Pensionszahlungen an einen beherrschenden Gesellschafter, der daneben als Geschäftsführer tätig ist und hierfür ein Gehalt bezieht, stellen nach Ansicht des Finanzgerichts Münster nicht zwingend eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar.
In dem vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall war der Alleingesellschafter der klagenden GmbH bis zum Jahr 2010 zu deren Geschäftsführer bestellt. Nach seiner Abberufung aus Altersgründen erhielt der Alleingesellschafter auf der Grundlage einer Pensionszusage von der GmbH monatliche Pensionszahlungen. Im Jahr 2011 wurde der Alleingesellschafter erneut zum Geschäftsführer bestellt. Als Vergütung erhielt er monatliche Zahlungen, die weniger als 10 % seiner früheren Geschäftsführervergütung betrugen. Die Pension zahlte die GmbH ebenfalls weiter. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Pensionszahlungen als vGA zu qualifizieren seien und änderte den Körperschaftsteuerbescheid entsprechend. Im Rahmen ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die GmbH u.a. geltend, dass die Wiedereinstellung ihres Gesellschafters als Geschäftsführer aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Die Tätigkeit seiner Nachfolgerin als Geschäftsführerin habe zu Konflikten mit den Auftraggebern geführt und es habe die Gefahr des Verlustes von Aufträgen bestanden.
Das Finanzgericht Münster hat der Klage stattgegeben: Die gleichzeitige Zahlung des Geschäftsführergehaltes und der Pension führe nicht zu einer vGA. Zwar vertrete der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass der eigentliche Zweck einer Pensionszusage verfehlt werde, wenn bei fortbestehender entgeltlicher Geschäftsführeranstellung Altersbezüge geleistet würden. Im Streitfall sei aber dennoch der Fremdvergleich als gewahrt anzusehen und die Zahlung des Geschäftsführergehaltes neben den Pensionsleistungen nicht als gesellschaftlich veranlasste Vorteilszuwendung einzuordnen. Bei Beginn der Pensionszahlung sei die Wiedereinstellung des Alleingesellschafters noch nicht beabsichtigt gewesen. Die erneute Geschäftsführertätigkeit sei allein im Interesse der GmbH erfolgt. Das vereinbarte neue Geschäftsführergehalt habe letztlich nur Anerkennungscharakter und sei kein vollwertiges Gehalt, da Gehalt und Pension in der Summe nur ca. 26 % der vorherigen Gesamtbezüge betragen hätten. Auch fremde Dritte hätten eine Anstellung zu einem geringen Gehalt zusätzlich zur Zahlung der Pensionsbezüge vereinbart.
Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat das Finanzgericht die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte1. Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen2.
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt3.
Zu Pensionsleistungen an einen Geschäftsführer vertritt der BFH die Auffassung, dass die Altersbezüge zwar auch zum Teil Entgelt für die geleistete Tätigkeit in der Vergangenheit sind, vor allem aber den Versorgungsbedarf des Geschäftsführers bei Wegfall der Gehaltsbezüge aus der Anstellung decken sollen. Werden bei fortbestehender entgeltlicher Geschäftsführeranstellung Altersbezüge geleistet, werde der eigentliche Zweck der betrieblichen Pensionszusage und Altersabsicherung verfehlt4. Steuerrechtlich sei maßgebend auf die Sicht der leistenden Kapitalgesellschaft abzustellen, die Sicht und Interessenlage des Geschäftsführers sei unbeachtlich. Angesichts des Zwecks der Alterssicherung würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft entweder verlangen, dass das Gehalt aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsbezüge angerechnet wird, oder aber der vereinbarte Eintritt des Versorgungsfalles bis zur endgültigen Beendigung der Geschäftsführungstätigkeit aufgeschoben wird5.
Diese Grundsätze hat der Bundesfinanzhof zu Sachverhalten herausgearbeitet, in denen die Anstellung des Geschäftsführers neben Altersversicherungsleistungen fortgeführt und nicht beendet wurde.
In der Literatur wird die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kritisiert unter anderem mit dem Argument, dass die Pension durch die Tätigkeit in der Vergangenheit erdient sei und die Gesellschaft ein eigenes Interesse an der Weiterbeschäftigung des Geschäftsführers habe, zumal für die GmbH durch die Weiterarbeit kein finanzieller Nachteil eintrete. Die GmbH erspare die Zahlung eines Aktivgehaltes an einen neuen Geschäftsführer neben der Zahlung der Pensionsleistungen an den bisherigen Geschäftsführer6. Zum Teil wird die Rechtsprechung des BFH grundsätzlich geteilt, die Zahlung des Gehaltes auf neuer vertraglicher Grundlage aber dann als unschädlich angesehen, wenn das neue Gehalt und die Altersbezüge nicht zu einer Überversorgung führen, d.h. 75 % der früheren Aktivbezüge nicht übersteigen7.
Im Streitfall wurde das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers im Jahr 2010 mit dem Erreichen des Pensionsalters, d.h. der Vollendung des 68. Lebensjahres, beendet. Damit entstand zivilrechtlich der Anspruch auf die Pensionszahlung.
Der neue Anstellungsvertrag vom 28.02.2011 stellt eine neue zivilrechtliche Grundlage dar. Es liegt keine unveränderte Weiterbeschäftigung vor. Die Voraussetzungen für den Pensionsanspruch waren nach dem Inhalt der erteilten Pensionszusage vor Abschluss des neuen Anstellungsvertrages erfüllt. Der neue Anstellungsvertrag berührt die Regelungen in der Pensionszusage zum Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft als Voraussetzung für den Pensionsanspruch nicht, sondern lässt diesen unberührt. Der neue Anstellungsvertrag ist nicht mehr der Maßstab für das zivilrechtliche Entstehen des Anspruchs auf die Pensionszahlungen; der neue Anstellungsvertrag berührt nicht den zivilrechtlichen Anspruch aus der Pensionszusage.
Für den neuen Anstellungsvertrag bei gleichzeitiger Pensionszahlung ist daher der allgemeine Fremdvergleich, insbesondere zur angemessenen Höhe der Gesamtleistungen, dahin anzustellen, ob das Gehalt bei der gegebenen gleichzeitigen Zahlung zweier Leistungen anzurechnen ist (entweder das Gehalt auf die Pension oder umgekehrt, je nachdem, welcher Bestandteil gewichtiger ist).
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist im konkreten Einzelfall auch unter Beachtung der dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH der Fremdvergleich als gewahrt anzusehen und die Zahlung des Geschäftsführergehaltes neben den Pensionsleistungen nicht als gesellschaftlich veranlasste Vorteilszuwendung und damit als vGA einzuordnen.
Im Unterschied zu den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Sachverhalten war im Streitfall zunächst das Geschäftsführeranstellungsverhältnis beendet worden und wurden anschließend entsprechend der Versorgungsregelung Pensionsleistungen erbracht, ohne dass abzusehen gewesen oder von vornherein eine spätere Wiederbestellung und Anstellung als Geschäftsführer geplant oder zu erwarten gewesen wäre.
Zwar besteht auch bei späterer Neueinstellung der vom Bundesfinanzhof angesprochene Zielkonflikt zwischen Versorgungsbezügen und Gehalt. Im vorliegenden konkreten Einzelfall ist aber zusätzlich einzubeziehen, dass die erneute Geschäftsführertätigkeit allein im Interesse der GmbH erfolgte und das vereinbarte neue Geschäftsführergehalt letztlich nur ein Anerkennungsbetrag und kein vollwertiges Gehalt ist. Gehalt und Pension lagen in der Summe mit – X € ganz erheblich unter den für das Jahr 2009, dem letzten vollen Kalenderjahr der vorherigen Geschäftsführertätigkeit, gewährten Geschäftsführergesamtbezügen, konkret betragen sie nur ca. 26 % der vorherigen Gesamtbezüge. Die Grenze einer am ursprünglichen Gehalt bemessenen Überversorgung durch die Altersbezüge wird ganz erheblich durch diese Leistungen unterschritten.
Das Verhältnis der früheren Gesamtausstattung des Geschäftsführers zum neuen Geschäftsführergehalt verdeutlicht, dass dem Geschäftsführer für seine erneute Anstellung der Höhe nach nur eine Anerkennungsvergütung aber keine echte Leistungsvergütung in Form eines angemessenen Gehaltes gewährt wurde. Letztlich hat der Geschäftsführer die Tätigkeit überwiegend unentgeltlich übernommen, statt beispielsweise auf die Zahlung der Pension für seine Tätigkeitszeit gegen gleichzeitige Zahlung einer der Höhe nach angemessenen Geschäftsführervergütung zu verzichten.
Angesichts dieser Umstände des vorliegenden Einzelfalles und insbesondere des Umstandes, dass auf Betreiben der GmbH zur Sicherung und Wiederherstellung ihres früheren wirtschaftlichen Erfolges der frühere Geschäftsführer wieder bestellt und angestellt wurde, hätten auch fremde Dritte eine Anstellung zu einem geringen Gehalt zusätzlich zur Zahlung der Pensionsbezüge vereinbart.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 25. Juli 2019 – 10 K 1583/19 K8
- ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteile vom 18.03.2009 – I R 63/08, BFH/NV 2009, 841; BFH, Urteil vom 08.10.2008 – I R 61/07, BStBl II 2010, 57; vom 23.10.2013 – I R 89/12, BFH/NV 2014, 797; vom 11.11.2015 – I R 5/14, BStBl II 2016, 491[↩]
- BFH Urteil 07.08.2002 – I R 2/02, BStBl II 2004, 131[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Finanzgericht, Urteile vom 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl II 1998, 545; vom 27.03.2001 – I R 27/99, BStBl II 2002, 111; vom 23.10.2014 – I R 60/12, BFH/NV 2014, 781[↩]
- BFH, Urteil vom 05.03.2008 – I R 12/07, BStBl II 2015, 409[↩]
- BFH, Urteile vom 23.10.2013 – – I R 60/12, BStBl II 2015, 413; vom 05.03.2008 – I R 12/07, BStBl II 2015, 409[↩]
- s. Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz. 1037; Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 8 Abs.3 Teil D Rz. 688, 688d, 688e[↩]
- Rengers in Blümich, KStG, § 8 Rz. 744[↩]
- nicht rkr: Revision zum BFH – I R 41/19[↩]