Nettolohnvereinbarung – und die Übernahme der Steuerberatungskosten

Übernimmt der Arbeitgeber, der mit dem Arbeitnehmer unter Abtretung der Steuererstattungsansprüche eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen hat, die Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen des Arbeitnehmers, wendet er damit keinen Arbeitslohn zu.

Nettolohnvereinbarung – und die Übernahme der Steuerberatungskosten

Dies entschied jetzt der Bundesfinanzhof und gab damit seine anderslautende Rechtsprechung aus dem Jahr 20101 ausdrücklich auf.

Die Übernahme von Steuerberatungskosten des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber führt daher nunmehr nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht mehr zu Arbeitslohn, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen haben und der Arbeitnehmer seine Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber abgetreten hat.

Im jetzt entschiedenen Streitfall hatte der Arbeitgeber, bei dem es sich um ein inländisches Tochterunternehmen eines weltweit tätigen Konzerns handelte, mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern des Konzerns Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen. Der Arbeitgeber übernahm die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen der entsandten Arbeitnehmer durch eine vom Konzern beauftragte Steuerberatungsgesellschaft. Die Arbeitnehmer traten ihre Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber ab. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führte und setzte gegenüber dem Arbeitgeber pauschale Lohnsteuer fest.

Dem folgte der Bundesfinanzhof – ebenso wie bereits in der ersten Instanz das Finanzgericht Rheinland-Pfalz2 – nicht. Er entschied, dass der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten nicht zur Entlohnung der Arbeitnehmer, sondern in seinem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse übernommen hatte. Der Arbeitgeber war aufgrund der mit den Arbeitnehmern abgeschlossenen Nettolohnvereinbarungen verpflichtet, die Einkommensteuer der Arbeitnehmer wirtschaftlich zu tragen. Durch die Einschaltung der Steuerberatungsgesellschaft wollte der Arbeitgeber eine möglichst weitgehende Reduzierung der Einkommensteuern der Arbeitnehmer und damit seiner eigenen Lohnkosten erreichen. Die Arbeitnehmer hatten ihre Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber abgetreten. Entscheidend war daher, dass nur der Arbeitgeber von dem wirtschaftlichen Ergebnis der Steuerberatung profitieren konnte. Bei einer derartigen Sachlage stellt die Übernahme der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen keinen Arbeitslohn dar. Dabei ist nicht von Bedeutung, dass in dem konkreten Streitfall die Arbeitnehmer aus dem Ausland entsandt wurden. Für einen reinen Inlandssachverhalt wäre ebenso zu entscheiden.

Nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten, den Lohnsteuerabzug bei unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern durchzuführen (§ 39b EStG), die Lohnsteuer anzumelden (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Dies gilt auch -wie im Streitfall- bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung3.

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Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist inländischer Arbeitgeber in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. Zwischen den Beteiligten steht nicht in Streit, dass die Arbeitgeberin nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG wirtschaftlicher Arbeitgeber der bei der S zivilrechtlich angestellten, in das Inland entsandten Arbeitnehmer war. Der Bundesfinanzhof sieht daher insoweit von einer weiteren Begründung ab.

Hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht zutreffend angemeldet, kann das Betriebsstättenfinanzamt die Lohnsteuer ihm gegenüber durch Steuerbescheid festsetzen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung). Ist Lohnsteuer in einer größeren Zahl von Fällen nachzuerheben, kann das Betriebsstättenfinanzamt -wie im Streitfall- auf Antrag des Arbeitgebers zulassen, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a EStG zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Allerdings setzt auch die Entstehung der pauschalen Lohnsteuer, die der Arbeitgeber zu übernehmen hat (§ 40 Abs. 3 Satz 1 EStG) voraus, dass dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zufließt4.

a)) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG -neben Gehältern und Löhnen- auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist5.

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Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind dagegen nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann6.

Ob sich eine unentgeltlich oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Ergibt die Würdigung, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung darstellt und daher im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt wird, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist7.

Liegt ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht vor und ist die Zuwendung nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durch das Dienstverhältnis und nicht durch ein Sonderrechtsverhältnis veranlasst, ist der geldwerte Vorteil hingegen regelmäßig in vollem Umfang Arbeitslohn8.

Etwas anderes gilt nur, wenn eine gemischt veranlasste Zuwendung vorliegt, die nach objektiven Kriterien aufteilbar ist, weil sie sowohl abgrenzbare Elemente beinhaltet, bei denen die betriebliche Zielsetzung des Arbeitgebers ganz im Vordergrund steht, als auch solche, die mangels überwiegend eigenbetrieblicher Interessen des Arbeitgebers Arbeitslohn darstellen. In diesem Fall ist der Vorteil entsprechend letzterer Zuordnung in Arbeitslohn und eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse aufzuteilen9.

Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des Finanzgericht, die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Arbeitgeberin stelle keinen Arbeitslohn der entsandten Arbeitnehmer dar, nicht zu beanstanden. Denn diese Gesamtwürdigung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar10. Sie ist unter den im Streitfall vorliegenden Umständen nicht nur möglich, sondern naheliegend und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

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Das Finanzgericht hat alle für die Beurteilung maßgeblichen Umstände in seine Gesamtwürdigung einbezogen. Dies gilt -entgegen der Ansicht der Revision- insbesondere auch hinsichtlich der Nettolohnvereinbarung.

Die Vorinstanz hat der Frage, in wessen Interesse der Abschluss der Nettolohnvereinbarung lag, für die im Streitfall vorzunehmende Beurteilung der Übernahme der Steuerberatungskosten als Arbeitslohn bei seiner Gesamtwürdigung allerdings nicht die entscheidende Bedeutung beigemessen, wie es das Finanzgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 05.12 200711 getan hat. Zwar hat der Bundesfinanzhof die Würdigung des Finanzgericht Düsseldorf seinerzeit revisionsrechtlich nicht beanstandet12. Er hält an der in seinem Urteil in BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639 vertretenen Auffassung aber nicht länger fest.

Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass der Abschluss der Nettolohnvereinbarungen mit den entsandten Arbeitnehmern als solche nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Arbeitgeberin lag. Diese Würdigung hält der Bundesfinanzhof weiterhin für zutreffend. Er tritt aber ebenfalls der Ansicht der Vorinstanz bei, dass aus dem beiderseitigen Interesse am Abschluss der Nettolohnvereinbarungen (und am Entsendesystem insgesamt) noch nicht geschlossen werden kann, dass auch die Übernahme der Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen und die damit zusammenhängenden Folgeleistungen (Prüfung der Einkommensteuerbescheide und Einlegung von Standardeinsprüchen), um deren Beurteilung es im Streitfall geht, zu Arbeitslohn führte. Denn eine solche, die Nettolohnvereinbarung einseitig in den Vordergrund stellende Betrachtung würde nicht alle in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden Gesichtspunkte entsprechend ihrer rechtlichen Bedeutung in den Blick nehmen, sondern die Bewertung im Wesentlichen auf einen Aspekt verengen.

Die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Arbeitgeberin lag insofern im Interesse der entsandten Arbeitnehmer, als sie nach dem EStG zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen im Inland und/oder in ihren jeweiligen Heimatländern nach dem dort geltenden Steuerrecht verpflichtet waren.

Übernimmt der Arbeitgeber die Aufwendungen für die Erfüllung einer öffentlich- oder privatrechtlichen Verpflichtung des Arbeitnehmers, liegt hierin ein Vorteil, dem Entlohnungscharakter zukommen kann. Nichts anderes gilt im Ergebnis in den Fällen der Antragsveranlagung, zumal die Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag und den dort vereinbarten Entsenderichtlinien des X-Konzerns in diesen Fällen ebenfalls Steuererklärungen abzugeben hatten. Zudem kann selbst in der Übernahme freiwilliger Aufwendungen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber die Zuwendung eines Vorteils liegen, der bei Veranlassung durch das Dienstverhältnis Arbeitslohn darstellt.

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Das Finanzgericht hat aber in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Arbeitgeberin den entsandten Arbeitnehmern diese Vorteile nicht als Entlohnung, sondern in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zuwandte.

Die Vorinstanz hat diesbezüglich insbesondere darauf abgestellt, dass die Arbeitgeberin durch die Gestellung der Steuerberatung eine möglichst weitgehende Reduzierung ihrer Lohnkosten erzielen wollte, da allein ihr die sich durch die Veranlagungen der Arbeitnehmer ergebenden Steuererstattungen zustanden. Denn die entsandten Arbeitnehmer hatten ihre Steuererstattungsansprüche an die Arbeitgeberin abgetreten; sie konnten daher von dem wirtschaftlichen Ergebnis der Steuerberatung aufgrund der Nettolohnvereinbarungen und der Abtretung der Erstattungsansprüche nicht profitieren. Die wirtschaftlichen Vorteile aus der Erstellung der Einkommensteuererklärungen, der Prüfung der Steuerbescheide und der Einlegung etwaiger Standardeinsprüche waren für sie nicht privat verfügbar. Bei der Übernahme der Steuerberatungskosten handelte es sich letztlich um einen Reflex des von der Arbeitgeberin in erster Linie verfolgten Ziels, möglichst hohe Steuererstattungen -und damit wirtschaftliche Vorteile für sich- zu erlangen.

Die Arbeitnehmer waren in tatsächlicher Hinsicht auch -jedenfalls faktisch- gezwungen, die von der Arbeitgeberin beauftragte und auch bezahlte Steuerberatung für die Erstellung ihrer Steuererklärungen etc. in Anspruch zu nehmen. Denn nach den Entsenderichtlinien des X-Konzerns, die vertraglich zur Grundlage der Auslandsentsendungen gemacht wurden, wurde von den entsandten Arbeitnehmern erwartet, eng mit den arbeitgeberseits ausgewählten Steuerberatern zusammenzuarbeiten und diesen zeitgerecht alle Informationen und Unterlagen zur Bearbeitung der Steuererklärungen zur Verfügung zu stellen. Geschah dies nicht, machte sich der entsandte Arbeitnehmer nach den Entsenderichtlinien schadenersatzpflichtig. Diese sahen außerdem vor, dass die Zahlung von Beihilfen und Zulagen an die Arbeitnehmer, die in den Entsenderichtlinien vorgesehen waren, eingestellt werden konnte, falls sie notwendige Informationen zur Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen nicht an die Steuerberatung weitergaben. Die zivilrechtliche (Un-)Wirksamkeit der entsprechenden Regelungen in den Entsenderichtlinien13 ist für die vorliegend vorzunehmende steuerrechtliche Beurteilung dabei ohne Bedeutung. Denn nach den Feststellungen des Finanzgericht kamen die entsandten Arbeitnehmer den sich aus den Entsenderichtlinien des X-Konzerns ergebenden Verpflichtungen zur Inanspruchnahme der arbeitgeberseits ausgewählten Steuerberatung tatsächlich nach.

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Für ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Arbeitgeberin spricht auch die besondere Eignung der Übernahme der Steuerberatungskosten zur Erreichung der damit verfolgten wirtschaftlichen Zwecke. Die Arbeitgeberin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, durch die Beauftragung der vom X-Konzern ausgewählten, international erfahrenen Steuerberatungsgesellschaft solle innerhalb des X-Konzerns sichergestellt werden, dass die steuerlichen Arbeitgeberpflichten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erfüllt würden. Insbesondere sollten die Arbeitslöhne im Rahmen der bei Auslandsentsendungen vertraglich vereinbarten Nettolohnabreden -auch bei der mitunter schwierigen Abgrenzung der Einkünfte zwischen Heimat- und Entsendestaat- zutreffend ermittelt werden, um größtmögliche finanzielle Vorteile durch Steuererstattungen zu erlangen.

Für die Arbeitnehmer ergab sich durch die Einschaltung der arbeitgeberseits ausgewählten und beauftragten Steuerberatungsgesellschaft demgegenüber der Nachteil, dass sie zu der Steuerberatung keine eigenen Vertragsbeziehungen unterhielten. Sie waren folglich den zwischen der Steuerberatung und dem X-Konzern ausgehandelten Vertragsbedingungen unterworfen, ohne darauf Einfluss nehmen zu können. Die Arbeitnehmer konnten der Steuerberatung dementsprechend auch keine Weisungen erteilen und hatten aus eigenem Recht keine Schadenersatzansprüche gegen die Steuerberatungsgesellschaft bei etwaigen Fehlleistungen.

Die Vorgehensweise innerhalb des X-Konzerns griff zudem in das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung ein. Denn die Arbeitnehmer mussten einer von ihnen nicht ausgesuchten und nicht beauftragten Steuerberatungsgesellschaft Steuerdaten, und damit Daten hochsensiblen Inhalts, mitteilen, die weitreichende Einblicke in ihre persönliche Lebensführung ermöglichten.

Aufwendungen für von den entsandten Arbeitnehmern selbst ausgewählte und beauftragte Steuerberater übernahm die Arbeitgeberin nicht. Gleiches galt nach den Feststellungen der Vorinstanz für die Kosten der arbeitgeberseits ausgewählten Steuerberatung, die sich auf andere als die bei der Arbeitgeberin bzw. im X-Konzern erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberin keine Auswahl unter den Arbeitnehmern traf, für die sie die Kosten zur Erstellung der Einkommensteuererklärungen übernahm. Nach den Feststellungen des Finanzgericht waren vielmehr alle entsandten Arbeitnehmer berechtigt (und verpflichtet), die Leistungen der vom X-Konzern ausgewählten Steuerberatung in Anspruch zu nehmen.

Bei dieser Sachlage konnte das Finanzgericht in für den Bundesfinanzhof revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangen, dass die Übernahme der Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen und die damit in Zusammenhang stehenden Folgeleistungen nicht zu Arbeitslohn führte. Die Arbeitgeberin entlohnte die zu ihr entsandten Arbeitnehmer mit der Übernahme der Steuerberatungskosten nicht. Sie wandte die Steuerberatungskosten vielmehr im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse auf, um die erheblichen, ihr allein zustehenden Steuererstattungen zu erlangen und ihren Verpflichtungen zur zutreffenden Berechnung der Arbeitslöhne im Rahmen der Nettolohnvereinbarungen nachzukommen.

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Bundesfinanzhof, Urteil, Urteil vom 9. Mai 2019 – VI R 28/17

  1. BFH, Urteil vom 21.01.2010 – VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639[]
  2. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.12.2016 – 1 K 1605/14[]
  3. Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 38 Rz 10[]
  4. BFH, Urteil vom 06.05.1994 – VI R 47/93, BFHE 174, 363, BStBl II 1994, 715, m.w.N.[]
  5. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 07.05.2014 – VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904, Rz 15; und vom 19.11.2015 – VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303, Rz 10[]
  6. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 14.11.2013 – VI R 36/12, BFHE 243, 520, BStBl II 2014, 278, Rz 10; und vom 10.03.2016 – VI R 58/14, BFHE 253, 243, BStBl II 2016, 621, Rz 17[]
  7. BFH, Urteile vom 21.11.2018 – VI R 10/17, BFHE 263, 196, Rz 14; und vom 11.03.2010 – VI R 7/08, BFHE 228, 505, BStBl II 2010, 763, Rz 14[]
  8. vgl. BFH, Urteile vom 25.04.2018 – VI R 34/16, BFHE 261, 313, BStBl II 2018, 600, Rz 14; und vom 01.09.2016 – VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69, Rz 21, jeweils m.w.N.[]
  9. grundlegend BFH, Urteil vom 18.08.2005 – VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30, sowie BFH, Urteil vom 30.04.2009 – VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726[]
  10. BFH, Urteil vom 21.01.2010 – VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639, Rz 11, m.w.N.[]
  11. FG Düsseldorf, Urteil vom 05.12 2007 – 7 K 1743/07 H(L), EFG 2008, 545[]
  12. BFH, Urteil in BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639[]
  13. siehe dazu BAG, Urteil vom 23.08.2012 – 8 AZR 804/11, BAGE 143, 62[]

Bildnachweis:

  • Steuererklärung: Falco