Die Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB für „alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers“ bezieht sich nicht auf auf die Körperschaftsteuer.

Wegen des inhaltlich identischen Wortlauts ist hierbei ein Haftungsumfang entsprechend zur Regelung des § 75 AO heranzuziehen, was zu einer Begrenzung auf solche Steuertatbestände führt, die an den Betrieb eines Unternehmens anknüpfen.
In diesem Zusammenhang wird allerdings auch die Auffassung vertreten, der Haftungsumfang sei bei § 25 HGB gegenüber der Haftung des Betriebsübernehmers nach § 75 AO ausgeweitet: Es werde bei der Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB nicht nur für typische Betriebsteuern (z.B. Umsatzsteuer, Gewerbesteuer), sondern für alle im Betrieb des früheren Inhabers begründeten Steuern (z.B. auch Kfz-Steuern für Betriebsfahrzeuge) gehaftet1.
Allerdings wird auch bei einem gegenüber dem sachlichen Anwendungsbereich des § 75 AO ausgeweiteten Verständnis die Körperschaftsteuer als „Personensteuer“ (§ 10 Nr. 2 KStG) nicht vom Haftungsumfang des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB erfasst. Zwar führt die Körperschaftsteuer handelsrechtlich zu Betriebsausgaben der Kapitalgesellschaft (§ 275 Abs. 2 Nr. 18 und Abs. 3 Nr. 17 HGB); ebenfalls entspricht es ständiger Bundesfinanzhofsrechtsprechung2, dass Kapitalgesellschaften -anders als Einzelunternehmen und Personengesellschaften- steuerrechtlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre verfügen mit der Folge, dass alle Geschäftsvorfälle als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden (§ 8 Abs. 2 KStG, § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes).
Die Körperschaftsteuer der GmbH wird aber nicht „im Betrieb“ begründet, sondern bezieht sich auf das gesamte von der Kapitalgesellschaft erzielte steuerpflichtige Einkommen (§ 8 Abs. 1, 2 KStG). Eine darauf bezogene Haftung ist mit dem die Rechtsnorm des § 25 HGB tragenden Gedanken der Kontinuität des Unternehmens kraft Firmenfortführung3 sowie des hieran anknüpfenden und dem Schutz des Rechtsverkehrs dienenden Schuldbeitritts des Betriebserwerbers4 nicht vereinbar.
Dieser normzweckbezogene Ausschluss der Körperschaftsteuer greift auch dann, wenn diese Steuer Rechtspersonen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG) betrifft, die § 8 Abs. 2 KStG nicht unterfallen, so dass sie eine außerbetriebliche Sphäre haben können. Nicht zuletzt kann die Höhe der Körperschaftsteuer auch bei Kapitalgesellschaften -wie sich im Streitfall erweist- durch gesellschaftlich veranlasste Vorgänge beeinflusst sein, die -wie beispielsweise vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG)- als Einkommensverteilung (§ 8 Abs. 3 KStG) zu qualifizieren sind.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. April 2016 – I R 19/14
- so Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Vor §§ 69-77 AO Rz 15; s.a. Jatzke in Beermann/Gosch, AO Vor §§ 69-77 Rz 17, mit Hinweis auf BFH, Beschluss vom 26.09.1997 – VII B 82/97, BFH/NV 1998, 342 [„alle im Betrieb begründeten Steuerschulden“ – dort konkret zur Umsatzsteuer][↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 04.12 1996 – I R 54/95, BFHE 182, 123; vom 31.03.2004 – I R 83/03, BFHE 206, 58; vom 17.11.2004 – I R 56/03, BFHE 208, 519; vom 22.08.2007 – I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961; vom 06.10.2009 – I R 39/09, BFH/NV 2010, 470[↩]
- s. insoweit BFH, Urteil vom 20.05.2014 – VII R 46/13, BFHE 246, 114, BStBl II 2015, 107; s. allerdings zu dem Streit über den Normzweck die Nachweise in MünchKommHGB/Thiessen, 4. Aufl., § 25 Rz 11 ff.; BFH, Urteil vom 17.09.1991 – VII R 72/88, BFH/NV 1992, 360[↩]
- z.B. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 25 Rz 1[↩]