Handwerkskammern – und die Lohnsteuerfreiheit von Zinsvergünstigungen für Arbeitgeberwohnbaudarlehen

Die Handwerkskammer führt als Körperschaft des öffentlichen Rechts einen öffentlichen Haushalt i.S. des § 3 Nr. 58 EStG. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 58 EStG für Arbeitgeberwohnbaudarlehen kann nur gewährt werden, wenn die Einkommensgrenzen des im Einzelfall einschlägigen Wohnraumförderungsgesetzes oder des Landesgesetzes zur Wohnraumförderung eingehalten sind.

Handwerkskammern – und die Lohnsteuerfreiheit von Zinsvergünstigungen für Arbeitgeberwohnbaudarlehen

Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG -neben Gehältern und Löhnen- auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist1.

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Allerdings sind nach § 3 Nr. 58 EStG u.a. Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG), dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, steuerfrei.

Nach diesen Maßstäben ist die Auffassung des Finanzgericht, dass die dem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber gewährten Zinsvorteile steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen, von dem Lohnsteuer einzubehalten war, nicht zu beanstanden. Insbesondere sind diese Zinsvorteile nicht nach § 3 Nr. 58 EStG steuerfrei.

Zwar liegt im Streitfall ein Darlehen vor, das aus einem öffentlichen Haushalt gewährt wurde. Denn bei M handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 90 Abs. 1 2. Halbsatz der Handwerksordnung -HwO-), die einen öffentlichen Haushalt führt. Damit ist eine haushaltsmäßige Erfassung dieser Mittel und die öffentliche Kontrolle ihrer Verwendung gegeben2.

Denn nach § 105 Abs. 1 HwO ist für die Handwerkskammern von der obersten Landesbehörde eine Satzung zu erlassen. Sie muss Bestimmungen enthalten über die Aufstellung und Genehmigung eines Haushaltsplans (§ 105 Abs. 2 Nr. 9 HwO). Nach § 106 der Landeshaushaltsordnung NRW (LHO) hat das zur Geschäftsführung berufene Organ einer landesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts vor Beginn jedes Haushaltsjahres einen Haushaltsplan festzustellen, der u.a. alle im Haushaltsjahr zu erwartenden Einnahmen und voraussichtlich zu leistenden Ausgaben enthalten muss. Der Haushaltsplan bedarf der Genehmigung des zuständigen Ministeriums (§ 108 LHO). Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Handwerkskammer unterliegt der Prüfung durch den Landesrechnungshof (§ 111 LHO)3.

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Eine Beschränkung der Steuerbefreiung auf die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Hätte der Gesetzgeber ein solches enges Verständnis gewollt, hätte es nahegelegen, eine entsprechende Beschränkung einzufügen, wie er dies beispielsweise in § 3 Nr. 12 EStG auf aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge getan hat.

Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass -wie das Finanzgericht ausführt- § 6 II. WoBauG öffentliche Mittel als Mittel des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände definierte. Insbesondere folgt hieraus nicht, dass der Gesetzgeber nur den Haushalt des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände hätte erfassen wollen.

Aufgrund des Steueränderungsgesetzes 1992 waren im Wohneigentumsbereich anders als im Mietwohnbereich Zuschüsse zur Deckung laufender Aufwendungen nach § 3 Nr. 58 EStG nur steuerfrei, soweit sie nicht durch ein Dienstverhältnis veranlasst waren. Diese Einschränkung wurde durch das Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung vom 15.12.19954 aufgegeben, um eine Gleichbehandlung der Miet- und Belastungsvorteile bei Mietern und Eigenheimern aufgrund gewährter Wohnfürsorgemittel zu erreichen. Es wurden außerdem Zinsvorteile bei Darlehen in die Befreiung einbezogen, allerdings die Befreiung von Zuschüssen und Zinsvorteilen der Höhe nach begrenzt. Diese waren nur befreit, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem II. WoBauG nicht überschritten. In der Gesetzesbegründung wurde außerdem ausgeführt, dass als steuerfrei nur eine allgemeine Förderung aus öffentlichen Haushalten nach dem II. WoBauG angesehen werde5.

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Das Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13.09.2001 hat das WoFG eingeführt und in § 3 Nr. 58 EStG die Wörter „oder dem Wohnraumförderungsgesetz“ eingefügt. Nach der Gesetzesbegründung sollten damit die Leistungen nach dem WoFG in die Steuerbefreiung einbezogen werden6. Zwar wurde mit dem Einfügen der Wörter „oder dem Wohnraumförderungsgesetz“ nicht explizit der Katalog der steuerfreien Einnahmen ausgedehnt, sondern die Klausel zur Begrenzung der Steuerbefreiung von Zuschüssen und Zinsvorteilen erweitert. Jedoch ergibt sich die Steuerfreiheit der Zuschüsse und Zinsvorteile nach dem WoFG aus der Befreiung von „öffentlichen Zuschüssen“ und „Zinsvorteilen“.

Hieraus folgt, dass zur Auslegung der Vorschrift spätestens in den Veranlagungszeiträumen nach dieser Änderung nicht ausschließlich auf Formulierungen des II. WoBauG abgestellt werden kann. Das WoFG sieht eine Wohnraumförderung durch Gewährung von Fördermitteln vor, die aus „öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen als Darlehen zu Vorzugsbedingungen … bereitgestellt werden“ (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 WoFG). Eine Beschränkung „öffentlicher Mittel“ auf diejenigen von Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden, wie sie in § 6 II. WoBauG festgeschrieben war, fehlt demgegenüber.

Einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 58 EStG stehen indes im Streitfall die Einkommensgrenzen des WoFG bzw. des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen entgegen.

§ 3 Nr. 58 EStG stellt Zinsvorteile steuerfrei, „soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten“. Die Vorschrift bezieht sich nicht lediglich auf die Höhe bestimmter Förderbeträge, die nach den genannten Vorschriften gewährt werden, sondern spricht allgemein von „Vorteilen“ und erfasst mithin auch die in den genannten Fördergesetzen festgelegten Einkommensgrenzen. Ließe man -wie im Streitfall- bei einer Förderung durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts die Einkommensgrenzen nach den in § 3 Nr. 58 EStG genannten Gesetzen außer Betracht, käme es zu einer ungerechtfertigten Besserstellung gegenüber dem nach dem II. WoBauG, dem WoFG oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung begünstigten Personenkreis. Eine solche Besserstellung ist weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzeshistorie zu entnehmen.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Juli 2019 – VI R 37/16

  1. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 07.05.2014 – VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904; und vom 19.11.2015 – VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303[]
  2. BFH, Urteil vom 19.07.1972 – I R 109/70, BFHE 106, 438, BStBl II 1972, 839[]
  3. vgl. BVerwG, Urteil vom 11.04.1995 – 1 C 34/92, BVerwGE 98, 163, zur Prüfungskompetenz des Bayerischen Obersten Rechnungshofs[]
  4. BGBl I 1995, 1783[]
  5. BT-Drs. 13/2784, S. 42[]
  6. BT-Drs. 14/5538, S. 80[]