Der Veräußerungsgewinn der gemeinnützigen Stiftung – und die Hinzurechnung nichtabziehbarer Betriebsausgaben

Der von einer von der Körperschaftsteuer befreiten Stiftung realisierte Veräußerungsgewinn i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2002, der bei der Ermittlung des Einkommens des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 8b Abs. 2 KStG außer Ansatz bleibt, löst eine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht aus.

Der Veräußerungsgewinn der gemeinnützigen Stiftung – und die Hinzurechnung nichtabziehbarer Betriebsausgaben

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall wurde die klagende, nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreite Stiftung im Jahr 1998 gegründet. Der Stiftungsgrundstock bestand aus sog. einbringungsgeborenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 nach einer Einbringung zum Buchwert. Mit Vertrag vom 20.01.2012 veräußerte die Klägerin diese Anteile. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung ermittelte der Prüfer einen Veräußerungsgewinn sowie den auf die quotal steuerverstrickten einbringungsgeborenen Anteile entfallenden Betrag. Daraufhin erließ das Finanzamt Körperschaftsteuerbescheid, in dem 5 % dieses Betrages als nichtabziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG behandelt wurden. Der dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab Finanzgericht Baden-Württemberg statt1. Dagegen wehrt sich das Finanzamt mit seiner Revision, die der Bundesfinanzhof nun als unbegründet zurückwies:

Der von der Klägerin im Streitjahr realisierte Veräußerungsgewinn ist -was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht- nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 steuerbar. Denn danach gilt, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer oder bei unentgeltlichem Erwerb der Anteile der Rechtsvorgänger durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 bis 4 UmwStG 2002) unter dem Teilwert erworben hat (einbringungsgeborene Anteile), der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt, als Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG. Die Norm, deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, ist nach § 27 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der seit 2006 geltenden Fassung auf die im Streitjahr erfolgte Veräußerung anwendbar, weil die einbringungsgeborenen Anteile bis zum 12.12.2006 in das Stiftungsvermögen der Klägerin eingebracht wurden.

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Dieser Gewinn ist nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG steuerbefreit, weil er nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2002 als in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden gilt. Insoweit ist die vorgenannte Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG ausgeschlossen und ist der Gewinn, den die Klägerin aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile erzielt hat, gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2002 steuerpflichtig2.

Der Veräußerungsgewinn ist allerdings nach § 8b Abs. 2 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin außer Ansatz zu lassen. Zwar gilt mit Blick auf die auf einer Übertragung bis zum 12.12.2006 (hier: 1998) beruhenden einbringungsgeborenen Anteile nach § 34 Abs. 7a des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung vom 13.12.2006 noch § 8b Abs. 4 KStG in der am 12.12.2006 geltenden Fassung (KStG 2006 a.F.). Nach dessen Satz 1 ist § 8b Abs. 2 KStG nur anzuwenden, soweit die Anteile nicht einbringungsgeboren i.S. des § 21 UmwStG 2002 oder durch eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar, mittelbar oder mittelbar über eine Mitunternehmerschaft von einem Einbringenden, der nicht zu den von Abs. 2 begünstigten Steuerpflichtigen gehört, zu einem Wert unter dem Teilwert erworben worden sind. Indessen gilt dies nach § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG 2006 a.F. nicht, wenn der in Abs. 2 bezeichnete Vorgang -wie im Streitfall durch die erst im Streitjahr erfolgte Veräußerung- (erst) später als sieben Jahre nach der Einbringung stattfindet. Da dies zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht, sieht der Bundesfinanzhof von weiteren Ausführungen ab.

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Das Finanzgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG, wonach von dem jeweiligen Gewinn i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 5 % als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, nicht anwendbar ist.

§ 8b Abs. 4 KStG 2006 a.F., der die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG anweist, enthält seinem Wortlaut nach keine Aussage zur Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG. Soweit § 8b Abs. 4 Satz 3 KStG 2006 a.F. regelt, dass in den Fällen des Satzes 1 und 2 § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auf Gewinnminderungen anzuwenden ist, die im Zusammenhang mit den Anteilen entstehen, hat dies der Gesetzgeber aus seiner Sicht nur „klarstellend“ in das Gesetz aufgenommen3. Auch wenn man § 8b Abs. 4 Satz 3 KStG 2006 a.F. konstitutive Wirkung zumisst und davon ausgeht, dass die in § 8b Abs. 4 KStG 2006 a.F. geregelten Ausnahmen zu dessen Abs. 2 sich unmittelbar auch auf dessen Abs. 3 auswirken4, lässt sich aus dem Fehlen einer entsprechenden Anordnung für § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG -anders als das Finanzgericht meint- nicht schließen, dass der Gesetzgeber von einer Nichtanwendbarkeit ausgegangen wäre.

§ 8b Abs. 4 KStG 2006 a.F. dient dazu, Gestaltungsmöglichkeiten zu behindern und ggf. Gestaltungsmissbräuche in jenen Fällen zu vermeiden, in denen die Beteiligung durch eine steuerneutrale Einbringung nach dem UmwStG 2002 erreicht wurde. Hätten derartige Anteile steuerfrei veräußert werden können, wäre es zu einer gesetzessystematisch ungewollten Befreiung an sich steuerverhafteter Besteuerungsgrößen gekommen. Insbesondere bestand die Befürchtung, dass nicht nur Anteile an Kapitalgesellschaften, sondern auch Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile steuerfrei veräußert werden konnten, indem sie zunächst steuerneutral in eine GmbH eingebracht wurden, um sie sodann „als“ GmbH-Anteile zu veräußern. Auf diese Weise hätte sich ein Stundungseffekt erreichen lassen, der den gesetzgeberischen Intentionen zuwidergelaufen wäre. Deshalb behandelte § 8b Abs. 4 KStG 2006 a.F. solche Veräußerungsvorgänge als steuerpflichtig, allerdings nur, sofern diese innerhalb einer Frist von sieben Jahren nach dem Zeitpunkt des einbringungsbedingten Erwerbs der Anteile vorgenommen wurden5. Damit wurde die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 2 KStG wieder hergestellt, soweit die in § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 KStG 2006 a.F. geregelten Rückausnahmen vorlagen6.

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Auch wenn im Streitfall ein Veräußerungsgewinn i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG angefallen ist, sind nicht alleine deshalb im Streitfall 5 % des erzielten Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG als Ausgaben zu behandeln, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.

Die Fiktion nichtabziehbarer Betriebsausgaben des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG greift als typisierende Pauschalierung zwar unabhängig davon ein, ob und in welchem Umfang beim Steuerpflichtigen tatsächlich Betriebsausgaben im Zusammenhang mit dem veräußerten Anteil angefallen sind7. Insoweit werden der betriebliche Aufwand und dessen Nichtabziehbarkeit fingiert. Nicht Gegenstand der Fiktion ist aber der Besteuerungszugriff des deutschen Fiskus auf den fingierten betrieblichen Aufwand. Dieser Zugriff muss sich vielmehr aus anderen Bestimmungen ergeben. Die Fiktion nichtabziehbarer Betriebsausgaben durch § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG kann nur dann zu einer Erhöhung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage führen, wenn der fingierte betriebliche Aufwand, falls er denn tatsächlich entstanden wäre, dem Besteuerungszugriff des deutschen Fiskus unterliegen würde8.

Der Besteuerungszugriff auf den realisierten Veräußerungsgewinn ergibt sich nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2002. Die Klägerin erzielt danach -allerdings nur bezogen auf das punktuelle Ereignis der Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile- gewerbliche Einkünfte i.S. des § 16 EStG und der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn gilt aufgrund der ihr zustehenden Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG als in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden. Objekt der Steuerpflicht ist danach ausschließlich der beschriebene Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG, d.h. der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Zur Ermittlung der entsprechenden Einkünfte ist jedoch -wie auch in dem dem BFH, Urteil in BFHE 258, 484, BStBl II 2018, 144 zugrunde liegenden Fall- keine Gewinnermittlung nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 EStG durchzuführen, in deren Rahmen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) berücksichtigt werden könnten. Der Saldobetrag wird vielmehr aufgrund gesetzlicher Fiktion in § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2002 als gewerbliche Einkünfte qualifiziert, ohne dass insoweit ein Betriebsvermögensvergleich nach den Maßgaben von § 4 Abs. 1, § 5 EStG oder eine Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG durchzuführen wären. Soweit in den Saldo tatsächlicher betrieblicher Aufwand in Form der Veräußerungskosten eingeht, ist dieser bereits von der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG umfasst und daher nicht abziehbar9. Ein etwaiger weiterer betrieblicher Aufwand der Klägerin, der in einem Veranlassungszusammenhang mit den veräußerten Anteilen steht, würde wegen des Fehlens eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht dem deutschen Besteuerungszugriff unterliegen.

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Das Finanzamt gewichtet insoweit nicht ausreichend, dass nicht die veräußerte Kapitalgesellschaftsbeteiligung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt, sondern nur der entstandene Veräußerungsgewinn als in einem solchen Geschäftsbetrieb entstanden fingiert wird. Entsprechend bleiben die Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft auch nicht etwa nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei, sondern deshalb, weil die Beteiligung zum Verwaltungsvermögen der Klägerin gehört und daher § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anzuwenden ist. Wenn es aber bei § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG darum geht, zu verhindern, dass § 8b Abs. 5 KStG durch Thesaurierungen und anschließende Veräußerungen umgangen wird10, droht eine solche Umgehung im Streitfall nicht, weil einerseits § 8b Abs. 5 KStG bei der steuerbefreiten Klägerin von vornherein nicht zur Anwendung gelangen würde, da die Ausschüttungen aus der Kapitalgesellschaft nicht der Besteuerung unterliegen würden, und weil andererseits der Veräußerungsgewinn ungeachtet der in § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2002 geregelten Fiktion (Entstehung in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) als Ertrag aus Kapitalbeteiligung der Vermögensverwaltung zuzuordnen wäre11.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. Juni 2022 – I R 44/19

  1. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.08.2019 – 6 K 1414/18, EFG 2020, 1157[]
  2. zu § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 s. bereits BFH, Urteil vom 07.08.2002 – I R 84/01, BFHE 200, 191[]
  3. BR-Drs. 560/03, S. 18[]
  4. vgl. dazu etwa Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 1. Aufl., § 8b Rz 427, m.w.N.[]
  5. vgl. BFH, Urteil vom 15.04.2015 – I R 54/13, BFHE 254, 519, BStBl II 2017, 136; Herlinghaus, a.a.O., § 8b Rz 362; Bauschatz in Gosch KStG, 4. Aufl., § 8b Rz 290[]
  6. Bauschatz in Gosch, a.a.O., § 8b Rz 298[]
  7. BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224[]
  8. BFH, Urteil vom 31.05.2017 – I R 37/15, BFHE 258, 484, BStBl II 2018, 144[]
  9. vgl. BFH, Urteile vom 12.03.2014 – I R 45/13, BFHE 245, 25, BStBl II 2014, 719; vom 09.04.2014 – I R 52/12, BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861[]
  10. BT-Drs. 15/1518, S. 15; Herlinghaus, a.a.O., § 8b Rz 270; Gosch in Gosch, a.a.O., § 8b Rz 281[]
  11. Märtens in Gosch, a.a.O., § 5 Rz 88a; a.A. Hennigfeld, EFG 2020, 1160[]
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