Gemeinnützigkeit – und die überhöhte Geschäftsführervergütung

Zur Feststellung von Mittelfehlverwendungen i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft sind die Grundsätze der vGA zu berücksichtigen. Maßstab des externen Fremdvergleichs sind dabei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen. Gewährt die Körperschaft ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage, die über eine Unterstützungskasse erfüllt wird, ist der für den Geschäftsführer liegende Vorteil in Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie in die Gesamtausstattung einzubeziehen. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit ist bei kleineren Verstößen gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO unverhältnismäßig (Bagatellvorbehalt).

Gemeinnützigkeit – und die überhöhte Geschäftsführervergütung

Gewährt eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Tätigkeitsvergütungen, liegen sog. Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug ihrer Gemeinnützigkeit führen können. Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Als Ausgangspunkt hierfür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein „Abschlag“ für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist. Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20% übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.

Dies hat der Bundesfinanzhof jetzt in dem Streitfall einer gGmbH entschieden, die sich in der psychiatrischen Arbeit engagiert und in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche erbringt, wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 – 2010 versagt. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte die dagegen erhobene Klage abgewiesen1. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen. Die Revision der gGmbH war allein in Bezug auf die Streitjahre 2006 und 2007 erfolgreich, weil das Finanzgericht für das Jahr 2006 nicht berücksichtigt hatte, dass die Angemessenheitsgrenze lediglich geringfügig (um ca. 3.000 €) überschritten war und es für das Jahr 2007 unterlassen hatte, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen.

Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z.B. Miet, Pacht, Darlehensverträge) angewendet werden können.  

Die im Streitfall einschlägigen Steuerbefreiungen und -vergünstigungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 2 Nr. 2 SolZG, § 3 Nr. 6 GewStG und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG setzen voraus, dass die Körperschaft nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken diente (§§ 52, 55, 63 AO).

Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO muss die Tätigkeit der Körperschaft auf die selbstlose Förderung der Allgemeinheit gerichtet sein. Eine Förderung geschieht selbstlos, wenn durch sie nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und wenn die übrigen in § 55 Abs. 1 AO genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Dabei regelt § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO, dass die Mitglieder oder Gesellschafter keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten dürfen (sog. Verbot der Mitgliederbegünstigung), während § 55 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 AO hierzu ergänzend und erweiternd bestimmt, dass die Körperschaft keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen darf (sog. Drittbegünstigungsverbot). Da der Geschäftsführer F nicht an der gGmbH kapitalmäßig beteiligt ist, stellt die Zahlung überhöhter Geschäftsführervergütungen -entgegen dem Urteil des Finanzgerichts- keinen Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO dar, sondern gegen § 55 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 AO.

Ob unverhältnismäßig hohe Vergütungen gewährt wurden, ist durch einen Fremdvergleich zu ermitteln2. „Unverhältnismäßig“ in § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO hat im Grundsatz dieselbe Bedeutung wie „unangemessen“ im Bereich der vGA gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG3. In beiden Normbereichen geht es darum, das Marktübliche durch eine am Drittvergleich orientierte Rechtsanwendung von der Begünstigung (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO; dazu von Holt in Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, Kap. 2 Rz 47 zu § 55 AO) oder von der durch das Gesellschaftsverhältnis bedingten Vermögensminderung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG; dazu Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 11 Rz 70, m.w.N.) zu unterscheiden. Deshalb ist die Unverhältnismäßigkeit der Vergütung im Regelfall entsprechend den Grundsätzen der vGA zu bestimmen4.

Zur Feststellung einer vGA durch überhöhte Vergütungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann die Vergütung entweder mit den Entgelten verglichen werden, die Geschäftsführer oder Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen (interner Fremdvergleich) oder mit den Entgelten, die unter gleichen Bedingungen an Fremdgeschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt werden, sog. externer Fremdvergleich5. Beide Vergleiche beziehen sich auf die „Gesamtausstattung“ des Geschäftsführers. Darunter fallen alle Vorteile, die der Gesellschafter-Geschäftsführer im maßgeblichen Veranlagungszeitraum von der Gesellschaft oder von Dritten für deren Rechnung bezieht6. Erfasst sind neben Gehältern, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Versicherungsbeiträgen auch die PKW-Nutzung und Pensionszusagen7. Pensionszusagen sind allerdings nicht mit dem jeweiligen Rückstellungsbetrag in die Gesamtausstattung einzubeziehen, sondern lediglich mit der fiktiven Jahresnettoprämie für eine entsprechende Versicherung8. Die fiktive Jahresnettoprämie entspricht dem Jahresbetrag einer „gedachten“ Versicherung bis zum vorgesehenen Versorgungsalter ohne Berücksichtigung von Abschluss- und Verwaltungskostenzuschlägen und unter Beachtung der Rechnungsgrundlagen des § 6a des Einkommensteuergesetzes, insbesondere dem dort bestimmten Rechnungszinsfuß von 6 %9.

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Für die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen gibt es nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine festen Regeln. Die obere Grenze für die Angemessenheit der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist im Einzelfall durch Schätzung (§ 162 AO) zu ermitteln. Dabei können innerbetriebliche und außerbetriebliche Merkmale einen Anhaltspunkt für diese Schätzung bieten. Im Rahmen außerbetrieblicher Merkmale ist es zulässig, Gehaltsstrukturuntersuchungen zu berücksichtigen10. Zu beachten ist insoweit jedoch, dass häufig nicht nur ein bestimmtes Gehalt als angemessen angesehen werden kann, sondern sich der Bereich des Angemessenen auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt; unangemessen sind nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen11.

Entgegen der Ansicht des Finanzamts gelten für die Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern bei gemeinnützigen Organisationen keine Besonderheiten. Das Finanzgericht ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass Gehaltszahlungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Organisation auch dann noch als angemessen und damit nicht unverhältnismäßig i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO anzusehen sind, wenn sie den Gehältern für eine vergleichbare Tätigkeit auch von nicht steuerbegünstigten Unternehmen entsprechen12. Abgesehen davon, dass es keinen speziellen Arbeitsmarkt für Beschäftigte bei gemeinnützigen Organisationen gibt und diese daher auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit gewerblichen Unternehmen um geeignete Mitarbeiter konkurrieren, sind die Besonderheiten der Gemeinnützigkeit bei den in § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO bezeichneten Dritten mangels eigener Förderintention nicht zu berücksichtigen13. Für dieses Ergebnis spricht zudem, dass der weite Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO („keine Person“) nicht nur Geschäftsführer, sondern alle Beschäftigten einer gemeinnützigen Körperschaft und auch sämtliche Geschäftspartner erfasst, sodass es zu sinnwidrigen Ergebnissen führte, wenn die für Geschäftsführer geltenden Beschränkungen bei der Gehaltsbemessung auf die Vergütungen von Angestellten und Geschäftspartnern erstreckt würden.

Die Schätzung des angemessenen Gehalts obliegt grundsätzlich dem Finanzgericht (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dabei zählt es zum Bereich der vom Finanzgericht zu treffenden und den BFH bindenden Sachverhaltsfeststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO), welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung im Einzelfall beizumessen ist14. Dies gilt selbst dann, wenn sich aus den vorhandenen Schätzungsgrundlagen gleichermaßen andere Beträge hätten ableiten lassen15. Die Schätzung des Finanzgerichts kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern verfahrensfehlerfrei vorgegangen ist, ob es insbesondere alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt16 und ob es diese Umstände ohne Denkfehler oder Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze ausgewertet hat. Ist dies geschehen, so hat sie auch dann Bestand, wenn sich aus den vorhandenen Schätzungsgrundlagen andere Beträge hätten ableiten lassen17.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern für das Streitjahr 2007 rechtsfehlerhaft eine Mittelfehlverwendung durch überhöhte Geschäftsführervergütungen festgestellt. An die tatsächliche Würdigung ist der Bundesfinanzhof insoweit nicht gebunden, da sie auf einem Verstoß gegen Denkgesetze beruht. In den anderen Streitjahren ist die Schätzung des Finanzgerichts hingegen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und somit für den Bundesfinanzhof bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

Als Ausgangspunkt für die Feststellung der Unangemessenheit des Geschäftsführergehalts im Rahmen des (externen) Fremdvergleichs hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zu Recht die Werte der sog. BBE-Studie herangezogen18. Diese Studie gehört -neben der sog. Kienbaum-Studie- zu den verbreitetsten Gehaltsstrukturuntersuchungen19 und erfasst -anders als die Kienbaum-Studie- nicht nur monetäre Bezüge, sondern auch nicht monetäre Vergütungsbestandteile, wie z.B. Beiträge zur Pensionsrückstellung. Der in den BBE-Studien verwendete Begriff der „Jahresgesamtbezüge“ erfasst somit dieselben Vergütungen wie der nach BFH-Rechtsprechung für die Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen maßgebliche Begriff der „Gesamtausstattung“20.

In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern dargelegt, weshalb es als Ausgangswert die Jahresgesamtvergütung für Dienstleister der Branche „Gesundheitswesen“ berücksichtigt hat und nicht die an sich vorzugswürdigere Alternative (Jahresgesamtvergütung des Geschäftsführers, gemessen nach den Einzelkriterien „Umsatz“ oder „Mitarbeiterzahl“). Hinsichtlich des Umsatzkriteriums fehlten Daten für mehrere der Streitjahre und hinsichtlich des Kriteriums „Mitarbeiterzahl“ wiesen die vorhandenen Daten nicht nachvollziehbare Schwankungen auf, sodass sie als Vergleichsmaßstab ungeeignet erscheinen: Im oberen Quartil wird für 2005 eine Jahresgesamtvergütung von 99.891 € ausgewiesen, während -bei fehlenden Daten für 2006 und 2007- in 2008 eine Steigerung der Gesamtvergütung auf 1.830.215 € und in 2009 eine Absenkung auf 706.470 € verzeichnet ist, gefolgt von einem starken Absinken in 2010 auf 140.507 €. Unter diesen Umständen durfte das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern statt dieser stark schwankenden Daten die kontinuierlicheren, wenngleich allgemeineren Daten aus der Zusammenstellung „Jahresgesamtbezüge eines Geschäftsführers in der Branche Dienstleister/Gesundheitswesen“ als Ausgangspunkt verwenden.

Im Ergebnis zu Recht entschieden hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern auch, dass im Rahmen der für Dienstleister in der Gesundheitsbranche ausgewiesenen Vergütungen nicht der Maximalwert (Höchstwert) oder der Medianwert, sondern der Betrag des oberen Quartils maßgebend ist. Das obere Quartil ist nach der Definition der BBE-Studie ein rechnerischer Wert, bei dem 25 % der Befragungsergebnisse über, der Rest unter diesem Wert liegen. Um diesen und nicht den Medianwert -bei dem 50 % der Befragungsergebnisse darüber, 50 % darunter liegen- anzuwenden, bedarf es zwar besonderer Umstände21, diese liegen im Streitfall aber vor.

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Entgegen der Ansicht des Finanzgerichts sind allerdings insoweit nicht die von der gGmbH herausgestellten „einzigartigen“ Leistungen und Verdienste ihres Geschäftsführers zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass hierzu tatsächliche Feststellungen des Finanzgerichts fehlen, wäre hierfür eine Beurteilung der besonderen Leistung und Verdienste des Geschäftsführers in jedem der Streitjahre erforderlich, wozu die Gerichte -jedenfalls ohne Sachverständigengutachten- kaum in der Lage sind22.

Besondere, die Anwendung des oberen Quartils rechtfertigende Umstände sind jedoch gegeben, wenn das betreffende Unternehmen -wie im Streitfall die gGmbH- nach Umsätzen und Gewinnen zu den Vergleichsunternehmen des oberen Quartils der Gehaltsstrukturuntersuchungen gehört23. Mit Umsätzen von 7, 7 Mio. € bis 15, 2 Mio. € und (von den ersten beiden Jahren abgesehen) Jahresüberschüssen von 161.733 € bis 928.487 € handelt es sich bei der gGmbH um ein derartiges Unternehmen. Da dieser vergütungsrelevante Umstand bei der Bestimmung des Ausgangswertes noch nicht berücksichtigt werden konnte, ist er durch die Anwendung des oberen Quartils zu berücksichtigen.

Der vom Finanzgericht vorgenommene Abschlag wegen Mehrfach-Geschäftsführung wie auch der Sicherheitszuschlag auf den Ausgangswert stehen im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Denn Gehaltsstrukturuntersuchungen stellen nur einen „einigermaßen repräsentativen und verlässlichen Überblick über die im jeweiligen Untersuchungszeitraum gezahlten Geschäftsführergehälter“ dar und schaffen erst unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen eine hinreichend aussagekräftige Grundlage für die Gehaltsschätzung24.

In Fällen, in denen der Geschäftsführer -wie vorliegend in den Streitjahren 2005 bis 2007- auch Geschäftsführer anderer Firmen ist (Mehrfach-Geschäftsführung), ist ein Abschlag auf die durch Fremdvergleich ermittelte Vergleichsvergütung gerechtfertigt. Damit wird berücksichtigt, dass der Geschäftsführer in solchen Fällen seine gesamte Arbeitskraft nicht ausschließlich der betreffenden Gesellschaft, sondern auch anderen Unternehmen widmet. Von einem entsprechenden Abschlag kann allenfalls dann abgesehen werden, wenn die anderweitige Tätigkeit für die zu beurteilende Gesellschaft konkrete Vorteile mit sich bringt, die den Verlust am zeitlichen Einsatz des Geschäftsführers ausgleichen. Die Darlegungs- und Feststellungslast für derartige kompensatorische Vorteile liegt bei der Kapitalgesellschaft25. Das Finanzgericht hat diese Rechtsprechung auf S. 21 f. unter 1.05. seines Urteils berücksichtigt und ohne Rechtsfehler einen pauschalen Abschlag von 10 % mit der Begründung für erforderlich gehalten, die vom FV A e.V. an den Geschäftsführer gezahlten Gehälter zwischen 35.000 € und 37.000 € belegten einen nicht unerheblichen Zeit- und Kraftaufwand für die nicht der gGmbH gewidmete Tätigkeit. Im Übrigen sei weder vorgetragen worden noch für den Bundesfinanzhof ersichtlich, dass die Tätigkeit für den FV A e.V. für die gGmbH von Vorteil und damit ein Abschlag nicht angebracht sei.

Da nicht nur ein bestimmtes Gehalt als „angemessen“ angesehen werden kann, sondern der Bereich des Angemessenen sich auf eine gewisse Bandbreite erstreckt, sind unangemessen nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen26. Eine nur geringfügige Überschreitung der Angemessenheitsgrenze begründet noch keine vGA; diese liegt erst bei einem „krassen Missverhältnis“ der Gesamtvergütung vor. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Angemessenheitsgrenze um mehr als 20 % überschritten wird27.

Im Streitfall ist das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern unter Berücksichtigung dieses Sicherheitszuschlags für die Jahre 2005 und 2006 sowie für 2008 bis 2010 zu Recht von einer Überschreitung der Angemessenheitsgrenze ausgegangen. Bei Gesamtbezügen von 137.348 € wurde die Angemessenheitsgrenze von 158.084 € im Streitjahr 2007 dagegen deutlich unterschritten. Soweit das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern in diesem Falle gleichwohl eine Unangemessenheit der Gesamtbezüge bejaht, ist die Entscheidung wegen Verstoßes gegen Denkgesetze rechtsfehlerhaft. Bei dem Sicherheitszuschlag handelt es sich -wie das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zu Recht feststellt- zwar nicht um eine gesetzlich festgelegte Freigrenze, sondern lediglich um eine Konkretisierung und Quantifizierung des „krassen Missverhältnisses“ für das Vorliegen einer vGA durch die höchstrichterliche Rechtsprechung. Es ist jedoch widersprüchlich und verletzt daher Denkgesetze, den Sicherheitszuschlag in fünf von sechs Streitjahren zu Recht zu berücksichtigen, ihn jedoch in dem Streitjahr (2007) zu versagen, in dem seine Berücksichtigung zu einer noch angemessenen Gesamtvergütung führt.

Entgegen der Hilfsbegründung des Finanzgerichts folgt die Unangemessenheit der Geschäftsführerbezüge in 2007 auch nicht aus den von der gGmbH während der Betriebsprüfungen vorgelegten Kienbaum-Gutachten. Für das Streitjahr 2007 liegt schon kein derartiges Gutachten vor und die Anlehnung an die Beträge des Gutachtens von 2008 würde selbst unter Berücksichtigung von Abschlägen nicht zur Unangemessenheit führen. Denn nach dem Kienbaum-Gutachten 2008 wird allein für die monetären Jahresgesamtbezüge eines kaufmännischen Geschäftsführers ein „Zieleinkommen“ zwischen 160.000 € bis 170.000 € angesetzt; die Gesamtbezüge des Geschäftsführers F in 2007 lagen mit 137.348 € deutlich darunter.

Hinsichtlich der Streitjahre 2005 und 2006 hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern die unangemessenen Vergütungen ohne Rechtsfehler mit 25.063 € (2005) und 3.276 € (2006) geschätzt. Diese Beurteilung mag nicht die einzig mögliche sein, sie leidet jedoch -entgegen der Auffassung der gGmbH- weder unter Verfahrensfehlern noch unter einem Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und ist deshalb nach § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich bindend.

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Bei seiner Schätzung für die Streitjahre 2008 bis 2010 ist das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hingegen rechtsfehlerhaft von zu hohen Gesamtvergütungen des Geschäftsführers ausgegangen. Denn es hat im Rahmen der Gesamtausstattung auch die jährlichen Zuführungen an die Unterstützungskasse in Höhe von 49.801 € (2008), 74.017 € (2009) und 87.928 € (2010) anstelle der niedrigeren fiktiven Jahresnettoprämien berücksichtigt. Das Finanzamt führt zwar zutreffend aus, dass die (monatlichen) Zahlungen an die Unterstützungskasse der gGmbH nicht (mehr) für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stehen. Diese Argumentation berücksichtigt aber nur die Belastung der gGmbH durch die Zusage an die Unterstützungskasse, nicht jedoch den im Rahmen einer vGA maßgebenden Wert der Zuwendung für den Berechtigten (Geschäftsführer). Dieser Wert liegt -ebenso wie bei rückstellungsfinanzierten Direktzusagen- darin, dass er selbst die Mittel für seine Zukunftssicherung erspart. Anzusetzen ist daher die Jahresnettoprämie, die der Geschäftsführer für eine entsprechende Altersvorsorge aufwenden müsste28.

Bei Kürzung der Gesamtbezüge um die monatlichen Zahlungen an die Unterstützungskasse betragen diese 193.763 € (2008), 192.882 € (2009) und 195.307 € (2010) zuzüglich eines Betrags in Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie. Die unangemessenen Vergütungen und damit Mittelfehlverwendungen betragen nach diesen Korrekturen noch 10.806 € (2008), 25.583 € (2009), 25.787 € (2010), jedoch zuzüglich der (fiktiven) Jahresnettoprämie für die Altersversorgung des Geschäftsführers F.

Das Vorliegen unverhältnismäßig hoher Geschäftsführervergütungen und damit von Mittelfehlverwendungen rechtfertigt jedoch -wie das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zu Recht erkannt hat- nicht in jedem Fall den Verlust der Gemeinnützigkeit. Die Versagung der Anerkennung als „qualitativer Sprung“29 muss daher auch dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen. Das Finanzgericht ist zwar von der Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ausgegangen, es hat jedoch rechtsfehlerhaft entschieden, dass der Entzug der Gemeinnützigkeit im Streitjahr 2006 verhältnismäßig sei.

Die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 AO) sind unter Anwendung des rechtsstaatlich fundierten Verhältnismäßigkeitsprinzips am Ausmaß und Gewicht der Pflichtverletzung auszurichten30. Dies hat zur Folge, dass bei kleineren, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften eine Entziehung der Steuervergünstigung ausscheidet31.

Während der Bundesfinanzhof die Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips beim Entzug der Gemeinnützigkeit bislang offengelassen hat32, schließt er sich der Auffassung des Schrifttums jedenfalls für geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO an. Da es sich beim Entzug der Gemeinnützigkeit nicht um eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung handelt, stellen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und der ihm innewohnende Bagatellvorbehalt ein unverzichtbares Korrektiv dar, um in Einzelfällen die einschneidende Rechtsfolge des Verlusts der Gemeinnützigkeit auszuschließen33.

Im Streitfall hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern nicht erkannt, dass im Streitjahr 2006 ein nur geringfügiger Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO vorliegt. Das im Schätzungswege noch angemessene Gehalt wurde lediglich um ca.03.000 € überschritten. Diese Überschreitung erachtet der Bundesfinanzhof sowohl hinsichtlich des absoluten Betrages als auch im Verhältnis zur Gesamttätigkeit der gGmbH (Jahresumsatz von ca. 8 Mio. €) noch als geringfügig. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die gGmbH die Gesamtbezüge ihres Geschäftsführers F von 136.211 € in 2005 auf 132.705 € in 2006 herabgesetzt hatte.

Für die anderen Streitjahre (2005 sowie 2008 bis 2010) hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hingegen zutreffend entschieden, dass keine geringfügigen Verstöße vorliegen, sodass der Entzug der Gemeinnützigkeit auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips als gerechtfertigt erscheint: Eine Überschreitung in Höhe von mehr als 25.000 € in 2005 ist weder in absoluten Zahlen noch im Verhältnis zu der Gesamttätigkeit der gGmbH (Umsätze von 7,7 Mio. €) geringfügig. Dasselbe gilt für die Mittelfehlverwendungen der Streitjahre 2009 in Höhe von 25.583 € und 2010 in Höhe von 25.787 € zuzüglich der fiktiven Jahresnettoprämie.

Im Streitjahr 2008 beträgt die Mittelfehlverwendung 10.806 € zuzüglich der fiktiven Jahresnettoprämie für die Versorgungszusage an den Geschäftsführer. Die absolute Höhe der Mittelfehlverwendung von über 10.000 € sieht der Bundesfinanzhof nicht mehr als geringfügig an und berücksichtigt dabei auch, dass dieser Betrag noch um die fiktive Jahresnettoprämie für eine großzügig dotierte Alters, Witwen- und Waisenvorsorge (5.150 €, 3.090 €, 1.030 €, 515 €) zu erhöhen ist. Mit welchem Betrag diese im Streitfall anzusetzen ist, konnte in der mündlichen Verhandlung auch auf Nachfrage nicht festgestellt werden. Eine Zurückverweisung an das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zur Feststellung der fiktiven Jahresnettoprämie war gleichwohl nicht erforderlich, da bereits die absolute Höhe der Mittelfehlverwendung als nicht mehr geringfügig anzusehen ist und der Bundesfinanzhof zugunsten der gGmbH davon ausgeht, dass die fiktive Jahresnettoprämie für die o.g. Versorgungszusage zwar erheblich geringer ausfällt als die Jahreszahlungen an die Unterstützungskasse, aber nicht unter 10.000 € betragen kann34.

Die von der gGmbH gerügten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor. Sie macht daher ohne Erfolg geltend, das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO, § 76 Abs. 2 FGO) dadurch verletzt, dass es in der mündlichen Verhandlung nicht auf die Verwendung der BBE-Studien als Vergleichsgrundlage hingewiesen hatte. Das Finanzgericht hat weder seine Hinweispflichten verletzt noch eine Überraschungsentscheidung getroffen.

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Die gerichtlichen Hinweispflichten nach § 76 Abs. 2 FGO entfallen zwar auch bei -wie im Streitfall- fachkundig vertretenen Beteiligten nicht von vornherein. Jedoch stellt das Unterlassen eines richterlichen Hinweises bei steuerlich beratenen und durch einen fach- und sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten regelmäßig keine Verletzung der Pflichten aus § 76 Abs. 2 FGO dar, es sei denn, es würden besondere Umstände dargelegt, die eine Ausnahme von dieser Regel erforderten35. Jedenfalls liegt bei einem fachkundig vertretenen Kläger dann keine gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßende Pflichtverletzung vor, wenn die rechtliche Bedeutung bestimmter Tatsachen auf der Hand liegt36. Im Streitfall geht es um die Angemessenheit der Geschäftsführervergütung. Dass hierbei -im Rahmen des Fremdvergleichs- auch Gehaltsstrukturuntersuchungen eine Rolle spielen, ergibt sich nicht nur aus der ständigen Rechtsprechung37, sondern war -ausweislich der Einspruchsbegründung vom 30.11.2012- auch der gGmbH bekannt.

Aus Art. 103 Abs. 1 GG sowie § 93 Abs. 1 FGO und § 96 Abs. 2 FGO folgt, dass die Beteiligten vor Überraschungen bewahrt werden sollen. Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht indes nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und ihnen die einzelnen für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten38. Nach diesen Grundsätzen liegt unter Berücksichtigung des eigenen Vorbringens der gGmbH im Einspruchs- und Klageverfahren keine Überraschungsentscheidung vor. Denn sie hat sich bereits in ihrer Einspruchsbegründung ausführlich mit Gehaltsstrukturuntersuchungen befasst und dabei insbesondere die Anwendung der BBE-Studie 2009 gefordert. Zudem hat sie in ihrer Klageschrift auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren verwiesen. Wird die gGmbH mit ihrem Vorbringen nicht nur angehört, sondern sogar „erhört“, indem das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern die geforderten Gehaltsstrukturuntersuchungen von BBE zur Grundlage seines Urteils macht, kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.

Die weiteren Ausführungen der gGmbH gegen die Schätzung des Finanzgerichts auf der Grundlage der BBE-Studien sind entweder nicht entscheidungserheblich oder aber in der Sache unbegründet.

Soweit die gGmbH Einwendungen gegen die nach Umsatz und Mitarbeiterzahlen differenzierende Betrachtung der BBE-Studien geltend macht, gehen diese ins Leere. Denn das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat diese Daten wegen fehlender Aussagekraft zu Recht nicht für den Fremdvergleich herangezogen, sondern die Jahresgesamtbezüge der Geschäftsführer aus der Branche „Gesundheitswesen“ seiner Schätzung zugrunde gelegt.

Offenbleiben kann, ob der Einwand der gGmbH zutrifft, dass die Übersicht der Jahresgesamtbezüge der Geschäftsführer aus der Branche „Gesundheitswesen“ keinerlei Rückschluss auf die einbezogenen Unternehmen zulasse und davon auszugehen sei, dass keines der Unternehmen die relevanten Kriterien „Umsatz 5 bis 10 Mio. € und Mitarbeiterzahl über 250“ erfülle. Denn der Bundesfinanzhof geht -anders als das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern- davon aus, dass diesem Umstand dadurch Rechnung getragen wird, dass nicht vom Medianwert auszugehen ist, sondern das obere Quartil als Ausgangswert für den Fremdvergleich herangezogen wird. Entgegen der Auffassung der gGmbH ist es auch nicht zu beanstanden, dass als Ausgangswert nicht der Maximalwert zugrunde gelegt wird. Im Hinblick auf seine geringe Erhebungsdichte stellt dieser in aller Regel keinen geeigneten Vergleichsmaßstab dar39. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn das den Höchstbetrag als Vergütung zahlende Unternehmen dem der gGmbH in seinen wesentlichen Zügen40 gleicht. Das ist jedoch weder von der gGmbH dargelegt worden noch für den Bundesfinanzhof ersichtlich.

Die gGmbH rechtfertigt die Gehaltssteigerungen des Geschäftsführers ab 2008 insbesondere damit, dass sie in 2008 mehrere Zweckbetriebe (überwiegend Kindergärten) -sieben Einrichtungen mit etwa 90 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von ca. 4 Mio. €- vom FV A e.V. übernommen habe, während das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern in diesem Umstand keinen plausiblen Grund für die Gehaltssteigerung erkennt. Vielmehr seien die Kurzfristigkeit und der erhebliche Anstieg ein Indiz für die gesellschaftliche Veranlassung. Ihr dagegen gerichtetes Vorbringen, wonach für die Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge nicht nur organisches (eigenes) Umsatzwachstum einer Körperschaft maßgeblich sei, sondern auch die Erhöhung von Umsatz und Mitarbeiterzahl durch anorganisches Wachstum (Zukäufe), ist nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon, dass die Unternehmensgröße bereits durch den Ansatz des oberen Quartils berücksichtigt wurde, greift die gGmbH insoweit lediglich die den Bundesfinanzhof bindende Würdigung des Finanzgerichts an (§ 118 Abs. 2 FGO) und setzt dem ihre eigene Würdigung entgegen, ohne jedoch Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze geltend zu machen.

Unbegründet ist der Vortrag der gGmbH auch insoweit, als sie geltend macht, die Gehaltssteigerungen ab 2008 beruhten ganz wesentlich auf der Zusage einer Altersversorgung, die den Anforderungen der BFH-Rechtsprechung genüge, da sie so ausgestaltet sei, dass dem Geschäftsführer zunächst 70 % der letzten Aktivbezüge (ab 2010) und sodann 75 % der letzten Aktivbezüge (ab 2012) zugesagt wurden. Die gGmbH verkennt insoweit, dass derartige Zusagen unter verschiedenen Gesichtspunkten zu überprüfen sind, wie etwa im Hinblick auf ihre Erdienbarkeit oder eine Überversorgung41. Auch wenn die jeweilige Zusage bei isolierter Betrachtung nicht zu beanstanden ist, wird sie zusätzlich als Bestandteil der Gesamtausstattung in Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie in die Angemessenheitskontrolle einbezogen42.

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Ein Rechtsverstoß des Finanzgerichts ist auch nicht darin zu sehen, dass das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern die -von der gGmbH im Rahmen ihrer Einspruchsbegründung erwähnte- Verfügung der OFD Karlsruhe43 betreffend die Angemessenheit der Gesamtbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht berücksichtigt hat. Abgesehen davon, dass diese Verfügung an die Finanzämter des Landes Baden-Württemberg gerichtet ist und lediglich Geschäftsführergehälter ab 2009 betrifft, handelt es sich um eine (norminterpretierende) Verwaltungsvorschrift zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Angemessenheit“ i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften sind keine Rechtsnormen, sondern lediglich Ausdruck der Rechtsmeinung einer Verwaltungsbehörde und binden daher nach ständiger Rechtsprechung die Finanzgericht nicht44.

Schließlich führen auch die von der gGmbH privat in Auftrag gegebenen Kienbaum-Vergütungsstudien zur Angemessenheit des Geschäftsführergehalts zu keiner anderen Beurteilung. Ohne Erfolg macht die gGmbH insoweit geltend, bei zutreffendem Verständnis der Zahlen dieser Gutachten ergebe sich für die einzelnen Streitjahre keine Überschreitung der Angemessenheitsgrenze.

Für das Streitjahr 2010 liegt kein derartiges Gutachten vor, sodass es bereits an einer Grundlage für eine andere Beurteilung fehlt. Aber auch die vorliegenden Gutachten für die Streitjahre 2005, 2008 und 2009 sind zur Schätzung des angemessenen Geschäftsführergehalts ungeeignet. Sämtliche Gutachten sind im Laufe der Streitjahre 2005 (April 2005), 2008 (21.02.2008) und 2009 (01.10.2009) erstellt worden und beruhen daher hinsichtlich Mitarbeiterzahl, Umsatz und Jahresüberschuss ganz überwiegend auf vergütungsbestimmenden Werten, die entweder unzutreffend oder nicht dargelegt wurden: So weist das Gutachten für das Streitjahr 2005 auf S. 5 als „unternehmensbezogene Faktoren“ 290 Beschäftigte und Umsatzerlöse von 7, 7 Mio. € sowie eine Gewinnmarge von 5 % aus – das wäre ein Gewinn von ca. 385.000 €. Nach den bindenden Feststellungen des Finanzgerichts betrugen die Umsätze zwar tatsächlich 7, 7 Mio. €, bei drei Mitarbeitern lag der Jahresüberschuss aber lediglich bei 6.627 €. Hinzu kommt, dass die Mehrfach-Geschäftsführung (2005 bis 2007) nicht vergütungsmindernd berücksichtigt worden ist. Bei derart gravierenden Mängeln kann dem Gutachten keine Bedeutung beigemessen werden.

Die Gutachten für 2008 und für 2009 enthalten keine vergütungsrelevanten Daten (Umsatz, Jahresüberschuss, Beschäftigte) und stellen lediglich auf der Grundlage nicht näher erläuterter Ermittlungen einen „Marktrahmen“ zwischen unterem Quartil, Median und oberem Quartil dar, ohne dass dies für den Bundesfinanzhof nachvollziehbar wäre. Ohne Darlegung der Erhebungsgrundlagen und ohne Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Unternehmens kann auch diesen Gutachten keine das Ergebnis des Finanzgerichts erschütternde Wirkung beigemessen werden.

Soweit die Revision begründet ist, sind die angefochtenen Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide rechtswidrig und verletzen die gGmbH in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Die Steuerbescheide sind unter Berücksichtigung der Gemeinnützigkeit der gGmbH in den Streitjahren 2006 und 2007 entsprechend zu ändern und die Steuer niedriger festzusetzen (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Berechnung der Steuer wird dem Finanzamt übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit für die Streitjahre 2005 sowie 2008 bis 2010 führt zum Verlust der Steuerbefreiungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG. Darüber hinaus unterliegen die Umsätze der gGmbH nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, sondern dem Regelsteuersatz.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. März 2020 – V R 5/17

  1. FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.12.2016 – 3 K 272/13[]
  2. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 55 AO Rz 22; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, § 55 AO Rz 213 und 220; Hofmeister, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft -DStJG- 26 (2003), S. 159 ff., 176; Kampermann, Organvergütung in gemeinnützigen Körperschaften, 2018, S. 241, m.w.N.[]
  3. vgl. hierzu Kampermann, a.a.O., S. 244[]
  4. Jansen/Fein, Steuer und Wirtschaft -StuW- 2019, 241 ff.; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 4. Aufl., S. 388 f., unter 3.a, Rz 5.67; Musil in HHSp, a.a.O., § 55 AO Rz 213; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 55 AO Rz 22; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 9 Rz 22; Unger in Gosch, AO § 55 Rz 80[]
  5. BFH, Urteil vom 05.10.1994 – I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549[]
  6. BFH, Urteile vom 04.06.2003 – I R 24/02, BFHE 202, 494, BStBl II 2004, 136, unter II. 2., sowie ebenfalls vom 04.06.2003 – I R 38/02, BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139, unter II. 2.[]
  7. BFH, Urteile vom 11.09.2013 – I R 26/12, BFH/NV 2014, 728, Rz 15; vom 11.09.1968 – I 89/63, BFHE 93, 382, BStBl II 1968, 809; Jansen/Fein, StuW 2019, 247; Kampmann, Gehaltsstrukturuntersuchungen im Steuerrecht, 2013, S. 45, unter C.I.[]
  8. BFH, Urteile vom 31.03.2004 – I R 70/03, BFHE 206, 37, BStBl II 2004, 937, unter II. 4.; vom 27.02.2003 – I R 46/01, BFHE 202, 241, BStBl II 2004, 132, unter II. 2.; in BFHE 93, 382, BStBl II 1968, 809; und vom 04.08.1959 – I 4/59 S, BFHE 69, 299, BStBl III 1959, 374; s.a. Urteil des Finanzgerichts Brandenburg vom 19.09.2001 – 2 K 1437/99 K, EFG 2001, 1568[]
  9. Gosch KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 1126; Langohr-Plato, Betriebliche Altersversorgung, 7. Aufl.2016, § 3 Spezialfragen, Rz 1998[]
  10. BFH, Urteil vom 10.07.2002 – I R 37/01, BFHE 199, 536, BStBl II 2003, 418, sowie BFH, Beschluss vom 14.07.1999 – I B 91/98, BFH/NV 1999, 1645[]
  11. BFH, Urteile vom 24.08.2011 – I R 5/10, BFH/NV 2012, 271; in BFHE 202, 494, BStBl II 2004, 136, und in BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139, sowie vom 15.12.2004 – I R 79/04, BFH/NV 2005, 1147, unter II. 2.c aa[]
  12. Jansen/Fein, StuW 2019, 241 ff.; Hüttemann, a.a.O., S. 388 f., Rz 4.69; Leisner-Egensperger, Deutsche Steuer-Zeitung -DStZ- 2008, 292 ff., 300; Unger in Gosch, AO § 55 Rz 80; Kampermann, a.a.O., S. 262, 263; Musil in HHSp, § 55 AO Rz 215 und 220; Schauhoff, a.a.O., § 8 Rz 21, 22; Strahl, GmbH-Rundschau -GmbHR- 2016, 1196; Kümpel, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2001, 152, 155; Uterhark in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 55 AO Rz 31[]
  13. Leisner-Egensperger, DStZ 2008, 300; von Holt in Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, a.a.O., Kap. 2 Rz 47 zu § 55 AO[]
  14. BFH, Urteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549[]
  15. BFH, Urteil vom 27.02.2003 – I R 80, 81/01, BFH/NV 2003, 1346, unter II. 4.b[]
  16. BFH, Beschluss vom 24.10.1995 – I B 14/95, BFH/NV 1996, 339[]
  17. BFH, Urteile in BFHE 202, 241, BStBl II 2004, 132, unter II. 3.b; und vom 28.06.1989 – I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854, unter II.A.01.c[]
  18. vgl. BFH, Urteil vom 18.12.2002 – I R 85/01, BFH/NV 2003, 822, Leitsatz[]
  19. vgl. hierzu Kampmann, a.a.O., S. 54[]
  20. vgl. Kampmann, a.a.O., S. 65[]
  21. vgl. hierzu FG Saarland, Urteil vom 26.01.2011 – 1 K 1509/07, EFG 2011, 1541; FG München, vom 09.02.2000 – 7 K 3746/98, EFG 2000, 700[]
  22. vgl. kritisch zu diesem Begründungsansatz auch Kampermann, Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen 2017, 272[]
  23. BFH, Urteil vom 15.12.2004 – I R 79/04, BFH/NV 2005, 1147, unter II. 2.c aa[]
  24. BFH, Urteil in BFH/NV 2003, 822[]
  25. BFH, Urteile vom 15.12.2004 – I R 61/03, BFH/NV 2005, 1146, sowie in BFHE 202, 241, BStBl II 2004, 132[]
  26. BFH, Urteile vom 17.02.2010 – I R 79/08, BFH/NV 2010, 1307; in BFHE 202, 241, BStBl II 2004, 132; in BFH/NV 2003, 1346; in BFHE 202, 494, BStBl II 2004, 136; in BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139; vom 26.05.2004 – I R 93/03, BFHE 206, 341, BStBl II 2004, 991; und vom 11.08.2004 – I R 40/03, BFH/NV 2005, 248[]
  27. BFH, Urteil vom 28.06.1989 – I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854, unter II.A.01. f.; Urteil des Finanzgerichts Köln vom 22.02.1996 – 13 K 4559/90, EFG 1996, 1006; BMF, Schreiben vom 14.10.2002 – IV A 2-S 2742-62/02, BStBl I 2002, 972, unter Rz 23[]
  28. Doetsch/Lenz, Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer und -Vorstände, 9. Aufl.2014, S. 113, unter e; Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 2. Aufl.2010, Rz 411; Böhm/Schu, Unterstützungskassen, 2014, Rz 605; a.A. Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Bd. II, Abschn. XIII., Rz 3078; Hieb/Leser, GmbHR 2001, 453 ff.: Berücksichtigung in Höhe der Zuwendung an die Unterstützungskasse[]
  29. Reimer/Waldhoff, Finanz-Rundschau -FR- 2002, 318[]
  30. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 63 AO Rz 12; Hüttemann, a.a.O., Rz 4.163; Bartmuß/Werner in Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, a.a.O., Kap. 2 Rz 11 zu § 63 AO; Becker, DStR 2010, 953, unter 2.02.1; Jäschke, DStR 2009, 1669, Rz 2.4; Bott in Schauhoff, a.a.O., § 10 Rz 80[]
  31. Reimer/Waldhoff, FR 2002, 318 ff., unter VII. „Bagatellvorbehalt“; Leisner-Egensperger, DStZ 2008, 292; Hüttemann, a.a.O., Rz 4.163[]
  32. BFH, Urteil vom 14.03.2018 – V R 36/16, BFHE 260, 420, BStBl II 2018, 422, Rz 49 ff.[]
  33. zutreffend Hüttemann, a.a.O., Rz 4.162[]
  34. vgl. zur näherungsweisen Ermittlung der fiktiven Jahresnettoprämie: Heubeck/Schmauck, Die Altersversorgung der Geschäftsführer in GmbH und GmbH & Co. KG., 4. Aufl.1998, S.190, unter III., Rz 527[]
  35. BFH, Beschluss vom 10.08.2016 – VI B 10/16, BFH/NV 2017, 45[]
  36. BFH, Beschlüsse vom 07.10.2015 – VI B 49/15, BFH/NV 2016, 38; und vom 17.03.2010 – X B 120/09, BFH/NV 2010, 1240[]
  37. vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2003, 822[]
  38. BFH, Beschlüsse vom 13.07.2012 – IX B 3/12, BFH/NV 2012, 1635; und vom 25.05.2000 – VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235[]
  39. Kampmann, a.a.O., S. 65, 66[]
  40. Dienstleister, Gesundheitswesen, Umsatz, Jahresüberschuss und Beschäftigtenzahl[]
  41. BFH, Urteil vom 27.03.2012 – I R 56/11, BFHE 236, 74, BStBl II 2012, 665[]
  42. vgl. BFH, Urteil vom 31.03.2004 – I R 79/03, BFHE 206, 52, BStBl II 2004, 940, unter II. 3.b[]
  43. OFD Karlsruhe, Schreiben vom 03.04.2009 – S 2742/84 – St 221[]
  44. BFH, Urteile vom 24.08.2016 – X R 11/15, BFH/NV 2017, 300, Rz 26; und vom 23.08.2017 – I R 52/14, BFHE 259, 20, BStBl II 2018, 232, Rz 16; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO Rz 84, m.w.N.[]
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