Die konzerninterne, internationale Arbeitnehmerentsendung

Im Falle einer konzerninternen internationalen Arbeitnehmerentsendung wird das aufnehmende inländische Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeitgeber i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt, der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist.

Die konzerninterne, internationale Arbeitnehmerentsendung

Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff erforderliche arbeits- bzw. dienstvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns (zivilrechtlich) im Regelfall beruht. Unbeschadet dessen muss die entsandte Person nach allgemeinen Grundsätzen als Arbeitnehmer des wirtschaftlichen Arbeitgebers anzusehen sein.

Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen hat.

Arbeitgeber im Sinne des Lohnsteuerrechts ist grundsätzlich derjenige, dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung schuldet, unter dessen Leitung er tätig wird oder dessen Weisung er zu befolgen hat (Umkehrschluss aus § 1 Abs. 2 LStDV). Dies ist regelmäßig der Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Dienstvertrag (zivilrechtlicher Arbeitgeber)1.

Nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist inländischer Arbeitgeber in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt; Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.

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Diese Regelungen gelten insbesondere auch im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmern zwischen verbundenen Unternehmen. Sie greifen auch dann ein, wenn ein Arbeitnehmer bei einem verbundenen Unternehmen (entsendendes Unternehmen) angestellt ist und abwechselnd sowohl für dieses als auch für ein weiteres verbundenes Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) arbeitet, wobei das aufnehmende dem entsendenden Unternehmen den von diesem gezahlten Arbeitslohn anteilig ersetzt. In einem solchen Fall sind ggf. sowohl das entsendende als auch das aufnehmende Unternehmen (lohnsteuerrechtlich) Arbeitgeber des betreffenden Arbeitnehmers, so dass dessen Arbeitslohn anteilig von den verschiedenen Arbeitgeber-Unternehmen gezahlt wird.

Allerdings wird das inländische aufnehmende Unternehmen nicht allein schon dadurch zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, dass es dem entsendenden Unternehmen den Arbeitslohn erstattet, der auf die im Inland ausgeübte Tätigkeit entfällt. Voraussetzung für die wirtschaftliche Arbeitgeberstellung i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist vielmehr außerdem, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist2.

Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff sonst erforderliche arbeits- bzw. dienstvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer (zivilrechtlich) im Regelfall beruht. Dies ändert aber nichts daran, dass die betreffende Person (nach allgemeinen Grundsätzen) auch als Arbeitnehmer des (wirtschaftlichen) Arbeitgebers anzusehen sein muss. Der wirtschaftliche Arbeitgeber ist ebenso wie der zivilrechtliche Arbeitgeber lohnsteuerrechtlicher Arbeitgeber und damit gemäß § 38 Abs. 3 EStG zur Einbehaltung und nach § 41a EStG zur Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer verpflichtet. Der Lohnsteuerabzug kommt nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG aber nur bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vom Arbeitslohn in Betracht, also bei Einkünften von (lohnsteuerrechtlichen) Arbeitnehmern.

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Zur Beantwortung der Frage, ob das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, ist auf den wirtschaftlichen Gehalt und die tatsächliche Durchführung der zugrunde liegenden Vereinbarungen abzustellen3.

Bei Organen juristischer Personen ist zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis zu unterscheiden4. Bestellung und Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden. Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertretungsorgan regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag. Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Tätigkeit. Abzustellen ist deshalb auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalls und nicht auf dessen organschaftliche Stellung4.

BFH, Urteil vom 4. November 2021 – VI R 22/19

  1. s. BFH, Urteile vom 19.02.2004 – VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620; und vom 13.07.2011 – VI R 84/10, BFHE 234, 204, BStBl II 2011, 986, Rz 15[]
  2. s. BFH, Urteil vom 23.02.2005 – I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547, unter II. 4.d; BMF, Schreiben vom 03.05.2018 – IV B 2-S 1300/08/10027, 2018/0353235, BStBl I 2018, 643, Rz 132 ff.[]
  3. s.a. BMF, Schreiben in BStBl I 2018, 643, Rz 128[]
  4. BFH, Urteil vom 20.10.2010 – VIII R 34/08, Rz 23, m.w.N.[][]
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