Ob eine nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtete Arbeitsgemeinschaft i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG die ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrnimmt, richtet sich danach, ob ihre Leistungen bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erbracht werden.

Dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs lag die Klage eine der Rechtsnachfolgerin eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins zugrunde. Im Jahr 2004 beauftragte der MDK des Bundeslandes A (MDK-A) den Verein, entgeltlich die Gutachtenakten des MDK-A zu archivieren und zu digitalisieren. Der Verein übernahm dabei folgende Arbeiten: die Lagerung der Gutachtenakten des MDK-A in Papierform, deren Betreuung gemäß den für den MDK-A geltenden rechtlichen Bestimmungen, „optische Archivierung“ (Digitalisierung/elektronische Erfassung) auf Anfrage und die Zurverfügungstellung einschließlich der Versendung auf elektronischem Wege sowie Vernichtung (Entsorgung -Vernichtung des Belegguts nach Digitalisierung, Verschlagwortung und erfolgreicher Übertragung nach DIN32757- Sicherheitsstufe 4). Lagerung und Digitalisierung durfte der Verein ausdrücklich nur durch sein eigenes Personal durchführen lassen. Mit Freistellungsbescheid vom 10.02.2010 stellte das Finanzamt für das Jahr 2008 (Streitjahr) fest, dass der Verein nach § 5 Abs. 1 Nr. 21 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit ist, da er die ihm durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrnehme. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 03.12.2013 setzte das Finanzamt dem Verein gegenüber Körperschaftsteuer fest, weil die Archivierungsleistungen gegenüber dem MDK-A steuerpflichtig seien, und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht ab. Auf die Revision des Vereins hob der Bundesfinanzhof die finanzgerichtliche Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück an das Finanzgericht; das Finanzgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Leistungen des Vereins an den MDK-A nicht von der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG umfasst werde:
er Datenschutzinteressen des Versicherten ermöglichen. Dafür bedarf es der Erhebung, Übermittlung und Speicherung von Sozialdaten1. Zudem erheben und speichern die MDK Sozialdaten und stellen sicher, dass die Daten nur Personen zugänglich sind, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen (§ 276 Abs. 2 SGB V). Auch aus der Verpflichtung zur Gewährung des Akteneinsichtsrechts (§ 276 Abs. 3 SGB V, § 25 SGB X) folgt die Verpflichtung zur Archivierung, da ohne diese kein Akteneinsichtsrecht möglich wäre.
Ob die Archivierungsleistungen des Vereins indes im Rahmen einer Einrichtung i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG und entsprechend einer Auftragsdatenverarbeitung erfolgten, hat das Finanzgericht jedoch nicht festgestellt. Sollte dies der Fall sein, hätte das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen, dass zwar nach § 80 SGB X vorrangig öffentliche Stellen für eine solche Datenverarbeitung beauftragt werden2. Es können aber auch unter den -erheblich einschränkenden- Voraussetzungen des § 80 Abs. 5 SGB X nicht-öffentliche Stellen die Auftragsdatenverarbeitung durchführen3. Das Finanzgericht wird sich dann auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob aus § 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X (ggf. aus § 80 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 SGB X) zu schließen ist, dass die Auftragsdatenverarbeitung im Streitjahr -im Streitfall wegen des Ausschlusses einer Unterbeauftragung an andere Personen- dennoch weiterhin überwiegend bei öffentlichen Stellen verblieb4.
Sollte das Finanzgericht bei seiner erneuten Entscheidung zu dem Ergebnis gelangen, dass die Leistungen des Vereins grundsätzlich von der Steuerbefreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG umfasst werden, sind weitere Feststellungen dazu zu treffen, ob auch die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 2 KStG erfüllt sind, d.h., ob das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung der in § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG genannten Zwecke verwendet werden.
Schließlich wird es auch zu prüfen haben, ob die Klägerin neben den Archivierungsleistungen (Lagerung und Digitalisierung) weitere Leistungen, wie z.B. Schreibarbeiten, erbracht hat, über deren Besteuerung zu entscheiden ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Dezember 2022 – V R 12/21
- Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, § 276 Rz 2[↩]
- Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, § 80 Rz 106[↩]
- BFH, Urteil vom 06.09.2018 – V R 30/17, BFH/NV 2019, 54, Rz 13[↩]
- vgl. auch BFH, Urteile vom 23.04.2009 – V R 5/07, BFHE 226, 116, unter II. 3.d bb, und in BFH/NV 2019, 54, Rz 14 f.[↩]
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- Arztpraxis: Daniel Cubas