Werden Bereitschaftsdienste pauschal zusätzlich zum Grundlohn ohne Rücksicht darauf vergütet, ob die Tätigkeit an einem Samstag oder einem Sonntag erbracht wird, handelt es sich nicht um steuerfreie Zuschläge für Sonntags, Feiertags- oder Nachtarbeit i.S. des § 3b Abs. 1 EStG.

Nach § 3b Abs. 1 EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden.
§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG definiert Grundlohn als laufenden Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Der laufende Arbeitslohn ist, wie sich aus § 39b EStG ergibt, von sonstigen Bezügen abzugrenzen. Laufender Arbeitslohn ist das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, Wochen- oder Tageslohn, Überstundenvergütung, laufend gezahlte Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen); er ist in einen Stundenlohn umzurechnen1.
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist weiter, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein2. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Nacht- und Sonntagsarbeit und der Lohnhöhe hergestellt ist3. Die Steuerbefreiung greift zudem nur, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind4, und setzt grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit voraus5.
Dadurch soll von vornherein gewährleistet werden, dass ausschließlich Zuschläge steuerfrei bleiben, bei denen betragsmäßig genau feststeht, dass sie nur für die Sonntags, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden und keine allgemeinen Gegenleistungen für die Arbeitsleistung darstellen. Hieran fehlt es jedoch, wenn die Sonntags, Feiertags- oder Nachtarbeit lediglich allgemein abgegolten wird, da hierdurch weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach %-Sätzen des Grundlohns) möglich ist6.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hatte die Arbeitgeberin neben dem Grundlohn keine Zuschläge für Sonntags, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt. Vielmehr hat sie die streitigen Zusatzzahlungen allgemein -ohne Ansehung der von den Ärzten im Einzelnen tatsächlich zu den nach § 3b Abs. 2 EStG begünstigten Zeiten geleisteten Arbeitsstunden- gewährt. Aus den geleisteten Bereitschaftsdienstzeiten wurden lediglich im Nachhinein die Stunden zu begünstigten Zeiten herausgerechnet und als steuerfrei behandelt.
Die einzelnen genannten Beträge werden einheitlich für Werktagsdienst einerseits und Samstags, Sonntags- und Feiertagsarbeit andererseits angegeben. Die streitige Vergütung ist somit Teil einer einheitlichen -erhöhten- Entlohnung für die gesamten Bereitschaftsdienste, die auch die Erschwernisse der Sonntags, Feiertags- und Nachtarbeit entgilt. Bei derartigen Zahlungen handelt es sich nicht um Zuschläge i.S. des § 3b Abs. 1 EStG. Vielmehr haben diese Vergütungen den Charakter einer generell erhöhten Entlohnung7.
Dadurch werden gerade nicht die besonderen Erschwernisse und Belastungen finanziell ausgeglichen, die mit Sonntags, Feiertags- oder Nachtarbeit verbunden sind, sondern vielmehr die Bereitschaftsdienstzeiten allgemein, d.h. sowohl für Samstage, Sonntage und Feiertage als auch für die Werktage, mit einer Zusatzvergütung bedacht.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. November 2016 – VI R 61/14
- BFH, Urteile vom 16.12 2010 – VI R 27/10, BFHE 232, 174, BStBl II 2012, 288; und vom 17.06.2010 – VI R 50/09, BFHE 230, 150, BStBl II 2011, 43, m.w.N.[↩]
- Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3b EStG Rz 21[↩]
- vgl. BAG, Urteil von 27.05.2003 – 9 AZR 180/02, Zeitschrift für Tarifrecht 2004, 212[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 230, 150, BStBl II 2011, 43, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile vom 28.11.1990 – VI R 90/87, BFHE 163, 73, BStBl II 1991, 293; und vom 08.12 2011 – VI R 18/11, BFHE 236, 97, BStBl II 2012, 291[↩]
- BFH, Urteil vom 22.10.2009 – VI R 16/08, BFH/NV 2010, 201, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 24.11.1989 – VI R 92/88, BFHE 159, 157, BStBl II 1990, 315[↩]