Anteilsübertragung an einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG unter Nießbrauchsvorbehalt

Die Übertragung von Anteilen an einer noch nicht in das Handelsregister eingetragenen vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG unterliegt nicht der Begünstigung nach § 13a ErbStG.

Anteilsübertragung an einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG unter Nießbrauchsvorbehalt

Der Freibetrag (§ 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG) und der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 2 ErbStG) gelten gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG für inländisches Betriebsvermögen u.a. beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG. Der Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft, die keiner dieser einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zugeordnet werden kann, ist nicht begünstigt. Für die Beurteilung kommt es dabei nach § 11 ErbStG auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer an1. Eine vermögensverwaltend tätige GmbH & Co. KG erfüllt die Voraussetzungen des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erst ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Handelsregister; denn bis dahin handelt es sich nicht um eine Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Abs. 3 EStG. Die gewerbliche Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG setzt erst mit der Eintragung der GmbH & Co. KG in das Handelsregister ein2.

Der beschenkte neue Kommanditist kann für die Übertragung des mit dem Nießbrauch belasteten Kommanditanteils die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG nicht in Anspruch nehmen, da er kein Mitunternehmer geworden ist.

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Die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG sind nur zu gewähren, wenn das von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfüllt3. Letzteres ist hier nicht der Fall.

Der Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG ist nur erfüllt, wenn der Erwerber Mitunternehmer wird4. Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ggf. i.V.m. § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG ist, wer Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Mitunternehmerinitiative bedeutet Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach den Regelungen des Handelsgesetzbuchs oder der gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte nach § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder eine dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt5.

Dies gilt auch dann, wenn sich der Schenker bei der Übertragung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft den Nießbrauch vorbehält. Die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG sind auch in einem solchen Fall nur dann zu gewähren, wenn der übertragene Gesellschaftsanteil dem Bedachten die Stellung eines Mitunternehmers vermittelt6. Bestimmen die Vertragsparteien, dass die mit der übertragenen Beteiligung an der Personengesellschaft verbundenen Stimm- und Mitverwaltungsrechte dem Nießbraucher zustehen sollen, führt dies dazu, dass der Bedachte nicht Mitunternehmer ist und insoweit die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG nicht beanspruchen kann7.

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Die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG sind für den nießbrauchsbelasteten Anteil nur dann zu gewähren, wenn dieser Anteil für sich betrachtet dem Bedachten die Stellung als Mitunternehmer vermittelt8. Dass der Bedachte bezüglich des nicht mit dem Nießbrauch belasteten Teils der übertragenen Gesellschaftsbeteiligung im Zeitpunkt der Übertragung bereits Mitunternehmer ist, genügt nicht8.

Überträgt der Gesellschafter aufgrund vertraglicher Vereinbarungen die Ausübung der Stimmrechte auf den Nießbraucher oder behält sich der Nießbraucher -wie im Streitfall- bei der Übertragung des Gesellschaftsanteils die Ausübung der Stimmrechte vor, kann der Gesellschafter keine Mitunternehmerinitiative entfalten9. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Gesellschafter die Ausübung der Stimmrechte dem Nießbraucher umfassend überlassen hat und dies auch für die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft gilt. Dabei kann dahinstehen, in welchem Umfang dem Gesellschafter trotz der Übertragung der Ausübung seiner Stimmrechte unverzichtbare Kontroll- und Initiativrechte verbleiben. Denn die Entscheidungen innerhalb der Gesellschaft trifft in diesen Fällen der Nießbraucher und nicht der Gesellschafter.

Für die Beurteilung, ob der Beschenkte mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils Mitunternehmer geworden ist, ist der Zeitpunkt der Übertragung maßgeblich. Macht der Schenker die Übertragung des Gesellschaftsanteils davon abhängig, dass er die Stimmrechte weiterhin umfassend ausüben kann, erlangt der Beschenkte im Zeitpunkt der Übertragung des Anteils keine Mitunternehmerstellung. Unerheblich ist, ob die Beteiligten die Ausübung der Stimmrechte später ändern oder ungeachtet der vertraglichen Vereinbarung alle Entscheidungen innerhalb der Gesellschaft gemeinschaftlich treffen10.

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Ausgehend von diesen Grundsätzen mangelt es dem Beschenkten an der für eine Mitunternehmerstellung erforderlichen Mitunternehmerinitiative, wenn die Schenker sich die Stimmrechte vorbehalten haben und der Stimmrechtsvorbehalt nach dem Wortlaut der Vereinbarung alle Stimm- und Verwaltungsrechte ohne inhaltliche Einschränkung betrifft. Dass der Bechenkte im Hinblick auf seinen eigenen (bisherigen) Kommanditanteil bereits Mitunternehmer war, führt nicht zu einer Anwendung der Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG in Bezug auf die unter Nießbrauchsvorbehalt übertragenen weiteren Anteile.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 4. Mai 2016 – II R 18/15

  1. BFH, Urteile vom 04.02.2009 – II R 41/07, BFHE 225, 85, BStBl II 2009, 600, unter II. 1.; und vom 18.05.2011 – II R 10/10, BFH/NV 2011, 2063, Rz 11[]
  2. BFH, Urteile in BFHE 225, 85, BStBl II 2009, 600, unter II. 2.b bb; vom 02.03.2011 – II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147, Rz 94, und in BFH/NV 2011, 2063, Rz 12[]
  3. BFH, Urteile vom 10.12 2008 – II R 34/07, BFHE 224, 144, BStBl II 2009, 312; vom 23.02.2010 – II R 42/08, BFHE 228, 184, BStBl II 2010, 555; vom 16.05.2013 – II R 5/12, BFHE 241, 49, BStBl II 2013, 635, Rz 9; vom 01.10.2014 – II R 40/12, BFH/NV 2015, 500, Rz 20; und vom 06.05.2015 – II R 34/13, BFHE 250, 197, BStBl II 2015, 821, Rz 19[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 241, 49, BStBl II 2013, 635, Rz 11[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 250, 197, BStBl II 2015, 821, Rz 20, m.w.N.[]
  6. BFH, Urteil in BFHE 250, 197, BStBl II 2015, 821, Rz 21, m.w.N.[]
  7. vgl. BFH, Urteil in BFHE 250, 197, BStBl II 2015, 821, Rz 21, m.w.N.[]
  8. BFH, Urteil in BFHE 241, 49, BStBl II 2013, 635, Rz 13[][]
  9. vgl. BFH, Urteil in BFHE 224, 144, BStBl II 2009, 312; Schmidt/Wacker, EStG, 35. Aufl., § 15 Rz 272[]
  10. BFH, Urteil in BFHE 250, 197, BStBl II 2015, 821, Rz 24[]
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