Findet eine GmbH die einem beherrschenden -oder infolge gleichgelagerter Interessen steuerrechtlich als beherrschend behandelten- Gesellschafter-Geschäftsführer erteilte Zusage auf laufende Rentenzahlungen entgegen der zugrundeliegenden Versorgungsvereinbarung vor der Beendigung des Dienstverhältnisses in einem Einmalbetrag durch Auszahlung der fälligen Beträge aus einer Rückdeckungsversicherung ab, indiziert das die im Gesellschaftsverhältnis liegende Veranlassung der Kapitalabfindung.

Die Kapitalabfindung führt bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn zeitgleich die für die Pensionszusage gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst wird. Es gilt insofern eine geschäftsvorfallbezogene, nicht aber eine handelsbilanzielle Betrachtungsweise1.
Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG, ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Von einer beherrschenden Stellung ist nach der Rechtsprechung des BFH im Regelfall auszugehen, wenn der Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und er deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn er über mehr als 50 v.H. der Stimmrechte verfügt. Verfügt ein Gesellschafter -wie im Streitfall im Zeitpunkt der Zusage sowie der Erhöhung der Pension- über lediglich 50 v.H. oder weniger der Gesellschaftsanteile, wird er aber dennoch einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt, wenn er mit anderen gleichgerichtete Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen. All das entspricht der ständigen Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs.
Wird das Kapital einer Pensionszusage ungeachtet der vertraglichen Abruffrist („nach Vollendung des 60. Lebensjahres“) und trotz unveränderter Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer bereits „mit“ vollendetem 60. Lebensjahr ausbezahlt, dann indiziert dies die im Gesellschaftsverhältnis gründende Veranlassung der Zahlung. Die vorzeitige Auszahlung dürfte sich in der Tat nur durch die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit des Geschäftsführers erklären lassen: Bei einem fremden Dritten wäre überprüft worden, ob und wann die Zahlung zu erfolgen hat. Dass sich die Klägerin alleine auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Versicherungsguthabens durch die Rückdeckungsversicherung verlassen hat, ohne auf die vertraglich vereinbarte Fälligkeit zu achten, ist allein der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Geschäftsführers geschuldet.
Ob sich gleichermaßen und unabhängig davon eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bereits „dem Grunde“ der Versorgungsleistung nach daraus ableiten lässt, dass die Leistung dem Begünstigten auf das vollendete 60. Lebensjahr -statt auf das andernfalls übliche 63. oder 65. Lebensjahr2- versprochen hat, kann angesichts dessen dahinstehen.
Die daraus abzuleitende Konsequenz -das Vorliegen einer vGA- scheitert nicht an dem Fehlen einer hierfür erforderlichen Vermögensminderung.
Diese Vermögensminderung liegt in der Hingabe des Kapitalbetrages und in dem entsprechenden Vermögensabgang. Dass die Klägerin uno actu die bis dahin von ihr gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst hat, ändert nichts. Denn die Auflösung der Rückstellung ist unmittelbare Folge des Umstandes, dass der Versorgungsanspruch mit der Zahlung des versprochenen Betrages aus zivilrechtlicher Sicht erfüllt war. Dies ist zwar auf die getätigte Auszahlung zurückzuführen. Doch bleibt es dabei, dass die Auszahlung aus den beschriebenen Gründen durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht betrieblich veranlasst war, was wiederum die spezifisch körperschaftsteuerrechtliche Konsequenz der außerbilanziellen Hinzurechnung des Vermögensabgangs als vGA nach sich zieht. Eine „Neutralisierung“ dieser Konsequenz infolge einer wechselseitigen Saldierung der jeweiligen Geschäftsvorfälle scheidet aus. Der besagten körperschaftsteuerrechtlichen Konsequenz unterfällt normspezifisch-steuerrechtlich der jeweilige Geschäftsvorfall, nicht der (handelsbilanzielle) Saldo aus der Vermögensminderung hier -der durch das Gesellschaftsverhältnis bedingten Auszahlung- und der Vermögensmehrung dort -der bilanzrechtlich bedingten Rückstellungsauflösung-. Beide Vorfälle sind vielmehr auseinanderzuhalten und steuerrechtlich eigenständig zu behandeln. Der Bundesfinanzhof hält insofern an dem fest, was er durch seine Urteile in BFH/NV 2006, 1515 -dort ebenfalls bezogen auf eine Anwartschaftsabfindung gegen einen Teilverzicht des Begünstigten-; und vom 05.03.2008 – I R 12/073 entschieden hat4, und folgt nicht der dagegen geäußerten Kritik (z.B. Briese, GmbH-Rundschau -GmbHR- 2008, 565; Hoffmann, GmbHR 2006, 824 und GmbH-Steuerberater 2010, 371; Otto in Blomeyer/Rolfs/Otto, a.a.O., StR F Rz 430; s.a. Höfer/Veit/Verhuven, Betriebsrentenrecht, BetrAVG, Band II, Rz 3137 ff.).
Das BFH-Urteil vom 28.04.20105 widerspricht dem nicht. In jener Entscheidung sind zwar -zum einen- die getätigten Rentenzahlungen nach Eintritt des Versorgungsfalls mit der gegenläufigen entsprechenden Minderung der Pensionsrückstellung verrechnet worden. Doch betraf das nur die Situation, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung der als vGA zu beurteilenden Zuführungen zur Pensionsrückstellung in der Anwartschaftsphase unterblieben war und sie infolge zwischenzeitlicher Bestandskraft der betreffenden Steuerbescheide auch nicht mehr nachgeholt werden konnte. So verhält es sich im Streitfall, in dem die Abfindung als solche ein durch das Gesellschaftsverhältnis mitveranlasster Geschäftsvorfall ist, jedoch nicht6. Zum anderen betraf das Urteil die Zahlung von Kapitalabfindungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Versorgungsverpflichtungen auf einen anderen Rechtsträger, die vom Bundesfinanzhof gerade nicht als ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Vorfall angesehen wurde. Soweit dort allerdings zusätzlich auf den Aspekt der fehlenden Vermögensminderung abgestellt worden ist, mag das missgedeutet werden können und ist deswegen im vorgenannten Sinne abzugrenzen und klarzustellen.
Ob und ggf. mit welchen Konsequenzen die Zahlung des Kapitalbetrages unbeschadet der uneingeschränkt fortgeführten Tätigkeit als Geschäftsführer den Grundsätzen widerspricht, die der Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 220, 454 aufgestellt hat, kann in Anbetracht dessen im Streitfall dahinstehen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Oktober 2013 – I R 89/12
- Anschluss an BFH, Urteile vom 14.03.2006 – I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515; und vom 05.03.2008 – I R 12/07, BFHE 220, 454; Klarstellung des BFH, Urteils vom 28.04.2010 – I R 78/08, BFHE 229, 234, BStBl II 2013, 41[↩]
- s. dazu Gosch, a.a.O., § 8 Rz 1092; Otto in Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, 5. Aufl., StR F Rz 290, m.w.N.[↩]
- BFHE 220, 454, unter II. 2.a a.E. der Entscheidungsgründe[↩]
- vgl. im Einzelnen z.B. Gosch, a.a.O., § 8 Rz 398; Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 KStG Rz 303; Wilk, daselbst, § 8 KStG Rz 108[↩]
- BFH, Urteil vom 28.04.2010 – I R 78/08, BFHE 229, 234, BStBl II 2013, 41[↩]
- s. auch Gosch, BFH/PR 2010, 376[↩]