Auch eine Schenkung, die ein Arbeitnehmer von der Konzernmuttergesellschaft erhält, stellt nach einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

Der Kläger war als Produktmanager der A‑GmbH tätig. Alleingesellschafterin der A‑GmbH war die B‑GmbH. Die B‑GmbH veräußerte sämtliche Geschäftsanteile an der A‑GmbH. Der Kläger erhielt einen Scheck über 5.200 € der B‑GmbH mit einem Begleitschreiben, in dem es heißt, die B‑GmbH schenke ihm diese Summe aus Anlass des Verkaufs der Anteile. Es handele sich um eine nicht mehr mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehende Zuwendung. Das Finanzamt sah die Zuwendung als steuerpflichtigen Arbeitslohn an.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat nun die Auffassung des Finanzamts bestätigt: Auch bei der Zuwendung eines Dritten könne es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn handeln. Die objektiven Umstände der Zuwendung deuteten darauf hin, dass diese in Anerkennung der vom Kläger geleisteten Arbeit erfolgt sei. Die subjektive Einschätzung, es handele sich um eine Schenkung, sei unmaßgeblich.
Zum Arbeitslohn gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören alle Vorteile für eine Beschäftigung, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst worden sind. Erforderlich ist nicht, dass sie eine Gegenleistung für eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers sind. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, d.h., wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Arbeitslohn kann auch bei einer Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn diese ein Entgelt für eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht1.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Finanzamt die streitige Zuwendung von 5.200 € richtigerweise als Arbeitslohn des Klägers angesehen. Das Finanzgericht Düsseldorf schließt sich insoweit den Ausführungen des FG Berlin-Brandenburg2 an, auch wenn es sich dabei um ein obiter dictum handelt.
Dass die Zuwendung durch das Arbeitsverhältnis veranlasst worden ist, wird daran deutlich, dass nur die 167 Arbeitnehmer der A‑GmbH eine Zuwendung durch die ehemalige Konzernmutter erhalten haben, dass die Zuwendungen zusammen mit den Bonuszahlungen für die erweiterte Geschäftsführung ausgezahlt worden sind und dass die Zuwendungen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Anteilsveräußerungsvertrags stehen. Diese objektiven Umstände verdeutlichen, dass die Zuwendungen eine Anerkennung für die geleistete Arbeit sein sollen. Wäre der Kläger nicht Arbeitnehmer der A‑GmbH gewesen, hätte er die Zuwendung nicht erhalten. Insofern stellt sich die Zuwendung im weitesten Sinne als Frucht seiner Arbeitsleistung für die A‑GmbH dar, ohne dass es darauf ankäme, ob sich der Wert der von der B‑GmbH veräußerten Gesellschaftsanteile durch die Arbeitsleistung des Klägers tatsächlich erhöht hat.
Ob es sich bei der B‑GmbH bis zum 14. März 2007 um eine für den Kläger völlig fremde Person handelte, kann dahinstehen; ab dem 14. März 2007 war die GmbH für ihn jedenfalls nicht mehr fremd, denn der Hintergrund für die Zuwendung ergibt sich aus dem mit dem Scheck übergebenen Begleitschreiben vom 12. März 2007.
Der Qualifizierung der Zuwendung als Arbeitslohn steht auch nicht entgegen, dass der Kläger auf die Zuwendung keinen arbeitsvertraglichen oder sonstigen Anspruch hatte (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Unerheblich ist auch, dass die Arbeitgeberin des Klägers – anders als die Arbeitgeberin im Fall des Bundesfinanzhofs3 – in die Auszahlung der Zuwendung nicht einbezogen war und von den Absichten der B‑GmbH im Vorfeld der Veranstaltung vom 14. März 2007 nicht in Kenntnis gesetzt worden war.
Ferner ist ohne Bedeutung, dass die B‑GmbH in dem Schreiben vom 12. März 2007 – anders als in der Pressemitteilung vom 15. März 2007 – die Zuwendung als nicht mehr mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehende Schenkung bezeichnet. Die subjektive Einschätzung des Zuwendenden ist ebenso wenig maßgeblich wie die des Zuwendungsempfängers; entscheidend ist der objektive Veranlassungszusammenhang.
Dasselbe gilt für die Auffassung des Finanzamt C-Stadt. Ob das Finanzamt C‑Stadt die Zuwendungen der B‑GmbH an die Arbeitnehmer der A- GmbH als Schenkungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG angesehen hat, ist für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits ohne Bedeutung. Aus diesem Grunde braucht dem Antrag der Kläger, die Schenkungsteuerakten des FA C‑Stadt beizuziehen, nicht entsprochen zu werden.
Ob der Kläger durch die Annahme der Zuwendung gegen arbeitsvertraglich verbindliche Richtlinien der D‑AG verstoßen hat, kann dahinstehen. Für die Frage, wie eine eventuell unter Verstoß gegen diese Richtlinien angenommene Zuwendung steuerrechtlich einzuordnen ist, sind die Richtlinien unmaßgeblich.
Schließlich beruft sich der Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung, die streitige Zuwendung sei kein Arbeitslohn, zu Unrecht auf die BFH-Urteile vom 15. März 2007 und 8. Mai 20084. In dem Urteil vom 15. März 2007 geht es um die schenkungsteuerliche Relevanz von freigebigen Zuwendungen eines Steuerpflichtigen an einen Sportverein. Für die hier zu entscheidende Frage, ob eine freiwillige Zuwendung Arbeitslohn darstellt, lässt sich daraus nichts ableiten. Dasselbe gilt für das Urteil vom 8. Mai 2008. Dort geht es vorrangig um die Frage, ob zwischen dem Kläger und seinem Vater ein Arbeitsverhältnis in steuerlicher Hinsicht bestanden hat. Der Bundesfinanzhof hat diese Frage verneint und die dem Kläger zivilrechtlich nachträglich zugesprochene Vergütung als sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG angesehen. Im vorliegenden Fall ist dagegen unstreitig, dass zwischen dem Kläger und der A‑GmbH vor und nach Erhalt der streitigen Zuwendung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 21. Juni 2011 – 8 K 2652/09 E