Anfechtung der Lohnsteuer-Anmeldung durch den Arbeitnehmer

Es entspricht allgemeiner Rechtsauffassung, dass in einem vom Arbeitnehmer durchgeführten Anfechtungsverfahren gegen die Lohnsteuer-Anmeldung der Arbeitgeber als Adressat der Bescheide notwendig beizuladen ist1. Diese Rechtsauffassung war auch Grundlage des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 05.10.20052, an der unverändert festzuhalten ist.

Anfechtung der Lohnsteuer-Anmeldung durch den Arbeitnehmer

Insoweit gilt für die Anfechtung einer Lohnsteuer-Anmeldung nichts anderes als für die Anfechtung eines Haftungsbescheids3. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte zum finanzgerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen, wenn diese an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die gerichtliche Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Fall, wenn die Entscheidung nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen des Dritten gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt4.

Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitnehmer, der gegen die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers Anfechtungsklage erhoben hat, von der Anfechtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage übergeht.

Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO). Ein solches berechtigtes Interesse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzu Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die begehrte Feststellung geeignet sein muss, in einem dieser Bereiche eine Positionsverbesserung des Klägers zu erreichen5.

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Auch im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage -hier der Feststellung, dass die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers rechtswidrig gewesen sei- ist der Arbeitgeber als der eigentliche Adressat an dem zwischen ihm und dem Finanzamt bestehenden Rechtsverhältnis derart beteiligt, dass die Entscheidung über die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Denn in gleicher Weise, wie die Entscheidung über den Lohnsteuerabzug unmittelbar auf die Rechtsbeziehung des Arbeitgebers zum Finanzamt einwirkt, indem sie die Einbehaltungspflicht des Arbeitgebers regelt, und daher der Arbeitgeber notwendig beizuladen ist6, kann auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Lohnsteuer-Anmeldung (§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung), deren Adressat der Arbeitgeber ist, dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gegenüber nur einheitlich ergehen. Insoweit bestätigt oder gestaltet die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Lohnsteuer-Anmeldung unmittelbar die Rechtsbeziehungen des Arbeitgebers zum Finanzamt i.S. der vorgenannten Voraussetzungen der notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO).

Der Bundesfinanzhof hat schon im Urteil in BFHE 109, 502, BStBl II 1973, 780 zur notwendigen Beiladung des Arbeitgebers im Fall der Anfechtung durch den Arbeitnehmer die Besonderheit betont, dass sich in derartigen Konstellationen nicht der Adressat des angefochtenen Verwaltungsakts selbst, der Arbeitgeber, sondern ein Dritter, der Arbeitnehmer, gegen den Verwaltungsakt wendet. In diesen Fällen muss der Stellung des Adressaten des Bescheids, hier des Arbeitgebers, insoweit entsprochen werden, als er zum Verfahren des Dritten notwendig beizuladen ist. Dies gilt für das Anfechtungsbegehren, den Bescheid als rechtswidrig aufzuheben, in gleicher Weise wie für das Feststellungsbegehren, dass der Bescheid rechtswidrig gewesen war.

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Soweit der Arbeitnehmer sich zur Begründung seiner Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage vorlägen, auf das BFH, Urteil zur Änderung der Steuerfestsetzung nach Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung7 bezieht, folgt daraus für die Frage der notwendigen Beiladung im Fortsetzungsfeststellungsverfahren nichts.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 7. August 2015 – VI B 66/15

  1. FG München, Beschluss vom 21.02.2001 8 K 3699/98, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2002, 629[]
  2. BGH, Urteil vom 05.10.2005 – VI R 152/01, BFHE 211, 249, BStBl II 2006, 94[]
  3. dazu schon BFH, Urteil vom 29.06.1973 – VI R 311/69, BFHE 109, 502, BStBl II 1973, 780[]
  4. z.B. BFH, Beschluss vom 12.01.2001 – VI R 49/98, BFHE 194, 6, BStBl II 2001, 246[]
  5. BFH, Urteil vom 04.12 2012 – VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BStBl II 2014, 220, m.w.N.[]
  6. FG München, Beschluss in EFG 2002, 629[]
  7. BFH, Urteil vom 30.10.2008 – VI R 10/05, BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354[]