Die Gewährung von Krankenversicherungsschutz ist in Höhe der geleisteten Beiträge Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann1. Die Verschaffung von Krankenversicherungsschutz unterliegt als Sachbezug der Freigrenze i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG.

Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist jeder Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern -Zukunftssicherung-2. Erlangt der Arbeitnehmer durch die Beitragsleistungen seines Arbeitgebers einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen den Versicherer bzw. die Versorgungseinrichtung, fließt ihm bereits mit der Beitragsleistung Arbeitslohn zu3.
Dies ist vorliegend unstreitig der Fall. Denn der Arbeitnehmer hatte aufgrund der von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen (Gruppen-) Zusatzversicherungen und der von diesem hierfür gezahlten Beiträge unmittelbar Anspruch auf den entsprechenden Versicherungsschutz4.
Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem vom Arbeitgeber verschafften zusätzlichen Versicherungsschutz um Sachlohn handelt.
Die Frage, ob Bar- oder Sachlohn vorliegt, ist u.a. im Hinblick auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG erheblich. Denn nach dieser Vorschrift bleiben Sachbezüge außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 EUR im Kalendermonat nicht übersteigen.
Nach der Bundesfinanzhofsrechtsprechung ist für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn der Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend5. Auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ist zu ermitteln, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Ein Sachbezug unterscheidet sich von Barlohn durch die Art des arbeitgeberseitig zugesagten und daher arbeitnehmerseitig zu beanspruchenden Vorteils selbst und nicht durch die Art und Weise der Erfüllung dieses Anspruchs. Kann der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, liegen daher Sachbezüge i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vor, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG außer Ansatz bleiben. Unerheblich ist dann, ob der Arbeitnehmer die Sache unmittelbar vom Arbeitgeber erhält oder ob der Arbeitnehmer die Sache von einem Dritten auf Kosten des Arbeitgebers bezieht. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer selbst Vertragspartner des Dritten geworden ist oder der Arbeitgeber die Sachleistung beim Dritten bezieht6. Hat der Arbeitnehmer dagegen auch einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber ihm anstelle der Sache den Barlohn in Höhe des Werts der Sachbezüge ausbezahlt, liegen auch dann keine Sachbezüge, sondern Barlohn vor, wenn der Arbeitgeber die Sache zuwendet.
An dieser Rechtsprechung hält der Bundesfinanzhof trotz der Einwände des Finanzamt und des BMF fest. Er sieht sich bestätigt durch die ganz herrschende Meinung in der Literatur7.
Soweit Finanzamt und BMF sich allgemein gegen die „ausweitende Auslegung“ des Sachlohnbegriffs durch die BFH, Urteile in BFHE 232, 50, BStBl II 2011, 383, in BFHE 232, 56, BStBl II 2011, 386 und in BFHE 232, 62, BStBl II 2011, 389 wenden, lassen sie außer Acht, dass sich der Bundesfinanzhof in diesen Urteilen mit der auch nun wieder angeführten Gesetzesbegründung als „Beitrag zur Steuervereinfachung“8 befasst und darauf hingewiesen hat, diese gehe gerade nicht auf die streitige Frage nach der Abgrenzung zwischen Barlohn und Sachbezug ein9.
Auch die gerügte Verletzung von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt nicht vor. Denn die Ungleichbehandlung von Bar- und Sachlohn ist im Hinblick auf die Typisierungs- und Vereinfachungsfunktion zur Beseitigung von Erfassungs- und Bewertungsschwierigkeiten im Gesetz selbst angelegt. Sie ist nicht in der Definition des Sachbezugs durch die Bundesfinanzhofsrechtsprechung begründet.
Der Bundesfinanzhof sieht auch keine Veranlassung, aufgrund der Ausführungen des BMF für Zukunftssicherungsleistungen von dieser Rechtsprechung abzurücken.
Soweit die Finanzverwaltung der Ansicht ist, im Fall von Zukunftssicherungsleistungen führe die Beitragszahlung des Arbeitgebers „in der Regel“ auch dann zum Zufluss von Barlohn und damit zur Nichtanwendung der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG, wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und die versicherte Person der Arbeitnehmer sei10, vermag der Bundesfinanzhof dem nicht zu folgen.
Der Verweis der Finanzverwaltung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach sich Zukunftssicherungsleistungen wirtschaftlich betrachtet so darstellen, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und dieser sie zum Zwecke seiner Zukunftssicherung verwendet hat11, greift nicht durch. Denn diese Rechtsprechung betrifft allein die Frage, ob Zukunftssicherungsleistungen (im Streitfall also die Versicherungsprämien) bereits im Zahlungszeitpunkt zum Zufluss von Arbeitslohn führen oder erst bei Eintritt des Versicherungsfalls. Zu der sich daran anschließenden Frage, ob es sich um Bar- oder um Sachlohn handelt, hat sich der Bundesfinanzhof auch in dem Urteil in BFHE 238, 408, BStBl II 2013, 190 demgegenüber nicht verhalten. Da es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn allein auf den Rechtsgrund des Zuflusses und insoweit auf die arbeitsvertragliche Regelung ankommt, kommt eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ in diesem Zusammenhang nicht in Betracht12. Auch die Frage, ob bzw. inwiefern Beiträge des Arbeitgebers an private Krankenzusatzversicherungen als Sonderausgaben beim Arbeitnehmer abzuziehen sind, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Schließlich kommt auch keine teleologische Reduktion von § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG dahingehend in Betracht, dass Zukunftssicherungsleistungen ausnahmsweise nicht von der Vorschrift erfasst werden. Zwar trifft es zu, dass die Anwendung auf Zukunftssicherungsleistungen die Freigrenze aufzehren kann, so dass dann bei weiteren Sachleistungen des Arbeitgebers für eine Steuerfreistellung nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG kein Raum mehr bleibt oder -falls weitere Sachleistungen gewährt werden- die Steuerfreistellung wegen Überschreitens der Freigrenze insgesamt entfällt. Die Steuerpflichtigen müssen sich an einer selbst gewählten Gestaltung allerdings auch im Hinblick auf damit einhergehende negative Auswirkungen festhalten lassen. Dass die Regelung weitgehend leer laufen würde, vermag der Bundesfinanzhof nicht zu erkennen13.
Auch der Verweis auf die Steuerbefreiungen bei Zukunftssicherungsleistungen verfängt in Bezug auf den streitgegenständlichen zusätzlichen Krankenversicherungsschutz nicht. Denn die diesbezüglichen Regelungen in § 3 Nrn. 56 und 63 EStG sowie § 22 Nr. 5 EStG zur Vermeidung einer doppelten Steuerfreistellung im Hinblick auf die nachgelagerte Besteuerung finden auf die Absicherung aktueller Risiken durch eine Krankenzusatzversicherung keine Anwendung.
Wie bereits ausgeführt, wurde die Freigrenze in Höhe von nunmehr 44 EUR als „Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung“ eingeführt. Entsprechender Vereinfachungsbedarf kann sich aber durchaus auch bei der Bewertung von Versicherungsschutz ergeben, beispielsweise bei unüblichen Tarifvorteilen, welche beim Arbeitgeber zu vergünstigten Beitragszahlungen führen14. Darüber hinaus ist die Bewertungsbedürftigkeit des Sachbezugs keine konstitutive tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendung der Freigrenze.
Insoweit kann auch offenbleiben, ob § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG auf Beiträge und Zuwendungen des Arbeitgebers zur Abdeckung von biometrischen Risiken der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG wegen einer in dieser Vorschrift möglicherweise begründeten spezialgesetzlichen Bewertungsvorschrift (hierzu Briese, BB 2018, 1307, 1308, m.w.N.) überhaupt anwendbar ist. Denn die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG gilt nur für Sachbezüge, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten sind.
Bei Heranziehung dieser Grundsätze hat der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Fall Sachlohn angenommen.
Vorliegend hatte der Arbeitnehmer lediglich einen Anspruch auf zusätzlichen Versicherungsschutz in Gestalt von verschiedenen Vorsorgeuntersuchungen, Chefarztbehandlung und Unterbringung im Zweibettzimmer sowie bei Zahnersatz, jedoch keinen Anspruch auf Auszahlung eines entsprechenden Geldbetrags. Damit ist ihm kein Gut in Geld, sondern in Geldeswert i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zugeflossen15, das der monatlichen Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG unterliegt.
Der Bundesfinanzhof folgt dem Finanzamt nicht darin, der Arbeitgeber habe dem Arbeitnehmer im Streitfall bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses (der Rechnungsstellung beispielsweise durch den Arzt) eine bestimmte Geldleistung versprochen. Vertraglich zugesagt wird auch bei einer privaten Krankenzusatzversicherung der Versicherungsschutz. Lediglich die Abrechnung unterscheidet sich von der gesetzlichen Krankenversicherung mit ihrem Grundsatz des Sachleistungsprinzips. In der privaten (Zusatz-)Krankenversicherung ist demgegenüber das Kostenerstattungsprinzip vorherrschend, d.h., der Privatpatient bezahlt seine Rechnung regelmäßig zunächst direkt an den Arzt und erhält den erstattungsfähigen Anteil anschließend von seiner privaten Krankenversicherung zurück.
Anhaltspunkte, dass der Wert des Versicherungsschutzes beim Arbeitnehmer die monatliche Freigrenze überschreitet, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist es zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG) im Streitfall den Aufwendungen des Arbeitgebers entspricht und die Bewertung des Versicherungsschutzes auf Grundlage der vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge deshalb nicht zu beanstanden ist16.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. Juni 2018 – VI R 13/16
- Bestätigung des BFH, Urteils vom 14.04.2011 – VI R 24/10, BFHE 233, 246, BStBl II 2011, 767[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 11.12 2008 – VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385[↩]
- BFH, Urteil vom 07.05.2009 – VI R 8/07, BFHE 225, 68, BStBl II 2010, 194[↩]
- s. BFH, Urteil vom 16.04.1999 – VI R 66/97, BFHE 188, 338, BStBl II 2000, 408, unter II. 1.[↩]
- grundlegend BFH, Urteile vom 11.11.2010 – VI R 21/09, BFHE 232, 50, BStBl II 2011, 383; – VI R 27/09, BFHE 232, 56, BStBl II 2011, 386, und – VI R 41/10, BFHE 232, 62, BStBl II 2011, 389[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 232, 56, BStBl II 2011, 386, Rz 17[↩]
- Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 8 Rz 28, Rz 34 und 670 „Versicherungsschutz“; derselbe, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2003, 577; Gröpl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 8 Rz B 13 und B 105; Kister in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 EStG Rz 140; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 17. Aufl., § 19 Rz 78 „Zukunftssicherungsleistungen“; Schmidt/Krüger, EStG, 37. Aufl., § 8 Rz 18 und Rz 68; Adamek in Bordewin/Brandt, § 8 EStG Rz 42; Rundshagen in Korn, § 8 EStG Rz 60 „Gruppenkrankenversicherung“; Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 2011, § 68 Rz 12a; Oehlschlägel, Die Besteuerung geldwerter Vorteilsgewährungen des Arbeitgebers, S. 29; Albert, Deutsche Steuer-Zeitung 1998, 124 (131); Hilbert/Sperandio, Neue Wirtschafts-Briefe Herne 2011, 3032; Geserich, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2014, 561, 563; Reddig, EFG 2017, 1256; Briese, Betriebs-Berater -BB- 2018, 1307; Blümich/Glenk, § 8 EStG Rz 226 „Versicherungsschutz“, a.A. aber in Rz 226 „Zukunftssicherungsleistungen“; zur Auffassung der Finanzverwaltung tendierend Hartz/Meeßen/Wolf, AB- C-Führer Lohnsteuer, „Sachbezüge“ Rz 4/1/2[↩]
- BT-Drs. 13/1686, S. 8[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 232, 50, BStBl II 2011, 383, in BFHE 232, 56, BStBl II 2011, 386 und in BFHE 232, 62, BStBl II 2011, 389, jeweils unter II. 1.c bb[↩]
- BMF, Schreiben vom 10.10.2013 – IV C 5-S 2334/13/10001, BStBl I 2013, 1301, ersetzt durch Schreiben der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 16.10.2017 S 2334 A-104-St 211[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 05.07.2012 – VI R 11/11, BFHE 238, 408, BStBl II 2013, 190[↩]
- ebenso Koller/Renn, DStR 2011, 555, 558[↩]
- a.A. BFH, Urteil vom 26.11.2002 – VI R 68/01, BFHE 201, 123, BStBl II 2003, 492, unter II. 2.c ff für nach § 40b EStG in der bis zum 31.12 2004 geltenden Fassung pauschalierungsfähige Zukunftssicherungsleistungen[↩]
- s. BFH, Beschluss vom 28.06.2007 – VI R 45/02, BFH/NV 2007, 1871, unter III. 2.b bb; ebenso Briese, BB 2018, 1307, 1308[↩]
- so schon BFH, Urteil vom 14.04.2011 – VI R 24/10, BFHE 233, 246, BStBl II 2011, 767[↩]
- BFH, Urteil vom 06.06.2018 – VI R 32/16, Rz 23[↩]