Eine Sacheinlage gemäß § 20 UmwStG 1995 kann auch vorliegen, wenn bei einer Bargründung oder -kapitalerhöhung der Gesellschafter zusätzlich zu der Bareinlage die Verpflichtung übernimmt, als Aufgeld (Agio) einen Mitunternehmeranteil in die Kapitalgesellschaft einzubringen.

Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen (§ 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995). Der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile.
Der Beurteilung als „Sacheinlage“ i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 steht nicht entgegen, dass aus gesellschaftsrechtlicher Sicht die Kapitalerhöhung eine reine Barkapitalerhöhung und die Gründung der zweiten GmbH eine reine Bargründung gewesen sind. Daraus ist zwar zu folgern, dass die ausschließlich in Form von Aufgeldern geschuldete Einbringung der Kommanditbeteiligungen gesellschaftsrechtlich nicht als Sacheinlageverpflichtungen im Sinne von § 5 Abs. 4, § 56 Abs. 1 GmbHG, sondern als „andere Verpflichtungen“ (Nebenleistungen) im Sinne von § 3 Abs. 2 GmbHG anzusehen sind1. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 setzt aber nicht voraus, dass auf die Einbringung des betreffenden Betriebsvermögens die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über Sacheinlagen anwendbar sein müssen. Vielmehr enthält § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 eine eigenständige Legaldefinition des umwandlungssteuerrechtlichen Begriffs der „Sacheinlage“, die nicht in jedem Fall deckungsgleich mit dem gesellschaftsrechtlichen Sacheinlagebegriff sein muss. Für die umwandlungssteuerrechtliche Sacheinlage ist es nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 erforderlich aber auch ausreichend, dass der Einbringende als Gegenleistung („dafür“) für die Einbringung des Betriebsvermögens neue Gesellschaftsanteile erhält. Diese Voraussetzung ist auch gegeben, wenn der Einbringungsgegenstand als reines Aufgeld neben der Bareinlage zu übertragen ist2.
Dieses vom Wortlaut getragene Verständnis wird auch dem Gesetzeszweck der §§ 20 ff. UmwStG 1995 gerecht, Umstrukturierungen von Unternehmen steuerlich zu begünstigen, soweit sichergestellt ist, dass ein vor der Einbringung bestehendes Besteuerungsrecht in Bezug auf die bislang im einzubringenden Betriebsvermögen entstandenen stillen Reserven gewahrt bleibt3. Denn die vom Einbringenden neu erworbenen Geschäftsanteile repräsentieren auch dann den Wert der stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens, wenn dieses in Form eines Aufgelds zur Bareinlage in die Kapitalgesellschaft eingebracht worden ist.
Dass die gesellschaftsrechtlichen Sonderregeln für Sacheinlagen nach § 5 Abs. 4 GmbHG, wie z.B. die Pflicht zur Erstellung eines Sachgründungsberichts (§ 5 Abs. 4 Satz 2 GmbHG), die Pflicht zur Erbringung vor der Anmeldung (§ 7 Abs. 3 GmbHG), die registergerichtliche Werthaltigkeitskontrolle (§ 9c Abs. 1 Satz 2 GmbHG) und die sog. Differenzhaftung des Einlegers (§ 9 GmbHG) nicht für Sacheinbringungen im Rahmen von Nebenleistungspflichten nach § 3 Abs. 2 GmbHG gelten, steht der Anwendung des § 20 UmwStG 1995 nicht entgegen. Denn diese Sonderregeln dienen ausschließlich der Gewährleistung der realen Aufbringung des Stammkapitals der GmbH im Interesse der Gesellschaftsgläubiger. Ein Bezug zu der geschilderten umwandlungssteuerrechtlichen Zielsetzung der §§ 20 ff. UmwStG 1995 lässt sich daraus nicht ableiten.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. April 2010 – I R 55/09
- vgl. z.B. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 3 Rz 39[↩]
- vgl. auch Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 20 UmwStG [SEStEG] Rz R 167, der bei Verbuchung der Sacheinlage ausschließlich in den Rücklagen § 20 UmwStG nur dann nicht für anwendbar hält, wenn Bareinlage und Einbringung auf getrennten Vorgängen beruhen[↩]
- vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 16/2710, S. 42[↩]