Die sog. Spartenrechnung nach § 8 Abs. 9 KStG i.d.F. des JStG 2009 setzt voraus, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des JStG 2009 zur Anwendung kommt. Dies ist nicht der Fall, wenn gemäß § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des JStG 2009 „vor dem 18.06.2008 nach anderen Grundsätzen“ als nach § 8 Abs. 7 KStG i.d.F. des JStG 2009 verfahren worden ist.

Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. sind die Rechtsfolgen einer vGA bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. Ein Dauerverlustgeschäft liegt nach Satz 2 der Vorschrift vor, soweit aus verkehrs, umwelt, sozial, kultur, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört. § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG n.F. bestimmt zwar, dass § 8 Abs. 7 KStG n.F. im Grundsatz für das Streitjahr anzuwenden ist, § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG n.F. sieht hiervon jedoch eine Ausnahme vor, wenn im Einzelfall vor dem 18.06.2008 bei der Einkommensermittlung nach anderen Grundsätzen als nach § 8 Abs. 7 KStG n.F. verfahren worden ist. Diese Grundsätze sollen dann letztmals für den Veranlagungszeitraum 2011 maßgebend sein.
Nach § 8 Abs. 9 KStG n.F. sind bei Kapitalgesellschaften, bei denen § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. zur Anwendung kommt, einzelne Tätigkeiten der Gesellschaft nach bestimmten Maßgaben jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen; eine Verrechnung von positiven und negativen Betriebsergebnissen zwischen den jeweiligen Sparten wird damit verhindert. U.a. sollen die nach den für Betriebe gewerblicher Art (BgA) gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG n.F. geltenden Grundsätzen zusammenfassbaren Tätigkeiten oder nicht nach diesen Grundsätzen zusammenfassbaren Tätigkeiten jeweils einer gesonderten Sparte zugeordnet werden (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F.). Bei Eigengesellschaften mit strukturell dauerdefizitären Tätigkeiten ist damit eine Ergebnisverrechnung an die für BgA geltenden Grundsätze gebunden1. § 34 Abs. 6 Satz 9 KStG n.F. ordnet die erstmalige Anwendung dieser Regelung für den Veranlagungszeitraum 2009 und damit für das Streitjahr an. Soweit § 8 Abs. 9 KStG n.F. darauf abstellt, dass „für Kapitalgesellschaften [§ 8] Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 [KStG n.F.] zur Anwendung kommt“, bestimmt § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG n.F. für den Fall, dass „im Einzelfall vor dem 18.06.2008 bei der Einkommensermittlung nach anderen Grundsätzen als nach § 8 Abs. 7 [KStG n.F.] … verfahren worden“ ist, dass diese anderen Grundsätze weiter maßgebend sein sollen und eben nicht § 8 Abs. 7 KStG n.F.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hat in der Vorinstanz das Finanzgericht Düsseldorf zu Recht angenommen, dass die klagenden Stadtwerke für das Streitjahr nur dann zur Spartenrechnung verpflichtet wäre, wenn für dieses Jahr die Bestimmung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. zur Anwendung kommen würde. Denn § 8 Abs. 9 KStG n.F. setzt seinem ausdrücklichen Wortlaut nach die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. voraus. Wäre mithin in der durch § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG n.F. festgelegten Übergangsfrist bis zum Veranlagungszeitraum 2011 nicht § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. anzuwenden, sondern wären stattdessen die vor dem Stichtag 18.06.2008 zur Anwendung gekommenen „anderen Grundsätze“ maßgebend, würde dies auch die Anwendung des § 8 Abs. 9 KStG n.F. ausschließen. Dies würde im Übrigen nach dem keine Einschränkung erkennen lassenden Wortlaut des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG n.F. selbst dann gelten, wenn die früher tatsächlich zur Anwendung gekommenen „anderen Grundsätze“ nicht mit der seinerzeitigen Auffassung der Finanzverwaltung2 in Einklang gestanden haben sollten, der zufolge eine Verlustverrechnung nur zulässig sein sollte, soweit die jeweiligen Verlust- und die Gewinntätigkeiten in einem BgA hätten zusammengefasst werden dürfen. Soweit die Vorinstanz die Anwendung von § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. auf den Streitfall abgelehnt hat, da „vor dem 18.06.2008 bei der Einkommensermittlung nach anderen Grundsätzen als nach § 8 Abs. 7 … verfahren worden“ ist und für diesen Fall § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG n.F. bestimmt, dass diese anderen Grundsätze weiter maßgebend sein sollen und eben nicht § 8 Abs. 7 KStG n.F., tragen die Feststellungen der Vorinstanz diese rechtliche Würdigung nicht.
Die Annahme des Finanzgerichts, vor dem 18.06.2008 seien vGA insoweit angesetzt worden, als die Stadtwerke Verluste aus dem Dauerverlustgeschäft „Verkehr“ (A-AG und C-GmbH) mit Gewinnen aus dem Geschäftsbetrieb „Entwässerung“ (F-GmbH) verrechnet und aus dieser Feststellung abgeleitet hat, und insoweit sei abweichend von den Grundsätzen des § 8 Abs. 7 KStG n.F. verfahren worden, lässt unberücksichtigt, dass die diesbezüglichen Feststellungen auf den Betriebsprüfungsbericht für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2009 beruhen, diese Betriebsprüfung erst im Dezember 2011 begonnen wurde und der Bericht vom August 2014 datiert.
Darüber, nach welchen Grundsätzen Stadtwerke und Finanzamt die Dauerverluste der Stadtwerke im relevanten Zeitraum vor dem 18.06.2008 behandelt haben und ob die Anwendung dieser Grundsätze für das Streitjahr im Vergleich zur Anwendung der Spartenrechnung zu einem für die Stadtwerke insgesamt günstigeren Ergebnis führen würde, hat das Finanzgericht keine Feststellungen getroffen.
Das angefochtene Urteil ist mithin aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht Düsseldorf zurückzuverweisen, damit dieses die fehlenden Feststellungen nachholen kann. Der Bundesfinanzhof weist diesbezüglich darauf hin, dass nach den Angaben im Prüfungsbericht für die Jahre 2006 bis 2009 die Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 ebenfalls erst nach dem Stichtag 18.06.2008, nämlich im November 2008, begonnen worden ist. Es dürfte daher voraussichtlich auf die Handhabung hinsichtlich der zeitlich noch weiter zurückliegenden Veranlagungszeiträume abzustellen sein.
Der Bundesfinanzhof weist diesbezüglich darauf hin, dass jedenfalls für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 ausweislich der Anlage 12 zum Betriebsprüfungsbericht bei der Stadtwerke eine Verrechnung von Erträgen aus Kapitalbeteiligungen vorgenommen worden und erst nach dieser Verrechnung eine vGA in Höhe des Überschusses der Verkehrsverluste (A-AG und C-GmbH) über die Versorgungsgewinne (B-AG und Beteiligungserträge) angesetzt worden ist. Damit wurden bei der Stadtwerke zunächst die Beteiligungserträge zu 100 % bei der Berechnung der vGA berücksichtigt, sodann aber in einem weiteren Schritt als nach § 8b KStG zu 95 % steuerfreie Bezüge von den Einkünften der Stadtwerke wiederum abgezogen. Sollte vor dem gesetzlichen Stichtag ebenfalls nach diesen Grundsätzen verfahren worden sein, würde dies nach Auffassung des Bundesfinanzhofs eine Abweichung von den Grundsätzen des § 8 Abs. 7 KStG n.F. i.S. der Bestimmung in § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG n.F. darstellen.
Sollte das Finanzgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Klage auf der Grundlage der nachgeholten Feststellungen ganz oder teilweise begründet ist, wird es sich des Weiteren mit der Frage zu befassen haben, ob die Regelung des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG n.F. eine staatliche Beihilfe i.S. von Art. 107 Abs. 1 AEUV ist und damit dem Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 AEUV unterliegt, weil sie ohne Beachtung des in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Vorprüfungsverfahrens eingeführt worden ist. Auf die Ausführungen in dem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs an den Gerichtshof der Europäischen Union3 wird Bezug genommen. Das Vorabentscheidungsersuchen hat der Bundesfinanzhof zurückgenommen, nachdem die Stadtwerke jenes Verfahrens ihre Revision zurückgenommen hatte.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Juli 2020 – I R 55/17
- vgl. hierzu BT-Drs. 16/10189, S. 70[↩]
- R 7 Abs. 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2004; BMF, Schreiben vom 07.12.2007, BStBl I 2007, 905[↩]
- BFH, Beschluss vom 13.03.2019 – I R 18/19, BFHE 265, 23[↩]