Von den nach § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteilen aus Anteilen an ausländischen (hier: chinesischen und türkischen) Kapitalgesellschaften gelten 5% als Ausgaben, die nach § 8b Abs. 5 KStG nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.

Nach § 8b Abs. 1 KStG bleiben Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft außer Ansatz. Das Gesetz unterscheidet dabei nicht, ob diese Bezüge von inländischen oder ausländischen Körperschaften geleistet werden. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich um solche i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG handelt. Damit gilt § 8b Abs. 1 KStG auch für Gewinnausschüttungen ausländischer Gesellschaften an inländische Körperschaften. Die gleiche Rechtsfolge ergibt sich bei Anwendung des sog. abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs. Nach Maßgabe von Art. 24 Abs. 2 Buchst. a Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen; und vom Vermögen vom 10.06.19851 -DBA-China-2 sowie von Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen; und vom Vermögen vom 16.04.19853 -DBA-Türkei 1985-4 bzw. -für das Streitjahr 2011- von Art. 22 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 19.09.20115 -DBA-Türkei 2011-6 werden „Dividenden“ bzw. „Einkünfte aus Dividenden“ bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der jeweiligen Vorschrift von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist somit die Frage, ob die Hinzurechnung von nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG zu unterbleiben hat, weil die von den ausländischen Kapitalgesellschaften gezahlten Dividenden (auch) nach dem sog. abkommensrechtlichen Schachtelprivileg von der Besteuerung auszunehmen sind, mithin § 8b KStG verdrängt wird und damit auch dessen Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt. Dies ist indes zu verneinen.
Wie der Bundesfinanzhof in seinen Urteilen vom 14.01.20097; und vom 23.06.20108 entschieden hat, stehen das sog. nationale Schachtelprivileg des § 8b Abs. 1 KStG einerseits und das sog. abkommensrechtliche Schachtelprivileg andererseits im Ausgangspunkt selbständig nebeneinander und schließen einander nicht aus. Gleichwohl läuft die abkommensrechtliche Freistellung in ihrer Wirkung gemeinhin leer. Denn zum einen stellt § 8b Abs. 1 KStG im Grundsatz keine Anforderungen an die Beteiligungsverhältnisse (erst ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ergibt sich aus Abs. 4 der Vorschrift die Steuerpflicht für Bezüge aus sog. Streubesitzbeteiligungen), während das abkommensrechtliche Schachtelprivileg in aller Regel einschränkende tatbestandliche Voraussetzungen, im Falle des DBA-China sowie des DBA-Türkei 1985 eine Mindestbeteiligungsquote von 10 v.H. des Kapitals bzw. der stimmberechtigten Anteile, im Falle des DBA-Türkei 2011 neben weiteren einschränkenden Voraussetzungen eine Mindestbeteiligungsquote von 25 v.H. des Kapitals, enthält. Zum anderen gelangt das abkommensrechtliche Schachtelprivileg regelungssystematisch nur dann zur Anwendung, wenn sich die nämliche Rechtsfolge der „Freistellung“ nicht bereits aus nationalem Recht ergibt. Die (Tatbestands-)Konkurrenz beider Regelungen ist somit regelmäßig zu Lasten des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs aufzulösen9.
In diesem Sinne ist auch im vorliegenden Streitfall zu entscheiden: Die an die GmbH ausgeschütteten Gewinnanteile aus den Beteiligungen an der chinesischen und der türkischen Kapitalgesellschaft sind bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb gemäß § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz geblieben. Dessen Tatbestandsvoraussetzungen sind -was unter den Beteiligten unstreitig ist- erfüllt.
Ausführungen des Bundesfinanzhofs zu der -von der Revision (weiter) aufgeworfenen- Frage, ob die Hinzurechnung von nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG auch zu erfolgen hat, wenn die unilaterale Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG vom bilateralen Abkommensprivileg verdrängt würde, erübrigen sich demnach im Streitfall10.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22. September 2016 – I R 29/15
- BGBl II 1986, 447, BStBl I 1986, 330[↩]
- i.V.m. dem dazu ergangenen Zustimmungsgesetz vom 06.02.1986, BGBl II 1986, 446, BStBl I 1986, 329[↩]
- BGBl II 1989, 867, BStBl I 1989, 472[↩]
- i.V.m. dem dazu ergangenen Zustimmungsgesetz vom 27.11.1989, BGBl II 1989, 866, BStBl I 1989, 471[↩]
- BGBl II 2012, 527, BStBl I 2013, 374[↩]
- i.V.m. dem dazu ergangenen Zustimmungsgesetz vom 24.05.2012, BGBl II 2012, 526, BStBl I 2013, 373[↩]
- BFH, Urteil vom 14.01.2009 – I R 47/08, BFHE 224, 126, BStBl II 2011, 131[↩]
- BFH, Urteil vom 23.06.2010 – I R 71/09, BFHE 230, 177, BStBl II 2011, 129[↩]
- Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz 40; derselbe in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Norbert Herzig, 2010, S. 63, 86; Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8b KStG Rz 70; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8b Rz 78 f.; Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz 19; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8b Rz 77, 181; Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8b KStG Rz 30; Bruschke, Deutsche Steuer-Zeitung 2012, 813; a.A. Hageböke, Internationales Steuerrecht 2009, 473, 477 -unter Berufung auf einen Grundsatz der „völkerrechtsfreundlichen“ Auslegung-; Kraft/Gebhardt/Quilitzsch, Finanz-Rundschau 2011, 593, 595[↩]
- vgl. hierzu aber bereits BFH, Urteil vom 29.08.2012 – I R 7/12, BFHE 239, 45, BStBl II 2013, 89, zur vergleichbaren Rechtslage nach § 8b Abs. 7 KStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999[↩]