Die Haftung des Geschäftsführers für pauschalierte Lohnsteuer

Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten begründet regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Das gilt auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer. 

Die Haftung des Geschäftsführers für pauschalierte Lohnsteuer

Bei der pauschalierten Lohnsteuer handelt es sich nicht um eine Unternehmenssteuer eigener Art, sondern um die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene; und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer1.

Gemäß § 69 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO haften die gesetzlichen Vertreter einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt worden sind. Danach trifft den Geschäftsführer einer GmbH die Pflicht, für eine fristgerechte Anmeldung und Abführung der von der GmbH geschuldeten Lohnsteuer zu sorgen (§ 41a Abs. 1 EStG).

Im Streitfall sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Geschäftsführerin hat ihre Pflichten zum einen dadurch verletzt, dass sie die für die Monate Dezember 2017 und Januar 2018 angemeldete Lohnsteuer nicht bzw. nicht vollständig abgeführt hat. Zum anderen hat sie die mit Nachforderungsbescheid vom 09.03.2018 für die Monate September 2014 bis Juni 2017 festgesetzte Lohnsteuer (und die Nebenleistungen) weder korrekt angemeldet noch gezahlt.

Diese Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer beruht auf einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der Pflichten der Geschäftsführerin als Geschäftsführerin.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellt die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Geschäftsführerpflichten dar2.

So ist das Finanzgericht München im hier entschiedenen Fall in der Vorinstanz zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass die GmbH-Geschäftsführerin keine Gründe glaubhaft gemacht hat, welche im Einzelfall die Pflichtverletzung entschuldigen oder den Vorwurf grober Fahrlässigkeit entkräften können3.

Zahlungsschwierigkeiten der GmbH ändern weder etwas an der Pflichtenstellung des GmbH-Geschäftsführers noch schließen sie sein Verschulden bei Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH aus. Reichen die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Befriedigung der arbeitsrechtlich geschuldeten Löhne (einschließlich des in ihnen enthaltenen Steueranteils) nicht aus, so darf der Geschäftsführer die Löhne nur entsprechend gekürzt auszahlen und muss aus den dadurch übrig bleibenden Mitteln die auf die gekürzten (Netto-)Löhne entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abführen4.

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Der vorliegende Fall bietet für den Bundesfinanzhof keinen Anlass zu entscheiden, ob der Grundsatz der anteiligen Tilgung auch auf die pauschalierte Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 EStG keine Anwendung findet.

Im Hinblick auf den Haftungsbescheid wegen Lohnsteuer Januar 2017 u.a. hat die Geschäftsführerin schon nicht vorgetragen, dass sich die GmbH im für die Haftung laut Haftungsbescheid maßgeblichen Zeitraum September 2014 bis Juni 2017 in Zahlungsschwierigkeiten befand. Entgegen der Ansicht der Geschäftsführerin kommt es im Streitfall nicht auf den Fälligkeitszeitpunkt der pauschalierten Lohnsteuer laut Nachforderungsbescheid vom 09.03.2018 an, sondern auf die Pflichtverletzung durch Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer zu den gesetzlich vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkten.

Nach § 40 Abs. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer in bestimmten Fällen mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent erheben. Er hat die pauschale Lohnsteuer zu übernehmen. Nach § 40 Abs. 3 EStG ist der Arbeitgeber Schuldner der pauschalen Lohnsteuer. Der pauschal besteuerte Arbeitslohn und die pauschale Lohnsteuer bleiben bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer und beim Lohnsteuer-Jahresausgleich außer Ansatz. Die pauschale Lohnsteuer ist weder auf die Einkommensteuer noch auf die Jahreslohnsteuer anzurechnen. Geregelt wird in § 40 EStG ein Besteuerungsverfahren besonderer Art5. Es handelt sich um eine von der Steuer des Arbeitnehmers abgeleitete Steuer. Die Steuerschuldnerschaft des Arbeitgebers ist steuertechnischer (formeller) Art6.

Zwar hatte der Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 160, 417, BStBl II 1990, 767 ausgeführt, dass sich die Pflichtverletzung und das Verschulden des Haftungsschuldners nach § 69 Satz 1 AO im Falle der Lohnsteuerpauschalierung nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit der durch den Pauschalierungs-(Nachforderungs-)Bescheid festgesetzten pauschalen Lohnsteuer bestimmten und nicht -wie in den Fällen der Haftung des Geschäftsführers für die individuelle Lohnsteuer- nach dem in § 41a Abs. 1 EStG geregelten Zeitpunkt der Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer.

Diese Entscheidung beruhte jedoch zum einen auf einer Einordnung der pauschalen Lohnsteuer als Unternehmenssteuer eigener Art, wie sie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 05.11.19827 vertreten hatte. Die Einordnung der pauschalen Lohnsteuer als Unternehmenssteuer eigener Art haben verschiedene Senate des Bundesfinanzhofs mittlerweile ausdrücklich aufgegeben8. Danach ist die pauschale Lohnsteuer die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene; und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer. Dem schließt sich der hier entscheidende Siebte Senat des Bundesfinanzhofs an.

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Zum anderen betrifft der Haftungsbescheid vom 10.10.2018 zwar der Höhe nach die pauschalierte Lohnsteuer laut Nachforderungsbescheid vom 09.03.2018, stellt jedoch primär auf die unvollständige Anmeldung und infolgedessen zu niedrige Abführung der Lohnsteuer ab. Der Bundesfinanzhof hat erst unlängst klargestellt, dass sich die maßgebliche Handlung bzw. Unterlassung nach dem Inhalt des Haftungsbescheids richtet9.

Dass sich die GmbH zu diesem Zeitpunkt bereits in Zahlungsschwierigkeiten befand, hat die Geschäftsführerin nicht vorgetragen.

Bezüglich der Haftungsbescheide zur Lohnsteuer Dezember 2017 und Januar 2018 bleibt es bei den obigen allgemeinen Ausführungen. Mit einem Hinweis auf Zahlungsschwierigkeiten der GmbH vermag sich die Geschäftsführerin nicht zu entlasten.

Die Geschäftsführerin ist auch nicht durch ihren Hinweis auf den von ihr beauftragten Steuerberater entschuldigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist zwar generell davon auszugehen, dass der Geschäftsführer einer GmbH dann nicht schuldhaft handelt, wenn er die Sachkunde eines ihm als zuverlässig bekannten -und als Angehöriger eines rechtsberatenden oder steuerberatenden Berufs befugten- steuerlichen Beraters in Anspruch nimmt, sich auf diesen verlässt und bei gewissenhafter Ausübung seiner Überwachungspflichten keinen Anlass hat, die steuerliche Korrektheit der Arbeit des steuerlichen Beraters in Frage zu stellen10.

Allerdings darf der Geschäftsführer nicht blind auf die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung durch den Dritten vertrauen und auf eine Überwachung gänzlich verzichten. Vielmehr muss er sich fortlaufend über den Geschäftsgang unterrichten, so dass ihm Unregelmäßigkeiten nicht über einen längeren Zeitraum verborgen bleiben können11. Schließlich kann eine konkrete Anfrage und eine entsprechende Antwort allenfalls dann einen Entschuldigungsgrund darstellen, wenn der Rechtsanwalt bzw. Steuerberater über den Sachverhalt vollständig und zutreffend in Kenntnis gesetzt wurde und daraufhin die unmissverständliche Auskunft erteilt hat, dass steuerliche Pflichten im Hinblick auf die in Frage stehenden Steuern nicht zu erfüllen seien12.

Bezüglich der konkreten Umstände, welche der pauschalierten Lohnsteuer zugrunde liegen, hat die Geschäftsführerin lediglich vorgetragen, dass sie in Lohnsteuerfragen durch eine Steuerberatungsgesellschaft betreut worden sei und erst infolge der Außenprüfung erfahren habe, dass Zahlungen in dieser Höhe anfallen. Allein die Betreuung durch einen fachkundigen Dritten entlastet die Geschäftsführerin jedoch nicht. Sie hat bereits nicht vorgetragen, ob der Steuerberater von dem maßgeblichen Sachverhalt (private Kfz-Nutzung durch die Geschäftsführerin, Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen an Arbeitnehmer) Kenntnis hatte und demzufolge überhaupt in der Lage war, diesen Sachverhalt steuerrechtlich zu würdigen.

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Da die beiden übrigen Haftungsbescheide auf eine Pflichtverletzung durch die teilweise bzw. vollständige Nichtzahlung der Lohnsteuer abstellen, vermag der Hinweis auf eine Beratung durch den Steuerberater bereits grundsätzlich nicht durchzudringen.

Durch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens war die Geschäftsführerin rechtlich nicht gehindert, die Lohnsteuer für Dezember 2017 abzuführen. Denn allein der Antrag schränkt den Geschäftsführer in seiner Verfügungsbefugnis nicht ein13.

Soweit die Haftung für die Lohnsteuer für Januar 2018 betroffen ist, welche nach Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters am 01.02.2018 fällig geworden war, hat das Finanzgericht zutreffend auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und die dort dargestellten Anforderungen an das Verhalten des Geschäftsführers verwiesen14.

Danach muss der in Haftung genommene Geschäftsführer substantiiert darlegen und ggf. nachweisen, welche Schritte er zur Zahlung der Steuer am Fälligkeitstag eingeleitet hatte und dass und aus welchen Gründen sich deren Weiterverfolgung wegen der Haltung des vorläufigen Insolvenzverwalters als sinnlos darstellte15. In der Krise der Gesellschaft treffen den Geschäftsführer erhöhte Pflichten. Deshalb kann sich ein Geschäftsführer nicht allein mit der Behauptung entlasten, er habe angenommen, der vorläufige Insolvenzverwalter werde seine Zustimmung zur Abgabentilgung verweigern. Im Regelfall ist vom Geschäftsführer zumindest eine entsprechende dokumentierte Anfrage an den vorläufigen Insolvenzverwalter zu erwarten. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann darauf verzichtet werden, wenn nämlich konkrete und eindeutige objektive Anhaltspunkte für die Sinnlosigkeit einer solchen Anfrage bestehen. In diesem Zusammenhang ist die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu beachten, nach der ein hypothetischer Kausalverlauf keine Berücksichtigung finden kann16.

Dieser Rechtsprechung ist entgegengehalten worden, der Bundesfinanzhof verschließe die Augen vor der Tatsache, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter aufgrund der insolvenzrechtlichen Massesicherungspflicht die Zahlung von Steuern, die Insolvenzforderungen darstellen, nie genehmigen werde17. Die formalistische Rechtsprechung habe zur Folge, dass schlecht beratene Geschäftsführer in Haftungsfallen gerieten18. Der Bundesfinanzhof habe sich weder mit der Rechtsfigur des „Zustimmungsvorbehalts“ als „Verfügungsbeschränkung“ auseinandergesetzt noch § 24 Abs. 1 InsO erwähnt19. Verfügungen des Schuldners, die gegen einen solchen „Zustimmungsvorbehalt“ verstießen, seien gemäß § 24 Abs. 1 i.V.m. § 81 Abs. 1 InsO absolut (schwebend) unwirksam gegenüber jedermann.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der vorläufige Insolvenzverwalter, falls dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde, die künftige Masse zu sichern und zu erhalten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Daraus folgt, dass er Forderungen einzelner Gläubiger nur erfüllen -und somit das Schuldnervermögen nur vermindern- darf, wenn dies im Einzelfall zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben, etwa zur Fortführung des Schuldnerunternehmens, im Interesse der Gläubigergesamtheit erforderlich oder wenigstens zweckmäßig erscheint20.

Der Bundesfinanzhof hält für den Streitfall an seiner Rechtsprechung fest. Er sieht sich auch durch die Auffassungen im Schrifttum nicht veranlasst, seine Ansicht zu ändern. Denn zum einen hat der Gesetzgeber sein Ziel, alle Gläubiger gleich zu behandeln, nur innerhalb der InsO, nicht aber darüber hinaus verfolgt21. Zum anderen widerspricht das grundsätzliche Erfordernis, den vorläufigen Insolvenzverwalter um eine Zustimmung zu ersuchen, dem Anliegen des Gesetzgebers nicht. Die Haftung betrifft nämlich nicht den Insolvenzschuldner, sondern den Geschäftsführer, und die Möglichkeit der Haftungsinanspruchnahme besteht -zugunsten des Fiskus- unabhängig von einer Insolvenz. Aus der dargestellten Rechtsprechung des BGH ergibt sich zudem, dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter nicht ausnahmslos die Zustimmung untersagt ist, sondern dass die Umstände des Einzelfalles entscheiden. Würde man ausnahmslos und ohne konkrete und eindeutige objektive Anhaltspunkte unterstellen, dass eine Zustimmung nicht erteilt wird, widerspräche dies der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Nichtberücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe22.

Auch die durch das AG angeordnete Einziehung der Außenstände der GmbH durch den vorläufigen Insolvenzverwalter erfordert keine andere Beurteilung. Zwar sind die Zahlungseingänge nach dem Insolvenzgutachten auf dem von dem vorläufigen Insolvenzverwalter eingerichteten Anderkonto zu verzeichnen, über welches die Geschäftsführerin nicht verfügen konnte. Darauf kommt es jedoch nicht an, weil die Geschäftsführerin auch von einem Konto der GmbH keine wirksamen Verfügungen hätte vornehmen können (§ 24 Abs. 1 i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO). Deshalb ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede zu den bislang entschiedenen Fällen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat das Finanzgericht zutreffend ein Verschulden der Geschäftsführerin angenommen, weil diese den vorläufigen Insolvenzverwalter nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanz (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht um Zustimmung zur Zahlung der Lohnsteuer für Januar 2018 ersucht hat. Das Finanzgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass aus der E-Mail vom … nicht zu entnehmen ist, dass der vorläufige Insolvenzverwalter seine Zustimmung verweigert hätte23. Aus dieser E-Mail ergibt sich lediglich die unstreitige Tatsache, dass keine Zustimmung erteilt worden ist, jedoch nicht, ob die Geschäftsführerin um eine solche Zustimmung ersucht hat.

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Ob die Geschäftsführerin den Insolvenzverwalter auch um Zustimmung zur Zahlung hätte bitten müssen, wenn die GmbH zum Fälligkeitszeitpunkt über keine Mittel zur Zahlung der Steuerschuld verfügt hätte, musste der Bundesfinanzhof nicht entscheiden. Denn soweit die Geschäftsführerin vorträgt, die GmbH habe nur noch über ca. … € verfügt und der Kontokorrentkredit sei ausgeschöpft gewesen, handelt es sich zum einen um neuen und demzufolge im Revisionsverfahren nicht relevanten Vortrag. Zum anderen käme es darauf auch nicht an, weil sich der Geschäftsführer im Fall der Haftung für Lohnsteuer nach der ständigen Rechtsprechung nicht auf Zahlungsschwierigkeiten und den Grundsatz der anteiligen Tilgung berufen kann. Selbst eine verweigerte Zustimmung hätte die Geschäftsführerin in einem solchen Fall nicht ohne weiteres entlastet.

Schließlich führt auch der Hinweis der Geschäftsführerin auf § 15b InsO i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vom 22.12.202024 zu keinem anderen Ergebnis.

Nach § 15b Abs. 8 InsO liegt eine Verletzung steuerrechtlicher Zahlungspflichten nicht vor, wenn zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO oder der Überschuldung nach § 19 InsO und der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, sofern die Antragspflichtigen ihren Verpflichtungen nach § 15a InsO (Insolvenzantragspflicht) nachkommen. Zwar war die Lohnsteuer für Dezember 2017 und Januar 2018 nach Stellung des Insolvenzantrags (und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens) fällig, die Neuregelung gilt nach Art. 25 SanInsFoG jedoch erst ab dem 01.01.2021.

Die Pflichtverletzungen waren auch kausal für die nicht rechtzeitige Festsetzung und Abführung der Steuern bzw. den Steuerausfall.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. Dezember 2021 – VII R 32/20

  1. Aufgabe der bisherigen BFH-Rechtsprechung in BFH, Urteil vom 03.05.1990 – VII R 108/88, BFHE 160, 417, BStBl II 1990, 767[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 20.04.1982 – VII R 96/79, BFHE 135, 416, BStBl II 1982, 521; BFH, Beschluss vom 09.12.2005 – VII B 124-125/05, BFH/NV 2006, 897, m.w.N.[]
  3. FG München, Urteil vom 29.05.2020 – 8 K 2529/19[]
  4. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschluss vom 21.12.1998 – VII B 175/98, BFH/NV 1999, 745, m.w.N.; BFH, Urteil vom 01.08.2000 – VII R 110/99, BFHE 192, 249, BStBl II 2001, 271[]
  5. Schmidt/Krüger, EStG, 40. Aufl., § 40 Rz 1[]
  6. vgl. ausführlich BFH, Urteil in BFHE 174, 363, BStBl II 1994, 715[]
  7. BFH, Urteil vom 05.11.1982 – VI R 219/80 , BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91[]
  8. BFH, Urteile vom 30.11.1989 – I R 14/87, BFHE 159, 82, BStBl II 1990, 993, und in BFHE 174, 363, BStBl II 1994, 715[]
  9. BFH, Urteil vom 19.01.2021 – VII R 38/19, BFH/NV 2021, 1057, Rz 28[]
  10. ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 28.08.2008 – VII B 240/07, BFH/NV 2008, 1983; und vom 04.05.2004 – VII B 318/03, BFH/NV 2004, 1363[]
  11. BFH, Beschlüsse vom 31.10.2005 – VII B 66/05, BFH/NV 2006, 480; und vom 05.03.1998 – VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325[]
  12. vgl. BFH, Urteil vom 19.09.1985 – VII R 88/85, BFH/NV 1986, 133[]
  13. vgl. BFH, Urteil vom 22.10.2019 – VII R 30/18, BFH/NV 2020, 711, Rz 26[]
  14. vgl. BFH, Urteile vom 16.05.2017 – VII R 25/16, BFHE 257, 515, BStBl II 2017, 934; vom 26.09.2017 – VII R 40/16, BFHE 259, 423, BStBl II 2018, 772, und in BFH/NV 2020, 711[]
  15. zuletzt BFH, Urteil in BFH/NV 2020, 711, Rz 29[]
  16. BFH, Urteil vom 26.01.2016 – VII R 3/15, BFH/NV 2016, 893, m.w.N.[]
  17. Frystatzki, Der GmbH-Steuer-Berater 2020, 240[]
  18. BeckOK InsR/Wolfer, 25. Ed. 15.10.2021, InsO § 15b Rz 26[]
  19. Ries, Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht 2020, 391[]
  20. vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49[]
  21. so BFH, Urteil vom 27.11.2019 – XI R 35/17, BFHE 267, 542, BStBl II 2021, 252, Rz 74 und 77[]
  22. so zuletzt BFH, Urteil in BFH/NV 2020, 711, Rz 35; ausführlich BFH, Urteil in BFH/NV 2016, 893[]
  23. FG, Urteil, Rz 37[]
  24. BGBl I 2020, 3256[]
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