Verdeckte Gewinnausschüttung an nahe stehende Personen – auch über 2 gesellchaftsrechtliche Ecken

Ist an einer Kapitalgesellschaft ausschließlich eine GbR beteiligt, an der wiederum drei Geschwister zu gleichen Teilen beteiligt sind, und ist der Ehepartner einer der Geschwister alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co. KG, besteht zwischen der GbR und der KG ein Näheverhältnis, das für fremdunübliche Leistungen der Kapitalgesellschaft an die KG die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung an die GbR begründen kann.

Verdeckte Gewinnausschüttung an nahe stehende Personen – auch über 2 gesellchaftsrechtliche Ecken

Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (für die Gewerbesteuer i. V. m. § 7 Satz 1 des GewStG), ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht1. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte2.

Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahe stehende Person bewirkt wird. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahe steht, nicht gewährt hätte3. Da das „Nahestehen“ lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein4. Als nahe stehende Personen kommen auch Kapitalgesellschaften in Betracht, an denen ein oder mehrere Gesellschafter der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft beteiligt sind, wobei eine beherrschende Stellung weder in der vorteilsgewährenden noch in der vorteilsempfangenden Kapitalgesellschaft erforderlich ist5.

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Im Falle eines Darlehens an einen Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person entscheidet sich die Frage, ob die Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war, nach den geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe, insbesondere nach der Verzinsung, den vereinbarten Sicherheiten und dem Rückzahlungsrisiko6. Insbesondere das Fehlen jedweder Besicherung ist ein Indiz für eine Veranlassung der Darlehensvergabe durch das Gesellschaftsverhältnis7. Eine vGA ist daher anzunehmen, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen ein ungesichertes Darlehen gegeben hat und sie die Darlehensforderung in der Folge auf einen niedrigeren Teilwert abschreiben muss8. Das gilt erst recht, wenn das ungesicherte Darlehen ohne jede Verzinsung ausgereicht wurde9.

Im Streitfall liegen die Voraussetzungen einer vGA vor.

Die Teilwertabschreibungen auf die Forderungen aus dem Verrechnungskonto sind Vermögensminderungen, die sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirken und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen.

Die A-KG ist eine der Gesellschafterin der Klägerin nahe stehende Person.

Zwischen der Gesellschafterin der Klägerin, der GbR, und der A-KG als Vorteilsempfängerin bestand aufgrund der Ehe zwischen Frau C als Gesellschafterin der GbR und Herrn J als alleinigem Kommanditisten und alleinigem Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin der A-KG ein hinreichendes Näheverhältnis. Dabei misst das Gericht dem Umstand, dass Frau C nicht unmittelbar an der Klägerin beteiligt war, sondern über die GbR, und dort nur zu einem Drittel, war, keine entscheidende Bedeutung zu. Wie dargelegt, ist eine beherrschende Stellung des Gesellschafters in der vorteilsgewährenden Gesellschaft für die Annahme einer vGA an eine nahe stehende Person nicht erforderlich. Dies kann im Ergebnis allerdings offenbleiben. Denn auch zwischen den anderen Gesellschaftern der GbR bestand im Verhältnis zu … Herrn J ebenfalls ein familiäres Näheverhältnis10.

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Die Entstehung des Schuldsaldos auf dem für die A-KG geführten Verrechnungskonto war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin hätte die später wertberichtigten, nicht abgesicherten Salden auf dem Verrechnungskonto zulasten der A-KG in deren prekärer wirtschaftlicher Lage nicht entstehen lassen.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die A-KG Zahlungsschwierigkeiten hatte und die Begleichung der Schuldsalden auf dem Verrechnungskonto von Anfang an gefährdet war. Ein fremder Dritter als Geschäftsführer hätte der A-KG Kredit überhaupt nicht oder nur gegen entsprechende Sicherheiten gewährt. Dementsprechend hat die GbR nach dem eigenen Vortrag der Klägerin bzgl. der Forderung aus dem Darlehensvertrag die Stellung einer Sicherheit gefordert.

Dem steht das im Erörterungstermin angeführte Argument der Klägerin, sie sei davon ausgegangen, die wechselseitigen, auf dem Verrechnungskonto gebuchten Forderungen würden sich im Ergebnis ausgleichen, nicht entgegen. Denn ein gewissenhafter Geschäftsleiter hätte bemerkt, dass sich ein erheblicher (sechsstelliger) Schuldsaldo zulasten der A-KG aufbaute, und spätestens dann entweder eine adäquate Sicherheit gefordert oder dafür Sorge getragen, dass eine weitere Kreditierung der A-KG unterblieb.

Dasselbe gilt für die fehlende Vereinbarung einer Verzinsung. Auch insoweit hätte ein gewissenhafter Geschäftsleiter in Anbetracht des dauerhaften Schuldsaldos zumindest auf der nachträglichen Vereinbarung einer Verzinsung bestanden.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine Kreditierung der A-KG im streitigen Umfang wegen der engen Zusammenarbeit mit ihr aufgrund des Kooperationsvertrages betriebswirtschaftlich sinnvoll gewesen sei und deshalb einem Fremdvergleich standhalte.

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Der Vortrag der Klägerin, sie hätte sich einen insolvenzbedingten Ausfall der A-KG aufgrund der engen und in der Öffentlichkeit ausdrücklich kommunizierten Kooperation mit dieser Gesellschaft aus Imagegründen nicht leisten können, wird nicht hinreichend durch konkrete Umstände gestützt. Es ist nicht ersichtlich, dass der bloße Hinweis auf der letzten Seite des von der Klägerin eingereichten „Flyers“ der A-KG, dass das Hotel „B“ unter der gleichen Leitung stehe, im Falle der Insolvenz der A-KG überhaupt irgendeine Auswirkung auf den Umsatz der Klägerin gehabt hätte, geschweige denn in der Größenordnung des der A-KG gewährten Kredites bzw. darüberhinausgehend.

Der von der Klägerin behauptete und durch Rechnungen belegte Umfang der Geschäfte mit der A-KG lässt es nicht gerechtfertigt erscheinen, dieser ohne die Unterstützung durch die Klägerin zahlungsunfähigen Gesellschaft einen ungesicherten und zinslosen Kredit in sechsstelliger Höhe zu gewähren.

Dass die A-KG der Klägerin verschiedentlich Personal und Material für Veranstaltungen überlassen hat, wird durch die eingereichten Rechnungen nur für die Zeit nach den Streitjahren dokumentiert. Vor allem aber handelt es sich nicht um für die Klägerin unverzichtbare Leistungen, die nicht anderweitig hätten beschafft werden können, sondern eher um eine weitere Hilfestellung gegenüber der A-KG in den Monaten mit wetterbedingt geringer Auslastung dort.

Das Leasing der Küche und der Weitervermietung an die A-KG ohne Aufschlag beinhaltete nach dem eigenen Vortrag der Klägerin lediglich eine unentgeltliche finanzielle Unterstützung der A-KG, deren Kreditwürdigkeit die Leasinggeberin für nicht ausreichend erachtete.

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Die eingereichten Rechnungen über den Verkauf von Kuchen und Gebäck durch die von der Klägerin betriebene Konditorei an die A-KG ergibt sich ein geschätzter jährlicher Umsatz in Höhe von … bis … €, der gegenüber dem Gesamtumsatz allein der Konditorei in den Jahren 2005 und 2006 von jeweils … € kaum ins Gewicht fällt, wobei im Übrigen zu berücksichtigen ist, dass auch diese Umsätze mit der A-KG nicht sogleich bezahlt, sondern auf dem Debitorenkonto erfasst und damit ebenfalls kreditiert wurden.

Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe auch anderen Schuldnern großzügigen Zahlungsaufschub gewährt, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Zum einen hätte ein gewissenhafter Geschäftsleiter auch gegenüber der Pächterin des Spa-Bereiches keine …stelligen Forderungen auflaufen lassen. Zum anderen hat die Gläubigerin der Pachtforderungen – dies war die GbR und nicht die Klägerin – das Pachtverhältnis durch die Vereinbarung vom 25.09.2013 schließlich beendet und nicht wie im Fall der A-KG immer weiter Forderungen entstehen lassen, die laufend wertberichtigt werden mussten.

Insgesamt ist nicht erkennbar, dass die Klägerin aufgrund der Kreditgewährung an die A-KG bei realistischer Einschätzung mit Vorteilen hätte rechnen können, die das erhebliche finanzielle Risiko auch nur annähernd hätten aufwiegen und einen fremden Dritten als Geschäftsführer ebenfalls zur Darlehensgewährung hätten bewegen können.

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Die Annahme einer vGA auf der Ebene der Kapitalgesellschaft setzt bei dieser keinen Mittelabfluss, etwa durch einen Verzicht auf die Darlehensforderung, voraus. Dies stellt auch der BFH in dem von der Klägerin zitierten Urteil ausdrücklich fest11. Die Annahme einer vGA erfordert zwar, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen „sonstigen Bezug“ i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen12. Diese Eignung liegt bei einer Teilwertabschreibung auf ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasstes Darlehen indes vor13.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 K 189/13

  1. BFH, Urteile vom 23.10.2013 – I R 60/12, DStR 2014, 641, BFH/NV 2014, 781; vom 11.09.2013 – I R 26/12, BFH/NV 2014, 728[]
  2. BFH, Urteile vom 23.10.2013 – I R 89/12, DStR 2014, 637, BFH/NV 2014, 797; vom 15.02.2012 – I R 19/11, BFHE 236, 452, BFH/NV 2012, 885[]
  3. BFH, Urteil vom 10.04.2013 – I R 45/11, BFHE 241, 332, BStBl II 2013, 771[]
  4. BFH, Urteil vom 22.02.2005 – VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266, ein Nahestehen bejahend für den Bruder des Gesellschafters im Verhältnis zum Gesellschafter und dessen Lebensgefährtin[]
  5. BFH, Urteil vom 08.10.2008 – I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62; FG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2011 6 K 2991/08 K, G, F[]
  6. BFH, Urteil vom 08.10.2008 – I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62[]
  7. BFH, Urteil vom 18.02.1999 – I R 62/98, BFH/NV 1999, 993[]
  8. BFH, Urteil vom 18.02.1999 – I R 62/98, BFH/NV 1999, 1515; FG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2011 6 K 2991/08 K, G, F, juris; nachfolgend BFH, Beschluss vom 21.07.2011 – I B 27/11, BFH/NV 2011, 2116; FG Hamburg, Urteile vom 07.08.2012 6 K 25/10, juris; vom 28.11.2007 6 K 256/05[]
  9. FG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2011 6 K 2991/08 K, G, F[]
  10. vgl. BFH, Urteil vom 22.02.2005 – VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266[]
  11. BFH, Urteil vom 14.07.2004 – I R 16/03, BFHE 207, 147, BStBl II 2004, 1010, unter 2.b.[]
  12. BFH, Urteil vom 07.08.2002 – I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 204, 131[]
  13. BFH, Beschluss vom 21.07.2011 – I B 27/11, BFH/NV 2011, 2116[]
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Die nachträglich festgestellte vGA - und die gesetzlich fingierte Null €-Bescheinigung