Der überwiegend nicht qualifiziertem Betrieb eines Handelsschiffes – und die Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer

Eine Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer nach § 41a Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG kommt nicht in Betracht, wenn das Schiff im maßgebenden Lohnzahlungszeitraum nicht im internationalen Verkehr betrieben wird. Ein qualifizierter Betrieb an wenigen Tagen im Jahr reicht daher nicht aus, um die einbehaltene Lohnsteuer für das gesamte Wirtschaftsjahr zu kürzen.

Der überwiegend nicht qualifiziertem Betrieb eines Handelsschiffes – und die Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer

Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.

Gemäß § 41a Abs. 4 Satz 1 EStG dürfen Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben; vom Gesamtbetrag der anzumeldenden und abzuführenden Lohnsteuer einen Betrag von 40 % der Lohnsteuer der auf solchen Schiffen in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen beschäftigten Besatzungsmitglieder abziehen und einbehalten. Die Handelsschiffe müssen in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sein, die deutsche Flagge führen und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden (§ 41a Abs. 4 Satz 2 EStG).

Dem Wortlaut nach setzt § 41a Abs. 4 Satz 2 EStG daher u.a. voraus, dass das Schiff zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See (tatsächlich) betrieben wird. Damit ist das Betreiben eines kommerziellen Schiffes zur Beförderung von Personen oder Gütern im internationalen Verkehr unter deutscher Flagge gemeint1. Subventionsgegenstand sind folglich nur solche Schiffe, die dem Inland zuzurechnen sind und die den Verkehr zum Ausland sicherstellen2. Ein Handelsschiff, das nur ausnahmsweise im internationalen Verkehr und ansonsten nicht qualifiziert i.S. von § 41a Abs. 4 Satz 2 EStG betrieben wird, erfüllt für die Zeiten des nicht qualifizierten Betriebs daher nicht die Voraussetzungen für eine Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer.

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Die Regelung der Lohnsteuerkürzung innerhalb des § 41a EStG zeigt, wie das Finanzgericht zu Recht ausgeführt hat, dass die Ermittlung des Kürzungsbetrags nicht unabhängig von der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG vom Arbeitgeber einzubehaltenden Lohnsteuer erfolgen kann. Denn die Lohnsteuer-Anmeldung hat nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG alle lohnsteuerpflichtigen Sachverhalte zeitraumbezogen zu erfassen3; der Anmeldungszeitraum bestimmt sich dabei nach § 41a Abs. 2 EStG und ist grundsätzlich der Kalendermonat. In der Lohnsteuer-Anmeldung hat der Arbeitgeber nicht nur die Summe der einzubehaltenden Lohnsteuer, sondern auch den Kürzungsbetrag nach § 41a Abs. 4 EStG einzutragen. Die maßgebliche Pflicht zur Einbehaltung der Lohnsteuer knüpft wiederum an die Verhältnisse des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums an4. Insoweit besteht zwischen der nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG für einen Lohnzahlungszeitraum vom Arbeitgeber einzubehaltenden Lohnsteuer und der von ihm im Anschluss im Rahmen der Lohnsteuer-Anmeldung gemäß § 41a Abs. 4 EStG erfolgenden Kürzung ein Zusammenhang. Das Schiff muss deshalb im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum tatsächlich zu den im Gesetz genannten Zwecken eingesetzt worden sein, um die Kürzung vornehmen zu können5.

Demgegenüber lässt die 183-Tage-Regelung des § 41a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht darauf schließen, „Abrechnungsperiode“ für die vom Arbeitgeber vorzunehmende Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer sei das gesamte Wirtschaftsjahr. So unterscheidet § 41a Abs. 4 EStG -wie vom Finanzgericht zu Recht angemerkt- zwischen personenbezogenen Voraussetzungen in Satz 1 (qualifizierte Arbeitnehmer, qualifizierte Beschäftigungsverhältnisse) und schiffsbezogenen Voraussetzungen in Satz 2 (qualifiziertes Betreiben). Hieraus ergibt sich allenfalls, dass die Lohnsteuervergünstigung zwar auch für die Zeiten möglich ist, in denen der (qualifizierte) Betrieb des Schiffes durch Be- und Entladezeiten oder durch Zeiten notwendiger Reparaturen oder Leerfahrten unterbrochen ist, das Beschäftigungsverhältnis aber andauert6.

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Dem Verständnis, dass ein nur vereinzeltes, sporadisches und kurzfristiges Betreiben im internationalen Verkehr die vom Gesetz vorgesehene Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer gleichwohl für ein komplettes Wirtschaftsjahr erlaubt, widersprechen auch Sinn und Zweck der Regelung.

Die Vorschrift wurde zum 01.01.1999 mit dem Seeschifffahrtsanpassungsgesetz vom 09.09.19987 nach niederländischem Vorbild eingeführt, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Arbeitsplätze der deutschen Seeleute durch gezielte Verringerung der Personalkostenbelastung zu stärken und so den Schifffahrtsstandort Deutschland zu sichern und zu stärken8. Insoweit handelt es sich um eine fest umrissene Lenkungsmaßnahme, die restriktiv auszulegen ist9. Wie auch die zeitgleich eingeführte pauschale Gewinnermittlung nach der Tonnage (§ 5a EStG) bewirkt die pauschale Lohnsteuerermäßigung eine effektive Steuerentlastung der Unternehmer bzw. Arbeitgeber10. Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Subventionsnorm ist auch bei der Lohnsteuerermäßigung erforderlich, dass zwischen der Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer und dem qualifizierten Betrieb des Handelsschiffes im internationalen Verkehr ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dem entspricht, dass nach der Legaldefinition in § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG Handelsschiffe dann im internationalen Verkehr betrieben werden, wenn eigene oder gecharterte Seeschiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind, in diesem Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See eingesetzt werden.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Dezember 2019 – VI R 30/17

  1. Urbahns, NWB 2016, 1578, 1581[]
  2. Reuss in Herrmann/Heuer/Raupach, § 41a EStG Rz 20[]
  3. Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 41a Rz 4[]
  4. Blümich/Thürmer, § 38 EStG Rz 121[]
  5. ebenso Schmidt/Krüger, a.a.O., § 41a Rz 8; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 41a Rz 10[]
  6. s. Blümich/Heuermann, § 41a EStG Rz 45; Heuermann/Wagner, LohnSt, G Rz 177[]
  7. BGBl I 1998, 2860[]
  8. s. BT-Drs. 13/8023, S. 27 und BT-Drs. 13/10271, S. 8 f.[]
  9. Blümich/Heuermann, § 41a EStG Rz 41[]
  10. s. BFH, Urteile vom 26.09.2013 – IV R 46/10, BFHE 243, 223, BStBl II 2014, 253, Rz 19 f.; und vom 22.01.2015 – IV R 10/12, Rz 19[]