Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung voraus, die sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 EStG auswirkt1. Eine solche Vermögensminderung ist auch gegeben, wenn die GmbH durch eine Vertragsänderung auf eine ihr zustehende Kaufpreisforderung zugunsten einer Schwestergesellschaft verzichtet.

Das Vorliegen einer vGA wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die GmbH im Hinblick auf drohende Regressansprüche Rückstellungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 des Handelsgesetzbuchs hätte bilden müssen. Ist das Merkmal der „Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung“ mit dem jeweiligen Geschäftsvorfall erfüllt und hindert weder die gleichzeitige Entstehung eines Schadensersatzanspruchs nach Zivilrecht noch die Verpflichtung zur Aktivierung dieses Anspruchs nach Bilanzrecht den Eintritt der Rechtsfolgen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG2, dann muss dies auch für den Ansatz einer Rückstellung für die potentielle Inanspruchnahme der GmbH gelten.
Der Bundesfinanzhof teilt die Auffassung, dass diese durch den Preisnachlass bewirkte Vermögensminderung der GmbH ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hatte, da sie einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht gewährt worden wäre. Die AG schuldete aufgrund des notariell beurkundeten Änderungsvertrages die Zahlung eines Kaufpreises. Die Bemessung des Kaufpreises lässt die Kalkulationsgrundlage nicht erkennen. Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer hat keine vertragliche oder gesetzliche Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Käuferin auf die nachträgliche Kaufpreisminderung dargetan. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eigene geschäftliche Interessen der Verkäuferin für den Preisnachlass maßgeblich waren. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte allein aufgrund der Finanzierungsschwierigkeiten der Käuferin einer Herabsetzung des Kaufpreises nicht zugestimmt, zumal vorliegend weitere Kaufinteressenten existierten, die die Immobilie zu einem höheren Kaufpreis erwerben wollten.
Die GmbH hat durch den teilweisen Verzicht auf die unentziehbare Kaufpreisforderung dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einen Vorteil zugewendet. Zwar war die AG als Käuferin und nicht der Gesellschafter der GmbH unmittelbare Nutznießerin des Forderungserlasses. Eine vGA ist jedoch auch zugunsten einer nahestehenden Person möglich. Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger wirtschaftlicher Alleineigentümer der AG war, so dass davon auszugehen ist, dass der Forderungsverzicht der GmbH gegenüber der AG als Schwestergesellschaft auf die Rechtsbeziehung zum Alleingesellschafter-Geschäftsführer als gemeinsamen Gesellschafter zurückzuführen ist3. Da die AG aufgrund des Forderungsverzichts der GmbH weniger für den Erwerb der Grundstücke aufwenden musste, hat sich ihr Vermögen und damit der Wert der Anteile des Alleingesellschafters an dieser erhöht. Die Wertsteigerung trat spätestens mit dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an den Grundstücken durch die AG ein. Diesbezüglich ist -unabhängig von der zivilrechtlichen Eigentumslage- auf den Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzung und Lasten abzustellen4. Dieser erfolgte nach dem Grundstückskaufvertrag zum Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung, so dass dem Alleingesellschafter der wirtschaftliche Vorteil in Form der Wertsteigerung seiner Anteile an der AG außerhalb einer offenen Gewinnausschüttung der GmbH in diesem Jahr zugeflossen ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. Dezember 2014 – VIII R 45/11