Die Lohnsteuer-Anmeldung beim unzuständigen Finanzamt – und der Verspätungszuschlag

Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (§ 152 Abs. 1 Satz 2 AO).

Die Lohnsteuer-Anmeldung beim unzuständigen Finanzamt – und der Verspätungszuschlag

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, was von den Gerichten uneingeschränkt nachprüfbar ist1, hat die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden,

  • ob sie einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen) und
  • wie hoch sie ihn unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des § 152 Abs. 2 AO festsetzt (sog. Auswahlermessen).

Dieser Teil der Entscheidung unterliegt gemäß § 102 FGO nur der eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung2.

Gemäß § 41a Abs. 1 Satz 2 EStG ist die Lohnsteuer-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten (§ 41a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EStG). Dies setzt gemäß § 150 Abs. 8 Satz 1 AO voraus, dass eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Nach § 150 Abs. 8 Satz 2 AO ist dies insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

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Steuer 0,- € - und der Verspätungszuschlag

Die Festsetzung der Verspätungszuschläge durch das Finanzamt war daher im hier entschiedenen Fall für den Bundesfinanzhof materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Das Finanzgericht hat bindend festgestellt, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer-Anmeldungen Februar 2015 bis Juni 2015 nicht in der nach § 41a Abs. 1 Satz 2 EStG gebotenen Form beim Finanzamt abgegeben hat, ohne dass ein Verzicht hierauf gemäß § 41a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EStG vorlag. Damit ist der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldungen für Februar 2015 bis Juni 2015 nicht nachgekommen. Das Finanzamt war daher nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen berechtigt.

Über die Gründe, die der Arbeitgeber gegen seine Verpflichtung zur Abgabe entsprechend § 41a Abs. 1 Satz 2 EStG vorbringt, kann im Verfahren über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht entschieden werden; entscheidungserheblich ist dies nur im Verfahren über einen Verzicht nach § 41a Abs. 1 Satz 3 EStG3. Ohne Verzicht nach § 41a Abs. 1 Satz 3 EStG ist für Zwecke des § 152 AO von einer Nichtabgabe auszugehen, wobei der Vorrang einer Entscheidung im Verzichtsverfahren auch dazu dient, widersprechende Entscheidungen zu vermeiden4.

Wie das Finanzgericht München5 im vorliegenden Fall auch in für den Bundesfinanzhof nicht zu beanstandender Weise festgestellt hat, ist die Nichtabgabe der Lohnsteuer-Anmeldungen auch nicht entschuldbar. Denn nach den Feststellungen des Finanzgericht hatte das Finanzamt dem Arbeitgeber für Zwecke der Anmeldung der Lohnsteuer eine auf das Finanzamt lautende Steuernummer erteilt und ihn mit Schreiben vom 04.11.2014 sowie vom 23.02.2015 aufgefordert, die Lohnsteuer-Anmeldungen nunmehr bei diesem Finanzamt abzugeben. Das Finanzgericht hat zudem festgestellt, dass der Arbeitgeber bis Mai 2014 auch sehr wohl in der Lage war, die monatlichen Lohnsteuer-Anmeldungen bis zum Wechsel der örtlichen Zuständigkeit beim Finanzamt B gemäß § 41a Abs. 1 Satz 2 EStG nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung abzugeben. Auf eine ordnungsgemäße Abgabe beim Finanzamt B für die Monate Februar 2015 bis Juni 2015 kann sich der Arbeitgeber schon deshalb nicht berufen, weil er die Lohnsteuer-Anmeldungen für die streitgegenständlichen Monate auch dort nicht in der nach § 41a Abs. 1 Satz 2 EStG vorgeschriebenen Form abgegeben hat und nach den vorstehenden Ausführungen daher eine Nichtabgabe vorliegt.

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Änderung der Steueranrechnung nach Änderung der Steuerfestsetzung

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. Juli 2021 – VI R 13/19

  1. BFH, Urteil vom 15.03.2007 – VI R 29/05, BFH/NV 2007, 1076, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil in BFH/NV 2007, 1076[]
  3. s. BFH, Beschluss vom 15.12.2015 – V B 102/15, Rz 18, betreffend Umsatzsteuer-Voranmeldungen[]
  4. BFH, Beschluss vom 15.12.2015 – V B 102/15, Rz 18[]
  5. FG München, Urteil vom 15.02.2019 – 8 K 142/17, EFG 2019, 587[]