalle an den Gesamtproduktionswerten des Kraftwerkes bei Fernwärme lediglich zwischen 0, 26 und 0, 39 % und bei Strom 0, 10 %.
Auch die ersparten Rohrnetzspülungen aufgrund erhöhter Fließgeschwindigkeiten im Trinkwassernetz, die Reduzierung von Instandhaltungen im Schmutzwassernetz aufgrund sogenannter Schwallwasserspülungen sind nicht ausreichend. Messbare positive Effekte der Rohrnetzspülungen wurden nicht durch das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen nachgewiesen.
Dass dem Versorgungsbetrieb durch die Fernwärmeversorgung der Schwimmhalle technologisch bedingt auch die Erzeugung zusätzlichen KWK-Stroms ermöglicht wird, reicht ebenso wenig wie das Vorhandensein von Synergieeffekten (Schwimmhalle als positiver Werbeträger, Erhöhung der Effektivität des ÖPNV, effektiverer Einsatz von Mitarbeitern während der Schließzeiten der Halle) für eine enge wechselseitig technische Verflechtung aus.
Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass das GuD-Heizkraftwerk das Schwimmbad über eine ca. 5 km lange Trasse versorgt. Die Schwimmhalle wird nicht mit der Abwärme des Heizwerkes beheizt. An den technischen Anschlüssen der Schwimmhalle hat sich seit der Errichtung des Bades im Jahr 19. nichts verändert. Nach den Feststellungen des Beklagten erreicht das Wasser die Schwimmhalle mit einer Normaltemperatur von 30 °C und wird dann für Badezwecke über eine hauseigene Heizung wieder erwärmt. Eine Vergleichbarkeit mit bislang anerkannten Fällen einer technischen Verflechtung wie des Ausgleiches von Überdruck bzw. der Abgabe von Überschussdampf durch ein benachbartes Blockheizkraftwerk ist daher nicht gegeben.
Auch eine wirtschaftliche Verflechtung ist nicht nachgewiesen. Das Heizkraftwerk hat bis zur Fertigstellung im Jahr 19. Investitionskosten von ca. … Mio. DM verursacht und versorgt die gesamte Stadt A mit Strom und Wärme. Nach eigener Auskunft der Stadtwerke ist die Bedeutung der Schwimmhalle für die Wirtschaftlichkeit des Heizkraftwerkes laut Schreiben vom 24.05.2011 „natürlich nur gering“. Im Streitfall hat die Stadtwerke zudem kein entsprechendes Gutachten nach VDI-Norm 2067 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass das BHKW nur durch die Belieferung der Schwimmhalle mit Strom und Fernwärme wirtschaftlich ist. Das Eigengutachten der Stadtwerke zur Frage der technisch-wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Versorgungs- und Bäderbetrieb der D GmbH reicht zum Nachweis einer technisch wirtschaftlichen Verflechtung jedenfalls nicht aus.
Finanzgericht Mecklenburg -Vorpommern, Urteil vom 22. Juni 2016 – 3 K 199/13
- z. B. BFH, Urteile vom 07.08.2002 – I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 06.04.2005 – I R 15/04, BFHE 210, 14, BStBl II 2006, 196; vom 03.05.2006 – I R 124/04, BFHE 214, 80[↩]
- BFH, Urteil vom 16.03.1967 – I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626[↩]
- BFH, Urteil vom 22.02.1989, – I R 9/85, BStBl II 1989, 631[↩]
- vgl. Gosch, KStG, 3. Auflage, § 8 Rz 227.[↩]
- so grundlegend BFH, Urteil vom 22.08.2007 – I R 32/06, BStBl II 2007, 961[↩]
- BFH, Urteil vom 22.08.2007 – I R 32/06[↩]
- vgl. Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 7 Rz.20; Rengers in Blümich § 8 KStG, Rz. 1123; Meier/Semelka in Hermann/Heuer/Raupach, § 8 Abs. 7 KStG Rz. 527, BMF, Schreiben vom 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303, 1313, Tz. 46[↩]
- siehe BMF vom 12.11.2009, BStBl I 2009, 1313, Tz. 47[↩]
- vgl. Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG § 8 Abs. 7 Rz. 47, Hüttemann in DB 2009, 2629 ff.; Thomas Maier in DStR 2010, 198 ff., Strahl in DStR 2010, 193 ff, Leippe in DStZ 2010, 106, 112[↩]
- FG Nds., Urteil v. 23.06.2015 – 6 K 253/14, EFG 2016, 224[↩]
- BT-Drs. 16/10189, 72 ff.[↩]
- BGBl I S. 2794[↩][↩]
- BT-Drs 16/10189, S. 72[↩]
- BMF, Schreiben vom 17.November 2009, – IV C 7 – S 2706/08/10004[↩]
- Gosch, KStG 3. Aufl., § 8 Rz. 1044l[↩]
- Krämer, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8 Abs. 7, Rz. 69[↩]
- Rengers, in Blümich, § 8 KStG, Rz. 1104[↩]
- FG Sachsen Urteil v. 09.12.2010 – 1 K 184/07, gegenstandlos nach Klagrücknahme im Revisionsverfahren; sowie FG Düsseldorf Urteil v. 09.03.2010 – 6 K 3720/06, EFG 2010, 1443[↩]
- BFH, Urteil v. 22.08.2007 – I R 32/06, BStBl II 2007, 961[↩]
- BT-Drs. 16/10189 S. 72[↩]
- BFH, Urteil vom 22.08.2007 – I R 32/06, BStBl II 2007, 961[↩]
- BMF, Schreiben v. 07.12.2007, BStBl I 2007, 905[↩]
- BT-Drs. 16/10189, S. 69, 72[↩]
- s. BFH, Beschluss vom 16.Januar 1967 – GrS 4/66, BFHE 88, 3, BStBl III 1967, 240; Urteil vom 12.Juli 1967 – I 267/63, BFHE 89, 416, BStBl III 1967, 679[↩]
- vgl. Abschnitt 5 KStR 1990, Abschnitt 5 Abs. 11 KStR 1995, Abschnitts 5 Abs. 11a KStR 1995, KStR 7 Abs. 2 S. 2 2004; BFH – I 164/59 S, BStBl III 1962, 448 m. w. N[↩]
- BFH, Beschluss v. 16.01.1967, – GrS 4/66, BStBl II 1967, 240[↩]
- BFH, Urteil v.19.05.1967 – II 50/61, BStBl III 1967, 510[↩][↩]
- BFH, Urteil v. 04.12.1991, – I R 74/89, BStBl II 1992, 432[↩]
- BMF, Schreiben vom 11.05.2016, DStR 2016, 1164[↩]