Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten einer Kur des Arbeitnehmers, kommt nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs eine Aufteilung in Arbeitslohn und eine nicht der Lohnsteuer unterliegende Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse nicht in Betracht. Eine Kur könne nur einheitlich beurteilt und nicht in betriebsfunktionale Bestandteile und Elemente mit Vorteilscharakter unterteilt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellen Vorteile, die der Arbeitgeber aus eigenbetrieblichem Interesse gewährt, keinen Arbeitslohn dar, wenn eine Gesamtwürdigung ergibt, dass der mit der Vorteilsgewährung verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Bei einer gemischt veranlassten Zuwendung kann eine Aufteilung in Arbeitslohn und Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse in Betracht kommen. In der Übernahme von Kurkosten durch den Arbeitgeber hat der Bundesfinanzhof bislang grundsätzlich Arbeitslohn gesehen.
Bei einer einheitlich zu beurteilenden Sachzuwendung an Arbeitnehmer scheidet eine Aufteilung in Arbeitslohn und Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse aus.
Die Übernahme von Kurkosten durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich als Arbeitslohn zu werten.
Der entschiedene Sachverhalt
Im Streitfall war der Kläger, ein Fluglotse, arbeitsvertraglich verpflichtet, sich auf Verlangen seines Arbeitgebers in regelmäßigen Abständen einer sog. Regenerierungskur zu unterziehen. Im Streitjahr nahm der Kläger an einer solchen vierwöchigen Kur in einem Hotel in Timmendorfer Strand teil. Das Finanzamt erfasste die Übernahme der Kurkosten durch den Arbeitgeber als zusätzlichen Arbeitslohn. Das erstinstanzlich mit dem Rechtsstreit befasste Finanzgericht1 gab der Klage insoweit statt, als es die Kosten nur zur Hälfte dem Arbeitslohn des Klägers zurechnete. Auf die Revision des Finanzamtes hin hob der Bundesfinanzhof nun diese Entscheidung auf und wies die Klage ab:
Sachzuwendung als Arbeitslohn
Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die „für“ seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Diesem Tatbestandsmerkmal ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen2.
Das Ergebnis einer solchen, den Arbeitslohncharakter verneinenden Würdigung hat der Bundesfinanzhof damit beschrieben, dass der Vorteil im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt werden muss. Da eine betriebliche Veranlassung jeder Art von Lohnzahlungen zugrunde liegt, muss sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und insbesondere Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergeben, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse3.
Ob sich eine unentgeltlich oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ergibt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Zuwendung ausschließlich oder ganz überwiegend der Entlohnung des Arbeitnehmers dient, ist der geldwerte Vorteil in voller Höhe Arbeitslohn. Ergibt die Würdigung demgegenüber, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist.
Liegt der geldwerte Vorteil in der Zuwendung einer für den Arbeitnehmer unentgeltlichen oder verbilligten Reise, kann nach der Rechtsprechung des Senats die Zuwendung gemischt veranlasst sein und eine Aufteilung in Arbeitslohn und Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse in Betracht kommen4. Voraussetzung ist, dass die Reise sowohl Elemente beinhaltet, bei denen die betriebliche Zielsetzung des Arbeitgebers ganz im Vordergrund steht, als auch Bestandteile umfasst, deren Zuwendung sich als geldwerter Vorteil darstellt. Lässt sich der Charakter einer Sachzuwendung dagegen nur einheitlich beurteilen, ist die Zuwendung im Rahmen einer Gesamtwürdigung einheitlich dem einen oder dem anderen Bereich zuzuordnen5.
Kurkosten
Nach diesen Grundsätzen ist auch zu entscheiden, ob Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung (s. dazu § 3 Nr. 34 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009) zu Arbeitslohn führen. Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist in der Übernahme von Kurkosten durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn zu sehen6. Dagegen können vom Arbeitgeber veranlasste unentgeltliche Vorsorgeuntersuchungen seiner leitenden Angestellten ebenso im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse liegen7 wie Maßnahmen zur Vermeidung berufsbedingter Krankheiten8.
Eine Aufteilung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse scheidet aus, wenn die jeweiligen Veranlassungsbeiträge so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich und daher von einer einheitlich zu beurteilenden Zuwendung auszugehen ist9. Davon ist im Streitfall auszugehen. Die vom Kläger durchgeführte Regenerierungskur kann wie jede andere Kur nur einheitlich beurteilt werden. Sie kann nicht in betriebsfunktionale Bestandteile und Elemente mit Vorteilscharakter unterschieden werden.
Daraus folgt, dass die in der Übernahme der Kosten liegende Zuwendung der Arbeitgeberin vollumfänglich als Arbeitslohn zu berücksichtigen ist. Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist, wie dargestellt, nur dann nicht anzunehmen, wenn sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. März 2010 – VI R 7/08
- EFG 2008, 943[↩]
- s. etwa BFH, Entscheidungen vom 18.08.2005 – VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30; vom 16.11.2005 – VI R 118/01, BFHE 212, 55, BStBl II 2006, 444; vom 11.04.2006 – VI R 60/02, BFHE 212, 574, BStBl II 2006, 691; vom 26.07.2007 – VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892; und vom 17.01.2008 – VI R 26/06, BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378[↩]
- BFHE 212, 574, BStBl II 2006, 691, m.w.N.[↩]
- BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30; BFH, Urteil vom 30.04.2009 – VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726[↩]
- siehe etwa BFHE 212, 574, BStBl II 2006, 691; BFH, Urteile vom 05.04.2006 – IX R 109/00, BFHE 213, 337, BStBl II 2006, 541; vom 22.06.2006 – VI R 21/05, BFHE 214, 252, BStBl II 2006, 915[↩]
- BFH, Urteile vom 05.11.1993 – VI R 56/93, BFH/NV 1994, 313; und vom 31.10.1986 – VI R 73/83, BFHE 148, 61, BStBl II 1987, 142; siehe aber BFH, Urteil vom 24.01.1975 – VI R 242/71, BFHE 114, 496, BStBl II 1975, 340[↩]
- BFH, Urteil vom 17.09.1982 – VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39[↩]
- BFH, Urteil vom 30.05.2001 – VI R 177/99, BFHE 195, 373, BStBl II 2001, 671; siehe dazu Pust, HFR 2001, 1060[↩]
- siehe zur Aufteilung von Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BFHE 227, 1, BFH/NV 2010, 285[↩]