Die sog. Ein-Prozent-Regel findet in vor 2006 beginnenden Wirtschaftsjahren keine Anwendung bei einem Nutzungsrecht an fremden Kfz mit weniger als 50 % eigenbetrieblicher Nutzung, bei dem auch kein wirtschaftliches Eigentum besteht.
Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter einschließlich Nutzungen und Leistungen, die der Steuerpflichtige für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Lauf des Wirtschaftsjahres aus dem Einkünfte generierenden Betrieb herausgelöst hat (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die auf die betriebsfremde Verwendung betrieblicher Wirtschaftsgüter entfallende Wertabgabe darf den betrieblichen Gewinn nicht mindern. Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich hat deshalb eine Hinzurechnung der Entnahmen zum Gewinn zu erfolgen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ihre Bewertung erfolgt nach den Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Auch bei der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG muss wegen des Postulats der Totalgewinngleichheit1 im Ergebnis eine ausgewiesene Gewinnminderung aufgehoben werden, soweit sie auf eine Entnahme entfällt2.
Grundvoraussetzung der (Nutzungs-)Entnahme eines Wirtschaftsguts ist dessen Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen3. Die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen erfordert, dass das Wirtschaftsgut dem Betriebsinhaber zuzurechnen ist, d.h. bei materiellen Wirtschaftsgütern, dass er darüber als zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer verfügen kann4.
Ohne die Grundvoraussetzung einer Entnahme ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG –sowohl in der Grundregelung des Satzes 1 wie auch in der Ausnahmevorschrift des Satzes 2– nicht anwendbar. Die Vorschrift regelt (nur) die Bewertung der Entnahmen; sie schafft keinen eigenen, gesonderten Entnahmetatbestand5.
Im Streitfall gehörten die Kfz nicht zum Betriebsvermögen des Klägers, weil er weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer war. Im Zusammenhang mit der Prüfung des wirtschaftlichen Eigentums hat das FG festgestellt, dass die Grundmietzeit erheblich kürzer war als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, weder ein Recht auf Vertragsverlängerung noch ein Kaufoptionsrecht bestand und schließlich die Beteiligung des Klägers an einem etwaigen Verkaufserlös über dem zugrunde gelegten Marktpreis regelmäßig nicht zu einem nennenswerten Ertrag geführt hätte. Auf der Grundlage dieser den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Tatsachenfeststellungen hat das FG wirtschaftliches Eigentum des Klägers zutreffend verneint. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
Auch das jeweilige obligatorische Nutzungsrecht des Klägers aus den Leasingverträgen führt –aus mehreren Gründen– nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.
Der Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags, der ein obligatorisches Nutzungsrecht an einem fremden Wirtschaftsgut begründet, kann dem Betrieb des Nutzungsberechtigten nur bei betrieblicher Veranlassung zugeordnet werden. Dient der Vertragsabschluss –wie im Streitfall– sowohl betrieblichen wie auch außerbetrieblichen Zwecken, ist eine aus dem Veranlassungszusammenhang folgende Zuordnung des Vertrags zum Betrieb oder aber zur außerbetrieblichen Sphäre davon abhängig, ob der Zweck der betrieblichen oder aber der außerbetrieblichen Nutzung des Nutzungsgegenstands überwiegt. Überwiegt wie hier –ungeachtet der Bezeichnung der geleasten Kfz als „Geschäftsfahrzeuge“– der private Nutzungszweck, können Rechte aus dem Vertrag jedenfalls nicht notwendiges Betriebsvermögen sein, da dies erst bei einem betrieblichen Nutzungsanteil von mehr als 50% angenommen wird6.
Das Nutzungsrecht aus dem Leasingvertrag gehört auch nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen. Zwar kann das Nutzungsrecht als immaterielles Wirtschaftsgut7 grundsätzlich möglicher Gegenstand einer Sacheinlage wie auch eines originären Erwerbs sein. Dies setzt jedoch voraus, dass es sich um ein Wirtschaftsgut handelt, das bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung in der Bilanz angesetzt werden darf8; dazu muss ein fassbarer Wert des immateriellen Wirtschaftsguts feststellbar sein9. Hiervon ausgehend ist ein obligatorisches Nutzungsrecht grundsätzlich nicht bilanzierbar, wenn dem ein schwebendes Geschäft zugrunde liegt10. Dies gilt insbesondere bei fortlaufend zeitraumbezogen verwirklichten Dauerschuldverhältnissen11, solange das bestehende Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten nicht durch Vorleistungen oder Zahlungsrückstände gestört ist12. Ein fortlaufend gezahltes Leistungsentgelt kann folglich nicht als Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts „Nutzungsrecht“ aktiviert werden13. Das nicht bewertungsfähige Nutzungsrecht als solches ist dann auch nicht als Gegenstand einer Entnahme anzusehen und zu bewerten. Das gilt gleichermaßen bei Betrieben, deren Gewinn –wie im Streitfall– nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird.
Auch im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass das Nutzungsrecht einen über die fortlaufend ermöglichte und vom Kläger fortlaufend entgoltene Nutzung des jeweiligen Kfz hinausgehenden eigenen, fassbaren Wert gehabt hätte. Nach alledem kommt ihm für die Gewinnermittlung keine Bedeutung zu.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG regelt die Bewertung der Privatnutzung eines betrieblichen Kfz. Die Vorschrift regelt nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang weder die private Nutzung eines Kfz, das nicht Betriebsvermögen ist, noch die Privatnutzung von Wirtschaftsgütern, die keine Kfz sind, wie etwa ein Recht zur Nutzung eines (fremden, überwiegend nicht betrieblich genutzten) Kfz.
Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der Fassung, die für bis 31.12.2005 endende Wirtschaftsjahre galt (EStG a.F.), auf Fälle der vorliegenden Art (Nutzungsrecht an fremden Kfz mit weniger als 50% eigenbetrieblicher Nutzung und ohne wirtschaftliches Eigentum in vor 2006 beginnenden Wirtschaftsjahren) scheidet aus14. Eine Regelungslücke, die Voraussetzung einer gesetzesanalogen Rechtsanwendung wäre, besteht nicht. Soweit Rechtsprechung und Verwaltung § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG a.F. auch auf Leasingfahrzeuge angewandt haben, die nicht im wirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers standen, betraf dies ausdrücklich nur Sachverhalte mit einer mehr als 50%igen betrieblichen Nutzung15. Über die Frage, ob der vorgenannten Auffassung zur Erstreckung der 1%-Regelung auf Leasingfahrzeuge bei einer mehr als 50%igen betrieblichen Nutzung zu folgen ist16, ist im Streitfall nicht zu entscheiden.
Es ist auch kein Gesetzeszweck ersichtlich, der –über den Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG a.F. hinausgehend– die Einbeziehung von Nutzungsrechten an überwiegend privat genutzten Kfz in den Regelungsbereich der Vorschrift gebieten könnte. Die grob typisierende Vorschrift dient zur Vereinfachung der Bewertung17 der Nutzungsentnahme von betrieblichen Kfz für private Zwecke. Es geht darum, „komplizierte Lebenssachverhalte im Zusammenhang mit der Erfassung der (…) betrieblichen bzw. privaten Kfz-Nutzung übersichtlicher und verständlicher zu machen“18. Dieser Vereinfachungszweck erfordert kein extensives Normverständnis.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist vielmehr eine Ausnahmevorschrift, die bei einer eng umgrenzten –wenn auch praktisch bedeutsamen– Fallgruppe von der allgemeinen Regel der Bewertung von Entnahmen mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG), bei Nutzungsentnahmen mit den anteiligen Selbstkosten19, abweicht. Gegen eine Ausweitung des Regelungsbereichs des Satzes 2 auf einen Sachverhalt wie im Streitfall spricht nicht zuletzt die Gesetzgebungsgeschichte. Dem Entwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen20 ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes 1996 nicht davon ausgegangen ist, dass Kfz mit einer geringeren betrieblichen Nutzung als 50% als gewillkürtes Betriebsvermögen auch im Rahmen der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen sind. Erst infolge der Anerkennung von gewillkürtem Betriebsvermögen auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durch das BFH-Urteil vom 2. Oktober 200321 hat der Gesetzgeber sich gezwungen gesehen, für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2005 beginnen (§ 52 Abs. 16 Satz 11 EStG), eine mehr als 50%ige betriebliche Nutzung des betreffenden Kfz zur Tatbestandsvoraussetzung zu machen, da sich andernfalls zahlreiche Fallgestaltungen ergeben würden, „bei denen die 1%-Regelung zu einem ungerechtfertigten Vorteil für den Steuerpflichtigen führt, weil der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelung von einer durchschnittlichen privaten Nutzung von 30 bis 35 v.H. ausgegangen ist“.
Vor diesem Hintergrund verbietet sich auch schon für die Streitjahre eine Gesetzesauslegung, die über den Wortlaut hinausginge und im Hinblick auf die relativ geringe betriebliche Nutzung einen vom Gesetzgeber ersichtlich nicht bezweckten, der Sache nach ungerechtfertigten Vorteil für den Steuerpflichtigen herbeiführen würde, da bei niedrigem betrieblichen Nutzungsanteil die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG tendenziell Subventionswirkung hat22.
Auch der Einwand einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu denjenigen, die eigene Kfz im gewillkürten Betriebsvermögen halten, oder zu Steuerpflichtigen mit nicht eigenen, aber zu mehr als 50% betrieblich genutzten Leasingfahrzeugen kann keine andere Entscheidung herbeiführen:
Eine gegenüber dem Streitfall abweichende Behandlung eigener –auch wirtschaftlich eigener– Kfz des Steuerpflichtigen ist deshalb gerechtfertigt, weil solche Kfz gewillkürtes Betriebsvermögen sein können mit damit verbundenen weiteren möglichen Auswirkungen auf die Gewinnermittlung, etwa bei der Erfassung stiller Reserven, die auch zulasten des Steuerpflichtigen ausschlagen können. Nur eigene Kfz können als solche dem Betriebsvermögen zur Nutzung entnommen werden.
Leasingfahrzeuge, die kein wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers sind, unterfallen nicht dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. Soweit nach der Verwaltungsauffassung Leasingfahrzeuge gleichwohl einzubeziehen sind, soll dies nur für Fahrzeuge mit mehr als einer 50%igen betrieblichen Nutzung gelten23. An diese norminterpretierenden Verwaltungsanweisungen sind die Gerichte nicht gebunden.
Im Übrigen kann die Verwaltungsauffassung indes als sachlichen Rechtfertigungsgrund für sich in Anspruch nehmen, dass die 1%-Regelung jedenfalls typischerweise weniger subventionierend wirkt, je höher der betriebliche Nutzungsanteil eines Fahrzeugs ist.
Im Ergebnis bleibt es deshalb bei der Steuerfestsetzung, wonach nur die auf die vorübergehende betriebliche Nutzung der geleasten Kfz entfallenden Selbstkosten24 als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. November 2012 – VIII R 31/09
- vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 4 Rz 10, m.w.N.[↩]
- vgl. des Näheren Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 340 f.[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2008, 1662; vom 13.02.2003 – X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472; vom 02.03.2006 – IV R 36/04, BFH/NV 2006, 1277; ablehnend FG Köln, Beschluss vom 29.01.2007 – 14 V 4485/06, EFG 2007, 578[↩]
- vgl. Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 128; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 151 f.[↩]
- BFH, Urteil vom 19.03.2009 – IV R 59/06, BFH/NV 2009, 1617[↩]
- Bode in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 4 Rz 42, m.w.N.[↩]
- Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 176; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 102[↩]
- BFH, Urteil vom 22.01.1980 – VIII R 74/77, BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 20.08.1986 – I R 150/82, BFHE 149, 25, BStBl II 1987, 455[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 19.06.1997 – IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808; vom 25.10.1994 – VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312, m.w.N.; vom 01.09.2011 – II R 67/09, BFH/NV 2011, 2066, m.w.N.; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 176[↩]
- vgl. Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 618[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808[↩]
- a.A. Wacker, NWB, Fach 3, S. 10119, 10129[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 03.11.1999 – V 88/99, EFG 2000, 165;
BMF, Schreiben vom 12.05.1997 – IV B 2 -S 2177- 29/97, BStBl I 1997, 562; und vom 21.01.2002 – IV A 6 -S 2177- 1/02, BStBl I 2002, 148, jeweils Tz. 1[↩] - zweifelnd BFH, Urteil in BFH/NV 2006, 1277[↩]
- vgl. Ausschussempfehlung an den Bundesrat zum Jahressteuergesetz 1996, BT-Drucks. 13/1686, S. 8; BFH, Urteil vom 09.03.2010 – VIII R 24/08, BFHE 228, 499, BStBl II 2010, 903[↩]
- BFH, Urteil vom 03.08.2000 – III R 2/00, BFHE 193, 101, BStBl II 2001, 332[↩]
- vgl. nur BFH, Urteil in BFH/NV 2009, 1617; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 506, m.w.N.[↩]
- BR-Drucks. 937/05, S. 9[↩]
- BFH, Urteil vom 02.10.2003 – IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985[↩]
- vgl. Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 513, m.w.N.[↩]
- BMF, Schreiben in BStBl I 1997, 562; und in BStBl I 2002, 148, jeweils Tz. 1[↩]
- vgl. Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 360 „Nutzung“; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 507[↩]











