Eine Einkommensteuererklärung kann auch wirksam per Fax an das Finanzamt übermittelt werden. Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige den Inhalt der Einkommensteuererklärung tatsächlich in vollem Umfang zur Kenntnis genommen hat.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall erzielte die Klägerin im Streitjahr 2007 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Über den Inhalt der von ihrer Steuerberaterin erstellten Einkommensteuererklärung 2007 hatte sich die Klägerin ausschließlich telefonisch informiert und das ihr zugefaxte Deckblatt der Erklärung unterschrieben. Die Steuerberaterin übermittelte dem Finanzamt die Steuererklärung über das ELSTER-Portal ohne Zertifizierung. Beim Finanzamt ging am 30.12 2011 die hierzu gehörende komprimierte Einkommensteuererklärung ein, deren erste Seite das zugefaxte Deckblatt mit der telekopierten Unterschrift der Klägerin war. Erst im Januar 2012 unterschrieb die Klägerin erneut das Deckblatt der Erklärung an Amtsstelle. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer 2007 wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab. Das Finanzgericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt, der Bundesfinanzhof bestätigt nun die Entscheidung des Finanzgerichts:
Eine Einkommensteuererklärung kann danach auch wirksam per Fax an das Finanzamt übermittelt werden. Denn für die Einkommensteuererklärung gilt insoweit nichts anderes als für die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze, für die höchstrichterlich bereits entschieden ist, dass eine Übermittlung per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist1. Durch das Erfordernis der Schriftlichkeit soll sichergestellt werden, dass Person und Inhalt der Erklärung eindeutig festgestellt werden können und dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt. Diese Zwecke werden auch bei der Übermittlung einer Einkommensteuererklärung per Fax gewahrt.
Dabei ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige den Inhalt der Erklärung tatsächlich in vollem Umfang zur Kenntnis genommen hat. Denn mit der auf der Erklärung geleisteten Unterschrift macht sich der Steuerpflichtige deren Inhalt zu eigen und übernimmt dafür die Verantwortung.
Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12 20072 nur durchgeführt, wenn die Veranlagung beantragt wird, insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer. Der Antrag ist durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG).
Das Einkommensteuergesetz enthält keine Definition des Begriffs der Einkommensteuererklärung. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verknüpft § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG aber die Wirksamkeit des Antrags auf Veranlagung mit den Anforderungen an eine formal wirksame Einkommensteuererklärung. Liegt eine ordnungsgemäße Einkommensteuererklärung vor, ist die Finanzbehörde deshalb verpflichtet, die Einkommensteuerveranlagung durchzuführen. Fehlt es daran, so ist der Antrag nicht wirksam gestellt3.
Nach § 25 Abs. 3 EStG muss die Einkommensteuererklärung eigenhändig unterschrieben sein. Eigenhändigkeit der Unterschrift bedeutet, dass sie „von der Hand“ des Antragstellers bzw. des Steuerpflichtigen stammen muss4. Eine Blankounterschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Denn die im bürgerlichen Recht zu § 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entwickelten Grundsätze, nach denen Blankounterschriften zur Wahrung der Schriftform ausreichen, lassen sich weder unmittelbar noch analog auf das Erfordernis der eigenhändigen Unterzeichnung von Steuererklärungen übertragen. Dies folgt aus § 150 Abs. 2 und 3 der Abgabenordnung (AO), wonach abweichend von der bürgerlich-rechtlichen Rechtslage nicht nur eine Unterzeichnung der Einkommensteuererklärung durch den Bevollmächtigten grundsätzlich ausgeschlossen ist, sondern der Steuerpflichtige auch persönlich schriftlich versichern muss, dass er die Angaben in der Einkommensteuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat. Dementsprechend soll der Steuerpflichtige grundsätzlich erkennbar, d.h. durch seine eigenhändige Unterschrift, die Verantwortung für die tatsächlichen Angaben in der Steuererklärung übernehmen. Darüber hinaus soll durch die unmittelbar auf dem Erklärungsvordruck geleistete Unterschrift sichergestellt werden, dass sich der Steuerpflichtige über die Lückenlosigkeit und Richtigkeit der ggf. von einer dritten Person, insbesondere seinem steuerlichen Berater, vorgenommenen Eintragungen und den Umfang der im Vordruck vorgesehenen Angaben vergewissern kann5. Unter Heranziehung dieser Erwägungen hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass eine eigenhändige Unterschrift dann nicht vorliegt, wenn der Steuerpflichtige auf einem Unterschriftsstreifen unterschreibt, der vom steuerlichen Berater nach Erstellung der Erklärung auf die für die Unterschriftsleistung vorgesehene Stelle des amtlichen Vordrucks für den Lohnsteuer-Jahresausgleich oder die Einkommensteuererklärung geklebt wird6. Der Bundesfinanzhof hat des Weiteren klargestellt, dass es an einer eigenhändigen Unterschrift auch dann fehlt, wenn bei Verwendung von unterschriebenen Unterschriftszetteln dem Steuerpflichtigen vor Absendung der Steuererklärung an das Finanzamt eine „Vorausberechnung“ seines Steuerberaters, aus der die Besteuerungsgrundlagen ersichtlich sind, zugegangen ist, mit der Aufforderung, dem Steuerberater etwaige Änderungen unverzüglich mitzuteilen7.
Die innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist eingegangene Einkommensteuererklärung der Klägerin ist wirksam. Sie stimmt mit der im ELSTER-Verfahren erzeugten komprimierten Einkommensteuererklärung überein und ist damit, wie § 150 Abs. 1 Satz 1 AO fordert, nach amtlichem Vordruck abgegeben worden. Sie enthält auch -was zwischen den Beteiligten nicht in Streit ist- die für die Durchführung der Veranlagung erforderlichen Mindestangaben (Auskunft über den Besteuerungstatbestand und seine Bemessungsgrundlagen)8. Die Erklärung ist ferner eigenhändig unterschrieben. Denn es liegt eine Unterschrift „von der Hand“ der Klägerin vor. Dem steht nicht entgegen, dass das unterschriebene Deckblatt der Erklärung beim Finanzamt als Faxkopie eingereicht wurde. Denn sowohl die Steuererklärung als auch die Unterschrift des Steuerpflichtigen können per Fax an das Finanzamt übermittelt oder in Faxkopie beim Finanzamt vorgelegt werden. Das Formerfordernis des § 25 Abs. 3 EStG wird hierdurch gewahrt.
Es ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist9. Dies gilt für Klagen und Rechtsmittel10 sowie im finanzgerichtlichen Verfahren für die Einreichung der Prozessvollmacht, wenn hierfür eine Ausschlussfrist gesetzt wurde11.
Für die Abgabe der Einkommensteuererklärung mit der hierfür erforderlichen Unterschrift kann nichts anderes gelten. Denn zum einen gehört zum Erfordernis der Schriftform auch die eigenhändige Unterschrift unter dem Schriftstück12. Zum anderen treffen die Gründe für das Erfordernis der Schriftlichkeit fristgebundener Erklärungen auch auf die Einkommensteuererklärung zu. Nach ständiger Rechtsprechung soll das Schriftlichkeitserfordernis, soweit es durch prozessrechtliche Vorschriften zwingend gefordert ist, gewährleisten, dass der Inhalt der Erklärung und die erklärende Person hinreichend zuverlässig festgestellt werden können. Des Weiteren soll das aus dem Schriftformerfordernis abgeleitete Gebot einer Unterschrift des Erklärenden sicherstellen, dass das Schriftstück keinen Entwurf betrifft, sondern mit Wissen und Wollen des Erklärenden an das Gericht gesandt wurde13. Dieselben Zwecke verfolgen die Formerfordernisse der Steuererklärung nach § 25 Abs. 3 EStG. Auch hier soll sichergestellt werden, dass Person und Inhalt der Erklärung eindeutig festgestellt werden können und dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt. So soll vermieden werden, dass Einkommensteuererstattungen von Nichtberechtigten beansprucht und falsche Erklärungen ohne Wissen und Wollen des Steuerpflichtigen abgegeben werden können. Ferner soll -wie bereits unter 2. ausgeführt- durch die eigenhändige Unterschrift sichergestellt werden, dass der Steuerpflichtige die Verantwortung für die Angaben in der Steuererklärung übernimmt und sich über deren Lückenlosigkeit und Richtigkeit vergewissern kann14. Diese Zwecke werden aber auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die Einkommensteuererklärung unterschreibt und sie per Telefax an das Finanzamt schickt. So sind hierbei etwa Inhalt und Urheberschaft gleichermaßen anhand der gemachten Angaben eindeutig erkennbar15. An die Abgabe einer Einkommensteuererklärung höhere Formanforderungen zu stellen als an bestimmende Schriftsätze, wäre nicht gerechtfertigt.
Unerheblich ist, ob die Klägerin tatsächlich Kenntnis vom Inhalt der Steuererklärung genommen oder ob ihr die Erklärung auch tatsächlich vorgelegen hat. Denn auch wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hat sie sich gleichwohl mit ihrer Unterschrift auf der Erklärung deren Inhalt zu eigen gemacht und die Verantwortung dafür übernommen. Diese Ungewissheit über den Umfang der Kenntnis des Steuerpflichtigen ist im Übrigen bei jeder Steuererklärung mit diversen Anlagen, aber einer nur einmal geforderten Unterschrift gegeben und ist auch im ELSTER-Programm angelegt, das bei der komprimierten Einkommensteuererklärung die Unterschrift des Steuerpflichtigen nur auf Seite 1 des Deckblatts vorsieht. Entscheidend ist, dass der die Unterschrift tragende Teil der Steuererklärung der eingereichten Steuererklärung insgesamt eindeutig zugeordnet werden kann. Dies unterliegt vorliegend aufgrund der sich deckenden Angaben in der Faxkopie des Deckblatts sowie der übrigen Erklärung mit der elektronisch übermittelten Steuererklärung keinem Zweifel.
Mit diesem Auslegungsergebnis setzt sich der Bundesfinanzhof nicht zur BFH-Rechtsprechung betreffend Investitionszulagenanträge16 in Widerspruch. Denn diesbezüglich stand -anders als im Streitfall- die steuerstrafrechtliche Verantwortung des Steuerpflichtigen für den Inhalt des von ihm gestellten Antrags im Vordergrund.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 8. Oktober 2014 – VI R 82/13
- vgl. GmS-OBG, Beschluss vom 05.04.2000 – GmS-OGB 1/98[↩]
- BGBl I 2007, 3150[↩]
- BFH, Beschluss vom 22.05.2006 – VI R 49/04, BFHE 213, 508, BStBl II 2006, 808, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 07.11.1997 – VI R 45/97, BFHE 184, 381, BStBl II 1998, 54[↩]
- BFH, Urteile vom 08.07.1983 – VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13; vom 20.01.1984 – VI R 16/82, BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436, und – VI R 15/82, juris; vom 10.10.1986 – VI R 208/83, BFHE 148, 47, BStBl II 1987, 77[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436[↩]
- vgl. BFH, Beschluss in BFHE 213, 508, BStBl II 2006, 808; BFH, Urteile vom 10.07.1987 – VI R 160/86, BFHE 150, 543, BStBl II 1987, 827; vom 15.03.1974 – VI R 108/71, BFHE 112, 345, BStBl II 1974, 590[↩]
- vgl. GmS-OBG, Beschluss vom 05.04.2000 – GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 26.03.1991 – VIII B 83/90, BFHE 163, 510, BStBl II 1991, 463, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 19.01.1989 – IV R 21-23/87, BFHE 156, 350, BStBl II 1989, 567, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 10.03.1982 – I R 91/81, BFHE 136, 38, BStBl II 1982, 573[↩]
- GmS-OBG, Beschluss vom 30.04.1979 – GmS-OGB 1/78, BGHZ 75, 340, BVerwGE 58, 359; BFH, Urteil vom 22.06.2010 – VIII R 38/08, BFHE 230, 115, BStBl II 2010, 1017, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13; in BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436; in BFHE 148, 47, BStBl II 1987, 77[↩]
- vgl. FG München, Urteil vom 01.12 1994 – 10 K 1427/94; FG Brandenburg, Urteil vom 24.02.2003 – 1 K 57/02, EFG 2003, 777; im Ergebnis auch Schmidt/Seeger, EStG, 33. Aufl., § 25 Rz 6; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 25 Rz 10; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 150 AO Rz 6; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 150 AO Rz 34[↩]
- BFH, Urteile vom 17.12 1998 – III R 101/96, BFH/NV 1999, 967, und – III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313, und BFH, Beschluss vom 24.07.2003 – III B 78/02, BFH/NV 2003, 1610[↩]